· Fachbeitrag · § 62 EStG
Kindergeldanspruch einer nicht erwerbstätigen Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltstitel
Eine nicht erwerbstätige marokkanische Staatsangehörige, die in Deutschland wohnt, aber über keinerlei Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis verfügt, hat für das bei ihr lebende minderjährige Kind mit spanischer Staatsangehörigkeit keinen Kindergeldanspruch. |
Sachverhalt
Im Streitfall waren die allgemeinen Voraussetzungen der Kindergeldgewährung gem. §§ 62 ff. i. V. m. § 32 EStG unstreitig erfüllt, da die Antragstellerin ihren Wohnsitz in Deutschland hat und ihr Sohn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat Da sie jedoch während des Streitzeitraums lediglich die marokkanische Staatsangehörigkeit besaß, ist der persönliche Anwendungsbereich des § 62 Abs. 1a EStG für sie nicht eröffnet. Vielmehr fällt sie in den Anwendungsbereich des § 62 Abs. 2 EStG. Dies gilt ‒ ungeachtet der Bedeutung dieses Umstands im Rahmen der Prüfung, ob diese Vorschrift unionsrechtskonform ist ‒, obwohl ihr Sohn schon zu Beginn des Streitzeitraums die spanische Staatsangehörigkeit besaß. Denn die Vorschriften des § 62 Abs. 1a und Abs. 2 EStG knüpfen für ihren Anwendungsbereich allein an die Staatsangehörigkeit des Kindergeldberechtigten an.
Entscheidung
Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer (also eine Person, die ‒ wie die Antragstellerin im Streitzeitraum ‒ weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, noch zum Kreis der in § 62 Abs. 1a EStG genannten Personen, also im Wesentlichen Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, gehört), hat grundsätzlich nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn er ‒ zusätzlich zu den Tatbeständen des § 62 Abs. 1 EStG ‒ die in Abs. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt.
Soweit der der Antragstellerin im Streitzeitraum nach dem nationalen Kindergeldrecht gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 EStG zustehende Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 2 EStG ausgeschlossen ist, ist die Regelung des § 62 Abs. 2 EStG nach Überzeugung des FG verfassungs- und unionsrechtskonform. Das FG entschied, dass insbesondere insoweit kein Verstoß gegen Art. 4 der Verordnung (VO) Nr. 883/2004 vorliegt und ein Aufenthalterecht auch nicht aus Art. 21 AEUV i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der RL 2004/38/EG als drittstaatsangehöriger Familienangehöriger eines Unionsbürgers hergeleitet werden kann.
Letztlich konnte das FG auch nicht feststellen, dass die Antragstellerin im Streitzeitraum als Arbeitnehmerin erwerbstätig gewesen war. Daher schied ein Anspruch auf Kindergeld nach den Vorschriften des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über Soziale Sicherheit vom 18.4.1986 (BGBl II 1986, 552) ebenfalls aus.
Beachten Sie | Das FG hat die Revision zugelassen, um dem BFH die Möglichkeit zu geben, zu der Frage der Unions- und Verfassungskonformität des § 62 Abs. 2 EStG Stellung zu nehmen.
Fundstelle
- FG Münster 15.4.25, 9 K 2450/21 Kg, Rev. zugelassen