13.09.2013 · IWW-Abrufnummer 170860
Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 10.10.2012 – 12 Sa 312/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 2008 - 4 Ca 5547/08 - wird einschließlich des Auflösungsantrags insgesamt kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen, einen Auflösungsantrag der Beklagten und die Weiterbeschäftigung des Klägers. Die Beklagte ist im Bereich der beruflichen Qualifizierung und Integration von Menschen mit psychischen Problemen tätig. Sie hat ihren Sitz in A und unterhält in B eine Zweigstelle. Der am xx geborene Kläger ist seit dem 1.01.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Er begann seine Tätigkeit in A als Sozialpädagoge und Mitarbeiter im psychosozialen Dienst, arbeitete später als Leiter Marketing und leitet seit dem 1.01.2002 die Zweigstelle der Beklagten in B. Die ihm dabei übertragenen Aufgaben sind in einer Stellenbeschreibung zusammengefasst (Bl. 24 d. A.) Er verdiente zuletzt € 5.500,00 brutto monatlich (ohne Prämien). Im Betrieb der Beklagten in A besteht ein Betriebsrat, in der Zweigstelle B nicht. Die Beklage erteilte dem Kläger unter dem 27.05.2008 zwei und unter dem 16.06.2008 sieben weitere Abmahnungen. Für die darin dem Kläger vorgeworfenen Arbeitsvertragsverstöße wird auf den Inhalt der Abmahnungsschreiben Bezug genommen (Bl. 67 - 69, 70, 72, 75, 77, 79 - 81 d. A.). Dem Kläger steht schon seit dem Jahre 2000 ein dienstliches Mobiltelefon zur Verfügung. Am 7.05.2008 telefonierte der Kläger mit dem Dienst-Handy während der Arbeitszeit mit einer in Kürze aus der Elternzeit zurückkehrenden Mitarbeiterin, am 28.05.2008 sowie viermal am 23.06.2008 mit seinem Prozessbevollmächtigten. Die Telefonate hatten zusammen einen zeitlichen Umfang von 107 Minuten und verursachten € 17,61 netto an Kosten. Mit einer der Abmahnungen vom 16.06.2008 hatte die Beklagte gerügt, dass der Kläger einer Vereinbarung mit dem Rehabilitationsberater der J, für die Teilnehmer einen "Meckerkasten" einzurichten, nicht nachgekommen sei, und ihn aufgefordert, dies bis zum 19.06.2008 nachzuholen. Am 19.06.2008 teilte der Kläger per E-Mail den Teilnehmern mit, dass sie ihre schriftlichen Beschwerden in den allgemeinen Postbriefkasten der Zweigstelle einwerfen sollten. Während seiner am 23.06.2008 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit übersandte der Kläger am 26.06.2008 den Schlüssel zu seinem Rollcontainer (Aktenschrank des Zweigstellenleiters) statt an den stellvertretenden Zweigstellenleiter, Herrn D, an den Mitarbeiter E. In dem Rollcontainer war u.a. eine Risperdal-Spritze für einen Teilnehmer deponiert, die am 1.07.2008 gebraucht wurde. Am 11.06.2008 besprach der Kläger mit einer Reha-Beraterin eine Berufsvorbereitungsmaßnahme für eine Teilnehmerin vor und unterbreitete dabei ein Wohnangebot für die Teilnehmerin in einer der Wohnungen der Beklagten, ohne dass zu diesem Zeitpunkt Wohnraumkapazitäten geplant oder vorhanden waren. Die Teilnehmerin konnte tatsächlich untergebracht werden, weil ein anderer Teilnehmer die Option zur Verlängerung seiner Maßnahme nicht wahrnahm. Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 9.07.2008 auf, zu den bis dahin bekannten neuen Vorfällen bis zum 16.07.2008 Stellung zu nehmen. Er ließ darauf mitteilen, dass die Angelegenheit nicht so dringend sei, dass sie eine Antwort während seiner Arbeitsunfähigkeit erfordere. Zu den erst später geführten Telefonaten hörte die Beklagte den weiterhin arbeitsunfähigen Kläger nicht mehr an. Die Beklagte nahm die erneuten Vorfälle zum Anlass, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 17.07.2008, zugegangen am 18.07. 2008, außerordentlich und ordentlich zum 31.01.2009 zu kündigen. Sie hat während des Verfahrens erklärt, die Kündigungen auch auf den Verdacht, der Kläger habe sich wie von ihr behauptet verhalten, zu stützen. Nach Zustimmung des Integrationsamts am 4.08.2008 sprach die Beklagte mit Schreiben vom 5.08.2008 eine weitere außerordentliche und mit Schreiben vom 8.08.2008 eine weitere ordentliche Kündigung zum 28.02. 2009 aus. Am 9.12.2008, dem Kläger am 11.12.2008 zugegangen, sprach die Beklagte eine letzte außerordentliche und ordentliche Kündigung zum 30.06.2010 aus, gegen die der Kläger Kündigungsschutzklage erhob. Hier hat das Arbeitsgericht Frankfurt durch rechtskräftiges Teil-Urteil vom 21.12.2010 (4 CA 6949/10) die Unwirksamkeit der fristlosen außerordentlichen Kündigung festgestellt. Der Kläger hat ebenfalls gegen die Kündigungen vom 18.07.2008, 5.08. 2008 und vom 8.08.2008 Kündigungsschutzklage erhoben, die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen geltend gemacht und sich gegen einen Auflösungsantrag der Beklagten gewandt. Das Arbeitsgericht Frankfurt (Az.: 4 Ca 5547/08) hat mit Urteil vom 25.11.2009 die Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen festgestellt und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Nach Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 25.11.2009 teilten die beiden Geschäftsführer der Beklagten den Mitarbeitern der Zweigstelle B in einer Mitarbeiterbesprechung am 1.12.2009 mit, dass der Kläger auf der Grundlage des Weiterbeschäftigungstitels seine Arbeit wieder aufnehmen könnte. Am 02.12.2009 ging bei der Geschäftsleitung in A ein von sechs Mitarbeiter/innen der Zweigstelle unterzeichnetes Schreiben ein, in dem ausgeführt ist, dass die Mitarbeiter/innen nach den - beispielhaft aufgeführten - Vorkommnissen der zurückliegenden Monate und Jahre keine hinreichende Basis mehr für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit sähen und ein nochmaliges Erleben der Belastungen der Vergangenheit für sie nicht tragbar sei (Bl. 379-381 d.A.). Die Beklagte nahm dies zum Anlass, die sechs Unterzeichner zu einer weiteren Mitarbeiterbesprechung mit den Geschäftsführern zum selben Thema am 04.12.2008 zu laden. Der Verlauf dieser Besprechung ist zwischen den Parteien streitig. Wegen des weiteren streitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der vor dem Arbeitsgericht gestellten Anträge, sowie der Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 258 - 269 d. A.). Die Beklagte hat gegen das ihr am 19.01.2009 zugestellte Urteil am 17.02.2009 Berufung eingelegt und diese am 16.03.2009 begründet. Das Landesarbeitsgericht hat bereits mit Teil-Urteil vom 02.03.2010 die Berufung insoweit zurückgewiesen, als sie den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 9.12.2008, dem Zeitpunkt der erneuten außerordentlichen und ordentlichen Kündigung, zum Gegenstand hatte, d.h. hinsichtlich der außerordentlichen Kündigungen vom 17.07.2008 und vom 05.08.2008. Zu entscheiden verblieb danach noch über die Wirksamkeit der auf dieselben Vorwürfe gestützten ordentlichen Kündigungen vom 17.07.2008 zum 31.01.2009 und vom 08.08.2008 zum 28.02.2009 sowie den Auflösungsantrag der Beklagten im Anschluss an die ordentliche Kündigung vom 17.07.2008, den die Beklagte zunächst mit der behaupteten Ankündigung von sechs Mitarbeiter/innen der Zweigstelle, im Falle der Rückkehr des Klägers ihrerseits die Beklagte zu verlassen, begründete. Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Berechtigung der dem Kläger erteilten Abmahnungen und vertieft ihr Vorbringen zu den sich danach ereignenden und zu den ordentlichen Kündigungen führenden Vorfällen. Sie behauptet zu letzteren, im April 2005 sei allen Mitarbeitern mit einem dienstlichen Handy die Möglichkeit angeboten worden, eine zweite PIN ("Twin-Card"), die die separate Abrechnung privater Telefonate ermöglichte, einzurichten. Der Geschäftsführer F habe dem Kläger dazu mitgeteilt, dass sämtliche anderen Mitarbeiter mit dienstlichem Handy, die privat telefonieren wollten, eine solche PIN benutzen müssten. Der Kläger habe diese Möglichkeit mit der Begründung abgelehnt, er führe über das Diensthandy keine privaten Gespräche. Damit sei dem Kläger klar gewesen, dass die Beklagte Privatgespräche über das Diensthandy nicht dulden werde. Bei der Befragung nach dem Inhalt ihres Telefonats mit dem Kläger habe die in Elternzeit befindliche Mitarbeiterin G (früher: H) lediglich angegeben, der Kläger habe sie zu einer Dienstbesprechung eingeladen. Am 26.06.2008 habe der Kläger abends den Mitarbeiter E angerufen, um ihm die Übersendung des Schlüssels für den Rollcontainer des Zweigstellenleiters an seine Privatadresse anzukündigen. Er wies ihn dabei an, niemandem etwas von dem Schlüssel zu sagen. Herr E verwalte zwar die sonstigen Schlüssel der Zweigstelle, den Schlüssel für den Rollcontainer hätte der Kläger jedoch dem stellvertretenden Zweigstellenleiter D übersenden und so zur Verfügung stellen müssen. Er habe so gegen die erst am 16.06.2008 erteilte Anweisung, dem Mitarbeiter D alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, damit dieser seine Vertretungsaufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen könne, verstoßen. Die Beklagte behauptet weiter, dass es bei ihr nicht üblich sei, Wohnangebote für Teilnehmer in Wohnungen der Beklagten zu unterbreiten, ohne dass zu dem Zeitpunkt Vakanzen vorhanden oder abzusehen sind. Dass sich für die Teilnehmerin L durch die vorzeitige Beendigung der Trainingsmaßnahme eines anderen Teilnehmers (durch Nichtausüben einer Verlängerungsoption) kurzfristig eine Unterbringungsmöglichkeit auftat, sei für den Kläger im Zeitpunkt seiner Zusage im Juni 2008 nicht vorauszusehen gewesen. Der Kläger habe zwischen Oktober und Dezember 2007 mit dem Leiter der Rehabilitationsberatung der J, Herrn K, die Anbringung eines "Meckerkastens" für die Teilnehmer vereinbart. Herrn K habe sehr daran gelegen, dass die Teilnehmer Kritik und Unmut im Schutze der Anonymität äußern könnten. Der Kläger sei dem nicht nachgekommen, auch nicht bis zum Ablauf der ihm in der Abmahnung vom 16.06.2008 gesetzten Frist bis zum 19.06.2008. Der Hinweis an die Teilnehmer per E-Mail vom 19.06.2008, sie könnten Beschwerden in den allgemeinen Postbriefkasten der Zweigstelle einwerfen, stehe der Einrichtung eines Meckerkastens nicht gleich. Zur Begründung ihres Auflösungsantrags behauptet die Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals, dass die sechs Mitarbeiter/innen der Zweigstelle, die das Schreiben vom 2.12.2008 unterzeichnet hatten, in der darauf einberufenen Mitarbeiterbesprechung am 4.12.2008 - nach der Aufforderung der Geschäftsführer zur konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Kläger in der Zukunft - erklärten, im Falle der Rückkehr des Klägers sich nach einer anderen Arbeitsstelle umsehen und die Beklagte verlassen zu wollen. Sie habe erfolglos alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Mitarbeiter zur Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Kläger zu bewegen. Damit würde die Zweigstelle den sie tragenden Stamm der beruflichen Trainer und psychosozialen Mitarbeiter verlieren, ohne die eine sachgerechte Betreuung der Teilnehmer nicht mehr gewährleistet wäre. Daneben führt die Beklagte als weitere Auflösungsgründe verschiedene Erklärungen und schriftsätzliche Ausführungen des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits sowie den Umstand an, dass der Kläger in einer weiteren Rechtsstreitigkeit ungerechtfertigt und ohne vorherige Erörterung und Auseinandersetzung mit den Argumenten der Beklagten die Zwangsvollstreckung aus einem Zahlungstitel betreibe. Für die näheren Ausführungen zu beiden Auflösungsgründen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 29.03.2009, S. 3-15, Bl. 552 - 563 d.A.) Bezug genommen. Sie vertritt weiter die Ansicht, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Leiter der Zweigstelle B leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG sei und dass der Betriebsrat in A vor Ausspruch der Kündigungen nicht anzuhören war. Zur Ergänzung des Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 16.03.2009 sowie die Schriftsätze vom 10.09. 2009, 29.03.2012 und vom 01.10.2012 (Bl. 335 - 378, 408 - 417, 550 - 563 u. 647- 653 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 25.11.2009, Az.: 4 Ca 5547/08, abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise: das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 18.07.20008, hilfsweise zum 31.01.2009, gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung von bis zu zwölf Monatsverdiensten aufzulösen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Zu den die Kündigung auslösenden Vorwürfen behauptet er ergänzend: Bei Übergabe des Dienst-Handys aus Anlass seiner Ernennung zum Leiter Marketing im Jahre 2000 habe der Geschäftsführer F geäußert, dass er bei seiner neuen Tätigkeit viel unterwegs sei und deshalb das Handy auch ruhig mal privat nutzen dürfe. Diese Erlaubnis sei ihm gegenüber nie widerrufen worden. In dem Telefonat mit der Mitarbeiterin G habe er Einzelheiten ihrer bevorstehenden Rückkehr aus der Elternzeit besprochen. Den Schlüssel zum Rollcontainer habe er an die Privatanschrift des Mitarbeiters E übersandt, weil zum einen dieser der Verantwortliche für die Schlüsselverwaltung war und ihm zum anderen die Übersendung an die Privatanschrift statt an die Geschäftsanschrift am sichersten erschien. Er habe Herrn E angeraten, den Container aus Sicherheitsgründen in Gegenwart Dritter zu öffnen. Weder habe er Herrn E zum Schweigen über den Vorgang aufgefordert, noch seinen Stellvertreter, Herrn D, umgehen wollen. Hinsichtlich der Wohnungszusage an die Teilnehmerin L behauptet er, dass der Sachverhalt nicht erst am 24.06.2008 bekannt geworden sei. Er habe schon bei der internen Belegungsplanung in der 24. KW sowie in der Teambesprechung am 17.06.2008 darauf hingewiesen, dass eine prophylaktische Rekrutierung einer weiteren I-Wohnung für die Teilnehmerin L in Betracht käme. Zum Vorwurf, keinen "Meckerkasten" eingerichtet zu haben, behauptet er, dass es bei der Beklagten kein allgemeines Anforderungsprofil für einen "Meckerkasten" gebe. Er ist der Ansicht, mit der Mitteilung in der E-Mail vom 19.06.2008 an die Teilnehmer seiner Verpflichtung nachgekommen zu sein. Daneben ist der Kläger der Ansicht, der Betriebsrat in A hätte vor Ausspruch der Kündigung gehört werden müssen, weil er nach wie vor Mitarbeiter dieses Betriebes sei. Eine Versetzung nach B habe nie stattgefunden. Zum Auflösungsantrag der Beklagten behauptet der Kläger, das Schreiben vom 02.12.2008 sei den sechs Mitarbeiter/innen lediglich zur Unterzeichnung vorgelegt und nicht von ihnen verfasst worden. Das sei aus dem - unstreitigen - Umstand zu folgern, dass die Beklagte bereits am 26.11.2008, nur einen Tag nach Urteilsverkündung, den Auftrag an ihre Prozessbevollmächtigten zur rechtlichen Prüfung der Möglichkeit einer Druckkündigung erteilt habe, ohne zu diesem Zeitpunkt voraussehen zu können, dass die Mitarbeiter/innen bei der Mitarbeiterbesprechung am 1.12.2008 eine ablehnende Haltung gegenüber der Rückkehr des Klägers einnehmen würden. Er ist weiter der Ansicht, dass die Beklagte nach dem 4.12.2008 weitere Gegenmaßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsklimas, z.B Coaching, hätte veranlassen müssen, statt das Arbeitsverhältnis nur fünf Tage später erneut fristlos zu kündigen. Zu den weiteren Auflösungsgründen weist der Kläger darauf hin, dass die Zwangsvollstreckungsauseinandersetzung auf sachlichen Differenzen beruht habe und schließlich einvernehmlich beigelegt worden sei. Seine schriftsätzlichen Äußerungen sieht er durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung als gerechtfertigt. Zur Ergänzung des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf die Berufungserwiderung vom 27.04.2009 und die Schriftsätze vom 03.08.2012, 11.09.2012 und 02.10.2012 (Bl. 336 - 367, 622 - 623, 630 - 633 u. 683 - 689 d. A.) Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 27.09.2011 (Bl. 529 d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D, M, N, O, P und Q. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 17.04.2012 und 19.09.2012 (Bl. 606-610 u. 636-639 d.A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung ist nach §§ 8 Abs.2, 64 Abs. 1, 2 c ArbGG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 Abs. 1, 3 ZPO). Die Berufung, deren Gegenstand noch die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigungen vom 17.07.2008 und vom 5.08.2008 der Auflösungsantrag zum 31.01.2009 und die Weiterbeschäftigung des Klägers sind, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist. Die ordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 17.07.2008 und vom 5.08.2008, beide gestützt auf denselben Sachverhalt, sind sowohl als Tat- wie auch als Verdachtskündigungen unwirksam und haben das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Das Arbeitsverhältnis war auch nicht im Anschluss an die unwirksame ordentliche Kündigung vom 17.7.2008 zum 31.01.2009 aufzulösen. Da das Arbeitsverhältnis fortbesteht, war die Beklagte zudem zur Weiterbeschäftigung des Klägers bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits zu verurteilen. 1. Die ordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 17.07.2008 und vom 5.08.2008 sind unwirksam, da sie nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. BAG vom 11.12.2003 EzA § 1 KSchG verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62) genügen für eine verhaltensbedingte Kündigung solche im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien und des Betriebes die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine rechts- oder vertragswidrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich ist. Bei jeder Kündigung sind zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot zu berücksichtigen. Daraus folgt u. a., dass eine wegen vertragswidrigen Verhaltens ausgesprochene Kündigung nur sozial gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitnehmer vorher vergeblich abgemahnt worden ist (BAG AP Nr. 137 zu § 626 BGB; AP Nr. 34 zu § 1 KSchG 1969; KR-Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rz. 214; 404 - 409). In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die auf dieselben Gründe gestützten ordentlichen Kündigungen vom 29.07.2008 und vom 08.08. 2008 als unwirksam. Der Kläger hat zwar mehrfach seine arbeitsvertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt. Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen überwiegt jedoch das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und hat die Unwirksamkeit der Kündigungen zur Folge. Die Beklagte hat die ordentlichen Kündigungen auf vier Sachverhalte gestützt. In drei Fällen ist eine schuldhafte Vertragsverletzung des Klägers anzunehmen, nämlich beim Übergehen des stellvertretenden Zweigstellenleiters, der ungedeckten Zusage einer Unterkunftsmöglichkeit für eine Teilnehmerin und der Nicht-Anbringung eines Meckerkastens. In der Übersendung des Schlüssels für den Rollcontainer des Zweigstellenleiters an den Mitarbeiter E ist - auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers - ein Pflichtverstoß des Klägers darin zu sehen, dass er seinen Vertreter D nicht über die Übersendung des Schlüssels informiert hat. Allein der Umstand, dass er selbst den Schlüssel noch hatte, belegt, dass die Verwaltung dieses Schlüssels nicht Herrn E, sondern dem Leiter der Zweigstelle, und in dessen Abwesenheit naturgemäß seinem Stellvertreter, oblag. Die Einlassungen des Klägers lassen hier auch nicht erkennen, warum er nicht selbst seinen Stellvertreter telefonisch über den Vorgang informiert hat, was durchaus veranlasst gewesen wäre. Da der Schlüssel aber auf jeden Fall in den Betrieb gekommen und dort verblieben ist - die Beklagte hat ja nicht behauptet, der Kläger habe Herrn S angewiesen, ihm den Schlüssel zurückzuschicken - stellt sich die Nichtbeachtung der Vertretungsaufgaben des Herrn D als wenig gravierend dar. Das Gleiche gilt für das vom Kläger unterbreitete Angebot einer I-Wohnung für die Teilnehmerin L. Da im Zeitpunkt der Unterbreitung des Angebots weder ein Platz vorhanden noch in die Belegungsplanung aufgenommen war, ist darin angesichts der behaupteten Praxis bei der Beklagten zwar eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu sehen, der allerdings keine große Bedeutung zugemessen werden kann. Das ist auch daran abzulesen, dass sein Handeln folgenlos geblieben ist. Es kann wohl bei der Eigenart des Geschäfts der Beklagten davon ausgegangen werden, dass zu einem gewissen Maß darauf vertraut werden kann, dass sich, wie hier durch die Nichtausübung einer Verlängerungsoption, kurzfristig Unterbringungsmöglichkeiten eröffnen. Der Vorwurf, keinen Meckerkasten angebracht zu haben, ist - auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers - berechtigt; denn mit dem Hinweis an die Teilnehmer, sie könnten Beschwerden in den allgemeinen Postbriefkasten einwerfen, hat der Kläger die ihm hier aufgetragene Aufgabe nicht erfüllt. Ein Hinweis, es könne etwas in den allgemeinen Briefkasten eingeworfen werden, erscheint zunächst überflüssig. Dafür, dass Briefe in einen Briefkasten eingeworfen werden können, bedarf es keines Hinweises. Dass dieses Verfahren zudem nicht die gleiche Qualität hat und die Teilnehmer, statt sie zu ermuntern, eher von schriftlichen Beschwerden abhalten wird, da sie sich nicht ernst genommen fühlen, liegt auch ohne ein Anforderungsprofil für einen "Meckerkasten" auf der Hand und sollte sich zudem einem Sozialpädagogen aufgrund seiner Ausbildung ohne Weiteres erschließen. Nicht berechtigt ist hingegen der gravierendere Vorwurf, der Kläger habe verbotenerweise sein Dienst-Handy für private Telefonate benutzt, dabei insgesamt 107 Minuten gesprochen und 17,61 € an Kosten verursacht. Zwar ist in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte anerkannt, dass unerlaubt geführte private Telefonate mit dem Dienst-Handy oder über die betriebliche Telefonanlage sogar zur fristlosen Kündigung berechtigen können (BAG 5.12.2002 - 2 AZR 478/01, AP 63 z § 123 BGB; 4.03.2004, AP 50 zu § 103 BetrVG; LAG Hamm 28.11.2008 - 10 Sa 1921/07, NZA-RR 2009, 476; LAG Berlin-Brandenburg 18.11.2009 - 15 Sa 1588/09, juris). Hier ist jedoch schon nicht hinreichend klar, ob der Kläger die Privatgespräche überhaupt unerlaubt geführt hat, nachdem in der mündlichen Verhandlung unstreitig wurde, dass er das Dienst-Handy bereits im Jahre 2000 und nicht erst im Jahre 2005 erhalten und genutzt hat, ohne dass die Beklagte für den Zeitpunkt der Übergabe des Telefons eine Anweisung, Privatgespräche zu unterlassen bzw. gesondert abzurechnen, behauptet hat. Bei dieser Ausgangslage wird aus dem Vortrag der Beklagten nicht deutlich, ob sie im Jahre 2005 bei der Vorstellung der Möglichkeit der Einrichtung einer zweiten PIN ("Twin-Card") dem Kläger klar gemacht hat, dass ab sofort auch für ihn sich die bisherige Praxis ändere und Privatgespräche auf Kosten des Arbeitgebers überhaupt nicht mehr in Betracht kämen. Allein aus dem Aufzeigen der Möglichkeit und dem Hinweis, dass die anderen Mitarbeiter mit Dienst-Handy diese Twin-Card verwendeten, musste sich dass für den Kläger, mit dem bis dahin eine gro ßzügigere Regelung praktiziert wurde, nicht ergeben. Um hier unerlaubte Telefonate annehmen zu können, hätte die Beklagte dem Kläger einen deutlichen Hinweis darauf geben müssen, dass sich die bisherige Praxis auch für ihn ändere und künftig Privatgespräche nur noch unter Nutzung der "Twin-Card" geführt werden dürften. Zudem erscheint das Gespräch mit der Mitarbeiterin G nach der von der Beklagten mitgeteilten Einlassung der Mitarbeiterin nicht als privates Telefonat. Das Gespräch war veranlasst durch eine Einladung der in Kürze aus der Elternzeit zurückkehrenden Mitarbeiterin zu einer Dienstbesprechung. Wenn darüber hinaus noch nichtdienstliche Themen angesprochen worden sind, ist das gegenüber einer längere Zeit abwesenden Mitarbeiterin eher als fürsorgliches Verhalten eines Vorgesetzten denn als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu bewerten. Auch wenn aufgrund der drei berechtigten Vorwürfe sowie der vorangegangenen, auf die Leistungserbringung bezogenen Abmahnungen - ihre Wirksamkeit unterstellt - durchaus der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung in Betracht zu ziehen ist, scheitert sie jedoch an der Abwägung der beiderseitigen Interessen. Hier überwiegt im Ergebnis das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem der Beklagten an seiner Beendigung. Zugunsten des Klägers spricht zunächst, dass die drei Pflichtverletzungen nicht von besonderem Gewicht waren und in zwei Fällen - außer dem "Meckerkasten" - für die Beklagte folgenlos geblieben sind. Hinzu kommt, dass das Arbeitsverhältnis nicht nur schon über zwölf Jahre bestanden hat, sondern der Kläger in dieser Zeit beanstandungslos gearbeitet sowie die Zweigstelle in B aufgebaut und geführt hat. Erst in den letzten zwei Monaten vor Ausspruch der ersten Kündigung haben sich die Dinge durch den Ausspruch zahlreicher Abmahnungen am 27.05.2008 und am 23.06.2008 zugespitzt und heftig Fahrt aufgenommen. Schon kurz nach dem Ausspruch des Großteils der Abmahnungen war der Kl äger ab dem 26.06.2008 bis zum Ausspruch der ersten Kündigung arbeitsunfähig erkrankt. Bei diesem besonderen Verlauf des Arbeitsverhältnisses ist schon nicht zu sehen, dass eine negative Prognose gestellt werden könnte. Vielmehr ist hier - mit dem Arbeitsgericht - davon auszugehen, dass der Kläger zum einen die Ernsthaftigkeit des Willens der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit ihm nicht fortzusetzen, unterschätzt hat und zum anderen in der kurzen Zeit zwischen dem Ausspruch der Abmahnungen und dem Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit nicht hinreichend Zeit hatte, sein bisheriges Leistungs- und Führungsverhalten zu ändern. Nach zwölf Jahren beanstandungsfreier Tätigkeit auf einer weitgehend selbständigen Position kann vom Arbeitgeber erwartet werden, dem Arbeitnehmer, verbunden mit der Formulierung klarer Erwartungen und entsprechender Vorgaben, mehr Zeit für die Änderung seines Leistungs- und Leitungsverhaltens einzuräumen. Letztendlich ficht auch das Alter des Klägers von bereits 52 Jahren für ihn. Ein Wiedereinstieg auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz dürfte ihm am Arbeitsmarkt nur schwer gelingen. 2. Der Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gemäß §§ 9,10 KSchG zum Zeitpunkt des Ablaufs der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.01.2009 unter Zahlung einer Abfindung aufzulösen, war unbegründet. Hat der Arbeitgeber neben einer außerordentlichen Kündigung noch eine vorsorgliche ordentliche Kündigung erklärt, kann er die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG beantragen. Das Arbeitsverhältnis kann danach aufgelöst werden, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Eines Auflösungsgrundes bedarf es gemäß § 14 Abs. 2 KSchG ausnahmsweise nicht, wenn die gekündigten Arbeitnehmer Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnliche leitende Angestellte und zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern berechtigt sind. Aus der primären Zielsetzung des KSchG, den Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes durch sozialwidrige Kündigungen zu schützen, folgt, dass bei der Prüfung des Auflösungsantrags des Arbeitgebers strenge Maßstäbe anzulegen sind. Allerdings braucht der Auflösungsgrund nicht das Gewicht eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu besitzen. Als Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen, kommen nur Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitgeber, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seiner Leistungen oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben, etwa als Vorgesetzter, und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Für die zu treffende prognostische Entscheidung über eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit in der Zukunft ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag abzustellen (KR-Spilger 8. Auflage § 9 KSchG Rn. 50 - 56 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). In Anwendung dieser Grundsätze ist zunächst festzustellen, dass hier die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 9 Abs. 1, 2, 14 Abs. 2 KSchG einer Begründung bedarf; denn der Kläger ist kein leitender Angestellter, der zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt ist. Die Beklagte hat dazu selbst ausgeführt, dass der Kläger zwar die Auswahlentscheidung für Einstellungen oder Entlassungen treffe, die Geschäftsführung jedoch die Entscheidung noch rechtlich nachvollziehen müsse. Das bedeutet im Klartext, dass der Kläger niemanden selbständig einstellen oder entlassen kann, weil er keine Arbeitsverträge abschließen darf. Er trifft lediglich die Vorentscheidung auf der Fachebene. Dass die Geschäftsführung die Unterzeichnung eines Vertrages nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen verweigern könne, hat die Beklagte nicht behauptet. Die Berufungskammer ist nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass hinreichende Gründe für einen erfolgreichen Auflösungsantrag nicht gegeben sind. Zwar ist der angegebene Grund, dass die die Zweigstelle im Wesentlichen tragenden Mitarbeiter wegen des Führungsverhaltens des Klägers in der Vergangenheit für den Fall seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz angekündigt haben, ihrerseits das Arbeitsverhältnis zu beenden, wegen der möglichen Zerstörung des Vertrauensverhältnisse zwischen dem Kläger und wesentlichen Teilen der Belegschaft grundsätzlich als Auflösungsgrund geeignet. Voraussetzung dafür ist aber weiter, dass dadurch eine angemessene Betreuung der Klienten in der Zukunft genauso wenig gewährleistet ist wie die Überwindung der während der Zusammenarbeit in der Vergangenheit aufgebauten Konflikte. Die Beklagte hat einen derartigen Auflösungsgrund jedoch nicht nachzuweisen vermocht. Da im Ergebnis nur ein Mitarbeiter definitiv und glaubhaft geäußert hat, gehen zu wollen, und nicht klar geworden ist, dass die Konflikte auch bei entschlossenem Gebrauch der Arbeitgeberbefugnisse durch die Geschäftsführung, sprich, durch klare Führungs- und Leistungsanweisungen gegenüber dem Kläger und der übrigen Belegschaft unter Kontrolle zu bekommen wären, konnte die Gefahr für die sachgemäße Betreuung der Teilnehmer in der Zukunft durch andauernde, vom Kläger angeheizte Teamkonflikte nicht bejaht werden. Die Beklagte kann sich nicht auf erfolglose Coachingmaßnahmen in der Vergangenheit und die Weigerung einiger Mitarbeiter, an weiteren Coachingmaßnahmen teilzunehmen, zurückziehen. Sie ist vielmehr selbst dazu aufgefordert, der Zweigstelle, insbesondere dem Kläger, zunächst Leitlinien und, wenn erforderlich, konkrete Anweisungen für die Führung der Zweigstelle vorzugeben. Die Zeugen haben zunächst einheitlich und glaubhaft das Bild bestätigt, dass sie in ihrem Schreiben vom 02.12.2008 vom Kläger und der Teamsituation beschrieben haben. Danach war die Belegschaft der Zweigstelle in zwei Fraktionen gespalten, eine pro und eine kontra den Kläger. Das wurde auf den Führungsstil des Klägers zurückgeführt, der dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass er starke Kontrolle ausübte, für einen offenen Diskurs mit den Mitarbeitern nicht offen war, sondern unkritische Loyalität verlangte und belohnte. Dies hat für das Gericht vor allem die nicht mehr bei der Beklagten beschäftigte Zeugin M mit der von ihr beschriebenen Verunsicherung und Angst am Arbeitsplatz nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht. Weiter haben alle übereinstimmend bestätigt, dass sie, wie im Schreiben vom 2.12.2008 bereits ausgeführt, für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit mit dem Kläger keine Basis mehr sähen. Darüber hinaus hat jedoch nur der Zeuge D am Ende glaubhaft versichert, bei der Mitarbeiterbesprechung am 4.12.2008 gegenüber den beiden Geschäftsführern geäußert zu haben, dass er im Falle einer Rückkehr des Klägers seinerseits die Beklagte verlassen werde. Die Zeuginnen O und M verneinten oder erinnerten sich nicht daran, sich entsprechend gegenüber den Geschäftsführern geäußert zu haben. Der Zeuge Q hat ausgesagt, dass er in den Mitarbeiterbesprechungen ebenfalls nicht geäußert habe, die Beklagte verlassen zu wollen. Er habe dies allerdings schon vorher getan, weil für ihn die Zusammenarbeit mit dem Kläger schon lange eine große Belastung gewesen sei. In der Aussage ist unklar geblieben, um wie viel früher der Zeuge seine Abkehrabsichten bereits geäußert haben will und ob daher die Beklagte seine frühere Äußerung überhaupt noch in einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Rückkehr des Klägers stellen konnte. Die Zeugin N hat zwar bestätigt, in den Mitarbeiterbesprechungen am 1.12. und am 4.12.2008 jeweils gesagt zu haben, dass sie im Falle der Rückkehr des Klägers gehen werde. Hier bestehen jedoch durchschlagende Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin, nachdem sie auf einen Vorhalt des Klägers einräumen musste, dass sie sich nicht mehr daran erinnern könne, ob sie während der Mitarbeiterbesprechung am 4.12.2008 einen Termin mit dem Dienstwagen gehabt und vielleicht bei der Mitarbeiterbesprechung gar nicht dabei gewesen sei. Der Kläger hatte ihr vorgehalten, dass sie nach den Outlook-Eintragungen der Zweigstelle am 1.12.2008 nach 13.00 Uhr gar nicht mehr im Betrieb gewesen sei und am 4.12.2008 um 10.30 Uhr einen Termin mit dem Dienstwagen gehabt habe, während die Mitarbeiterbesprechung in der Zeit von 10.15 bis 11.30 Uhr stattgefunden habe. Danach kann nicht mehr als sicher davon ausgegangen werden, dass die Zeugin bei der zweiten Besprechung am 4.12.2008 sowie bei der Erstellung des Briefes überhaupt zugegen war. Das führt zu durchschlagenden Bedenken gegen ihre Glaubwürdigkeit. Die Zeugin P schließlich hat ausgesagt, der Geschäftsführer F habe in der Mitarbeiterbesprechung am 4.12.2008 an alle die Frage gerichtet, was die Aussage in ihrem Brief vom 2.12.2008, eine Rückkehr des Klägers sei untragbar, bedeute. Darauf habe sie gesagt, dass sie im Falle seiner Rückkehr die Beklagte verlassen müsse. Soweit sie sich erinnere, haben alle dieselbe Antwort gegeben. Die Berufungskammer sieht durchgreifende Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin. Ihre Aussage weicht in zentralen Punkten von denen aller anderen Zeugen ab. Sie ist die einzige, die eine, gar an alle sechs gerichtete Frage der Geschäftsführung nach der Bedeutung der Formulierung, eine Rückkehr sei untragbar, gehört haben will und zudem noch eine von allen einheitlich gegebene Antwort des Inhalts, die Rückkehr des Klägers bedeute, dass sie die Beklagte verlassen werden. Keiner der anderen Zeugen hat hingegen eine Frage des Geschäftsführers F nach der Bedeutung dieser Formulierung erwähnt. Darüber hinaus haben die Zeugen Q, O und M ausdrücklich gesagt, dass sie am 4.12.2008 nicht erklärt haben, im Falle der Rückkehr des Klägers die Beklagte zu verlassen. Es spricht daher Vieles dafür, dass dieser von ihr geschilderte zentrale Moment der Mitarbeiterbesprechung tatsächlich gar nicht stattgefunden hat. So kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lediglich davon ausgegangen werden, dass ein Mitarbeiter, nämlich der Zeuge D, der auch den Brief vom 2.12.2008 in wesentlichen Teilen verfasst hat, gegenüber der Beklagten für den Fall der Rückkehr des Klägers angekündigt hat, die Beklagte dann zu verlassen. Das gibt weder Anlass zur Annahme, dass die Zweigstelle durch den Verlust der sie tragenden Mitarbeiter nicht mehr in der Lage sein werde, die Teilnehmer angemessen zu betreuen, noch dazu, dass die aus der Zusammenarbeit in der Vergangenheit stammenden Gräben zwischen einem Teil der Mitarbeiter und dem Kläger in Zukunft nicht mehr überwunden werden könnten. Wenn sich das F ührungsverhalten des Klägers tatsächlich so bestätigen sollte wie von den Zeugen geschildert, dann ist die Beklagte gefordert, hier im Sinne der verunsicherten und benachteiligten Mitarbeiter einzuschreiten und ihre Vorstellungen über einen offeneren Führungsstil gegenüber dem Kläger durchzusetzen. Diese Verantwortung für die Zweigstelle kann nicht allein auf die Supervision und dort (nicht) zu erreichende Erfolge abgeschoben werden. Was die Beklagte hierzu in der Vergangenheit selbst unternommen hat, war nicht zu erkennen. Auch die weiter von der Beklagten zitierten Ausführungen des Klägervertreters im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren führen nicht zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Sie sind vielmehr noch durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung gedeckt. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen ist dann noch nicht überschritten, wenn die Formulierungen eines Parteivertreters zwar stellenweise zugespitzt sind und einen beißenden und scharfen Ton aufweisen, dennoch aber stets in einem sachlich nachvollziehbaren Bezug zu den maßgeblichen rechtlichen Fragen stehen und weder in Inhalt noch Form die Grenze zu persönlicher Schmähung, Gehässigkeit oder Lüge überschreiten (BAG 09.09.2010 - 2 AZR 482/09 - NJW 2010, 3798; BAG 23.02.2010 - 2 AR 554/08 - EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 58). Das ist hier noch der Fall. Die Ausführungen des Klägers in seiner Berufungserwiderung zum Rückmeldevordruck und zur Information durch Frau T über seine Nichtteilnahme an einer Besprechung mit dem Geschäftsführer sind jeweils als Bestreiten eines Sachverhalts in scharfer, gerade noch akzeptabler Weise anzusehen. Das gilt insbesondere für die Formulierung, der "Beklagtenvortrag sei frei erfunden". Hierin könnte, wenn sich das Gegenteil erwiese, der Vorwurf einer Lüge gesehen werden. In der anwaltlichen Praxis ist diese Formulierung jedoch durchaus gebräuchlich, um die schärfste Form des Bestreitens auszudrücken, ohne dass darauf von der Gegenseite empört reagiert würde. Die Ausführungen und Vorwürfe, die der Klägervertreter im Zusammenhang mit der "Drucksituation" nach dem Erfolg des Klägers in erster Instanz erhoben hat, stehen angesichts der Recherche des Beklagtenvertreters zum Thema "Druckkündigung" nur einen Tag nach der Verkündung des Urteils und mehrere Tage vor der Mitteilung der möglichen Rückkehr des Klägers an den Arbeitsplatz durchaus noch im nachvollziehbaren Bezug zu den rechtlich relevanten Fragen des Falles. Die Vermutungen des Klägers haben durch die umgehende Recherche der Beklagten zur "Druckkündigung" einen durchaus realen Aufhänger, auch wenn der Kläger hier mangels eigener Wahrnehmungsmöglichkeiten im Bereich der beklagten jenseits des tatsächlichen Geschehens spekuliert. Jeder gute Rechtsanwalt würde diesen Punkt mit derselben Vermutung zugunsten seines Mandanten in den Prozess einbringen. Auch das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Vollstreckung eines Zahlungstitels taugt nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Dort bestand lediglich ein sachlicher Streit über die richtige Abrechnung der titulierten Forderung, der vom Kläger zwar verbissen, aber nicht beleidigend und persönlich herabsetzend geführt wurde. Zudem haben die Parteien den Streit durch Verzicht auf die Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Kläger) und durch Rücknahme der Vollstreckungsgegenklage (Beklagte) mittlerweile beigelegt. Es ist nicht zu sehen, wie dieser beendete Konflikt noch einer den Betriebszwecken dienlichen Zusammenarbeit in der Zukunft entgegenstehen könnte. 3. Die Beklagte ist aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigungen verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Leiter der Zweigstelle B am Main weiter zu beschäftigen. Zu den Rechten aus dem Arbeitsverhältnis gehört auch ein klagbarer Anspruch auf Weiterbeschäftigung, den der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts aus § 611 i.V.m. § 242 BGB, Art. 1 u. 2 GG abgeleitet hat (BAG GS EzA zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9). Der Anspruch besteht während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses und ist zu bejahen, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers nicht entgegenstehen. Das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt in der Regel ab dem Zeitpunkt, zu dem im Kündigungsschutzprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Die Voraussetzungen für den Weiterbeschäftigungsanspruch sind hier erfüllt. Die Unwirksamkeit der Kündigungen ist festgestellt worden. Überwiegende, gegen die Weiterbeschäftigung des Klägers sprechende Umstände bestehen nicht. Zwar hat die Beklagte am 9.12.2008 zum, 30.06.2009 noch eine ordentliche Folgekündigung ausgesprochen, über deren rechtliches Schicksal das Arbeitsgericht bislang noch nicht entschieden hat. Ausnahmsweise steht diese Kündigung der Verurteilung zur Weiterbeschäftigung jedoch nicht entgegen; denn sie ist offensichtlich unwirksam. Die Berufungskammer ist in der Lage dies festzustellen, weil diese Kündigung auf denselben Sachverhalt ("Druckkündigung) gestützt ist, den die Beklagte hier als Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses angeführt hat und über den im Rahmen des Berufungsverfahrens Beweis erhoben worden ist. Nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme liegen die Voraussetzungen einer Druckkündigung offensichtlich nicht vor. Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen unter Zif. 2 der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Die Beklagte hat gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 ZPO die Kosten ihrer insgesamt erfolglosen Berufung (Teil- und Schlussurteil) zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG waren nicht ersichtlich.