14.12.2010
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 22.04.2010 – 1 TaBV 28 d/09
1. Auch wenn der Arbeitgeber auf Grund einer tarifvertraglichen Regelung (hier: § 16 MTV See) verpflichtet ist, der Belegschaft den Einkauf von Lebens- und Genussmitteln für den Verbrauch im Betrieb (hier: Fährschiff) zum Einkaufspreis zuzüglich Verwaltungspauschale anzubieten, handelt es sich um eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG, wenn der Verkauf institutionalisiert in einem eigenen Raum mit entsprechender eigenständiger Verwaltung erfolgt.
2. Der Einordnung als Sozialeinrichtung steht nicht entgegen, wenn das in der Crew-Kantine eingenommene Geld in das allgemeine Vermögen des Arbeitgebers fließt, soweit im Übrigen die selbständige Organisation und Verwaltung gegeben ist.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 1 TaBV 28 d/09
3 BV 21 c/09 ArbG Lübeck
Verkündet am 22.04.2010
Beschluss
Im Namen des Volkes
In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten
pp.hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 22.04.2010 durch die Richterin am Arbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
b e s c h l o s s e n:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.04.2009 (Az. See 3 BV 21 c/09) wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin ist eine Reederei, die u. a. die Fährlinie T.- T. (S.) mit den Fährschiffen "MS N. S." und "MS R. H." betreibt. Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat, der für beide Fährschiffe zuständig ist.
Auf diesen Fährschiffen betreibt die Antragsgegnerin jeweils eine Crew-Kantine. Die Crew-Kantine dient dem zollfreien und steuerbegünstigten Verkauf von Waren an die Crew-Mitglieder für den Verbrauch an Bord, zu dem die Antragsgegnerin auf Grund von § 16 MTV See verpflichtet ist.
Die Bestellung der Ware für die Crew-Kantine erfolgt zwar gemeinsam mit den sonstigen Bestellungen für die Fährschiffe, jedoch unter Kennzeichnung der für die Kantine bestimmten Waren unter Verwendung zumindest einer eigenen Rechnungsnummer. Jedes Schiff hat verschiedene Bereiche, für die zum Verkauf bestimmte Waren bestellt werden, und zwar die genannte Crew-Kantine, den Shop, die Cafeteria/Oberstewardlager, die Rezeption, die Bar und die Küche. Alle diese Bereiche geben ihre Bestellungen zunächst an den Purser des Schiffes und sodann über ihn an die Antragsgegnerin ab. Ob die Crew-Kantine neben der Rechnungsnummer auch eine eigene Kundennummer hat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Sodann werden die Waren - für den Mitarbeiterverkauf ebenso wie für die anderen Bereiche- über das allgemeine Warenwirtschaftssystem der Antragsgegnerin bei den Lieferanten der Antragsgegnerin geordert. Die von ihnen erteilten Rechnungen - auch für die Crew-Kantine- gehen an die allgemeine Buchhaltung der Antragsgegnerin und werden von dort beglichen. Mit den Kosten werden die einzelnen Fährschiffe belastet. Die Waren werden von den allgemeinen Lieferanten, die auch die übrigen Waren für den Bordverkauf liefern, in gesonderten mit dem Wort "Kantine" gekennzeichneten Kartons an das jeweilige Fährschiff angeliefert. Für die Crew-Kantine ist auf jedem Schiff ein separater Verkaufsraum zur Verfügung gestellt. In diesem Raum werden die Waren, die für den Verkauf an die Crew bestimmt sind, getrennt von den für die Passagiere bestimmten Waren, gelagert. Dort befindet sich eine elektronische Kasse, die an das Warenwirtschaftssystem der Antragsgegnerin angebunden ist. Praktisch werden keine Waren aus dem sonstigen Lagerbestand der Schiffe in die Crew-Kantine abgegeben - obwohl dies theoretisch möglich ist-, da diese keine Versorgungslücken aufweist.
Die Crew-Kantine wird zweimal pro Woche für den Personalverkauf geöffnet. Zum Verkauf stehen 60 bis 70 Artikel, darunter Rauchwaren und Alkoholika. Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 MTV See sind die Verkaufspreise in der Crew-Kantine so zu kalkulieren, dass nach Deckung der Kosten (Einkaufspreis zuzüglich Verwaltungspauschale) keine Überschüsse entstehen. Auf der "MS R. H." wird der Verkauf durch den Purser durchgeführt, der auch für die Kasse verantwortlich ist. Auf der "MS N. H." wurde der Verkauf bis vor kurzem durch den Purser-Assistenten und wird nunmehr durch wechselnde Fachkräfte des Catering oder durch den Catering-Helfer durchgeführt. Am Ende der Öffnungszeit führen die Verkäufer separate Abrechnungen der Einnahmen in der Crew-Kantine durch. Der Purser erhält sodann die Einzeleinnahmen. Dieser hält den Erlös zwar einzeln fest, aber dann geht dieser in die Gesamtkassenabrechnung der Tagesabrechnung für den gesamten Cateringbereich ein. Dieses Gesamtkassenergebnis geht sodann an die Antragsgegnerin. Dort wird das Geld als Gesamtsumme gebucht. Jedoch werden die Umsätze für jeden der genannten Verkaufsbereiche getrennt gebucht. Sie fließen in die Cateringergebnisse beider Schiffe und damit in das allgemeine Vermögen der Antragsgegnerin ein. In der Buchhaltung haben die Crew-Kantinen eigene Referenznummern. Die entsprechenden Abrechnungsunterlagen werden in der Crew-Kantine ebenso wie in den anderen Verkaufsbereichen in separaten Ordnern aufbewahrt. Die Cateringleiterin Frau S. erstellt monatlich eine Darstellung des Cateringgeschäfts, in der die Erlöse und Umsätze der Crew-Kantine gesondert ausgewiesen werden. Diese gesonderte Ausweisung findet auch im Jahresbericht und in der Vorausplanung der Catering-Abteilung für das jeweils kommende Jahr statt.
Am 13.10.2008 überführte der Zoll ein Betriebsratsmitglied bei dem Versuch, 27 Stangen Zigaretten und 5 Flaschen Starkalkohol in seinem Auto von Bord zu schmuggeln. Der Zoll fand in der Wohnung des Mitarbeiters weitere 33 Stangen Zigaretten.
Die Antragsgegnerin reduzierte daraufhin einseitig das Warenangebot in der Crewkantine. Der Antragsteller sah sich durch diese einseitige Maßnahme in seinen Mitbestimmungsrechten verletzt. Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 3 MTV See hat der Betriebsrat "nach § 87 des BetrVG ein Mitbestimmungsrecht insbesondere bei der Festlegung der Preise und Öffnungszeiten". Nach Einleitung eines Beschlussverfahrens durch den Antragsteller mit dem Ziel, das alte Warenangebot wieder herzustellen, verständigten sich die Betriebsparteien auf die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens.
Die Einigungsstelle lehnte in ihrer Sitzung am 25.02.2009 den Antrag des Betriebsrates, der unter seiner Ziffer 3 (Bl. 14, 15 d. A.) ein bestimmtes Angebot der in der Kantine angebotenen Waren vorsah, ab (Bl. 23 d. A.). Sie vertrat die Auffassung, dass ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der zu verkaufenden Artikel und der Abgabemenge nicht gegeben sei. Es liege weder eine betriebliche Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG vor noch gehe es um Entlohnungsgrundsätze im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Auch biete § 16 Abs.4 Satz 3 MTV See keine Anspruchsgrundlage für das beanspruchte umfassende Mitbestimmungsrecht. Die Einigungsstelle beschloss anschließend auf Antrag der Geschäftsleitung die aus Blatt 10 der Akte ersichtliche Betriebsvereinbarung insbesondere im Hinblick auf die Verkaufspreise und Öffnungszeiten der Kantine.
Der Antragsteller verfolgt sein Ziel, die zu verkaufenden Artikel und die Abgabemenge mitzubestimmen mit dem Beschlussverfahren weiter. Er meinte, dass der Einigungsstellenspruch materielles Recht verletze. Es bestünden Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG sowie aus § 16 Abs. 4 Anlage 2 MTV See, die auch das Warenangebot umfassten. Insbesondere sei die Crewkantine eine soziale Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG. Es handele sich um ein Sondervermögen, da Räume, Einrichtungsgegenstände, Betriebsmittel und in der Kantine beschäftigte Arbeitskräfte durch eine äußerlich erkennbare, abgrenzbare und auf Dauer gerichtete Organisation verbunden seien, die in ihrer Gesamtheit "die Kantine" ergäben. Sie sei für die Arbeitnehmer geschaffen und deswegen eine Sozialeinrichtung. Unerheblich sei, dass die Antragsgegnerin die Preise nicht bezuschusse. Tatsächlich gebe sie indirekt einen geldwerten Vorteil an die Mitarbeiter weiter. Sie verzichte nämlich auf den Gewinn, den sie erzielen würde, wenn sie die Waren normal an ihre Mitarbeiter verkaufen würde.
Der Antragsteller beantragte,
1. festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle Crewkantine vom 25.02.2009 unwirksam ist;
2. festzustellen, dass dem Betriebsrat bei der Festlegung des Sortiments in der Crewkantine auf den Schiffen "R. H." und "N. H." ein Mitbestimmungsrecht zusteht.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie meint, dass eine Sozialeinrichtung nicht vorliege, weil sie durch die Crewkantine und die Möglichkeit des Einkaufs dort keine Leistung aus einem zweckgebundenen Sondervermögen erbringe. Sie erbringe keine betriebliche Sozialleistung, an deren gerechter Verteilung der Antragsteller mitbestimmen könnte. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Waren durch finanzielle Zuwendungen der Antragsgegnerin aus einem Sondervermögen verbilligt würden. Dies sei bei der Crew-Kantine aber nicht so.
Das Arbeitsgericht Lübeck hat den Anträgen stattgeben und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe ein Mitbestimmungsrecht auch hinsichtlich Warenangebot und Abgabemenge, da die Crew-Kantine eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG darstelle. Sowohl die eigenständige, in sich geschlossene Organisation, als auch das Sondervermögen einer Sozialeinrichtung seien bei ihr erfüllt. Die Crew-Kantine diene auch sozialen Zwecken, da sich die Crew-Mitglieder während der Seefahrt mit verbilligter Ware eindecken könnten. Dieser verbilligte Einkauf stelle einen sozialen Vorteil dar.
Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 04.06.2009 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.04.2009 Beschwerde eingelegt und diesen am 29.07.2009 begründet.
Sie ist weiter der Auffassung, die Crew-Kantine könne nicht als Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG bewertet werden. Es liege bereits kein zweckgebundenes Sondervermögen vor, da sie aus den laufenden Erträgen des Unternehmens betrieben werde. Die Trennung der Waren an Bord finde lediglich aus steuerrechtlichen Gründen statt. Die Kundennummer habe die Crew-Kantine gemeinsam mit den Bereichen Rezeption und Cafeteria/Oberstewardlager, da in allen diesen Bereichen verbrauchssteuerfreie Waren angeboten würden. Es finde in der Crew-Kantine keine gerechte Verteilung einer sozialen Leistung wie in einer sonstigen Sozialeinrichtung statt, sondern die Arbeitnehmer beeinflussten selbst durch ihr Einkaufsverhalten das Ob und die Menge des Bezugs der preisbegünstigten Waren aus der Crew-Kantine. Diese werde auch nicht aus sozialer Motivation heraus betrieben, sondern da § 16 MTV-See sie dazu verpflichte.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 24.04.2009, Geschäftszeichen See 3 BV 21 c/09, abzuändern und die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin/Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.04.2009 - 3 BV 21 c/09 - zurückzuweisen.
Er meint, dass die Crew-Kantine zu Recht vom Arbeitsgericht Lübeck als Sozialeinrichtung bewertet worden sei. Es seien dabei keine zu hohen Anforderungen an ihre eigenständige Organisation und das Sondervermögen zu stellen. Für eine Sozialeinrichtung sei es nicht unbedingt erforderlich, dass ein abgegrenztes Sondervermögen vorhanden sei, sondern sie könne auch bei einer Finanzierung aus laufenden Mitteln des Betriebes gegeben sein. Das Sondervermögen sei nur ein Indiz für die organisatorische Sonderstellung. Die eigenständige Organisation sei mit dem Abrechnungs- und Buchhaltungssystem und der Organisation der Crew-Kantinen vor Ort hinreichend gegeben, zumal diese sogar eine eigene Kundennummer bei den Lieferanten habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsprotokolle vom 18.02.2010 und vom 22.04.2010.
II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Anträgen mit zutreffender Begründung stattgegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen und zur Begründung nimmt das Beschwerdegericht ausdrücklich vollständig auf die erstinstanzliche Begründung Bezug. Die Argumente der Arbeitgeberin/Antragsgegnerin in der Beschwerde rechtfertigen keine abändernde Entscheidung. Das Arbeitsgericht Lübeck hat zu Recht festgestellt, dass dem Antragsteller auch bei der Festlegung des Sortiments in der Crewkantine auf den Schiffen "R. H. und "N. H." und der Abgabemenge an das einzelne Crew-Mitglied ein Mitbestimmungsrecht zusteht (1.) und daher der Spruch der Einigungsstelle Crewkantine vom 25.02.2009 unwirksam ist (2.).
1. Dem Antragsteller steht ein Mitbestimmungsrecht auch bei der Festlegung des Sortiments in den Crew-Kantinen auf den Fährschiffen "MS R. H. und "MS N. H." und der Abgabemenge an die Crew-Mitglieder zu, da es sich bei diesen Crew-Kantinen, entgegen der Auffassung der Einigungsstelle "Crew-Kantine", um eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG handelt. Dies ist durch die weitere Aufarbeitung der tatsächlichen Umstände in der Beschwerdeinstanz noch deutlicher geworden als in der ersten Instanz. Es wird insoweit nur ergänzend zur erstinstanzlichen Entscheidung auf Folgendes hingewiesen:
Zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass eine Sozialeinrichtung vorliegt, wenn der Arbeitgeber über ein zweckgebundenes Sondervermögen soziale Leistungen an die Arbeitnehmer erbringt (BAG Beschluss vom 09.12.1980 in AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Eine soziale Leistung ist gegeben, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern des Betriebes über das unmittelbare Arbeitsentgelt hinaus weitere Vorteile gewährt, um deren soziale Lage zu verbessern (vgl. Fitting, BetrVG, 24. Auflage, § 87, Rn. 335). Erforderlich für die Einstufung als Sozialeinrichtung ist, dass die soziale Leistung mit einer gewissen Institutionalisierung erbracht wird, d. h. mit einer gewissen Organisation. Dabei müssen die Mittel für die Sozialleistungen vom übrigen Betriebsvermögen abgrenzbar sein, die einer gewissen eigenen Organisation bedürfen, d. h. ein organisiertes Sachsubstrat muss gegeben sein (sog. "zweckgebundenes Sondervermögen", vgl. BAG Beschluss vom 26.10.1965 in BB 1966, 78). Für die erforderliche Organisation genügt es, wenn das zweckgebundene Sondervermögen einer Verwaltung bedarf (BAG Beschluss vom 12.06.1975 in AP Nr. 1, 2, und Nr. 3 zu § 87 BetrVG Altersversorgung; Beschluss vom 09.07.1985 in AP Nr. 16 zu § 75 BPersVG Nr. 16 und Beschluss vom 15.09.1987 in AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG Sozialeinrichtung). Es genügt jedoch nicht, dass der Arbeitgeber einmalige oder wiederkehrende Sozialleistungen nach generellen Richtlinien aus laufenden eigenen Mitteln gewährt, ohne dass eine Institutionalisierung stattfindet. Dies bedeutet, dass es für die Einordnung als Sozialeinrichtung erforderlich ist, dass die Leistungen einen vorausbestimmten Zweck haben, keine Einzel- oder Ausnahmeerscheinung darstellen und auf eine gewisse Dauer gerichtet sind (BAG Beschluss vom 13.02.1979 in AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 2). Bei dem Verkauf von verbilligten Lebens- und Genussmitteln an die Belegschaft ist zu unterscheiden: Wird der verbilligte Warenbezug durch den Arbeitgeber lediglich vermittelt oder gestattet und der Personaleinkauf in den sonstigen Warenverkauf weitgehend integriert, so ist keine hinreichende eigenständige Organisation vorhanden, die der Verwaltung bedarf. Eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG ist nicht gegeben (vgl. BAG Beschluss vom 18.05.1965 in AP Nr. 26 zu § 56 BetrVG; LAG Hamm vom 22.12.1982 in DB 1983, 1985; Wiese GK-BetrVG, 9. Auflage, § 87, Rz. 684). Wird der Warenbezug jedoch institutionalisiert in einer Einrichtung, z. B. Verkaufsstelle, Kantine, Getränkeautomat, für die eigene abtrennbare sachliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, die allein dem Zweck dienen, die Belegschaft mit Lebens- und Genussmitteln zu versorgen, die zum Verzehr und zum Verbrauch im Bereich des Betriebes bestimmt sind, so handelt es sich um eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG, wenn diese Einrichtung einer Verwaltung bedarf (vgl. BAG Beschluss vom 26.10.1965 in AP Nr. 8 zu § 56 BetrVG Wohlfahrtseinrichtungen; Wiese GK-BetrVG, aaO., Rz. 684). Sie muss auf den Betrieb des Seeschiffs, das Gesamtunternehmen oder den Konzern beschränkt und vom Arbeitgeber errichtet sein. Sie darf nicht einem unbestimmten Personenkreis zur Verfügung stehen (vgl. BAG Beschluss vom 10.02.2009 in AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Sozialeinrichtung; Fitting, BetrVG, 24. Auflage, § 87, Rn. 342) Unerheblich für die Einordnung als Sozialeinrichtung ist hingegen, ob die finanziellen Mittel lediglich vom Arbeitgeber oder auch vom Arbeitnehmer kommen, wie z. B. beim Kantinenessen (Fitting, § 87 Rn 338; Wiese GK-BetrVG, aaO., Rz. 688).
Bei einer Abgabe von Kantinenwaren an Crew-Mitglieder nach § 16 MTV-See würde es sich daher nicht um eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG handeln, wenn es sich bei dem dafür eingesetzten Warenbestand nicht um einen abgesonderten Teil konkreter Mittel mit einer gewissen eigenständigen Organisation handelt (so Lindemann-Bemm, SeemannsG, 6. Auflage, § 39 Rn. 23). Wird hingegen die Abgabe der Kantinenwaren anders organisiert, kann es sich um eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG handeln, wenn deren übrige Voraussetzungen erfüllt sind.
Diese institutionalisierte Organisation mit gewisser Selbständigkeit einer Sozialeinrichtung liegt bei den auf den Fährschiffen "MS R. H." und "MS N. H." betriebenen Crew-Kantinen vor. Ihnen stehen in Form der Räume, Kassen und Waren eigene abtrennbare sachliche Mittel zur Verfügung, die aufgrund der eigenen Rechnungsnummer sowohl im Warenwirtschaftssystem als auch in den Umsatzdarstellungen der Antragsgegnerin gesondert verwaltet werden. Es findet nicht eine bloße einfache Abgabe verbilligter Waren statt. Der einzige Umstand, der an einer Sozialeinrichtung mit Sondervermögen zweifeln ließe ist, dass die Einnahmen aus der Crew-Kantine nicht getrennt von dem übrigen Vermögen der Antragsgegnerin gehalten werden. Das in den Crew-Kantinen eingenommene Geld fließt vielmehr in das allgemeine Betriebsvermögen der Antragsgegnerin (Einzahlung in die Kasse an Bord). Dieser Umstand allein hindert jedoch nicht, dass tatsächlich eine Sozialeinrichtung mit eigenen Betriebsmitteln und eigener Organisation vorliegt. Im Wesentlichen ist die abgegrenzte Organisation der Crew-Kantine zum sonstigen Catering-Geschäft auf den Fährschiffen gegeben. Diese Eigenständigkeit beginnt bereits bei der Bestellung der Waren. Sie werden zwar über das allgemeine Warenwirtschaftssystem der Antragsgegnerin bestellt, aber mit Bestimmung für die Crew-Kantine und werden in speziell mit "Kantine" gekennzeichneten Kartons von den Warenlieferanten angeliefert. Auf Grund der eigenen Rechnungsnummer werden die für die Crew-Kantine bestimmen Waren sodann gesondert abgerechnet. Zwar trifft diese Verfahrensweise auch für die übrigen selbständigen Catering-Bereiche auf den Fährschiffen zu. Dieses ändert jedoch nichts daran, dass die Crew-Kantine insoweit genauso selbstständig und abgrenzbar ist wie diese übrigen Catering-Bereiche. Sodann wird die für den Crew-Verkauf bestimmte Ware in einem eigenen Raum, der sog. Crew-Kantine, gelagert. Eine Vermischung der für die Crew und der für die Passagiere bestimmten Waren findet trotz theoretischer Möglichkeit nicht statt. In diesem Raum befindet sich auch eine eigene Kasse, die mit dem Warenwirtschaftssystem der Antragsgegnerin verbunden ist. Bereits die Waren, der Raum und die Kasse bilden eigene, vom übrigen Vermögen der Antragsgegnerin abgegrenzte Sachmittel, die ausschließlich für den Betrieb der Crew-Kantine verwendet werden.
Sie ist auch ausschließlich für die Betriebsangehörigen errichtet. Die Crew-Kantine ist lediglich an zwei Tagen in der Woche ausschließlich für Crew-Mitglieder geöffnet. Mit dem Verkauf beauftragt die Antragsgegnerin Besatzungsmitglieder aus dem Catering-Bereich, die von ihr vergütet werden. Diese verschiedenen aufgeführten Betriebsmittel sind auf Dauer für diesen Verkauf nach § 16 MTV See verbunden, die in ihrer Gesamtheit "die Crew-Kantine" ergeben, die allein für den Bezug von Kantinenwaren durch die Crew-Mitglieder der Schiffe geschaffen wurde. Daran ist bereits zu sehen, dass die Crew-Kantine nicht nur einer Organisation und Verwaltung bedarf, sondern tatsächlich selbständig organisiert und verwaltet ist. Es fließen auch nicht die Mittel allgemein in den großen Topf der Antragsgegnerin, sondern sie werden fein säuberlich getrennt abgerechnet. Die Erlöse aus der Crew-Kantine werden gesondert erfasst, abgerechnet und in allen Darstellungen der Catering-Ergebnisse als eigener Posten ausgewiesen. Deshalb hat die Crew-Kantine eine eigene Rechnungsnummer und die Abrechnungsunterlagen werden gesondert aufbewahrt. Dieses wäre alles nicht nötig, wenn die Waren wie die übrigen Waren generell beschafft und dann an die Crew-Mitglieder gemeinsam mit den Waren für die Passagiere nur zu verbilligten Preisen veräußert würden. Es ist dabei unerheblich, ob die Crew-Kantine darüber hinaus noch eine eigene Kundennummer hat. Bereits die eigene Rechnungsnummer macht sie zu einem eigenständigen Catering-Bereich auf dem Fährschiff, der auch gesondert verwaltet wird.
Die Crew-Kantine ist auf Grund der Verpflichtung in § 16 MTV See auf Dauer nur für den Betrieb eines Seeschiffes eingerichtet. Nur Betriebsangehörige - Crew-Mitglieder- haben Zugang.
Es ist dem Arbeitsgericht vollumfänglich zu folgen, dass die Crew-Kantine sozialen Zwecken dient, nämlich dem tarifvertraglich vorgesehenen verbilligten Bezug von Genuss- und Lebensmitteln für den Verzehr an Bord. Ein sozialer Zweck ist gegeben, wenn die Sozialeinrichtung objektiv dem Zweck dient, die soziale Lage der Arbeitnehmer oder ihrer Angehörigen zu verbessern. Die Motivation des Arbeitgebers für die Einrichtung spielt als rein innere Einstellung für die Einordnung als Sozialeinrichtung keine Rolle (vgl. Richardi, BetrVG, 12. Auflage, § 87, Rn. 610; siehe auch Fitting, aaO., Rn. 336). Durch den verbilligten Wareneinkauf wird die Situation der Crew-Mitglieder positiv beeinflusst. Die Abgabe der Kantinenwaren stellt keinen Lohnbestandteil dar und wird daher auf den Lohnabrechnungen nicht aufgeführt. Es besteht für die Crew-Mitglieder auch keine Verpflichtung, diese zu beziehen. Vielmehr stellt es ein sonstiges Angebot der Antragsgegnerin an ihre Schiffsbesatzungen dar, die über den reinen Lohn hinausgeht. Sie dient genauso wie ein Getränkeautomat sozialen Zwecken der Belegschaft. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Schaffung des § 16 MTV See davon ausgegangen, dass die Crew-Mitglieder auf Grund ihrer Anwesenheit an Bord keine Möglichkeit haben, die Dinge des täglichen Bedarfs zu normalen Konditionen an Land zu erwerben. Daher wurde der Arbeitgeber verpflichtet, diese Möglichkeit an Bord zu gewährleisten.
Es ist unerheblich, dass der Antragsgegnerin der Verkauf der Waren nicht freigestellt ist, sondern sie dazu nach § 16 MTV See verpflichtet ist. Die Freiwilligkeit ist kein Merkmal für eine Sozialeinrichtung (vgl. Fitting, aaO., Rn. 336). Es ist auch unerheblich, dass die Antragsgegnerin die Crew-Kantine nicht bezuschusst. Es ist für die Einordnung als Sozialeinrichtung unerheblich, ob die finanziellen Mittel nur vom Arbeitgeber oder auch von den Arbeitnehmern aufgebracht werden (vgl. Fitting, aaO., Rn. 338 m. w. N.). Die Antragsgegnerin stellt sehr wohl finanzielle Mittel zur Verfügung, auch wenn sie den konkreten Kauf nicht durch Geldmittel gesondert bezuschusst. Zum einen bezahlt sie die Waren aus ihren Geldmitteln. Zum anderen stellt sie Raum, Kasse und Personal zur Verfügung. Für diese Sachmittel erhält sie die Verwaltungspauschale nach § 16 MTV See. Darüber hinaus verzichtet sie auf Gewinnerzielung, die bei einer Teilhabe der Crew-Mitglieder am Passagierverkauf möglich wäre. Gerade dieser Gewinnverzicht - auch wenn er aufgrund der Regelung in §16 MTV See erzwungen ist - spricht für die Einstufung der Crew-Kantine als "sozial" (vgl. BAG Beschluss vom 26.10.1965 in BB 1966, 78).
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist eine Einstufung der Crew-Kantine als Sozialeinrichtung nicht dadurch ausgeschlossen, weil es bei ihr nicht um eine gerechte Verteilung einer sozialen Leistung gehe. Es ist insoweit richtig, dass Zweck der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG ist, die innerbetriebliche Verteilungsgerechtigkeit und die Transparenz aller Maßnahmen sicherzustellen (vgl. Fitting, aaO., Rn. 333). Der verbilligte Einkauf ist eine soziale Leistung, deren Verteilung geregelt werden muss. Dies geschieht über die Festlegung der Abgabemenge. Dass die Arbeitnehmer sodann nicht verpflichtet sind, diese soziale Leistung überhaupt oder in dem vorgegebenen Rahmen voll in Anspruch zu nehmen, schließt das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG ebenso wenig aus wie bei einer Werkskantine oder einem Werkskindergarten, an deren Nutzung auch nicht alle Arbeitnehmer teilnehmen müssen/können.
Bei einer derartigen Sozialeinrichtung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG bestimmt der Betriebsrat bei deren Verwaltung mit. Zu der Verwaltung gehört die Bestimmung des Warenangebots (Sortiment) und der Verteilungsschlüssel, d. h. welche Warenmenge an jedes Crewmitglied abgegeben werden darf (Abgabemenge) (siehe Richardi, aaO., § 87 Rn. 644).
2. Der Spruch der Einigungsstelle Crewkantine vom 25.02.2009 ist nach § 77 Abs. 5 S. 4 BetrVG unwirksam, da die Einigungsstelle ihre Regelungskompetenz nicht voll ausgeschöpft hat. Da die Einigungsstelle das Vorliegen einer Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG mit ihrer Mehrheit verneint hat, hat sie folgerichtig weder über den Verteilungsschlüssel (Abgabemenge) noch über das Warenangebot entschieden. Damit hat sie das ihr eingeräumte Ermessen nicht voll ausgeschöpft und ihr Spruch war aufzuheben. Die Zwei-Wochen-Frist des § 77 Abs. 5 S. 4 BetrVG wurde eingehalten.
III. Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hatten die Rechtsfrage, ob auch dann, wenn der Arbeitgeber nicht freiwillig sondern auf Grund einer tariflichen Vorschrift (hier § 16 MTV See) verpflichtet ist, Waren an die Belegschaft verbilligt abzugeben, eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG gegeben sein kann, und ob die vorhandene Organisation der konkreten Crew-Kantinen auf den Fährschiffen "MS R.." und "MS N. H." den an eine derartige Sozialeinrichtung zu stellenden Anforderungen genügen, obwohl die dort eingenommenen Gelder mit den übrigen Catering-Einnahmen vermischt werden.