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  • 08.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140033

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 24.10.2013 – 3 K 103/13 Erb

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

    3 K 103/13 Erb

    Tenor:

    Der Schenkungsteuerbescheid vom 05.03.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 11.12.2012 werden aufgehoben.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten, ob der Kläger seitens der O GmbH (GmbH) eine Schenkung erhalten hat.

    Am Stammkapital der GmbH in Höhe von insgesamt 80.000 DM waren ursprünglich der Vater des Kläger mit 40.800 DM (51 %), der Bruder des Klägers mit 24.000 DM ( 30%) und der Kläger selbst mit 15.200 DM (19 %) beteiligt. Im Zuge der Nachfolgeregelung schieden der Vater des Klägers und der Kläger selbst zum 14.12.2007 aus der GmbH aus. Dabei übertrug der Vater des Klägers seine Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich an den Bruder des Klägers. Der Kläger selbst übertrug seine Anteile auf seinen Bruder und dessen Frau zu einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 230.000 €. Zu den Einzelheiten wird auf die vor dem Notar H abgeschlossenen Verträge (UR Nr. und UR-Nr. , jeweils vom 14.12.2007; Bl. 90 bis 97 der Gerichtsakte) hingewiesen.

    Mit notarieller Vereinbarung ebenfalls vom 14.12.2007 (UR-Nr. des Notars H) übertrug der Bruder des Klägers, handelnd für die GmbH, diesem den Grundbesitz A-Straße 1 und B-Straße 2 in T mit Wirkung zum 31.12.2007. Zur Begleichung des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 734.000 € übernahm der Kläger die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten in Höhe von 733.969 €. Auf § 6 des notariellen Vertrages in der Schenkungsteuerakte wird insoweit Bezug genommen.

    Im Rahmen einer bei der GmbH durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass der Wert der übertragenen Grundstücke B-Straße und A-Straße um 248.000 € über dem vereinbarten Kaufpreis liege mit der Folge, dass insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an den Bruder des Klägers vorliege. Die verdeckte Gewinnausschüttung sei auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da die Vorteilszuwendung der GmbH an den Kläger und somit an eine dem beherrschenden Gesellschafter, nämlich den Bruder des Klägers, nahestehende Person erfolge. Betriebliche Gründe für die verbilligte Überlassung des Grundbesitzes seien nicht ersichtlich. Zu den Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Betriebsprüfung in Tz. 2.2 des Betriebsprüfungsberichts in der Steuerakte hingewiesen. Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung forderte der Beklagte den Kläger zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Dieser Aufforderung kam der Kläger basierend auf seiner Rechtsauffassung, mangels entsprechender Bereicherungsabsicht von der GmbH keine Schenkung erhalten zu haben, nicht nach mit der Folge, dass der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen schätzte und durch Bescheid vom 05.03.2012 die Schenkungssteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 49.933 € festsetzte. Zu den Einzelheiten wird auf den Schenkungsteuerbescheid in der Steuerakte Bezug genommen.

    Dagegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 22.03.2012. Der Beklagte könne nicht darlegen, dass ein schenkungsteuerlich relevanter Vorgang vorliege. Im Übrigen sei die Übertragung des Grundbesitzes an den Kläger zum Marktwert erfolgt.

    Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 11.12.2012 als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 07.11.2007 II R 28/06 (BStBl. II 2008, 258) vertrat der Beklagte die Auffassung, dass es sich um eine gemischte Schenkung der GmbH an den Kläger handele, wobei dem Kläger und seinem Bruder als Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH und langjährig im Immobiliengeschäft tätigen Personen die Wertdifferenz zwischen dem Verkehrswert der Grundstücke und dem vereinbarten Kaufpreis bewusst gewesen sei. Dies reiche für die Annahme des erforderlichen subjektiven Elementes der Schenkung aus.

    Mit seiner Klage vom 11.01.2013 verfolgt der Kläger sein Begehren auf Aufhebung des Schenkungsteuerbescheides weiter. Er verweist darauf, dass die an der Grundstücksübertragung beteiligten Personen davon ausgegangen seien, das Geschäft zu Verkehrswerten abzuschließen. Für eine schenkweise Übertragung bleibe deshalb kein Raum. Das gelte auch deshalb, weil derselbe Sachverhalt nicht einerseits als verdeckte Gewinnausschüttung und andererseits als Schenkung behandelt werden könne. Denn ein Vorgang sei entweder entgeltlich oder unentgeltlich. Die verdeckte Gewinnausschüttung sei jedoch als gesellschaftlich gerechtfertigte Erfolgsteilhabe entgeltlich, da der Gesellschafter insoweit eine Gegenleistung für die Hingabe des Stammkapitals erhalte. Mit dem Auskehrung der verdeckten Gewinnausschüttung mindere sich der Wert seines Gesellschaftsanteils. Die Finanzverwaltung stütze ihre Rechtsauffassung auf ein obiter dictum in der Entscheidung des BFH vom 07.11.2007 (II R 28/06, BStBl. II 2008, 258). Diese Rechtsposition sei aber nicht haltbar. Es werde auf die neuere Entscheidung des BFH vom 30.01.2013 (II R 6/12, BFHE 2040, 178) hingewiesen. Darüber hinaus stehe die Steuerfestsetzung des Beklagten im Widerspruch zur Anwendungsregelung des Erlasses. Dieser sei erst auf Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 20.10.2010 entstehe. Im vorliegenden Fall sei eine etwaige Steuer aber bereits im Jahr 2007 entstanden.

    Der Kläger beantragt,

    den Schenkungsteuerbescheid vom 05.03.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 11.12.2012 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

    Er verweist auf die Einspruchsentscheidung.

    Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 26.08.2013 erörtert und den Bruder des Klägers und seinen Vater als Zeugen vernommen. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins und das dort vom Kläger vorgelegte Schreiben des Notars H zu den Hintergründen der Vertragsgestaltung Bezug genommen (Bl. 80 bis 89 der Gerichtsakte).

    Der Senat hat in der Sache am 24.10.2013 mündlich verhandelt. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die Übertragung der Grundstücke seitens der GmbH an den Kläger erfüllt nicht den Tatbestand einer freigebigen Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).

    Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt dabei in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. In subjektiver Hinsicht ist der Wille des Zuwendenden zur Freigebigkeit erforderlich. Eine freigebige Zuwendung kann auch in Form einer gemischten Schenkung erfolgen.

    Eine Zuwendung ist freigebig, wenn und soweit der Zuwendende dafür keine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung erhält.

    Dabei geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Zuwendung, die in rechtlichem Zusammenhang mit einem Gemeinschaftszweck steht, nicht als unentgeltlich anzusehen ist. Als Gemeinschaftszweck ist auch der gesellschaftsvertraglich bestimmte Zweck einer Kapitalgesellschaft zu verstehen, für dessen Erreichung sich die Gesellschafter zusammen geschlossen haben (vgl. BFH, Urteil vom 17.10.2007 II R 63/05, BStBl. II 2008, 381 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

    Diesen Gedanken hat der BFH in seinem Urteil vom 30.01.2013 (II R 6/12, BFHE 240, 178, BFH/NV 2013, 846) fortgeführt und darauf verwiesen, dass der Annahme einer freigebigen Zuwendung einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter bzw. an eine diesem nahestehende Person auch entgegen stehe, dass es im Verhältnis einer Kapi-talgesellschaft zu ihren Gesellschaftern neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gebe. Denn die Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter erfolgten nicht freigebig. Sie beruhten vielmehr auf dem Gesellschaftsverhältnis, und zwar unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen würden, und hätten daher jedenfalls im Verhältnis zu den Gesellschaftern ausschließlich ertragsteuerliche Folgen. Der Senat schließt sich den Ausführungen dieser Entscheidung in vollem Umfang an.

    Das vom Beklagten noch in Bezug genommene Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19.08.2009 (4 K 1477/09 Erb, EFG 2011, 1994) beruht ersichtlich noch auf dem Urteil des BFH vom 07.11.2007 (a. a. O.), an dessen Aussagen der BFH aber ausweislich der neueren Entscheidung vom 30.01.2013 ersichtlich nicht mehr festhält.

    Demnach kann die seitens der Betriebsprüfung festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung an den Bruder des Klägers nicht gleichzeitig eine freigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger sein. An dieser Beurteilung würde sich auch nichts ändern, wenn – wie vom Bruder des Klägers in einem anderen Verfahren angestrebt – ertragsteuerlich der Kläger selbst als Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung anzusehen wäre. Ob im Rahmen des gesamten Vorgangs zur Regelung der Nachfolge in die GmbH nach dem Vater des Klägers erbschaft- und schenkungsteuerlich relevante Zuwendungen erfolgt sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

    Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid und auch die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig, da insoweit ein Lebenssachverhalt der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterworfen wird, der jedoch nach den Ausführungen des BFH allein nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen ist.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

    Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache unter Hinweis auf die fortgeltende gegenläufige Verwaltungsauffassung gemäß gleichlautender Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.03.2012 (VV BW FinMin 2012-03-12 3-S 380.6/84, dort Tz. 2.6) zugelassen.

    RechtsgebietFinanz- und Abgaberecht

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