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  • 12.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212190

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 08.05.2019 – 14 K 1955/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Urteil vom 08.05.2019


    In dem Finanzrechtsstreit
    1.Kl
    2.Klin
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt:
    - zu 1, 2 -
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2016

    hat der 14. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2019 durch
    Vorsitzende Richterin am Finanzgericht
    Richter am Finanzgericht
    Richterin am Finanzgericht
    Ehrenamtliche Richter

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Der Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 7. September 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2018 wird dahingehend geändert, dass die Krankentaggelder in Höhe von 39.608 € nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden.
    2. Die Neuberechnung der Einkommensteuer 2016 wird dem Beklagten übertragen.
    3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
    4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 €, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500 € oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leisten.
    5. Die Revision wird zugelassen.
    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, die von einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung ausbezahlten Krankentaggelder im Einkommensteuerbescheid für 2016 im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32 b Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen.

    Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Techniker bei A AG in X/Schweiz. Mit den aus der Tätigkeit als Techniker bezogenen Einkünften unterlag er als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 (Bundesgesetzblatt - BGBl - II 1972, 1022; Bundessteuerblatt - BStBl - I 1972, 518) in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl ll 1993, 1888; BStBl I 1993, 928) - DBA-Schweiz - der Besteuerung im Inland.

    Der Arbeitsvertrag des Klägers mit seiner Arbeitgeberin vom 4. Mai 2015 enthält u.a. folgende Bestimmungen:

    "[...] Die Mitarbeitenden sind obligatorisch in der Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherung versichert. Die Prämie wird anteilmässig von der Arbeitgeberin und den Mitarbeitenden getragen.

    [...] Soweit dieser Vertrag nichts anderes regelt, gelten die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages und des Personalreglementes, in der jeweils gültigen Fassung [...]"

    In Erfüllung ihrer Verpflichtung aus Art. 324a des schweizerischen Obligationenrechts (OR) und der mit dem Kläger getroffenen arbeitsvertraglichen Regelung hatte die Arbeitgeberin des Klägers mit der K Versicherungen AG (im Folgenden: K) eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach dem schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) zugunsten der Mitarbeiter abgeschlossen.

    Art. 324a OR bestimmt u. a. folgendes:

    "Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, [...] ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, [...], sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.

    Sind durch [...] Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nicht längere Zeitabschnitte bestimmt, so hat der Arbeitgeber im ersten Dienstjahr den Lohn für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit zu entrichten, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen [...]

    Durch [...] Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist".

    Der für den Kläger verbindliche Gesamtarbeitsvertrag für die [ ___ ], Ausgabe 2012 (s. https://www.[ ___ ] .pdf) enthält u. a. folgende Regelungen:

    "7.2 Lohnfortzahlung bei Krankheit und Unfall

    Eine Lohnfortzahlungspflicht entsteht nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis tatsächlich angetreten wurde. Bei Krankheit oder Unfall von Mitarbeitenden wird der Lohn durch die Arbeitgeberin für drei Monate weiter ausgerichtet; [...]

    7.3 Krankentaggeldversicherung

    Die Arbeitgeberin stellt bei Krankheit die Lohnfortzahlung, respektive Lohnersatzleistung für insgesamt 730 Tage sicher, die mindestens 80% des AHV-pflichtigen Lohnes abdeckt. Die Lohnfortzahlung wird ganz oder teilweise über eine Taggeldversicherung gedeckt. Die Mitarbeitenden bezahlen die Hälfte der dafür erforderlichen Prämien, maximal 0,8% des AHV-pflichtigen Lohnes.

    Endet das Arbeitsverhältnis während einer Arbeitsunfähigkeit, so können die Mitarbeitenden vom Übertrittsrecht in die Einzelversicherung Gebrauch machen. Die Taggeldversicherung richtet ihre Leistung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses direkt aus.

    [...]

    7.6 Abtretung und Verfall der Anspruchsberechtigung

    Während der Lohnfortzahlungen durch die Arbeitgeberin treten die Mitarbeitenden das Taggeld [...] aus Krankheit und Unfall im Umfang der Leistungen der Arbeitgeberin an diese ab. Leistungen der Arbeitgeberin und der Versicherung an die Mitarbeitenden dürfen den vor dem Ereignis bezogenen Netto-Lohn nicht übersteigen, allenfalls überschiessende Beträge verfallen an die Arbeitgeberin."

    Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB) für die hier in Rede stehende Kollektiv-Krankentaggeldversicherung wurden dem Finanzgericht (FG) vorgelegt.

    Nachdem der Kläger seit dem 3. Mai 2016 krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen war, bezog er für den Zeitraum 3. Mai 2016 bis 31. Dezember 2016 Krankentaggelder in Höhe von insgesamt 43.288 CHF. Ausbezahlt wurde das Krankentaggeld von der K an seine Arbeitgeberin. Für den Zeitraum 3. Mai 2016 bis 2. August 2016 zahlte die Arbeitgeberin dem Kläger einen monatlichen Betrag in Höhe seines vollen Arbeitslohnes aus, für den Zeitraum ab 3. August bis 31. Dezember 2016 einen wegen seiner Krankheit um 20 % gekürzten Betrag. In den Monatslohnabrechnungen benannte seine Arbeitgeberin diese Beträge jeweils als "Monatslohn". In den Lohnabrechnungen für die Monate August 2016 bis September 2016, November 2016 bis Dezember 2016 und Februar 2017 gab die Arbeitgeberin jeweils eine Krankentaggeldverrechnung an. Sie wies auf den monatlichen Lohnabrechnungen folgende Beträge aus (s. ESt-Akte Bl. 202-206):

    August 2016:
     
    KK-Taggeld Verrechnung 3. Mai - 30. Juni 2016:
     6.356,20 CHF

    KK-Taggeld Verrechnung 1. Juli - 29. Juli 2016:
     6.356, 20 CHF

    September 2016:

    KK-Taggeld Verrechnung 30. Juli - 31. August 2016:
     5.698,65 CHF

    November 2016:

    KK-Taggeld Verrechnung 1. September - 30. September 2016:
     6.575,40 CHF

    KK-Taggeld Verrechnung 1. Oktober - 31. Oktober 2016:
     6.794,60 CHF

    Dezember 2016:
     
    KK-Taggeld Verrechnung 1. November - 30. November 2016:
     6.575,40 CHF

    Februar 2017:
     
    KK-Taggeld Verrechnung Korrektur:
     4.931,55 CHF.

    Am 31. Dezember 2016 endete das Arbeitsverhältnis des Klägers mit seiner Arbeitgeberin. Dementsprechend zahlte die Arbeitgeberin dem Kläger ab diesem Zeitpunkt auch keinen (wegen Krankheit gekürzten) Betrag in Höhe seines Lohnes mehr aus. In der Lohnabrechnung für Februar 2017 (s. ESt-Akte Bl. 206) korrigierte die Arbeitgeberin des Klägers (neben der "Verrechnung" des Krankentaggelds) - wie in den Monaten zuvor - lediglich noch den Beitrag des Klägers zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), zur Arbeitslosenversicherung, zur Nichtberufsunfall- und zur Krankentaggeldversicherung und zahlte ihm den entsprechenden Betrag aus.

    Entsprechend der eingereichten Einkommensteuererklärung für 2016 behandelte der Beklagte die Krankentaggelder als steuerfreie Leistungen, unterwarf diese jedoch in Höhe von 39.608 € (= 43.288 CHF) dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Mit Einkommensteuerbescheid vom 7. September 2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2016 auf 13.838 € fest.

    Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und beantragten, die Leistungen der Schweizer Krankentaggeldversicherung nicht dem Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Satz 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. k EStG zu unterwerfen.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 26. Juni 2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, gemäß der erstmals für den Veranlagungszeitraum 2015 anzuwendenden Vorschrift des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG seien die nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG steuerfreien Leistungen bei der Bemessung des anzuwendenden besonderen Steuersatzes(§ 32b Abs. 2 EStG) zu berücksichtigen, wenn vergleichbare Leistungen inländischer Kassen nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis j EStG dem Progressionsvorbehalt unterfielen. Nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG seien die mit den in § 3 Nr. 1 bis 2 Buchst. d EStG genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde oder in der Schweiz hätten, steuerfrei. Unter die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 neu eingeführte Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG fielen demzufolge auch die Leistungen einer schweizerischen Krankentaggeldversicherung,die der Bundesfinanzhof (BFH) schon in der Vergangenheit als steuerfreie Leistungenim Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG angesehen habe. Die Leistungen fielen demzufolge auch unter § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Denn die Leistungen der schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung seienmit dem im Inland von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlten Krankengeld,das nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG dem Progressionsvorbehalt unterliege, vergleichbar. Ein in Deutschland erkrankter Arbeitnehmer, der Versicherter in einer deutschen gesetzlichen Krankenkasse sei, erhalte nach einer sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ebenfalls ein Krankengeld von der Krankenkasse. Jeweiliger Zweck der Leistungen sei die - in der Regel reduzierte - Lohnfortzahlung bei längerem Krankheitsausfall.

    Die Kläger erhoben am 27. Juli 2018 Klage. Zur Begründung tragen sie vor, § 32b EStG führe Leistungen aus einem schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherungsvertrag nicht auf. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG verweise auf den gesetzlichen Krankengeldanspruch nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) und sei somit nicht mit dem schweizerischen Krankentaggeld einer privaten Versicherung vergleichbar. Der Gesetzgeber habe nur Leistungen gesetzlicher Versicherungsträger dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Die Differenzierung zwischen gesetzlichem und privatem Krankentaggeld sei nach dem Urteil des BFH vom 13. November 2014 III R 36/13 (BStBl II 2015, 563) verfassungsgemäß.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid vom 7. September 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2018 dahin zu ändern, dass die Krankentaggelder in Höhe von 39.608 € nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er bezieht sich im Wesentlichen auf seine Begründung in der Einspruchsentscheidung und ergänzt, das von den Klägern angeführte Urteil des BFH vom 13. November 2014 III R 36/13 (a.a.O.) sei zu der vor dem Streitjahr 2016 geltenden Gesetzeslage ergangen. Streitjahrsei in dem dort entschiedenen Streitfall der Veranlagungszeitraum 2009.

    Der dargestellte Sachverhalt beruht auf den im Klageverfahren eingereichten Schriftsätzen der Beteiligten und dem Inhalt der vorgelegten Einkommensteuerakte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat zu Unrecht die von der K ausbezahlten Krankentaggelder dem Progressionsvorbehaltnach § 32b EStG unterworfen.

    1. Der Bundesrepublik Deutschland steht entweder nach Art. 15a oder Art. 21 des DBA-Schweiz als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die dem Kläger ausbezahlten Krankentaggelder zu (vgl. Urteil des BFH vom 29. April 2009 X R 31/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2009, 1625).

    2. Bei den von der Arbeitgeberin jeweils ausbezahlten Beträgen in Höhe des Monatslohns des Klägers für den Zeitraum 3. Mai 2016 bis 2. August 2016 und in Höhe des wegen Krankheit um 20 % gekürzten Monatslohns für den Zeitraum 3. August 2016 bis 31. Dezember 2016 handelt es sich nicht um Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

    a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben den Gehältern und Löhnen u.a. auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ein Vorteil wird für eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Einnahmen im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweisen. Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist. Auch Leistungen eines Dritten können Arbeitslohn sein, wenn ein Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Dienstverhältnis besteht. Kein Arbeitslohn liegt demgegenüber vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BStBl II 2008, 826 m.w.N.).

    Soweit Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis, welches die Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes absichert, auf eigene - nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehende - Ansprüche des Arbeitnehmers erbracht werden, liegt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn vor, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, BStBl II 1998, 581 und BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2000 VI B 108/98, BFH/NV 2000, 836 und vom 13. April 2005 IV B 172/04, juris). Denn in diesem Fall begründe bereits der Anspruch auf diese Leistung einen Zufluss von Arbeitslohn. Das sich aus der Versorgungszusage ergebende Versprechen des Arbeitgebers werde bereits mit Zahlung der Beiträge erfüllt (BFH-Urteil vom 27. Mai 1993 VI R 19/92, BStBl II 1994, 246).

    Etwas anderes gelte aber in den Fällen, in denen sich der Arbeitgeber zur Finanzierung arbeitsrechtlicher Ansprüche rückversichert und selbst alleiniger Anspruchsberechtigter gegenüber dem Versicherungsunternehmen ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, a.a.O. und BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2000 VI B 108/98, a.a.O. und vom 13. April 2005 IV B 172/04, a.a.O.).

    b) Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, handelt es sich bei den strittigen Beträgen nicht um Arbeitslohn.

    aa) Zwar könnte die verwendete Formulierung "Monatslohn" in den monatlichen Gehaltsauszügen dafür sprechen, dass dem Kläger Lohn ausbezahlt wurde. Jedoch erfolgte die Auszahlung im Hinblick auf die erwarteten Krankentaggelder der K, die diese der Arbeitgeberin ausrichtete. Dementsprechend "verrechnete" die Arbeitgeberin in den Lohnausweisen für die Monate August 2016 bis September 2016, November 2016 bis Dezember 2016 und Februar 2017 Krankentaggelder. Dem Schweizer Lohnausweis kommt bei der Einkommensteuerveranlagung im Inland ebenso wenig wie der deutschen Lohnsteuerbescheinigung konstitutive Wirkung des Inhalts zu, dass dort als Bruttolohn angegebene Beträge als Arbeitslohn anzusehen und Einwendungen gegen den Lohncharakter ausgeschlossen seien, wie auch umgekehrt der Nachweis zulässig ist, dass Arbeitslohn nicht erfasst worden ist. Durch diese Urkunden wird das Verwaltungsverfahren lediglich im Normalfall vereinfacht. Jedoch wird nicht die Feststellung und Bewertung von Zuflüssen im Einzelfall erübrigt (BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, a.a.O.). Allein aus der verwendeten Formulierung "Lohn" ergibt sich daher nicht, dass es sich bei den strittigen Zahlungen um Lohn der Arbeitgeberin gehandelt hat. Der Senat sieht diese Zahlungen in der Höhe nicht als Lohnzahlungen an, in der die Arbeitgeberin dem Kläger die ihr von der K überwiesenen Krankentaggelder mit dem Lohnbetrag verrechnete. Diese Zahlungen stellen aus Sicht des Senats teilweise vorweggenommene Leistungen aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung dar. Dass die Arbeitgeberin dem Kläger keinen Lohn in Höhe der später ausgerichteten Krankentaggelder auszahlen wollte, lässt sich auch daran erkennen, dass sie den Betrag in Höhe der ihr ausbezahlten Krankentaggelder nicht in die Berechnung der Beiträge zur AHV einbezog. Denn in Art. 5 Abs. 2 Schweizer Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) ist Krankentaggeld nicht als "massgebender Lohn" aufgeführt, von dem ein Beitrag für die AHV erhoben wird, sodass Krankentaggelder nicht AHV-pflichtig sind (s. Bundesamt für Sozialversicherungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft unter folgendem Link: www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/informationen-fuer/kmu/fall-zu-fall/krankheit.html).

    bb) Die dem Kläger ausbezahlten Krankentaggelder sind auch deswegen keine Lohnzahlungen, weil sie aus Versicherungsansprüchen resultierten, die ihm deswegen unmittelbar gegenüber der K zustanden, da seine Arbeitgeberin ihrer aus dem Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2015 und aus dem Gesamtarbeitsvertrag eingegangenen Verpflichtung nachgekommen ist, eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung abzuschließen.

    So bestimmt Punkt 6.1 AVB, dass die in der Police aufgeführten Personen oder Personengruppen versichert sind, die - wie der Kläger - im versicherten Betrieb beschäftigt sind. Des Weiteren nimmt Punkt 2 AVB ausdrücklich auf das VVG als Grundlage des Vertrags Bezug. Diese Bezugnahme umfasst auch den Art. 87 VVG, der den Versicherten und damit auch dem Kläger ein direktes Forderungsrecht gegen den Versicherer zuerkennt. Dieses direkte Forderungsrecht darf nach Art. 98 Satz 1 VVG weder in den AVB noch im Versicherungsvertrag zuungunsten des Arbeitnehmers geändert werden.

    Nachdem sich das aus der Versorgungszusage ergebende Versprechen der Arbeitgeberin bereits mit Zahlung der Beiträge erfüllt hat, da K die Krankentaggelder auf Ansprüche des Klägers zu erbringen hatte, sind die strittigen Krankentaggelder kein Arbeitslohn. Dementsprechend handelt es sich jedoch bei den Beitragsleistungen der Arbeitgeberin des Klägers zur Kollektiv-Krankentaggeldversicherung um Arbeitslohn (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 1999 VI R 60/96, BStBl II 2000, 406, und vom 29. April 2009 X R 31/08, a.a.O.)

    cc) Die ausbezahlten Versicherungsleistungen stellen auch keine Leistung aus einer Rückversicherung des Arbeitgebers dar. Zwar war die Arbeitgeberin verpflichtet, nach dem Gesamtarbeitsvertrag für 3 Monate und nach Art. 324a OR für eine "beschränkte Zeit", bei Krankheit Lohn weiter zu entrichten. Insofern könnte wenigstens für den Zeitraum dieser arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnfortzahlungspflicht bzw. für die sich aus Art. 324a OR ergebende "beschränkte Zeit" eine Rückversicherung des Arbeitgebers bestanden haben. Der Senat sieht für eine Rückversicherung als kennzeichnend an, dass Versicherter der Arbeitgeber ist, der sich selbst für das Risiko "Lohnfortzahlung" versichert. Versicherter ist im vorliegenden Streitfall jedoch der jeweilige Arbeitnehmer, der einen direkten Anspruch auf Krankentaggeld nach Art. 87 VVG hat, während sein Arbeitgeber diesen Anspruch nicht selbst geltend machen kann (vgl. Urteil Schweizerisches Bundesgericht - BGE - vom 20. Januar 1994 120 V 38, unter folgendem Link: www.bger.ch). Im Übrigen bestimmt Art. 101 Satz 1 Nr. 1 VVG, dass das VVG keine Anwendung auf Rückversicherungsverträge findet, sodass der Senat davon ausgeht, dass auch nach schweizerischem Recht der hier vorliegende Vertrag kein Rückversicherungsvertrag ist.

    Gegen die Annahme einer Rückversicherung spricht ferner, dass nach schweizerischem Recht Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Lohn bei einer gleichwertigen Regelung gemäß Art. 324a Abs. 4 OR verlieren. Das bedeutet, dass sich die Arbeitgeberin mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags und den diesbezüglichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Lohnfortzahlungspflicht entledigt hat (vgl. Urteil des BGE vom 20. Januar 1994 120 V 38, a.a.O.). Eine Regelung sei jedenfalls dann gleichwertig, wenn sie "bei hälftiger Prämienteilung Taggelder von 80% des Lohnes während maximal 720 innert 900 Tagen ausrichtet" (vgl. Online-Handbuch der Koordination Schweiz GmbH unter folgendem Link: https://www.koordination.ch/de/online-handbuch/krankentaggeld/lohnfortzahlungspflicht und Urteil des BGE vom 5. Dezember 2002 4C.275/2002 unter folgendem Link: www.koordination.ch/fileadmin/files/urteile/andere/4c_275_2002.pdf). Läge eine Gleichwertigkeit der Regelung nicht vor, bliebe die Leistungspflicht des Arbeitgebers gemäß Art. 324a Abs. 1 bis 3 OR bestehen (vgl. Online-Handbuch der Koordination Schweiz GmbH a.a.O.). Dafür, dass im Streitfall nicht von einer Gleichwertigkeit ausgegangen werden kann, gibt es keine Anhaltspunkte.

    dd) Dadurch, dass die Arbeitgeberin in die Auszahlung der Versicherungsleistungeneingeschaltet ist und sie an den Arbeitnehmer weiterleitet, werden diese nicht zuArbeitslohn (BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, a.a.O. und BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2000 VI B 108/98, a.a.O. und vom 13. April 2005 IV B 172/04, a.a.O.). Nach Ansicht des Senats gilt dies auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber - wie in der Schweiz bei Leistungen aus kollektiven Krankentaggeldversicherungen nicht unüblich - die Versicherungsleistungen vorweg dem Arbeitnehmer ausbezahlt und die erhaltenen Krankentaggelder der kollektiven Krankentaggeldversicherung später mit den bereits ausbezahlten Beträgen verrechnet.

    ee) Die unter Punkt 7.6 vereinbarte Abtretung im Gesamtarbeitsvertrag steht einem unmittelbaren Anspruch des Klägers gegen die K nicht entgegen, da der Kläger zuerst Inhaber der Forderung sein musste, um diese abtreten zu können. Nach Art. 98 Satz 1 VVG ist das direkte Forderungsrecht im Übrigen nicht zuungunsten der Arbeitnehmer abänderbar.

    3. Es kann dahinstehen, ob in dem Bezug des Krankentaggeldes Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu sehen sind. Denn das Krankentaggeld, das von der K gezahlt wurde, unterliegt nichtder Einkommensteuer.

    a) Gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG sind u.a. Leistungen aus einer Krankenversicherung steuerfrei. Das von der K ausbezahlteKrankentaggeld stellt eine "Leistung aus einer Krankenversicherung" im Sinne des § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG dar. Unerheblich ist, ob es sich um eine inländische oder ausländische Krankenversicherung handelt, da § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG nur eine Auszahlung aus "einer Krankenversicherung" voraussetzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, a.a.O.).

    b) Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014 (BGBl I 2014, 1266; BStBl. I 2014, 1126) wurde mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 der § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG neu eingeführt. Gemäß § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG sind mit den in den Nr. 1 bis 2 Buchstabe d genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben, steuerfrei. Das ausbezahlte Krankentaggeld der K ist "eine mit der Nummer 1 Buchst. a vergleichbare Leistung eines ausländischen Rechtsträgers, der seinen Sitz in der Schweiz hat". Somit ergibt sich die Steuerbefreiung des Krankentaggelds der K im Streitzeitraum auch aus § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG.

    4. Das im Streitjahr vom Kläger bezogene Krankentaggeld unterliegt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dem Progressionsvorbehalt.

    a) Die vom Kläger bezogenen Krankentaggelder werden nicht von § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG umfasst. Nach dieser Vorschrift ist ein besonderer Steuersatz anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger in einem Veranlagungszeitraum u.a. Krankengeld nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch bezogen hat. Dieser besondere Steuersatz ergibt sich, wenn - bezogen auf den Streitfall - bei der Berechnung der Einkommensteuer das Krankengeld dem zu versteuernden Einkommen hinzugezählt wird (§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG - Progressionsvorbehalt). Bei der zu berücksichtigenden Leistung muss es sich um eine aus der gesetzlichen Krankenversicherung handeln. Leistungen privater Krankenversicherungen unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt, da sie nicht auf den in Nr. 1 Buchst. b genannten Sozialversicherungsgesetzen beruhen (BFH-Urteile vom 26. November 2008 X R 59/06, BFH/NV 2009, 739 und vom 13. November 2014 III R 36/13, BStBl II 2015, 563, Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 292. Lieferung 06.2019, § 32b EStG Rn. 82 f., Schmidt/Heinicke, EStG, 38. Auflage 2019, § 32b Rn. 11). Da die Leistungen an den Kläger auf einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach dem VVG basieren und damit von einer privaten Versicherung gezahlt wurden, unterfallen sie mithin nicht dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG.

    b) Das schweizerische Krankentaggeld unterfällt auch nicht § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Nach dieser durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014 (a.a.O.) eingeführten Vorschrift ist ab dem Veranlagungszeitraum 2015 ein besonderer Steuersatz anzuwenden, sofern ein Steuerpflichtiger nach § 3 Nr. 2 Buchstabe e EStG steuerfreie Leistungen bezogen hat, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach den Buchstaben a bis j des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Progressionsvorbehalt unterfallen.

    Das Krankentaggeld kann in der Schweiz nach zwei verschiedenen Gesetzen versichert werden, und zwar einerseits gestützt auf das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) und andererseits gestützt auf das VVG. Die Taggeldversicherung nach dem VVG beruht auf einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag und kann nach Art. 87 VVG als Kollektivversicherung abgeschlossen werden. Im Streitfall resultieren die dem Kläger ausgezahlten Taggelder von der K aus einer schweizerischen kollektiven Krankentaggeldversicherung nach VVG (vgl. Punkt 2 AVB) und damit auf einer privaten Versicherung.

    aa) Es kann dahinstehen, ob § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG überhaupt in den Fällen zur Anwendung kommt, in denen sich die Steuerfreiheit einer Leistung neben § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG bereits aus § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG ergibt.

    bb) Denn das von der K bezogene Krankentaggeld stellt keine einer inländischen öffentlichen Kasse vergleichbare Leistung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG dar, auch wenn der jeweilige Zweck der Leistungen die - in der Regel reduzierte - Lohnfortzahlung bei längerem Krankheitsausfall ist.

    aaa) Das von der K bezogene Krankentaggeld unterscheidet sich vom gesetzlichen Krankengeldin seiner Ausgestaltung in privater Organisationsform. Im Gegensatz zum gesetzlichenKrankengeld nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ist es keine Leistung einer gesetzlichen Krankenkasse als Träger öffentlicher Verwaltung.

    bbb) Ein gewichtiger Unterschied ergibt sich auch aus der Ausgestaltung des schweizerischen Krankentaggelds in Form einer freiwilligen Versicherung. Obligatorisch ist in der Schweiz gemäß Art. 3 Abs. 1 KVG nur die Krankenversicherung. Ein Krankentaggeld gehört nicht zum Leistungsumfang der schweizerischen Krankenkassen und ist dementsprechend auch nicht in den Art. 24 f. KVG, welche den Leistungsbereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung umschreiben, aufgeführt. Der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung ist in der Schweiz somit gesetzlich nicht verpflichtend. Das Krankengeld der gesetzlichen deutschen Krankenkasse nach § 44 SBG V hingegen stellt eine gesetzlich vorgeschriebene Regelleistung dar, die mit den normalen Beiträgen zur Krankenversicherung abgegolten ist.

    ccc) Im Gegensatz zum Krankengeld der gesetzlichen deutschen Krankenkasse sind hinsichtlich Höhe, Dauer und Voraussetzung der Leistung eines schweizerischen Krankentaggelds die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien maßgebend (vgl. dazu Entscheid des Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 27. Juli 2017 731 16 246/190 unter folgendem Link: https://www.baselland.ch/politik- und-behorden/gerichte/rechtsprechung/kantonsgericht).

    Denn das VVG enthält außer in Art. 87 VVG keine spezifischen Bestimmungen zum Krankentaggeld. Somit gilt in der Taggeldversicherung nach dem VVG der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Eine Aufnahmepflicht der Versicherer gibt es im Gegensatz zu den deutschen gesetzlichen Krankenkassen mithin nicht. Versicherungsvorbehalte für bestehende Krankheiten können zeitlich unbefristet angebracht und bestimmte Krankheitsrisiken von der Leistungspflicht ausgenommen werden. Auch Höhe und Dauer der Leistungen können frei vereinbart werden (vgl. hierzu Schweizer Bundesamt für Gesundheit zur freiwilligen Taggeldversicherung unter folgendem Link: www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-versicherte-mit-wohnsitz-in-der-schweiz/freiwillige-taggeldversicherung.html).

    Damit können sich erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Höhe, der Dauer und der Voraussetzungen zu dem von deutschen gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Krankengeld ergeben. So ist im vorliegenden Streitfall z.B. unter Punkt 16.2 AVB der K bestimmt, dass für Versicherte mit einem befristeten Arbeitsverhältnis der Leistungsanspruch spätestens mit Beendigung des Arbeitsvertrages erlischt, während die deutschen gesetzlichen Krankenkassen auch nach Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses Krankengeld bezahlen müssen, sofern die zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit noch während des Beschäftigungsverhältnisses aufgetreten ist (s. § 44 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Nach Punkt 29.1 AVB ruht die Leistungspflicht der K bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers, während die Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber für einen gesetzlich versicherten Arbeitnehmer in Deutschland keine Auswirkungen auf seinen Anspruch auf Krankengeld hat.

    ddd) Für die Nichtvergleichbarkeit des schweizerischen Krankentaggelds nach dem VVG mit dem Krankengeld der gesetzlichen deutschen Krankenkassen spricht auch die Nichteinbeziehung des Krankengelds einer privaten deutschen Krankenversicherung in den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH durfte der Gesetzgeber zwischen den Krankengeldernder unterschiedlichen Krankenkassen differenzieren (vgl. BFH-Urteile vom 26. November 2008 X R 53/06, BStBl II 2009, 376 und vom 13. November 2014 III R 36/13, a.a.O.). Ausschlaggebend waren für den BFH die unterschiedliche Ausgestaltung in öffentlich-rechtlicher bzw. privater Organisationsform und die dadurch bedingten unterschiedlichen Grundstrukturen sowie die unterschiedliche Ausrichtung durch das Solidarprinzip bei der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und das Äquivalenzprinzip bei der privaten Krankenversicherung andererseits. Auch das Krankentaggeld der K ist vergleichbar mit der privaten deutschen Krankenversicherung eine Leistung einer privaten Versicherung. Den AVB der K (vgl. Punkt 30, 31.1 und 31.2 AVB) ist zu entnehmen, dass sie die Höhe der Prämie aufgrund einer veränderten Altersstruktur oder "Schadenerfahrung" anpassen kann. Somit geht der Senat davon aus, dass sich die Bemessung der Prämienhöhe neben der Höhe und dem Umfang des versicherten Lohnes auch nach dem Versicherungsrisiko der Versicherten richtet und damit eher dem Äquivalenzprinzip der privaten deutschen Krankenversicherung entspricht.

    cc) Ferner spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG (vgl. Bundesrats-Drucksache 184/14, 77 ff.) für die Nichteinbeziehung des von der K ausbezahlten Krankentaggelds in den Progressionsvorbehalt. Nach der Gesetzesbegründung nimmt die Neufassung des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG "auch bestimmte Sozialleistungen" aus EU-/EWR-Staaten und aus der Schweiz von derBesteuerung aus, die dem Progressionsvorbehalt unterfallen. Das Krankentaggeld derK stellt keine solche Sozialleistung dar, da sie eine Leistung eines privaten schweizerischenVersicherers ist.

    II. Die aufgrund der vorstehenden Ausführungen gebotene Festsetzung der Einkommensteuer 2016 wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    IV. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung.

    V. Die Revision war zuzulassen, weil der Frage, ob die Leistungen aus der schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach dem VVG dem Progressionsvorbehalt unterliegen, grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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