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  • 04.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220298

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.09.2020 – 14 K 3796/13 E, F

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    1

    Tatbestand

    2

    Streitig ist, ob die Aufwendungen des Klägers für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.

    3

    In der Zeit vom 02.07.2007 bis zum 31.03.2008 leistete der Kläger seinen Zivildienst bei der Feuer- und Rettungswache x in A. Im Rahmen dessen wurde er an der Landesfeuerwehrschule … zum Rettungshelfer ausgebildet und in die Funktechnik eingewiesen. Die Ausbildung zum Rettungshelfer fand in der Zeit vom 09.07.2007 bis zum 24.08.2007 statt und beinhaltete insgesamt 320 Stunden Theorie und Praxis. Daneben nahm der Kläger vom 09.07.2007 bis zum 20.07.2007 an dem Basisseminar zum Betriebssanitäter/First Responder teil. Dieser Lehrgang beinhaltete die Grundausbildung zum Betriebssanitäter entsprechend den Richtlinien der Berufsgenossenschaften.

    4

    Nach Ende der Zivildienstzeit arbeitete der Kläger zunächst als Aushilfe bei Geschäftsname … . Im Januar 2009 begann er eine Ausbildung zur Erlangung der Verkehrsflugzeugführer-Lizenz.

    5

    Am 15.11.2011 reichte der Kläger die Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre 2009 und 2010 ein und erklärte darin unter anderem Aufwendungen für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer in Höhe von 79.589,- EUR (in 2009) bzw. in Höhe von 7.913,- EUR (in 2010) als vorweggenommene Werbungskosten im Sinne des § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erklärte der Kläger nicht.

    6

    In den Bescheiden für 2009 und 2010 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, jeweils vom 20.01.2012, erkannte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten an. Stattdessen berücksichtigte er die Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in Höhe des damals geltenden Höchstbetrages von 4.000,- EUR als Sonderausgaben. Zur Begründung führte er in den Erläuterungen aus, dass die Kosten für die Erstausbildung als Sonderausgaben zu berücksichtigen seien. Die Einkommen-steuer wurde jeweils auf 0,- EUR festgesetzt. Eine Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes nahm der Beklagte weder auf den 31.12.2009 noch auf den 31.12.2010 vor.

    7

    Am 25.01.2012 legte der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2010 Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Berufsausbildungskosten als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen seien. § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften ‒ BeitrRLUmsG ‒ (BGBl I 2011, 2592; im Weiteren: EStG a.F.) sei verfassungswidrig.

    8

    Im Hinblick auf die zur Frage der Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten nach § 9 Abs. 6 EStG a.F. beim Bundesfinanzhof (BFH) bereits anhängigen Revisionsverfahren (u.a. VI R 61/11, VIII R 49/11, VI R 2/12), ruhten die Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO).

    9

    In einer weiteren Steuererklärung für das Streitjahr 2010 erklärte der Kläger zusätzlich aus einer selbständigen Tätigkeit als Promoter einen Gewinn in Höhe von 488,- EUR. Der entsprechend geänderte Bescheid für 2010 ging am 06.03.2012 zur Post. Die Einkommensteuer für 2010 wurde weiterhin auf 0,- EUR festgesetzt. Eine Verlustfeststellung erfolgte nicht.

    10

    Nachdem der Kläger im Oktober 2013 den Erlass einer Einspruchsentscheidung begehrte, wies der Beklagte die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die dem Kläger durch seine Ausbildung zum Piloten entstandenen Aufwendungen unter das Werbungskostenabzugsverbot der § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. fielen und nicht zu Werbungskosten führten. Die Neuregelung sei nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 30a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwenden und verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Die Ausbildung des Klägers habe nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden. Dass der Ausbildung zum Piloten bereits eine abgeschlossene Ausbildung vorangegangen wäre, habe der Kläger weder vorgetragen noch sei dies sonst aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich. Die in den Streitjahren geltend gemachten Aufwendungen seien nur nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig und führten als solche nicht zu negativen Einkünften im Sinne des § 10d EStG.

    11

    Am 31.10.2013 hat der Kläger gegen die Einspruchsentscheidung Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass die Regelungen verfassungskonform auszulegen seien, da sie ihn andernfalls in seinen verfassungsrechtlich geschützten Rechten beeinträchtigten. Der Gesetzgeber habe mit der rückwirkenden Anwendung der § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG a.F. die gesamte Rechtsprechung des BFH ausgehebelt, auf die er vertraut habe. Sein Vertrauen sei insoweit schutzwürdig. Die geltend gemachten Verluste seien durchgängig zu Zeiten der für ihn günstigen Rechtsprechung und im Vertrauen auf diese entstanden.

    12

    Das Klageverfahren hat mit Einverständnis der Beteiligten bis zum Ergehen einer die Instanz abschließenden Entscheidung des BFH in dem Verfahren VI R 2/12 geruht. Mit Vorlagebeschluss vom 17.07.2014 (BFHE 247, 25) hat der BFH beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Entscheidung darüber eingeholt, ob § 9 Abs. 6 EStG a.F. insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Mit Beschlüssen vom 19.11.2019 (2 BvL 22-27/14, BVerfGE 152, 274 ff.) hat das BVerfG entschieden, dass § 9 Abs. 6 EStG a.F. mit dem Grundgesetz vereinbar sei. In dem anschließend beim BFH wieder aufgenommenen Revisionsverfahren (VI R 10/20) hat der dortige Rechtsmittelführer (der Steuerpflichtige) die Revision zurückgenommen. Das hiesige Klageverfahren ist daraufhin wieder aufgenommen worden.

    13

    Mit Schreiben vom 05.06.2020 hat der Kläger erstmals vorgetragen, dass er vor seiner Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer im Rahmen seines Zivildienstes eine Ausbildung zum Rettungshelfer im Rettungsdienst absolviert habe, und führt hierzu ergänzend aus, dass es sich bei der Ausbildung zum Rettungshelfer um eine abgeschlossene Ausbildung handele, mit der er seinen Lebensunterhalt verdienen könnte und die auch sein Berufsbild und seine Persönlichkeit außerordentlich prägten (Hinweis auf das Urteil des BFH vom 28.02.2013, VI R 6/12, BStBl II 2015, 180 und den vorgelegten Gerichtsbescheid des Hessischen Finanzgerichtes vom 15.04.2020, 9 K 422/16). Die Ausbildung sei planmäßig ausgestaltet und an dem Ausbildungsziel des Rettungssanitäters sowie der dazu erforderlichen Qualifikation ausgerichtet gewesen. Die Ausbildung habe mit einer Prüfung abgeschlossen. Zum damaligen Zeitpunkt und damit zum Zeitpunkt der ersten Ausbildung sei die Ausbildung zum Rettungshelfer eine Grundlage für die Ausbildung des angestrebten Berufes gewesen. Rettungshelfer sei ein anerkannter Beruf und werde auch jetzt noch vom Jobcenter und sonstigen offiziellen Stellen ausgeschrieben. Zum Zeitpunkt seiner Ausbildung in 2007 sei die Ausbildung zum Rettungshelfer noch eine Ausbildung im Sinne des Gesetzes gewesen. Die zögerliche Behandlung durch den Beklagten könne ihm nun nicht zum Nachteil gereichen.

    14

    Der Kläger beantragt,

    15

    1. den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 20.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2013 dahingehend zu ändern, dass vorweggenommene Werbungskosten zu den nichtselbständigen Einkünften in Höhe von 79.589,- EUR anerkannt werden,

    16

    2. den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 06.03.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2013 dahingehend zu ändern, dass vorweggenommene Werbungskosten zu den nichtselbständigen Einkünften in Höhe von 7.913,- EUR anerkannt werden.

    17

    Der Beklagte beantragt,

    18

    die Klage abzuweisen.

    19

    Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass die Qualifizierung zum Rettungshelfer keine Erstausbildung darstelle. Es handele sich lediglich um eine Qualifizierungsmaßnahme (Hinweis auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichtes vom 21.05.2015, 2 K 155/13). Im Gegensatz zur Ausbildung zum Rettungssanitäter, die dem Urteil des BFH vom 27.10.2011 (VI R 52/10) zugrunde gelegen habe, fehle es bei der Ausbildung zum Rettungshelfer an einer bundes- bzw. landeseinheitlich geregelten Ausbildung. Auch in Bundesland sei lediglich die Ausbildung zum Rettungssanitäter landeseinheitlich geregelt in … . Beim Rettungshelfer hingegen handele es sich nur um ein Anlernverhältnis ohne formalen Abschluss. Auch aus der Teilnahmebescheinigung für das Basisseminar zum Betriebssanitäter/First Responder ergebe sich, dass der Lehrgang entsprechend den Richtlinien der Berufsgenossenschaften die Grundausbildung zum Betriebssanitäter vermittle, sodass auch hier keine landeseinheitliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zu Grunde liege.

    20

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

    21

    Entscheidungsgründe

    22

    I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist durch die Bescheide, mit denen die Einkommensteuer für 2009 und 2010 jeweils auf 0,- EUR festgesetzt wurde, gemäß § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beschwert.

    23

    Für die Anfechtung eines auf Null lautenden Einkommensteuerbescheides fehlt es zwar regelmäßig an der für die Zulässigkeit eines Einspruchs/einer Klage erforderlichen Beschwer (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH, Beschluss vom 16.12.2014 X B 113/14, BFH/NV 2015, 510, m.w.N.); dies gilt jedoch nicht, wenn sich die Steuerfestsetzung nicht in der Konkretisierung des Steuerschuldverhältnisses erschöpft, etwa weil der zugrunde gelegte Gewinn eine verbindliche Entscheidungsgrundlage für andere Bescheide bildet (vgl. nur BFH, Urteil vom 06.12.2016 I R 79/15, BStBl II 2019, 173). So liegt der Fall hier.

    24

    Nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 vom 08.12.2010 (BGBl 2010, 1768) sind die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 FGO gelten entsprechend. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des JStG 2010 gilt erstmals für Verluste, für die ‒ wie vorliegend ‒ nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird (§ 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2010).

    25

    Aus der Regelung in § 10d Abs. 4 EStG n.F. ergibt sich demnach eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid, selbst wenn dieser verfahrensrechtlich kein Grundlagenbescheid im eigentlichen Sinne ist. Die Besteuerungsgrundlagen in dem Feststellungsverfahren sind so zu berücksichtigen, wie sie der letzten bestandskräftigen Festsetzung im Einkommensteuerbescheid zugrunde liegen. Daraus folgt, dass im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH, Urteile vom 11.10.2017 IX R 15/17, BFH/NV 2018, 433 und vom 16.05.2018 XI R 50/17, BStBl II 2018, 752). Wegen dieser Bindungswirkung für den Verlustfeststellungsbescheid gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG löst auch eine Einkommensteuerfestsetzung von Null (sog. Nullbescheid) eine Beschwer im Sinne des § 350 AO/§ 40 Abs. 2 FGO aus mit der Folge, dass eine Nullfestsetzung im Einkommensteuerbescheid angefochten werden kann und letztlich angefochten werden muss, wenn der Steuerpflichtige ‒ wie hier ‒ eine Änderung in der Ermittlung der Einkünfte begehrt (vgl. BFH, Urteil vom 06.12.2016 I R 79/15, BStBl II 2019, 173; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 350 AO Rn. 13 m.w.N.; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuer Kommentar, 39. Auflage 2020, § 10d Rz. 42-45).

    26

    II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 20.01.2012 und der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 06.03.2012, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2013, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Recht hat der Beklagte die Ausbildung des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer als Erstausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F. angesehen und die Aufwendungen hierfür nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten anerkannt, sondern sie stattdessen lediglich gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in Höhe des für die Streitjahre geltenden Höchstbetrages von 4.000,- EUR als Sonderausgaben berücksichtigt.

    27

    1. Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Erzielt der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen, sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen; das kann grundsätzlich auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen der Fall sein.

    28

    a) Die § 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. stehen dem grundsätzlichen Abzug von Ausbildungsaufwendungen des Klägers als Werbungskosten nicht entgegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, schließen diese Normen den Werbungskostenabzug nicht aus, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der später auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht. Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Dies ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Der Einleitungssatz blieb auch durch das BeitrRLUmsG unverändert, weshalb § 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. dem Abzug von Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegenstehen (vgl. dazu auch BFH, Urteile vom 27.10.2011 VI R 52/10, BStBl II 2012, 825 und vom 28.02.2013 VI R 6/12, BStBl II 2015, 180).

    29

    b) Auf den Streitfall ist § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG anzuwenden:

    30

    § 9 EStG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des BeitrRLUmsG enthielt noch keine Sonderregelung zu Berufsausbildungskosten. Entscheidend für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Werbungskosten war deshalb, ob die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit aufwiesen (vgl. BFH, Urteil vom 27.10.2011 VI R 52/10, BStBl II 2012, 825). Ein solcher Veranlassungszusammenhang besteht im Streitfall.

    31

    § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG bestimmt, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Entsprechendes regelt § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG für Betriebsausgaben. Nach § 52 Abs. 23d Satz 5 sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden.

    32

    Mit Beschlüssen vom 19.11.2019 (2 BvL 22-27/14, BVerfGE 152, 274 ff.) hat das BVerfG nach Vorlage durch den BFH entschieden, dass gegen § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und die Norm mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, vereinbar ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des BVerfG in seinen Beschlüssen vom 19.11.2019 verwiesen.

    33

    Die rückwirkende Anwendung der Neuregelungen verstößt auch nicht gegen die Prinzipien der Rechtsicherheit und des Vertrauensschutzes (BFH, Urteil vom 17.07.2014 VI R 2/12, BFHE 247, 45).

    34

    c) § 9 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl. I 2417), die den Begriff der erstmaligen Berufsausbildung erstmals konkreter definieren und gewisse Mindestanforderungen festlegen, gelten erst ab dem 01.01.2015 und sind demnach auf die Streitjahre nicht anzuwenden.

    35

    2. Die für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entstandenen Aufwendungen unterliegen dem Abzugsverbot nach § 9 Abs. 6 EStG a.F. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer stellt eine Erstausbildung des Klägers dar, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfand. Bei der im Rahmen des Zivildienstes absolvierten Ausbildung des Klägers zum Rettungshelfer handelt es sich nicht um eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F.

    36

    a) Die Frage, ob die Ausbildung zum Rettungshelfer im Rahmen des Zivildienstes eine Erstausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F. darstellt, ist ‒ soweit ersichtlich ‒ bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Auch der von dem Beklagten herangezogene Gerichtsbescheid des Hessischen Finanzgerichts vom 21.05.2015 (2 K 155/13, EFG 2015, 1613) betraf nur die Frage, ob eine Ausbildung zum Rettungshelfer im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG darstellt. Der Begriff der Ausbildung für einen Beruf im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG ist jedoch nicht identisch mit dem Begriff der Berufsausbildung im Sinne von § 9 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG (BFH, Urteil vom 04.03.2010 III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264 Rz. 12).

    37

    b) Der steuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung war in den Streitjahren gesetzlich nicht näher beschrieben (siehe § 9 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG a.F.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zu §§ 9 Abs. 6, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 Nr. 5 EStG a.F. ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Steuerpflichtige muss beabsichtigen, eine Erwerbsgrundlage zu schaffen, und eine nachhaltige berufsmäßige Anwendung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften anstreben. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, auch wenn sie nicht in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind (vgl. nur BFH, Urteile vom 09.06.1999 VI R 33/98, BStBl II 1999, 701; vom 04.12.2002 VI R 120/01, BStBl II 2003, 403 und vom 28.02.2013 VI R 6/12, BStBl II 2015, 180). Eine Berufsausbildung im Sinne des Steuerrechts liegt nicht nur vor, wenn der Steuerpflichtige im dualen System oder innerbetrieblich Berufsbildungsmaßnahmen durchläuft. Ebenso wenig setzt der steuerrechtliche Begriff der „Berufsausbildung“ ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz oder eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren voraus (BFH, Urteil vom 28.02.2013 VI R 6/12, BStBl II 2015, 180, Rn. 18). Maßgeblich ist vielmehr, ob die Ausbildung den Steuerpflichtigen befähigt, aus der angestrebten Tätigkeit Einkünfte zu erzielen (vgl. BFH, Urteil vom 27.10.2011 VI R 52/10, BStBl II 2012, 825 zum Rettungssanitäter in Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 28.02.2013 VI R 6/12, BStBl II 2015, 180 zur Flugbegleiterin).

    38

    c) Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze hat der Kläger mit seiner Ausbildung zum Rettungshelfer im Rahmen des Zivildienstes keine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG a.F. absolviert. Die Ausbildung erfüllte zum einen nicht die Anforderungen an eine Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F. (nachfolgend aa). Zum anderen diente sie dem Kläger nicht zur Vorbereitung auf sein Berufsziel (nachfolgend bb).

    39

    aa) Zwar lassen sich dem Wortlaut der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG a.F. ‒ anders als dem Wortlaut der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Neufassung des § 9 Abs. 6 Sätze 2, 3 EStG ‒ keine (Mindest-) Anforderungen oder eine konkrete Definition des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung entnehmen. Auch aus der Gesetzesbegründung ergeben sich keine konkreten (Mindest-) Anforderungen an den Ausbildungsgang, die Ausbildungsdauer bzw. den Ablauf oder Abschluss der Ausbildung (vgl. Bundestags-Drucksache 15/3339, Seite 10). Abgestellt wird vielmehr allgemein auf die erste berufliche Befähigung bzw. den Erwerb von Kenntnissen, die zur Aufnahme eines (ersten) Berufs befähigen.

    40

    Die Entstehungsgeschichte und der Zweck des durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.07.2004 eingefügten § 12 Nr. 5 EStG sowie der Änderungen in § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG durch das BeitrRLUmsG vom 07.12.2011 sprechen jedoch gegen eine derart weite Auslegung des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung, wie sie der Kläger begehrt. Durch die Gesetzesänderungen zu § 12 Nr. 5 und § 9 Abs. 6 EStG a.F. verfolgte der Gesetzgeber ‒ aus seiner Sicht klarstellend ‒ im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des BFH zu den Berufsausbildungskosten das Ziel, die alte Rechtslage wiederherzustellen und den Gesetzestext an die von ihm ‒ dem Gesetzgeber ‒ getroffene Grundsatzentscheidung anzupassen, dass die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung gehöre und Vorsorge für die persönliche Existenz darstelle. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass das Erlernen der Grundlagen eines Berufs dem Erwerb einer selbstständigen und gesicherten Position im Leben diene. Aufwendungen für die erste Berufsausbildung gehörten daher wie Aufwendungen für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung und seien steuerlich nicht unbegrenzt abzugsfähig (vgl. dazu Bundestags-Drucksache 15/3339 Seite 10).

    41

    Verfassungsrechtlich ist diese Grundsatzentscheidung und Wertung nicht zu beanstanden. So hat das BVerfG hierzu ausgeführt, dass die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss nicht nur Berufswissen vermittelten, sondern die Person in einem umfassenderen Sinne prägten, indem sie dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit böten, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen Beruf notwendig seien. Sie wiesen damit eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf (BVerfG, Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, BVerfGE 152, 274 ff., Rn. 124). Die Qualifikation der dafür erforderlichen Aufwendungen als durch die allgemeine Lebensführung (privat) veranlasst korrespondiere damit, dass eine Erstausbildung nach § 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches noch von der Unterhaltspflicht der Eltern umfasst sei und diese dem Kind eine Berufsausbildung schuldeten, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspreche. Bei den Eltern wiederum würden diese Aufwendungen durch das Einkommensteuerrecht dadurch berücksichtigt, dass es die zur Erfüllung dieser Pflicht aufzuwendenden Beträge typisierend im Rahmen des Familienleistungsausgleichs und als außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen (§§ 31 f., 33a EStG) bei den Eltern zum Steuerabzug zulasse. Darüber hinaus werde die Bezugszeit der Leistungen gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG für die Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes oder Zivildienstes verlängert. Soweit der Auszubildende/Studierende eigenes Einkommen habe, würde das Existenzminimum durch den Grundfreibetrag abgedeckt.

    42

    Dieser Zweck der gesetzlichen Regelungen und die vom BVerfG als verfassungsgemäß anerkannte Grundentscheidung des Gesetzgebers würde aber unterlaufen, wenn Auszubildende/Studierende durch die Vorschaltung einer nur wenige Tage oder wenige Wochen dauernden Unterrichtung für (irgend)eine Tätigkeit, mit der später Einkünfte erzielt werden könnten, ihre Studienkosten in ungekürzter Höhe auf die Gesamtheit der Steuerzahler abwälzen könnten. Vielmehr bedarf es im Hinblick auf eine sinnvolle und vor allem rechtssichere Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitausbildung und zur Vermeidung gewissermaßen „zufälliger“ Besteuerungsergebnisse einer gewissen Mindestdauer und Mindestqualität der Ausbildung (vgl. dazu auch Bundestags-Drucksache 18/3017, Seite 42 f.).

    43

    Dem steht aus Sicht des Senates auch die bisherige Rechtsprechung des BFH zur Auslegung des Begriffs der „erstmaligen Berufsausbildung“ nicht entgegen. Insbesondere lässt sich dieser nicht entnehmen, dass hierunter jedwede Schulung zu erfassen wäre, sofern diese (nur) die Ausübung eines Berufs als Vollerwerbstätigkeit und die Erzielung von Einkünften ermögliche. So hat der BFH in seinem Urteil vom 28.02.2013 (VI R 6/12 a.a.O.) die Bejahung der Ausbildung zur Flugbegleiterin als „erstmalige Berufsausbildung“ unter anderem darauf gestützt, dass die sechsmonatige Ausbildung planmäßig ausgestaltet, an dem Ausbildungsziel des Flugbegleiters und der dazu erforderlichen Qualifikation ausgerichtet gewesen sei und mit einer firmeninternen Prüfung abgeschlossen habe. Im Rahmen der sechsmonatigen Ausbildung seien diverse Schulungsmaßnahmen zu durchlaufen gewesen, wobei sowohl theoretische als auch praktische Inhalte in Bezug auf die Tätigkeit als Flugbegleiterin umfassend vermittelt und die so erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen während der Ausbildung immer wieder überprüft worden seien. Ebenso hat der BFH in seinem Urteil vom 27.10.2011 (VI R 52/10 a.a.O.) die Qualifizierung der Ausbildung zum Rettungssanitäter als erstmalige Berufsausbildung maßgeblich darauf gestützt, dass der Beruf regelmäßig als Vollerwerbstätigkeit ausgeübt werde und eine mehrmonatige, landesrechtlich geregelte Ausbildung voraussetze. Beide Verfahren betrafen insofern jeweils mehrmonatige Ausbildungen, die an dem jeweiligen Ausbildungsziel und der dazu erforderlichen Qualifikation ausgerichtet und planmäßig sowie berufsbezogen ausgestaltet waren.

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    Die Ausbildung zum Rettungshelfer erfüllte im Streitfall nicht die Mindestanforderungen des § 9 Abs.6 EStG a.F.:

    45

    Der Beruf des Rettungshelfers kann zwar auch als Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeübt werden. Außerdem betrachtet die Bundesagentur für Arbeit ihn als Ausbildungsberuf. Diese Kriterien können aber allein nicht für die Frage einer „erstmaligen Berufsausbildung“ maßgebend sein, da vollerwerbstätig auch sein kann, wer einen Beruf ausübt, zu dessen Ausübung nur eine Anlernphase von wenigen Stunden oder Tagen benötigt wird (zum Beispiel als Servicekraft in der Gastronomie oder als Hilfsarbeiter). Die Ausbildung zum Rettungshelfer erfordert im Gegensatz zur Ausbildung zum Rettungssanitäter und in Abgrenzung zur Ausbildung zur Flugbegleiterin ‒ keine mehrmonatige, sondern lediglich eine sechswöchige Unterrichtungsmaßnahme (insgesamt 320 Stunden Theorie und Praxis), die weder landes- noch bundesrechtlich einheitlich geregelt ist noch mit einer (firmeninternen) Prüfung abschließt. Die … Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter [des Bundeslandes] gilt nur für Rettungssanitäter und trat im Übrigen erst ab dem … und damit zeitlich nach dem Ende der Zivildienstzeit des Klägers in Kraft. Das … Rettungsdienstgesetz [des Bundeslandes] enthielt ebenfalls weder Regelungen zur Prüfung noch zur Ausbildung von Rettungshelfern. Gleichwohl gab es in 2007 bereits die Grundsätze des 520-Stunden-Programms des Bund-Länder-Ausschusses „Rettungswesen“ vom 20.09.1977 (Anhang I zu § 5 Abs. 1 Satz 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Laufbahnen des mittleren und des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes vom 19.11.2002), wonach im Rahmen der Ausbildung des Personals im Rettungsdienst vom Grundsatz her mindestens 480 Stunden Ausbildungsstunden nachzuweisen und eine Abschlussprüfung, der ein 40-Stunden-Lehrgang vorangehen musste, abzulegen sein sollte. Dies war bei den als Rettungshelfern eingesetzten Zivildienstleistenden aber gerade nicht der Fall. Sofern der Kläger behauptet, seine Ausbildung zum Rettungshelfer mit einer Prüfung abgeschlossen zu haben, wurde dies weder substantiiert dargelegt noch belegt. Insbesondere ergibt sich dies auch nicht aus den vorgelegten Teilnahmebescheinigungen der Landesfeuerwehrschule A. Vielmehr ergibt sich daraus nur, dass der Kläger an einer Ausbildung zum Rettungshelfer „erfolgreich teilgenommen“ hat. Eine erfolgreiche Teilnahme ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass eine (interne Abschluss-) Prüfung erfolgreich bestanden worden wäre.

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    Aufgrund der kurzen Einweisungszeit war die Ausbildung zum Rettungshelfer vielmehr eine typische Maßnahme, um Zivildienstleistende im Rettungsdienst oder Krankentransport einsetzen zu können. Sie wurden zumeist als Fahrer des Rettungs- oder Krankenwagens eingesetzt und durften dem höher qualifizierten Rettungssanitäter assistieren. Wer den Zivildienst leistete, tat dies in der Regel nicht erwerbsgerichtet, um sich in einem Beruf ausbilden oder auf einen später angestrebten Beruf vorbereiten zu lassen, sondern nur aufgrund der bis ins Jahr 2011 geltenden Wehrpflicht nach dem Wehrpflichtgesetz bzw. dem Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer. Die eigentliche Vorbereitung auf einen angestrebten Beruf verzögerte sich durch den Zivildienst nur. So konnte auch der Kläger die von ihm beabsichtigte Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer erst nach Beendigung des Zivildienstes aufnehmen. Dass der Kläger die Unterrichtung zum Rettungshelfer im Rahmen des Zivildienstes zumindest auch absolviert hätte, um aufgrund der Ausbildung eine Erwerbstätigkeit als Rettungshelfer auszuüben und hieraus eine künftige Erwerbsgrundlage zu schaffen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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    Soweit der BFH in seinem Urteil vom 27.10.2011 (VI R 52/10 a.a.O.) darüber hinaus ohne nähere Begründung die Auffassung vertritt, dass es ohne Belang sei, ob die Ausbildung zum Rettungssanitäter während der Zivildienstzeit durchlaufen und der Beruf des Rettungssanitäters nur in diesem Zeitraum ausgeübt werde, vermag der Senat hieraus jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall nicht den Schluss zu ziehen, dass damit auch die Ausbildung zum Rettungshelfer eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F. darstellte. Ob eine Maßnahme während des Zivildienstes stattfand oder nicht, sagt nichts über die entscheidende Frage aus, ob eine Ausbildung von hinreichender Dauer und Qualität ist, um als erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG angesehen werden zu können. Insofern ist dem BFH zuzustimmen, dass die Ausbildung zum Rettungssanitäter sowohl angesichts der mehrmonatigen Dauer als auch angesichts der Qualität der Ausbildung den Anforderungen des § 9 Abs. 6 EStG a.F. genügt und dies unabhängig davon gilt, wann die Ausbildung absolviert wurde. Der bloße Umstand, dass während des Zivildienstes Schulungs- bzw. Ausbildungsmaßnahmen stattfinden, bedeutet demgegenüber nicht, dass damit stets auch eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F. einherginge. Vielmehr kommt es auf die konkret absolvierte Ausbildung und die diesbezügliche Frage an, ob diese Ausbildung bestimmte Mindestanforderungen aufweist, zu denen eine gewisse Mindestdauer und Mindestqualität gehören, an denen es im Falle der Ausbildung zum Rettungshelfer fehlt.

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    bb) Schließlich ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger im Rahmen der sechswöchigen Ausbildung zum Rettungshelfer theoretische und/oder praktische Inhalte im Hinblick auf seine Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer vermittelt worden wären oder er berufsbezogen im Hinblick auf seine Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer ausgebildet worden wäre. Auch ist nicht ersichtlich, dass das Durchlaufen der Ausbildung zum Rettungshelfer eine für die beabsichtigte Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer erforderliche Grundvoraussetzung gewesen wäre. Der Senat vermag daher die Ausbildung zum Rettungshelfer nicht als Vorbereitung des Klägers auf ein Berufsziel anzusehen, wie es der BFH in seinem Urteil vom 28.02.2013 (VI R 6/12 a.a.O.) weiterhin verlangt. Zwar mag das Wissen und Können eines Rettungshelfers ‒ ebenso wie das eines Betriebssanitäters ‒ in jedem späteren Beruf nützlich sein. Dies allein macht die Ausbildung aber nicht zur (Grund-) Voraussetzung für die geplante Berufsausübung als Verkehrsflugzeugführer.

    49

    3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger in der Zeit vom 09. bis zum 20.07.2007 zusätzlich erfolgreich an dem Grundlehrgang zum Betriebssanitäter teilnahm. Auch hierbei handelt es sich lediglich um eine Zusatzqualifikation, die vielfach Mitarbeitern eines Betriebes angeboten wird, um im Notfall im Betrieb eine Erstversorgung bis zum Eintreffen des Rettungswagens zu gewährleisten. Eine Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG a.F. kann dieser zweiwöchige Lehrgang erst recht nicht darstellen.

    50

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    51

    Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

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