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  • · Nachricht · Kanzleiorganisation

    Für Rechtsmittelfristen müssen Vorfristen geführt werden

    | Bei Rechtsmittelfristen muss ein Anwalt auch zuverlässig notierte und überwachte Vorfristen sicherstellen (OVG Niedersachsen 14.9.23, 2 LA 39/23, Abruf-Nr. 238720 ). Dies gilt auch bei elektronisch geführten Fristenkalendern. Gehen gleich zwei Kanzleimitarbeiter mit Fristen oder Akten fehlerhaft um, sieht es mit einer Wiedereinsetzung düster aus. |

     

    In dem Fall vor dem OVG kam es zu einer unglücklichen Fehlerkette: Der eine Mitarbeiter notierte irrtümlich jeweils eine Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist, obwohl gar keine Berufung zugelassen war. Der Anwalt bemerkte dies und bat den Mitarbeiter, die Einträge auf eine Zulassung der Berufung zu berichtigen. Dies geschah nicht. Eine zweite Mitarbeiterin änderte später zwar den als Berufungsschrift bezeichneten Schriftsatz auf einen Zulassungsantrag ab. Sie wies den Anwalt aber nicht auf die immer noch falsch notierten Fristen hin und schaute insoweit auch nicht in die Akte, obwohl dies laut einer internen Arbeitsanweisung verpflichtend war und die Irrtümer erkennbar geworden wären.

     

    Alles in allem stellte das OVG eine unzureichende und sorgfaltswidrige Büroorganisation fest: Zum einen stellte sich heraus, dass im elektronisch geführten Fristenkalender jeweils nur die Fristabläufe für Einlegung und Begründung von Rechtsmitteln, aber keine Vorfristen notiert werden. Zum anderen wurden die (Begründungs-)Fristen jeweils erst am Tag des Fristablaufs und lediglich anhand des Kalenders besprochen, ohne die Akten beizuziehen. Zudem hätte der Anwalt eine so wichtige Anweisung wie die Korrektur notierter Rechtsmittel bzw. Fristen noch einmal selbst prüfen müssen, zumal mündliche Anweisungen ohnehin problematisch sind.

     

    PRAXISTIPP | Bei Verfahrenshandlungen, die mehr als nur geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordern (dazu zählen stets auch Rechtsmittelbegründungen), ist neben dem Fristende grundsätzlich eine etwa einwöchige Frist zu notieren (BGH 21.6.23, XII ZB 418/22, Abruf-Nr. 236657). Bereits vorgefallene Fehler erhöhen in diesen Fällen die Sorgfaltspflicht des Anwalts, auf ausgeführte Korrekturen zu achten (AK 23, 202).

     

    (mitgeteilt von Christian Noe B. A., Göttingen)

    Weiterführende Hinweise

    • Was im Kalender gestrichen ist, ist nicht unbedingt auch tatsächlich erledigt, AK 22, 171
    • Elektronischer Fristenkalender ist wie analoger zu kontrollieren, iww.de/ak, Abruf-Nr. 46189933
    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 1 | ID 49768002