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  • 08.07.2011

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 09.02.2011 – 8 TaBV 7/10


    Tenor:

    Die Beschwerde des Betriebsrats und die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 1.12.2009 - 11 BV 23/08 - werden zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle betreffend die Themen "Flexible Arbeitszeitkonten" und "Lage und Verteilung der Arbeitszeit".

    Die Arbeitgeberin, bei der ca. 120 bis 140 Arbeitnehmer beschäftigt sind, fertigt in ihrem Werk in A-Stadt Karosserieteile und Baugruppen, hauptsächlich für die Automobilindustrie. Antragsteller ist der dort bestehende Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden.

    Die Beteiligten verhandelten seit 2007 über eine von der Arbeitgeberin angestrebte Flexibilisierung der Arbeitszeit. Mit Schreiben vom 14.05.2008 erklärte die Arbeitgeberin unter der Überschrift "Verhandlungen über die Betriebsvereinbarungen 'Lage und Verteilung der Arbeitszeit' und 'Flexible Arbeitszeitkonten', ihr Schreiben vom 10.05.2008" die Verhandlungen für gescheitert. Die von der Arbeitgeberin angerufene Einigungsstelle tagte am 28.08.2008 und am 10.09.2008. Nachdem sowohl der Antrag des Betriebsrats als auch der Antrag der Arbeitgeberin keine Mehrheit gefunden hatten, stellte der Vorsitzende der Einigungsstelle einen eigenen Antrag zur Abstimmung, der schließlich mit 4 : 3 Stimmen angenommen wurde und der eine Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" und Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" enthält.

    Die Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" lautet auszugsweise:

    Zeitkonten

    Für jeden Mitarbeiter wird ein Zeitkonto geführt, auf dem Zeitgutschriften und -Lastschriften, d.h. Plus- und Minusstunden individuell verbucht werden. Das Zeitkonto wird wöchentlich aktualisiert...

    Verfügung über die Zeitsalden

    Bei der Verfügung über die Zeitkonten sollen sowohl die betrieblichen, als auch die persönlichen Interessen des Mitarbeiters angemessene Beachtung finden, wobei Urlaub und Krankheit vorrangig zu berücksichtigen sind...

    Beendigung des Arbeitsverhältnisses

    Für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird, gelten in Bezug auf das Zeitkonto nachfolgende Regelungen:

    Weist das Arbeitszeitkonto Plusstunden auf, müssen diese unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse durch Freizeit ausgeglichen werden. Ist dies bis zum Ausscheiden nicht möglich, werden die Plusstunden mit dem jeweils gültigen Stundenentgelt ausgezahlt.

    Bei einem Minussaldo muss dem Mitarbeiter die Gelegenheit zur Leistung von Nacharbeit im Rahmen der arbeitsgesetzlichen und betrieblichen Möglichkeiten gegeben werden.

    Ist dies aus Gründen in der Person des Mitarbeiters nicht möglich, bzw. verweigert der Arbeitnehmer die Mehrarbeit, werden die Minusstunden vom Monatslohn bis zur Pfändungsfreigrenze in Abzug gebracht. Bei arbeitgeberseitigen Kündigungen können Minusstunden nur dann abgezogen werden, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen dieser Regelung zumutbare Mehrarbeitsstunden ablehnt und die Kündigung verhaltensbedingt ist.

    Eine Verrechnung der Minusstunden mit über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubstagen ist nach Absprache mit dem Mitarbeiter im Rahmen bis zum gesetzlichen Mindestniveau möglich.

    Rahmen der Zeitkonten im gewerblichen Bereich

    ... Der Rahmen des Ampelkontos gliedert sich nach folgenden Stufen:

    Zeitgutschriften:

    bis +16 Stunden:

    grüner Bereich

    +17 bis +40 Stunden:

    gelber Bereich

    +41 bis +85 Stunden:

    roter Bereich

    Zeitlastschriften:

    bis -16 Stunden:

    grüner Bereich

    -17 bis -40 Stunden:

    gelber Bereich

    -41 bis -85 Stunden:

    roter Bereich

    Im grünen Bereich kann die Inanspruchnahme des Zeitkontos durch den Mitarbeiter nur aus wichtigen betrieblichen Gründen vom Vorgesetzten abgelehnt werden. (z.B. Auftragsspitzen, Urlaub, Krankheit usw.)...

    Im gelben Bereich müssen Mitarbeiter und Vorgesetzter eine Regelung treffen, um den Saldo des Zeitkontos in die Grünphase zurückzuführen.

    Im roten Bereich muss zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten ein verbindlicher Abbauplan erstellt werden, der mit der Betriebs- und/oder Geschäftsführung abzustimmen ist...

    Ausgleich der Arbeitszeitkonten

    Der Ausgleich des individuellen Arbeitszeitkontos muss innerhalb von 12 Monaten erfolgen.

    Der Ausgleichszeitraum beginnt immer mit Nulldurchgang des Saldos auf dem individuellen Arbeitszeitkonto neu zu laufen. Fehlt die Möglichkeit aus Krankheitsgründen, verlängert sich die Rahmenfrist um die Dauer der Krankheit.

    Konnte ein Ausgleich bis 3 Monate vor Ablauf der individuellen 12-Monatsfrist noch nicht erreicht werden, muss der Abteilungsleiter alles tun, um einen Ausgleich bis zur 12-Monatsfrist zu erreichen. Ist ein Ausgleich innerhalb von 12 Monaten seit dem letzten Ausgleich nicht möglich, so wird der positive Saldo des Arbeitszeitkontos mit dem jeweils gültigen Stundenentgelt auf Antrag des Vorgesetzten nach vorheriger Abstimmung mit der Betriebs- und/oder Geschäftsleitung ausgezahlt...

    Für Samstags im Rahmen der Frühschicht geleistete Stunden werden 125% der geleisteten Zeiten gutgeschrieben...

    Die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" lautet auszugsweise:

    Geltungsbereich

    Die Regelung gilt für alle Vollzeit und Teilzeit beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer des Werkes A-Stadt der oben erwähnten Unternehmen.

    Nicht zu den Arbeitnehmern i.S.v. Abs. 1 gehören insbesondere:

    Angestellte

    Auszubildende

    geringfügig Beschäftigte

    Gruppendefinitionen ...

    A) Mitarbeiter an Bandmaschinen (Schichtmodelle FSN3, FSN4, FS)

    B) Mitarbeiter an Einlegemaschinen (Schichtmodell FS)

    C) Mitarbeiter an Schweißrobotern (Schichtmodelle FSN3, FSN4, FS)

    D) Mitarbeiter in der Qualitätssicherung (Schichtmodelle LK3, LK4)

    E) Mitarbeiter im Versand (Schichtmodelle FS/VSL)

    F) Mitarbeiter im Werkzeugbau (Schichtmodell Werkzeugbau)

    F) Einrichter (Schichtmodelle E3, E4)

    H) Mitarbeiter in der Instandhaltung (Schichtmodell IStH)

    Arbeitszeitvolumen

    Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (IRWAZ) wird wie folgt gestaffelt definiert:

    ab 01. Januar 2008: 37,5 h/Woche

    ab 01. Januar 2009: 38,0 h/Woche

    Die jeweils gültige IRWAZ ist durch geeignete Schicht- sowie Einsatzplanung im Durchschnitt von 12 Monaten sicherzustellen...

    Lage und Verteilung der Arbeitszeit

    ...Die Verteilung erstreckt sich grundsätzlich von Sonntag 22:00 Uhr bis Samstag 14:00 Uhr, wobei zur Abwicklung des flexiblen Arbeitszeitkontos Einbringschichten auch außerhalb des oben definierten Verteilungsfensters liegen können, sofern hierbei keine arbeitszeitgesetzlichen Regelungen verletzt werden.

    Die daraus resultierenden Schichtzeiten definieren sich wie folgt, wobei diese nicht für alle Mitarbeitergruppen voll genutzt werden müssen:

    Frühschicht (Mo - Sa): 06:00 Uhr - 14:00 Uhr

    Tagschicht (Mo - Fr.): 08:00 Uhr - 16:00 Uhr

    Spätschicht (Mo - Fr): 14:00 Uhr - 22:00 Uhr

    Nachtschicht (So - Fr): 22:00 Uhr - 06:00 Uhr

    Maßgeblich im Hinblick auf die grundsätzliche Lage und Verteilung der Arbeitszeit der jeweiligen Mitarbeitergruppe nach Ziff. (2) sind die im Anhang abgebildeten Schichtpläne mit den daraus resultierenden Schichten.

    In den Schichtzeiten ist eine halbe Stunde unbezahlte Pause pro Schicht enthalten...

    Bei stark schwankender Auftragslage können die Frühschicht am Samstag sowie die am Freitag beginnende Nachtschicht für alle oder einzelne Mitarbeiter abgesagt werden, sofern der Betriebsrat zugestimmt hat. Bei Meinungsverschiedenheiten trifft eine ständige Einigungsstelle mit je zwei betriebsinternen Beisitzern unter Vorsitz von RArbG Z die Letztentscheidung...

    Bei einer - von der jeweils gültigen IRWAZ nach Ziff. (1) - abweichenden Wochenarbeitszeit infolge der Schicht- und Einsatzplanung erfolgt eine Abwicklung des Differenzbetrages über die Regelung "Zeitkonto"...

    Der Spruch der Einigungsstelle wurde dem Betriebsrat am 22.09.2008 zugeleitet. Mit seiner am 06.10.2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Antragsschrift hat der Betriebsrat den Spruch angefochten.

    Der Betriebsrat hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, der Spruch der Einigungsstelle sei aus mehreren Gründen rechtsfehlerhaft. Die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitzeit" beinhalte keine vollständige und abschließende Regelung. So fehle es sowohl an einer Arbeitszeitregelung für den Angestelltenbereich als auch an Bestimmungen für die Beschäftigten im Werkzeugbau. Außerdem berücksichtigten die Schichtmodelle nicht die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 38 Stunden für das Jahr 2009, wodurch ohne Not die Schichthäufigkeit erhöht werde. Darüber hinaus beinhalte die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" unter Überschreitung der Zuständigkeit der Einigungsstelle in Ziffer 3. Bestimmungen zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer. Die vorgesehene Möglichkeit, die Frühschicht am Samstag und die am Freitag beginnende Nachtschicht für alle oder einzelne Mitarbeiter abzusagen, stelle eine Regelung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG dar, wofür die Einigungsstelle nicht zuständig gewesen sei. Die Einführung einer Samstagsfrühschicht sei ermessenfehlerhaft, weil das Interesse der Beschäftigten, am Wochenende nicht arbeiten zu müssen, nicht mit dem Interesse der Arbeitgeberin an der Verlängerung der Maschinenlaufzeiten abgewogen worden sei. Die Einigungsstelle habe ihr Ermessen auch insoweit nicht ordnungsgemäß ausgeübt, als "Einbringschichten" als möglich und zulässig vorgesehen worden seien, ohne dass hierfür Voraussetzungen und Notwendigkeiten geregelt worden seien. In der Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" habe die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit überschritten, indem eine Verrechnung der Minusstunden mit über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubstagen ermöglicht worden sei. Für eine solche Regelung könne sich eine Zuständigkeit der Betriebspartner nur aus § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ergeben.

    Der Betriebsrat hat beantragt,

    festzustellen, dass der Einigungsstellenspruch vom 10.09.2008 betreffend die Regelung "flexibler Arbeitszeitkonten" sowie die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" unwirksam ist.

    Die Arbeitgeberin hat beantragt,

    den Antrag abzuweisen.

    Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, der Einigungsstellenspruch sei insgesamt wirksam. Samstagsarbeit sei im Unternehmen auf freiwilliger Basis schon immer geleistet worden. Im Übrigen betreffe die Samstagsschicht nur einen Teil der Beschäftigten und diese auch nur alle vier Wochen. Der Spruch sei auch vollständig und abschließend. Eine Arbeitszeitregelung für den Angestelltenbereich sei nicht Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens gewesen. Wenn in der Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" irrtümlich auf das nicht existierende "Schichtmodell Werkzeugbau" verwiesen werde, so sei damit das Schichtmodell "FS" gemeint. Dies erschließe sich problemlos aus dem Einigungsstellenspruch. Die nicht vollständige Verteilung der arbeitsvertraglichen Wochenarbeitszeit führe jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs. Es sei üblich und normal, dass Schichtmodelle Schichtzeiten enthielten, die hinter den jeweiligen individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeiten zurückblieben. Diese Modelle ergäben sich aus einer Berechnung des Netto-Bedarfs, bei dem - im Gegensatz zum Brutto-Bedarf - Urlaubs- und Krankheitszeiten sowie sonstige Abwesenheitszeiten nicht berücksichtigt seien. Die Abwesenheitszeiten würden dann aus den Puffern der Arbeitszeitkonten aufgefangen. Der betreffende Einigungsstellenspruch enthalte auch keine konstitutive Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit, sondern verweise lediglich deklaratorisch auf die mit dem Beschäftigten individuell vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit. Hinsichtlich der "Einbringschichten" sei das Ermessen der Einigungsstelle deswegen nicht überschritten, weil diese nach wie vor dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterlägen.

    Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 01.12.2009 (Bl. 247-256 d. A.).

    Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 01.12.2009 festgestellt, dass der Einigungsstellenspruch vom 10.09.2008 betreffend der Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" unwirksam ist und im Übrigen den Antrag abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 12-16 dieses Beschlusses (= 256-260 d. A.) verwiesen.

    Gegen den beiden Beteiligten am 21.12.2009 zugestellten Beschluss haben die Arbeitgeberin am 20.01.2010 und der Betriebsrat am 21.01.2010 Beschwerde eingelegt und diese jeweils innerhalb der ihnen verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 22.03.2010 begründet.

    Die Arbeitgeberin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Einigungsstellenspruch auch betreffend der Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" wirksam. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, die Einigungsstelle habe mit ihrem Spruch den ihr unterbreiteten Konflikt nicht vollständig gelöst, sei nicht tragfähig. Andernfalls könne eine Einigungsstelle nur noch solche Regelungen beschließen, die keinerlei flexiblen Elemente mehr beinhalteten. Entscheidend sei, dass die Einigungsstelle das Mitbestimmungsrecht im Wesentlichen ausschöpfe bzw. den Kern des Mitbestimmungstatbestandes im Rahmen der gestellten Anträge regele. Dies habe die Einigungsstelle mit ihrem Spruch vom 12.09.2008 getan. Flexiblen Arbeitszeitmodellen sei es immanent, dass nicht die komplette zur Verfügung stehende Arbeitszeit bereits im Vorfeld durch die Betriebsparteien starr und abschließend verteilt werden könne. Insoweit bleibe nur die Möglichkeit, Lage und Verteilung der später flexibel einzubringenden Arbeitszeiten jeweils erneut zwischen den Betriebsparteien zu vereinbaren. Hinzu komme, dass die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" mit Ausnahme zweier Schichtmodelle ausschließlich solche Schichtmodelle vorsehe, bei denen schon durch ihre Anwendung selbst eine durchschnittliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden anfalle. Bezogen auf die derzeitige individuell vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beschäftigten von 38 Stunden ergäben sich also bereits unter Zugrundelegung der normalen Schichtzeiten ohne Erbringung irgendwelcher Einbringschichten über ein ganzes Jahr hinweg insgesamt nur ca. 26 auszugleichende Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto. Im Übrigen betrage die individuelle regelmäßige Wochenarbeitszeit der Beschäftigten ab dem 01.05.2010 nur noch 36 Stunden. Für den weitaus größten Teil der im Einigungstellenspruch vorgesehenen Schichtmodelle bedeutet dies, dass dann durch deren Anwendung als solche keine Minusstunden mehr entstünden.

    Zur Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung der Arbeitgeberin wird auf deren Schriftsatz vom 18.03.2010 (Bl. 313-317 d. A.) Bezug genommen.

    Die Arbeitgeberin beantragt,

    den erstinstanzlichen Beschluss teilweise abzuändern und den Antrag des Betriebsrats insgesamt abzuweisen.

    Der Betriebsrat beantragt,

    die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

    Der Betriebsrat verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss, soweit seinem Antrag stattgegeben wurde, nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 26.05.2010 (Bl. 374 f. d. A.), auf den Bezug genommen wird.

    Zur Begründung seiner eigenen Beschwerde macht der Betriebsrat im Wesentlichen geltend, die Unwirksamkeit der Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" habe auch die Unwirksamkeit der Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" zur Folge. Hätte die Einigungsstelle ihre Aufgabe erfüllt und die vertraglich vereinbarten Zeiten verteilt, so bestünde kein Bedarf für ein Arbeitszeitkontensystem. Es sei nicht ersichtlich, wie bei einem festen Arbeitszeitsystem ein Bedarf für Zeitkonten entstehen könne. Der Einigungsstellenspruch lasse auch offen, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer das Recht haben solle, weniger oder mehr zu arbeiten, als dies der Schichtplan vorsehe. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen "auf betriebliche Veranlassung" ein Auf- oder Abbau von Zeitguthaben erfolgen solle. Ebenso wenig sei ersichtlich, warum (bis auf den gesetzlichen Mindesturlaub) die Arbeitgeberin Minusstunden mit Urlaubstagen verrechnen könne. Dem Wortlaut der Regelung nach solle die Initiative diesbezüglich ausschließlich beim Arbeitgeber liegen.

    Zur Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung des Betriebsrats wird auf dessen Schriftsatz vom 22.03.2010 (Bl. 322-325 d. A.) Bezug genommen.

    Der Betriebsrat beantragt,

    den erstinstanzlichen Beschluss teilweise abzuändern und festzustellen, dass der Einigungsstellenspruch vom 10.09.2008 auch betreffend der "Regelung flexibler Arbeitszeitkonten" unwirksam ist.

    Die Arbeitgeberin beantragt,

    die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

    Die Arbeitgeberin verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss, soweit der Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen wurde, nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 23.04.2010 (Bl. 350-355 d. A.), auf den Bezug genommen wird.

    II. 1. Die statthaften Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat jedoch keines der beiden Rechtsmittel Erfolg. Das Arbeitsgericht hat vielmehr zu Recht festgestellt, dass der Einigungsstellenspruch vom 10.09.2008 betreffend die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" unwirksam ist und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.

    2. Der zulässige Feststellungsantrag des Betriebsrats ist nur zum Teil begründet.

    a) Der Spruch der Einigungsstelle vom 10.09.2008 ist bezüglich der Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" unwirksam.

    Unzulässig und damit unwirksam ist zunächst die in (4) dieser Regelung enthaltene Bestimmung, wonach bei Meinungsverschiedenheiten über eine Absage der Frühschicht am Samstag sowie der am Freitag beginnenden Nachtschicht eine ständige Einigungsstelle mit einer bestimmten Besetzung eine Entscheidung zu treffen hat. Die Betriebsparteien können sich zwar nach § 76 Abs. 1 Satz 2 BetrVG durch freiwillige Betriebsvereinbarung auf die Errichtung eine ständigen Einigungsstelle verständigen. Eine Einigungsstelle kann aber nicht durch einen Spruch gegen den Willen einer Betriebspartei die Besetzung einer ständigen oder einer künftig für bestimmte Gegenstände zuständigen Einigungsstelle festlegen (BAG v. 26.08.2008 - 1 ABR 16/07 - AP Nr. 54 zu § 75 BetrVG 1972).

    Die Unwirksamkeit der Bestimmung über die Einsetzung einer ständigen Einigungsstelle hat - für sich genommen - jedoch nicht die Unwirksamkeit der gesamten Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" zur Folge. Gemäß § 139 BGB führt die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts dann zur Gesamtnichtigkeit, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Diese Vorschrift ist ihrem Rechtsgedanken nach auch auf die Regelungen in Betriebsvereinbarungen anzuwenden. Dabei hat die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen die Unwirksamkeit der gesamten Betriebsvereinbarung nur zur Folge, wenn der verbleibende Teil ohne die unwirksamen Bestimmungen keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr enthält (BAG v. 22.07.2007 - 1 ABR 28/02 - AP Nr. 108 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Unterstellt man vorliegend die Wirksamkeit der sonstigen Bestimmungen des Spruchs der Einigungsstelle, so kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass diese bei Wegfall der Regelung bezüglich der Einsetzung der ständigen Einigungsstelle nicht mehr eine insgesamt sinnvolle und anwendbare Gesamtregelung darstellen.

    Die Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" ist jedoch deshalb insgesamt unwirksam, weil die Einigungsstelle insoweit keine eigene Entscheidung in maßgeblichen Teilen der betreffenden Regelung getroffen und somit letztlich den Konflikt der Betriebspartner nicht gelöst hat.

    Aufgabe der Einigungsstelle ist es, durch ihren Spruch die Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen und zu einem billigen Ausgleich zu bringen. Dem kann ein Spruch der Einigungsstelle, der nicht selbst eine Regelung der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit trifft, sondern die der Einigungsstelle zustehende Regelungsbefugnis auf den Arbeitgeber überträgt, in keinem Fall gerecht werden. Dies gilt auch dann, wenn die dem Arbeitgeber überlassenen Regelungen von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht werden. Auch dann hat nämlich die Einigungsstelle ihren Auftrag zur Herbeiführung einer abschließenden Sachregelung nicht erfüllt, sondern ihren Regelungsauftrag rechtsfehlerhaft an die Betriebsparteien zurückgegeben (BAG v. 08.06.2004 - 1 ABR 4/03 - AP Nr. 20 zu § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle).

    Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Einigungsstelle eine Regelung vorsieht, die dem Arbeitgeber innerhalb eines von ihr in Ausübung ihres Ermessens gesteckten Rahmens inhaltlicher Vorgaben gewisse Entscheidungsspielräume belässt. Daher sind auch Einigungsstellensprüche, die den Regelungsgegenstand zunächst nur abstrakt generell regeln, Maßnahmen des Arbeitgebers im konkreten Einzelfall an eine weitere Zustimmung des Betriebsrat knüpfen und für den Fall der Nichterteilung der Zustimmung ein erneutes Einigungsstellenverfahren vorsehen, nicht generell ausgeschlossen. Sie sind jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn durch sie der Regelungsstreit grundsätzlich gelöst wird (BAG v. 26.08.2008 - 1 ABR 16/07 - AP Nr. 54 zu § 75 BetrVG 1972). Die Einigungsstelle muss jedoch selbst den Regelungsgegenstand gestaltet haben (BAG v. 08.06.2004 - 1 ABR 4/03 - AP Nr. 20 zu § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle).

    Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend nachgekommen ist.

    Unstreitig bestanden zwischen den Betriebsparteien erhebliche Meinungsverschiedenheiten bezüglich der von der Arbeitgeberin gewünschten Arbeit an Samstagen. Zwar hat die Einigungsstelle mit ihrem Spruch insoweit (zunächst) eine Regelung getroffen, wonach eine am Freitagabend (22.00 Uhr) beginnende und bis Samstagmorgen (6.00 Uhr) laufende Nachtschicht sowie eine Samstagsfrühschicht (6.00 Uhr bis 14.00 Uhr) eingeführt wird. Dies wird jedoch durch die Regelung, wonach "bei stark schwankender Auftragslage" sowohl die Frühschicht am Samstag, als auch die am Freitag beginnende Nachtschicht für alle oder einzelne Mitarbeiter abgesagt werden können, sofern der Betriebsrat zugestimmt hat, eingeschränkt und relativiert. Was unter "stark schwankender Auftragslage" zu verstehen ist, lässt sich dem Einigungsstellenspruch nicht ansatzweise entnehmen. Ob und unter welchen Voraussetzungen die betreffenden beiden Schichten durchgeführt werden müssen oder vom Arbeitgeber nach Zustimmung des Betriebsrats abgesagt werden können, ist somit nicht geregelt. Vielmehr wird die Konfliktlösung insoweit wieder an die Betriebsparteien zurückgegeben. Dies wird dem Regelungsauftrag der Einigungsstelle nicht gerecht.

    Auch bezüglich der Lage der infolge von Minusstunden entstehenden "sogenannten" Einbringschichten" enthält der Einigungsstellenspruch letztlich keine eigene Regelung. Der Einigungsstellenspruch bestimmt insoweit vielmehr, dass diese Schichten auch außerhalb der Schichtpläne und darüber hinaus auch außerhalb des definierten Verteilungsfensters (Sonntag 22.00 Uhr bis Samstag 14.00 Uhr) abgeleistet werden können. Da die Festlegung bzw. Einführung solcher zusätzlicher, hinsichtlich ihrer Lage im Einigungsstellenspruch nicht näher konkretisierten Schichten zweifellos nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, ist die Einigungsstelle auch insoweit ihrem Regelungsauftrag nicht gerecht geworden, sondern überträgt auch hier die Lösung der zwangsläufig entstehenden Konflikte wieder zurück an die Betriebspartien.

    Die Einigungsstelle hat ihren Regelungsauftrag letztlich auch deshalb nicht erfüllt, weil sie - wie bereits das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat - in den im Anhang zur Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" niedergelegten Schichtplänen (Bl. 153 bis 160 d. A.) die für das Jahr 2009 arbeitsvertraglich und im Einigungsstellenspruch selbst zugrunde gelegte individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden nicht vollständig verteilt hat. Für die meisten Mitarbeitergruppen ergibt sich aus den Schichtplänen eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von lediglich 37,5 Stunden. Die Schichtpläne Instandhaltung/Schlosser (Bl. 135 d. A.) sowie FSN 4 (Bl. 141 d. A.) beinhalten sogar eine wöchentliche Arbeitszeit von lediglich 33,75 Stunden. Die sich bei Anwendung dieser Schichtpläne ergebenden Minusstunden müssten ihrerseits wiederum durch die Erbringung sogen. "Einbringschichten", deren Lage - wie bereits ausgeführt - ungeregelt geblieben ist, ausgeglichen werden. Die Gefahr der Notwendigkeit solcher nicht näher bestimmten Einbringschichten wird darüber hinaus durch die ohne ausreichend konkretisierten Voraussetzungen ermöglichte Absage der Frühschicht am Samstag sowie der am Freitag beginnenden Nachtschicht verstärkt.

    Insgesamt ist daher festzustellen, dass die Einigungsstelle ihren Regelungsauftrag bezüglich Lage und Verteilung der Arbeitszeit nur unvollkommen erfüllt und die Konfliktlösung in wesentlichen Teilen den Betriebsparteien bzw. dem Ergebnis weiterer u. U. notwendig werdender Einigungsstellenverfahren überlassen hat.

    Die aufgezeigte Unvollständigkeit und somit Unwirksamkeit der betreffenden Regelungen zur Verteilung der Wochenarbeitszeit führt zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit". Der verbleibende Teil enthält nämlich keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr. Hauptgegenstand des betreffenden Spruchs ist gerade die Verteilung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit und dabei insbesondere auch die Lösung der zwischen den Betriebsparteien bestehenden Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der an Samstagen zu leistenden Arbeit. Im Hinblick auf die lediglich unvollständig verteilte individuelle regelmäßige Arbeitszeit der Arbeitnehmer und die letztlich nicht vollständig gelöste Frage der Samstagsarbeit nebst der offen gebliebenen Frage der Lage sogen. "Einbringschichten" macht es keinen Sinn, die sonstigen Bestimmungen des betreffenden Regelungskomplexes bestehen zu lassen.

    b) Der Antrag des Betriebsrats ist jedoch insoweit unbegründet, als er sich auf die Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" bezieht. Insoweit ist der Spruch der Einigungsstelle wirksam.

    Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass die Unwirksamkeit der Regelung "Lage und Verteilung der Arbeitszeit" nicht zugleich die Unwirksamkeit der Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" zur Folge hat. Diese enthält auch ohne die konkrete Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bestimmte Schichten und Schichtmodelle eine in sich sinnvolle und anwendbare Regelung. Die Arbeitgeberin verweist in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf, dass die Entstehung von Minus- und Plusstunden, die auszugleichen sind, unter den verschiedensten Aspekten möglich ist. Die Einführung eines flexiblen Arbeitszeitkontos, welches - wie vorliegend - den Auf- bzw. Abbau von Arbeitszeitguthaben zulässt, ohne dabei zugleich den Umfang der im Ausgleichszeitraum zu erbringenden Stunden zu bestimmen, ist vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gedeckt. Die betreffende Regelung unterliegt vorliegend auch nicht dem Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG, da keine Tarifbindung gegeben ist.

    Die Einigungsstelle hat ihren Regelungsauftrag insoweit auch vollständig erfüllt. Die betreffende Regelung enthält ausreichend detaillierte Bestimmungen über den Ausgleich von Arbeitszeitkonten. In Ziffer 1.1 als auch in Ziffer 1.3 sind hinreichende Regelungen über die Handhabung der Zeitkonten enthalten.

    Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist auch nicht die in Ziffer 1.2 enthaltene Bestimmung unwirksam, wonach eine Verrechnung der Minusstunden mit über dem gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubstagen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach vorheriger Absprache mit dem Mitarbeiter möglich ist. Wie bereits das Arbeitsgericht in den Gründen des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt hat, gibt die betreffende Regelung lediglich deklaratorisch die gesetzliche Lage wieder.

    Die Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" ist auch nicht etwa deshalb unvollständig, weil sie nur Bestimmungen für den gewerblichen Bereich enthält. Wie bereits das Arbeitsgericht in den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses zutreffend ausgeführt hat, war nur dieser Bereich Gegenstand der Einigungsstelle. In deren Vorfeld standen drei verschiedene Entwürfe von Betriebsvereinbarungen zwischen den Betriebsparteien zur Diskussion. Hiervon betraf lediglich die "BV gleitende Arbeitszeit" die nicht gewerblichen Arbeitnehmer. Diesbezüglich hat die Arbeitgeberin die Verhandlungen jedoch nicht für gescheitert erklärt. Die Einigungsstelle wurde vielmehr ausschließlich hinsichtlich der beiden anderen Entwürfe, die letztlich auch Gegenstand der Einigungsstellenverfahren waren, angerufen.

    Auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensfehlgebrauch bezüglich der Regelung "Flexible Arbeitszeitkonten" ersichtlich.

    3. Nach alledem waren sowohl die Beschwerde der Arbeitgeberin als auch die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

    Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 92 a ArbGG), wird hingewiesen.

    VorschriftenBetrVG § 76 Abs. 4