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  • · Fachbeitrag · § 5 EStG

    Zur Passivierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt

    | Eine Rangrücktrittserklärung, die die Erfüllung der Verpflichtung nicht nur aus zukünftigen Gewinnen und Einnahmen, sondern auch aus „sonstigem freien Vermögen“ vorsieht, löst selbst dann weder handels- noch steuerbilanziell ein Passivierungsverbot aus, wenn der Schuldner aufgrund einer fehlenden operativen Geschäftstätigkeit aus der Sicht des Bilanzstichtags nicht in der Lage ist, freies Vermögen zu schaffen, und eine tatsächliche Belastung des Schuldnervermögens voraussichtlich nicht eintreten wird. |

     

    Grundsatz

    Ist eine Verbindlichkeit nach handelsbilanziellen Grundsätzen zu bilanzieren, gilt dieses Passivierungsgebot auch für die Steuerbilanz. Nur wenn eine steuerrechtliche Spezialregelung ‒ wie etwa § 5 Abs. 2a EStG ‒ weitere oder abweichende Kriterien für die Passivierung für Steuerzwecke aufstellt, kann es zu einer abweichenden Behandlung in der Steuerbilanz kommen.

     

    Keine wirtschaftliche Belastung stellt eine Verbindlichkeit dar, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden muss. Für diese Annahme genügt es indes nicht, dass der Schuldner überschuldet ist. Allein die Vermögenslosigkeit des Schuldners führt nicht dazu, dass eine rechtlich bestehende Verpflichtung aus dem handels- oder steuerrechtlichen Abschluss auszubuchen ist.

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall waren die Voraussetzungen für die handelsbilanzielle Passivierung der Verbindlichkeiten nicht entfallen, sodass eine erfolgswirksame Auflösung nicht in Betracht kam.

     

    Die im Streitfall vorliegende nachträgliche Übereinkunft eines Rangrücktritts bewirkt einen verfügenden Schuldänderungsvertrag i. S. d. § 311 BGB, wenn der Zweck einer Rangrücktrittsvereinbarung darin liegt, dass ‒ wie im Streitfall ‒ die betreffende Forderung zur Vermeidung einer Insolvenz nicht in der Überschuldungsbilanz erscheint. Aufgrund des Schuldänderungsvertrags wird die Forderung mit dinglicher Kraft inhaltlich dahin umgewandelt, dass sie ‒ bezogen auf den Überschuldungsstatus ‒ nicht mehr zu passivieren ist.

     

    Die Forderung bildet im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern haftendes Kapital und darf deshalb nicht an den Forderungsinhaber ausbezahlt werden. Damit wird der Forderung vereinbarungsgemäß eine nachrangige Stellung zugewiesen, die eine Befriedigung nur aus freiem, nicht zur Schuldendeckung benötigtem Vermögen der Gesellschaft gestattet.

     

    Durch eine derartige Vereinbarung wird zwar die Rangfolge, nicht aber der Bestand der Forderung geändert, sodass auch etwaige Sicherungsrechte nicht berührt werden. Die betreffende Verbindlichkeit bleibt mithin rechtlich bestehen und wird nur in ihrem Rang verändert. Der Rangrücktritt stellt damit keinen Forderungsverzicht dar, der Gläubiger bleibt Inhaber der Forderung. Dies traf auch im Streitfall zu.

     

    Die Steuerpflichtige war am Bilanzstichtag zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung verpflichtet, die nach Maßgabe der getroffenen Schuldänderungsvereinbarung vom Gläubiger erzwungen werden konnte. Eine Tilgungsmöglichkeit für die Verbindlichkeiten bestand, soweit die Forderungen u. a. „aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersteigenden freien Vermögen“ zu bedienen waren.

     

    Anders als bei einem vollständigen oder teilweisen Forderungsverzicht führt der Rangrücktritt nicht dazu, dass die betreffende Verbindlichkeit erlischt oder sich im Bestand mindert. Die streitgegenständliche Rangrücktrittsvereinbarung löste auch kein steuerbilanzielles Passivierungsverbot (§ 5 Abs. 2a EStG) aus. Denn das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG setzt voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers verabredungsgemäß nur auf künftiges Vermögen des Schuldners ‒ damit nicht: auf am Bilanzstichtag vorhandenes Vermögen ‒ bezieht. Unter Einnahmen oder Gewinnen sind mithin künftige Vermögenswerte zu verstehen.

     

    Entscheidung

    Im Streitfall hatte das FG zu Recht entschieden, dass § 5 Abs. 2a EStG nicht zu einem Passivierungsverbot der bestehenden Verbindlichkeiten führt. Etwas anderes ergab sich im Streitfall nicht daraus, dass freies Vermögen mit Ausnahme einer Forderung am maßgeblichen Bilanzstichtag weder vorhanden gewesen ist noch die konkrete Möglichkeit bestanden hatte, freies Vermögen zu schaffen. Denn § 5 Abs. 2a EStG stellt nicht darauf ab, ob freies Vermögen zum maßgeblichen Bilanzstichtag bereits vorhanden ist oder künftig geschaffen werden kann. Ein steuerrechtliches Passivierungsverbot ist erst dann zu bejahen, wenn der Rangrücktritt nach Maßgabe der Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG in dem Sinne spezifiziert wird, dass die hiervon betroffenen Verpflichtungen nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, und deshalb ‒ so die Rechtsfolge der Vorschrift ‒ deren Passivierung daran gebunden ist, dass die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47054194

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