· Baukasten für eine optimierte Vereinbarung ‒ Teil 4
Weitere formale Anforderungen an Honorarvereinbarungen

von RA Udo Henke, Unna
| Für einen rechtlich und wirtschaftlich sicheren Umgang mit anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen sollte die anwaltliche Seite ‒ gleich, ob Mitarbeiter oder Anwälte selbst ‒ natürlich auch die gesetzlichen Vorgaben und die Auslegung durch die Gerichte kennen. Teil 3 behandelte die Textform. Hier finden Sie einen Überblick zu weiteren Formvorschriften. |
Die Bezeichnung einer Vergütungsvereinbarung
Eine der Textform unterliegende Vereinbarung über die Vergütung eines Rechtsanwalts muss laut § 3a Abs. 1 S. 2 RVG
- als Vergütungsvereinbarung oder
- in vergleichbarer Weise bezeichnet werden.
Was heißt das konkret? Unzulässig wäre sicherlich, eine solche Vereinbarung gar nicht zu bezeichnen, sie also ohne eine eindeutige Kennzeichnung als Vergütungsvereinbarung in die Textform zu gießen.
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Auftragserteilung: Die Auftraggeberin F mandatiert Anwalt A zur Durchsetzung ihrer Zahlungsforderung i. H. v. 5.000 EUR aus Kaufvertrag. F zahlt A ein Honorar auf der Basis eines anwaltlichen Stundensatzes von 200,00 EUR zuzüglich 19 % MwSt, Ort, Datum, Unterschrift |
Was ist eine dem Begriff „Vergütungsvereinbarung“ vergleichbare Bezeichnung?
In der Fachliteratur und Rechtsprechung gibt es keine Einwände gegen die Verwendung der Bezeichnung „Honorarvereinbarung“ (AG Wolfratshausen 23.8.07, 1 C 691/07, AGS 08, 11; OLG München 10.12.14, 15 U 5006/12, AGS 16, 214).
Die Begriffe „Vergütungsvertrag, Vergütungsabrede, Honorarvertrag oder Honorarabrede“ dürften den gleichen Sinngehalt haben wie „Vergütungsvereinbarung“.
Der Begriff „Gebührenvereinbarung“ dürfte allgemein zwar als Synonym für „Vergütungsvereinbarung“ verstanden werden, hat aber einen kostenrechtlichen Haken: Er wird im Gesetz als Fachbegriff für die vertraglich vereinbarte Honorierung der in § 34 RVG genannten anwaltlichen Tätigkeiten verwendet. Zudem umfasst die Legaldefinition zu „Gebühren“ nicht die Erstattung von Auslagen, siehe § 1 Abs. 1 S. 1 RVG. Wenn also die Vereinbarung auch die Auslagen regelt oder Auslagenerstattung daraus gefordert wird, wäre die Bezeichnung „Gebührenvereinbarung“ bereits ungenau ‒ wenn nicht sogar irreführend und damit riskant.
Deutliches Absetzen von anderen Vereinbarungen
Die Vergütungsvereinbarung ist von anderen Vereinbarungen deutlich abzusetzen, § 3a Abs. 1 S. 2 RVG. Diese Vorgabe hat schon mehrfach vor Gericht zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung geführt. Enthalten darf die Vergütungsvereinbarung die Erteilung des Auftrags und seine nähere Ausgestaltung (AG Wolfratshausen AGS 08, 11). Ebenfalls unschädlich für das Abgrenzungsgebot sind Vereinbarungen, die unmittelbar mit der Zahlung zu tun haben:
- Fälligkeit,
- Abrechnung,
- Abtretung der Vergütungsforderung und
- Gerichtsstandvereinbarung für Streitigkeiten aus der Vergütungsvereinbarung.
Der BGH entschied 2015, dass eine Vergütungsvereinbarung zumindest in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragrafen geregelt sein muss. Außerdem ist die Vereinbarung optisch eindeutig von den anderen Bestimmungen (außer der Auftragserteilung) im Vertragstext abzugrenzen (BGH 3.12.15, IX ZR 40/15, RVG prof. 16, 88, Abruf-Nr. 183113). Das OLG Karlsruhe (20.1.15, 19 U 99/14, RVG prof. 15, 99) hatte als Vorinstanz an die äußere Gestaltung noch die gleichen Kriterien angelegt, wie bei einer Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB. Es bedürfe zwar keiner drucktechnischen Hervorhebung, aber die Vergütungsvereinbarung sei so deutlich vom übrigen Vertragstext abzuheben, dass der Mandant die Rechtslage kaum übersehen kann.
PRAXISTIPP | Der sicherste Weg zur Einhaltung des Abgrenzungsgebots ist die separate Vergütungsvereinbarung ohne weitere allgemeine Mandatsbestimmungen. Wenn doch ein einheitlicher Mandatsvertrag inklusive einer Vergütungsvereinbarung gewünscht wird, ist diese z. B. in einem durch Absätze abgetrennten besonderen Kapitel mit eigener Überschrift „Vergütungsvereinbarung“ so deutlich sichtbar abzugrenzen, dass niemand diese Regelung übersehen kann. Bei eingeschränkter Wahrnehmungsfähigkeit des Mandanten (keine oder geringe Sprachkenntnisse, intellektuelle Defizite o. Ä.) sollten Sie ihn in einem Anschreiben oder einem dokumentierten Gespräch ausdrücklich auf die Vergütungsvereinbarung hinweisen. Es darf niemals der Eindruck entstehen, die Vereinbarung sei dem Mandanten untergeschoben worden. |
Keine Vergütungsvereinbarung mit einer Vollmacht koppeln
Gemäß § 3a Abs. 1 S. 2 RVG darf eine Vollmacht keine Vergütungsvereinbarung enthalten. Im Umkehrschluss darf auch eine Vergütungsvereinbarung keine Vollmacht enthalten, eine Auftragserteilung dagegen schon. Die Beauftragung selbst stellt nämlich noch keine Bevollmächtigung dar.
Weiterführender Hinweis
- Die Reihe „Vergütungsvereinbarungen-Baukasten“ wird fortgesetzt. In einer der nächsten Ausgaben werden rechtliche Vorgaben zu den Aufklärungspflichten bei Vergütungsvereinbarung erläutert.