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  • 22.04.2025 · IWW-Abrufnummer 247722

    Landesarbeitsgericht Thüringen: Urteil vom 22.01.2025 – 1 Sa 59/24

    Auch der besondere Kündigungsschutz als sogenannter "Vorfeldinitiator" gemäß § 15 Abs. 3b KSchG kann verwirkt werden, wenn dem kündigenden Arbeitgeber die Umstände, die zum Eingreifen des befristeten Sonderkündigungsschutzes führen, nicht bekannt sind. Hierzu ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirkung des besonderen Kündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch (u.a. BAG 22.09.2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 20 mwN; grundlegend BAG 23.02.1978 - 2 AZR 462/76 - Rn. 40 ff.) heranzuziehen.


    In dem Rechtsstreit
    ---------------------Beklagte und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte/r:
    Rechtsanwälte --------------------------
    gegen
    ---------------------Klägerin und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte/r:
    Rechtsanwälte ----------------------
    hat das Thüringer Landesarbeitsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 22.01.2025 durch Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klose als Vorsitzende
    sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Catterfeld und Frau Becker als Beisitzer für Recht erkannt:

    Tenor: 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.03.2024 - Az. 7 Ca 1561/22 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin. 3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer Kündigung vom 30.09.2022 sowie um Weiterbeschäftigung.

    Die Klägerin war zunächst ab 01.04.1993 beim L................. T............... e.V., zuletzt aufgrund Arbeitsvertrages vom 20.06.2007 (Bl. 10-16 der Akte) als Referentin Bildung beschäftigt. Nach § 4 des Arbeitsvertrages stand der Klägerin eine Vergütung "in Anlehnung an § 22 BAT" zu. Nach § 16 des Arbeitsvertrages sollten Vorschriften des TV-L "im Übrigen keine Anwendung" finden. Zuletzt bezog die Klägerin eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung in Höhe von 5.166,12 €

    Mit Schreiben vom 13.11.2020 (Bl. 20 der Akte) teilte der L............. T............ e.V. der Klägerin mit, dass der Geschäftsbereich Bildung zum 01.01.2021 auf die Beklagte, eine 100%ige Tochtergesellschaft des L............... T.............. e.V., übergeleitet werde. Die Klägerin widersprach dem Betriebsübergang nicht. Mittlerweile unstreitig ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 01.01.2021 vom L............. T............ e.V. auf die hiesige Beklagte über.

    Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt. Die Klägerin ist im Sinne des SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung neben der Klägerin vier Arbeitnehmerinnen, die alle das 18. Lebensjahr vollendet hatten und länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt waren.

    Mit zwei Schreiben vom 30.07.2021 (Bl. 110 und 115 der Akte) erteilte die Beklagte der Klägerin Abmahnungen. Im Wesentlichen wird darin der Klägerin eigenmächtiges Vorgehen unter Nichtbeachtung entsprechender Weisungen seitens des Geschäftsführers vorgeworfen. Wegen des konkreten Inhalts der Abmahnungen wird auf die Schreiben verwiesen. Am 25.05.2022 fand ein Personalgespräch mit der Klägerin statt, in welchem Beschwerden über die Arbeitsweise und angebliche Defizite der Klägerin zur Sprache kamen. Über den Inhalt des Personalgesprächs wurde ein Protokoll gefertigt (Bl. 138 der Akte), auf dessen Inhalt verwiesen wird. Das in dem Gespräch unterbreitete Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages nahm die Klägerin nicht an.

    Mit Schreiben vom 20.05.2022 (Bl. 140 ff. der Akte) beantragte die Beklagte die Zustimmung des Integrationsamts zu einer ordentlichen Kündigung der Klägerin. In dem Antrag wird angeführt, "die beabsichtigte Kündigung [stehe] in keinem Zusammenhang mit der Behinderung". Im Antrag vorformulierte Fragen zu einer vor Ausspruch der Kündigung erfolgten Prüfung von Umsetzungs-, Umschulungs- oder Eingliederungsmaßnahmen beantwortete die Beklagte mit "nein". Mit Schreiben vom 28.09.2022 (Bl. 25 der Akte) erteilte das Integrationsamt die beantragte Zustimmung und verwies in seiner Entscheidung im Wesentlichen darauf, angesichts des Nichtbestehens allgemeinen Kündigungsschutzes im Kleinbetrieb beschränke sich die Prüfung darauf, ob die Kündigung mit der Schwerbehinderung im Zusammenhang stehe und ob die beabsichtigte Kündigung offensichtlich willkürlich, treu- oder sittenwidrig sei. Das Integrationsamt kam zu dem Schluss, dass dies vorliegend angesichts der von der Beklagten angeführten diversen Beschwerden und verhaltensbedingten Schwierigkeiten "evident nicht der Fall" sei. Gegen den Zustimmungsbescheid des Integrationsamts hat die Klägerin nach erfolglosem Widerspruch Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Das dortige Verfahren (Az. 7 K 1781/23 We) war zum Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung noch nicht abgeschlossen.

    Nach Erhalt des Zustimmungsbescheides sprach die Beklagte mit Schreiben vom 30.09.2022 (Bl. 33 der Akte), der Klägerin am gleichen Tag zugegangen, die streitgegenständliche ordentliche Kündigung zum 31.03.2023 aus.

    Bereits während des Verfahrens beim Integrationsamt wurde die Klägerin von ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten. Noch vor Ausspruch der Kündigung, aber nach dem Personalgespräch vom 25.05.2022, erkundigte sich die Klägerin, die beim L............. T............ e.V. Mitglied des dortigen Betriebsrats gewesen war, bei ihrem Prozessbevollmächtigten nach Möglichkeiten einer kollektivrechtlichen Klärung mit Blick auf die drohende Kündigung. Ihr wurde erläutert, dass der Betriebsrat beim L............. T............ e.V. lediglich ein zeitlich befristetes Übergangsmandat gehabt habe und im Betrieb der Beklagten bislang kein Betriebsrat gewählt worden sei. Angesichts der Anzahl beschäftigter Arbeitnehmer sei allerdings im Betrieb der Beklagten die Wahl eines Betriebsrats möglich. Der Prozessbevollmächtigte erläuterte der Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Betriebsratswahl und wies auf den Sonderkündigungsschutz bei entsprechenden Vorbereitungshandlungen und öffentlicher Beglaubigung der Absichtserklärung hin.

    Am 31.08.2022 gab die Klägerin eine Absichtserklärung ab, die am 01.09.2022 notariell beglaubigt wurde (vgl. Bl. 240/241 der Akte). Hiernach beabsichtigte sie, gegenüber ihren Arbeitskolleginnen als Initiatorin zur Wahl eines Betriebsrats tätig zu werden. Mit Schreiben vom 01.09.2022 (Bl. 242 f. der Akte) äußerte die Klägerin gegenüber ihrer Kollegin R........, sie wolle mit ihr als auch mit den übrigen Kolleginnen über die Bereitschaft zu einer möglichst kurzfristigen Wahl eines Betriebsrats sprechen. Mit Schreiben vom 07.09.2022 (Bl. 244 der Akte) meldete sich die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit der Aufforderung an die Klägerin, private Kontaktaufnahmen zu Frau R........... zu unterlassen.

    Mit ihrer am 04.10.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 13.10.2022 zugestellten Klage hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben und gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 30.09.2022 angeführt, es bestehe mit dem L............. T............ e.V. ein Gemeinschaftsbetrieb und der dort gewählte Betriebsrat sei vor Zugang der Kündigung nicht beteiligt worden. Des Weiteren hat die Klägerin in der Klageschrift formuliert, sie mache "vorsorglich geltend, dass die streitgegenständliche Kündigung auch nach § 15 KSchG rechtsunwirksam" sei.

    Weil die Klägerin in einem mittlerweile zurückgenommenen Verfahren gegen den L............. e.V. den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit diesem geltend gemacht hatte, ruhte das hiesige Kündigungsschutzverfahren von November 2022 bis April 2023.

    Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, im Betrieb des L............. T............ e.V. würden mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Dort bestehe auch nach wie vor ein gewählter Betriebsrat, der vor Ausspruch der Kündigung zu beteiligen gewesen wäre. Der L............. T............ e.V. unterhalte mit der Beklagten einen Gemeinschaftsbetrieb. Die Beklagte als 100%ige Tochter sei ausweislich des Organigramms der Geschäftsstelle mit Stand Januar 2022 (Bl. 79 der Akte) als Fachbereich des L............. geführt. Der Geschäftsführer der Beklagten sei nur geringfügig beschäftigt. Waschräume und Gemeinschaftseinrichtungen wie Besprechungsräume würden gemeinsam genutzt. Dies erfolge auf Grundlage gemeinsamer Organisations- und Führungsvereinbarungen. Für die Nutzung flössen keine Entgelte. Auch die Nutzung der Telefonanlage und der Computeranlage erfolge ohne rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen der Beklagten und dem L............. T............ e.V.. Drucker und Dienstfahrzeuge würden ebenfalls gemeinsam genutzt. Es gebe einen gemeinsamen Datenschutzbeauftragten. Der Geschäftsführer der Beklagten sei gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrats im L............. T............ e.V. sowie kaufmännischer Leiter und Prokurist einer weiteren 100%igen Tochtergesellschaft. Lohn- und Gehaltsabrechnungen erfolgten über eine gemeinsame Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle.

    Die Klägerin hat sich ferner auf die fehlende Bestandskraft des angegriffenen Zustimmungsbescheids des Integrationsamts und auf eine ordentliche Unkündbarkeit nach BAT berufen. Zumindest verstoße die Kündigung gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB.

    Mit einem am 19.01.2024 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat sich die Klägerin auf den Sonderkündigungsschutz als Vorfeldinitiatorin gemäß § 15 Abs. 3b KSchG berufen und hierzu auf ihre notariell beglaubigte Absichtserklärung vom 31.08.2022 sowie auf die Kontaktaufnahme mit der Mitarbeiterin R....... verwiesen. Ferner hat sie angeführt, die Kündigung sei unverhältnismäßig, da keine Maßnahmen zur Konfliktprävention gemäß § 167 Abs. 1 SGB IX ergriffen worden seien. Des Weiteren hat die Klägerin Vortrag gehalten zu den beklagtenseits angeführten Pflichtverletzungen. Wegen der diesbezüglichen Ausführungen wird auf die Seiten 5 bis 15 des Schriftsatzes vom 19.01.2024 (Bl. 226-236 der Akte) Bezug genommen.

    Die Klägerin hat beantragt,

    1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 30.09.2022 weder zum 31.03.2023 noch zum nächstmöglichen Termin beendet wurde. 2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.03.2023 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. 3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Referentin Bildung weiter zu beschäftigen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat angeführt, die Klägerin habe die Voraussetzungen eines gemeinsamen Betriebes zwischen dem L............. T............ e.V. und der Beklagten nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere sei keine einheitliche Leitung in personellen Entscheidungen ersichtlich. Ein gemeinsamer Einsatz des Personals finde nicht statt. Die Beklagte führe ihre Mitarbeiterinnen selbstständig. Wegen der Nutzung der Räumlichkeiten hat die Beklagte auf entsprechende Mietverträge (Bl. 174 ff. der Akte) verwiesen. Seminarräume und sanitäre Anlagen dürften von sämtlichen Mitgliedern des L................ und den Anschlussorganisationen unentgeltlich genutzt werden. Die Eigenschaft der Beklagten als 100%ige Tochter reiche zum Beleg für einen Gemeinschaftsbetrieb nicht aus.

    Der BAT bzw. der TV-L finde ausweislich des Arbeitsvertrags im Übrigen keine Anwendung. Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben oder aus sonstigen Gründen sittenwidrig. Die Klägerin habe vielmehr durch ihr Verhalten Anlass für die streitgegenständliche Kündigung gegeben.

    Der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG greife nicht. Denn angebliche Vorbereitungshandlungen der Klägerin seien allesamt im Versuchsstadium stecken geblieben. Die Klägerin habe kein einziges Gespräch mit anderen Arbeitnehmern zu der Errichtung eines Betriebsrats geführt. Sie habe auch nicht anderweitig für Dritte erkennbar dokumentiert, einen Betriebsrat errichten zu wollen. Ein ernsthafter Wille zur Gründung eines Betriebsrats werde bestritten. Vielmehr hätten sämtliche Vorbereitungshandlungen lediglich darauf gezielt, den besonderen Kündigungsschutz als Vorfeldinitiatorin zu erlangen. Ein solches Verhalten sei rechtsmissbräuchlich. Zudem bezwecke § 15 Abs. 3b KSchG den Schutz vor möglichen Repressalien im Nachgang zu Vorbereitungshandlungen. Zur Kenntnis der Klägerin habe die Beklagte jedoch bereits im Zusammenhang mit dem Personalgespräch am 25.05.2022 den Beendigungsentschluss gefasst. Diese zeitliche Abfolge "passe" nicht zu dem Schutzzweck des Sonderkündigungsschutzes für Vorfeldinitiatoren.

    Präventionsmaßnahmen nach § 167 Abs. 1 SGB IX hätten die Kündigung nicht verhindern können. Dies habe das Integrationsamt auch so gesehen. Denn auch im Verfahren beim Integrationsamt habe sich die Klägerin auf unterbliebene Präventionsmaßnahmen berufen. Gleichwohl habe das Integrationsamt die nach § 168 SGB IX erforderliche Zustimmung zur Kündigung erteilt.

    Mit Urteil vom 28.03.2024 (Bl. 270 ff. der Akte) hat das Arbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben und den allgemeinen Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung vom 30.09.2022 sei gemäß § 15 Abs. 3b KSchG unzulässig. Der Sonderkündigungsschutz als sogenannte Vorfeldinitiatorin greife auch im Kleinbetrieb. Die Klägerin habe die erforderliche öffentlich beglaubigte Absichtserklärung abgegeben und entsprechende Vorbereitungshandlungen vorgenommen. Die Klägerin habe sowohl eine entsprechende Beratung bei ihrem Rechtsanwalt in Anspruch genommen als auch zumindest eine Kollegin von ihrer Absicht in Kenntnis gesetzt. Der Begriff der Vorbereitungshandlung sei weit zu verstehen. Eine fehlende Ernsthaftigkeit sei nicht erkennbar. Wegen Unwirksamkeit der Kündigung könne die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung verlangen.

    Gegen das ihr am 04.04.2024 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil hat die Beklagte mit einem am 17.04.2024 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 03.06.2024 eingegangenen Schriftsatz begründet.

    Mit ihrer Berufung führt die Beklagte an, auf den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG könne sich die Klägerin nicht berufen, weil dieser Unwirksamkeitsgrund innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG hätte geltend gemacht werden müssen. Das vorsorgliche Berufen der Klägerin auf § 15 KSchG in der Klageschrift reiche als Hinweis auf den besonderen Kündigungsschutz als Vorfeldinitiatorin nicht aus. Denn der entsprechende Sachverhalt sei erst im Januar 2024 in den zu diesem Zeitpunkt bereits seit über einem Jahr laufenden Kündigungsschutzprozess eingeführt worden. Das verspätete Berufen auf den Sonderkündigungsschutz habe dessen Verwirkung zur Folge. Die Konstellation sei vergleichbar mit den Fällen einer Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch. Zudem sei der Sonderkündigungsschutz erkennbar rechtsmissbräuchlich herbeigeführt worden. Denn die notarielle Erklärung sei erst zu dem Zeitpunkt abgegeben worden, als die Zustimmungserteilung des Integrationsamts unmittelbar bevorstand. Bis heute habe die Klägerin keine ernsthaften Vorbereitungshandlungen unternommen. Das Arbeitsgericht habe den Begriff der Vorbereitungshandlung zu weit verstanden. Das Kontaktieren nur einer einzigen Kollegin sei ersichtlich ungeeignet gewesen.

    Da die Klägerin keinen allgemeinen Kündigungsschutz genieße, sei die Kündigung nur auf Treu- oder Sittenwidrigkeit zu überprüfen. Eine solche liege angesichts der vorgebrachten verhaltensbedingten Gründe und der internen und externen Beschwerden nicht vor.

    Die Beklagte beantragt sinngemäß,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.03.2024 - Az. 7 Ca 1561/22 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie führt an, sie habe sich nach § 6 KSchG auch außerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG auf den Sonderkündigungsschutztatbestand des § 15 Abs. 3b KSchG berufen können. Der besondere Kündigungsschutz als Vorfeldinitiator greife bereits bei objektivem Vorliegen der Voraussetzungen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirkung des besonderen Schutzes aufgrund einer Schwerbehinderung sei nicht übertragbar. Denn dort sei vor Ausspruch der Kündigung eine behördliche Genehmigung einzuholen. Davon abgesehen habe sich die Klägerin in ihrer Klageschrift bereits vorsorglich auf den Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG berufen. Und spätestens über die Kollegin R........ habe die Beklagte davon Kenntnis erlangt, dass die Klägerin Informationen zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl und Erkundigungen hierzu bei ihren Kolleginnen eingeholt hatte. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei abwegig. Die Klägerin habe ein nachvollziehbares Interesse gehabt, angesichts des auslaufenden Übergangsmandats des Betriebsrats des L.................. T.............. e.V. die Initiative zur Wahl eines Betriebsrats zu ergreifen bzw. jedenfalls entsprechende Prüfungen vorzunehmen.

    Erneut verweist die Klägerin auf nicht erfolgte Maßnahmen zur Konfliktprävention nach § 167 Abs. 1 SGB IX und auf einen Verstoß gegen § 242 BGB. Die Beklagte habe zwischenzeitlich eine Ersatzeinstellung für die Klägerin vorgenommen.

    Nach erneuter Zustimmungserteilung durch das Integrationsamt auf Antrag der Beklagten vom 08.03.2024 (Bl. 373 ff. der Akte) hat die Beklagte hilfsweise eine weitere ordentliche Kündigung ausgesprochen, gegen deren Wirksamkeit die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben hat. Das Verfahren beim Arbeitsgericht Erfurt wird unter dem Aktenzeichen 2 Ca 1583/24 geführt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz vom 22.01.2025 (Bl. 436 der Akte) Bezug genommen

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

    Insbesondere wurde die Berufung form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 ZPO.

    II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.

    Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die streitgegenständliche Kündigung vom 30.09.2022 wirksam. Der Kündigungsschutzantrag war abzuweisen. Die Klägerin kann sich nicht auf einen Sonderkündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3b KSchG berufen. Sie hat diesen Sonderkündigungsschutz verwirkt. Andere Unwirksamkeitsgründe greifen nicht. Wegen Wirksamkeit der Kündigung zum 31.03.2023 kann die Klägerin keine Weiterbeschäftigung verlangen.

    1. Der Wirksamkeit der Kündigung vom 30.09.2022 steht entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts der besondere Kündigungsschutz aus § 15 Abs. 3b KSchG nicht entgegen.

    a) Zwar ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass die Klägerin die Voraussetzungen für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutztatbestandes als "Vorfeldinitiatorin" zunächst erfüllt hat.

    aa) Gemäß § 15 Abs. 3b KSchG genießt derjenige, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrates unternimmt, einen besonderen Kündigungsschutz. Er ist vor ordentlichen Kündigungen aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen geschützt. Der besondere Kündigungsschutz greift auch außerhalb des Anwendungsbereichs des allgemeinen Kündigungsschutzes und ist zeitlich befristet auf drei Monate nach notarieller Beglaubigung einer entsprechenden Absichtserklärung. Unter einer "Vorbereitungshandlung" soll laut Gesetzesbegründung jedes Verhalten verstanden werden, das für Dritte erkennbar zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl geeignet ist (BT-Drs. 19/28899, 24). Als Beispiele für ein solches Verhalten werden etwa Gespräche mit anderen Arbeitnehmern, um die Unterstützung für eine Betriebsratsgründung zu ermitteln, ebenso wie die Kontaktaufnahme zu einer Gewerkschaft, um Informationen zur Betriebsratswahl zu erhalten, genannt. Erkennbar legt der Gesetzgeber ein weites Verständnis des Begriffs der Vorbereitungshandlung an (LAG Köln 19.01.2024 - 7 GLa 2/24 - Juris Rn. 50; Sura DB 2024, 3032, 3033; Reinartz NZA-RR 2021, 457, 469). Auch eine betriebsratsbezogene Beratung bei einem Rechtsanwalt kann daher ein Verhalten sein, das zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl geeignet ist und eine Vorbereitungshandlung in diesem Sinne darstellen kann (so auch Sura DB 2024, 3032, 3033; Mai/Fuhlrott, GWR 2023, 93, 94). Für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nur auf das objektive Vorliegen der Voraussetzungen an, nicht jedoch darauf, dass dem Arbeitgeber die Handlung bekannt ist oder hätte bekannt sein können (KR-Kreft, 14. Auflage 2025, § 15 KSchG Rn. 31; Sura DB 2024, 3032, 3033).

    Weitere Voraussetzung ist, dass eine durch einen Notar öffentlich beglaubigte Erklärung vorliegt, mit der die Absicht, einen Betriebsrat zu errichten, bescheinigt wird.

    bb) Diese Voraussetzungen liegen vor.

    (1) Die Klägerin hat unbestritten bei ihrem Prozessbevollmächtigten Informationen dazu eingeholt, unter welchen Voraussetzungen ein Betriebsrat gegründet werden kann und welche Schritte hierfür erforderlich sind. Bereits dies stellt nach dem zuvor dargestellten weiten Begriffsverständnis des Gesetzgebers eine taugliche Vorbereitungshandlung dar. Durch das Einholen von Rechtsrat bei ihrem Anwalt hat die Klägerin nach außen dokumentiert, dass sie ein Tätigwerden zur Errichtung eines Betriebsrats in Erwägung zieht.

    Mit dem an ihre Kollegin R........... gerichteten Schreiben hat die Klägerin eine weitere Vorbereitungshandlung dokumentiert. Sie hat die Mitarbeiterin angeschrieben und sich nach deren Bereitschaft zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl erkundigt. Zwar wendet die Beklagte nicht zu Unrecht ein, dass die Ansprache einer einzigen Mitarbeiterin nicht ausreichend sein könne. Tatsächlich sind nach § 17 Abs. 2 und Abs. 4 BetrVG mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer vonnöten, um entweder zu einer Betriebsversammlung einzuladen oder auf Antrag einen Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht einsetzen zu lassen. Auf die Tauglichkeit und die Geeignetheit der Vorbereitungshandlung kommt es nach dem zuvor zitierten weiten Verständnis des Gesetzgebers jedoch nicht an. Denn sonst wäre auch das Einholen von Rechtsrat bei der Gewerkschaft vom Gesetzgeber nicht als taugliche Vorbereitungshandlung angesehen worden. Das Einholen von Rechtsrat bei der Gewerkschaft führt für sich genommen auch noch nicht zur einer Betriebsversammlung. Ob die Vorbereitungshandlungen zielführend waren, ohne Erfolg geblieben sind und ob danach weitere Schritte unternommen wurden, ist nach dem ersichtlich weiten Verständnis des Gesetzgebers nicht entscheidend. Als Korrektiv für das weite Verständnis der Vorbereitungshandlungen sieht das Gesetz vielmehr eine nur befristete Geltung des besonderen Kündigungsschutzes vor. Aus Sicht der Kammer kann die Beklagte daher an diesem Punkt nicht mit ihrem Einwand gehört werden, die fehlende Ernsthaftigkeit der Absicht der Klägerin zeige sich bereits an der Untauglichkeit ihrer Vorbereitungshandlungen.

    Die Abgabe der notariellen Erklärung selbst stellt keine Vorbereitungshandlung in diesem Sinne dar. Die notarielle Erklärung ist weitere Voraussetzung für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes und nicht für sich genommen taugliche Vorbereitungshandlung.

    (2) Die Klägerin hat die nach dem Gesetz erforderliche notarielle Erklärung unstreitig abgegeben.

    b) Aus Sicht der Kammer hat die Klägerin das Berufen auf den Sonderkündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG jedoch verwirkt, da sie die Beklagte nicht zeitnah nach Erhalt der Kündigung über die Umstände des Eingreifens von Sonderkündigungsschutz als Vorfeldinitiatorin in Kenntnis gesetzt hat.

    aa) Das Gesetz selbst enthält keine Frist, innerhalb derer sich der Arbeitnehmer auf den besonderen Kündigungsschutz berufen muss. Die Vorschrift des § 15 KSchG sieht an keiner Stelle Mitteilungspflichten des Arbeitnehmers vor. Bis dato benötigte § 15 KSchG solche Fristen auch nicht, da die bis 2021 unter Sonderkündigungsschutz gestellten Funktionen und Handlungen dem Arbeitgeber in aller Regel bekannt sind. Dies ist bei dem 2021 neu eingeführten § 15 Abs. 3b KSchG anders. Anders als etwa die Mitgliedschaft im Betriebsrat oder die Eigenschaft als Wahlbewerber bleibt dem Arbeitgeber der Status als Vorfeldinitiator womöglich bis zur Einladung zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung verborgen.

    bb) Nach Auffassung der Kammer lässt sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch (BAG 22.09.2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 20; BAG 23.02.2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16; BAG 12.01.2006 - 2 AZR 539/05 - juris Rn. 16; grundlegend BAG 23.02.1978 - 2 AZR 462/76 - Rn. 40 ff.) auf den Sonderkündigungsschutz als Vorfeldinitiator übertragen. Hier wie dort sind dem Arbeitgeber die Umstände, die zum Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes führen, nicht notwendig bekannt. Hier wie dort knüpft das Gesetz das Erfordernis der behördlichen Zustimmung bzw. den Ausschluss einer ordentlichen (verhaltens- bzw. personenbedingten) Kündigung lediglich an das objektive Vorliegen entsprechender Tatsachen. Auch der Kündigungsschutz nach § 168 SGB IX hängt nach seinem Wortlaut nicht davon ab, ob der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft hat (BAG 22.09.2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 20; KR-Gallner/Vannucchi, 14. Auflage 2025, § 173 SGB IX Rn. 16).

    Bereits in seiner hierzu grundlegenden Entscheidung aus 1978 (BAG 23.02.1978 - 2 AZR 462/76 - Rn. 40 ff.) hat das Bundesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der zeitlichen Begrenzung der Kündigungsbefugnis des Arbeitgebers - etwa aus § 626 Abs. 2 BGB - auf der Arbeitnehmerseite die Befristung der gerichtlichen Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz entspricht. Der Gesetzgeber hat dem Arbeitnehmer zur Geltendmachung des dem Arbeitgeber bekannten allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz eine Frist von drei Wochen eingeräumt, innerhalb derer der Arbeitgeber stets damit rechnen kann und muss, dass seine Kündigung vom Arbeitnehmer als rechtsunwirksam angegriffen wird. Ein noch größeres Bedürfnis für eine schnelle Klärung der Rechtslage besteht dann, wenn der Arbeitnehmer sich auf einen dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung noch unbekannten besonderen Kündigungsschutz berufen kann. Das hat der Gesetzgeber im Mutterschutzgesetz erkannt und in § 9 Abs.1 MuSchG (heute § 17 Abs. 1 MuSchG) geregelt. So ist die Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin, sofern dem Arbeitgeber deren Schwangerschaft zur Zeit der Kündigung unbekannt war, dann unzulässig, wenn ihm die Schwangerschaft binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Im Unterschied zu § 9 Abs. 1 MuSchG (heute § 17 Abs. 1 MuSchG) enthalten die §§ 12 ff. SchwbG (heute §§ 168 ff. SGB IX) zwar keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung des besonderen Kündigungsschutzes des Schwerbehinderten. Da es sich bei dem Schwerbehindertenschutz aber um einen Teilbereich des Kündigungsschutzrechtes handelt, für den die genannten allgemeinen Rechtsgedanken weder ausdrücklich noch vom Sinn und Zweck des Schutzes her ausgeschlossen sind und bei dem die gleiche Interessenlage besteht, ist auch ein Schwerbehinderter gehalten, sich innerhalb einer angemessenen Frist nach der Kündigung auf seinen dem Arbeitgeber bislang unbekannten besonderen Kündigungsschutz zu berufen. Nach dem Bundesarbeitsgericht steht der Anwendung dieser allgemeinen Rechtsgrundsätze auch auf den Kündigungsschutz der Schwerbehinderten nicht entgegen, dass das Schwerbehindertengesetz (heute das SGB IX) dem Arbeitnehmer keine gegenüber dem Arbeitgeber zu erfüllende Pflicht auferlegt, seine Schwerbehinderteneigenschaft mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen. Auch durch die nach Ausspruch der Kündigung erforderliche rechtzeitige Berufung auf den besonderen Kündigungsschutz erfüllt der Schwerbehinderte keine Rechtspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Es steht dem Arbeitnehmer frei, die Kündigung nur auf ihre sachliche Berechtigung überprüfen zu lassen und die Vorteile, die der besondere Kündigungsschutz für ihn bringt, ungenutzt zu lassen. Wenn er sich aber entschließt, den besonderen Kündigungsschutz in Anspruch zu nehmen, muss er den Arbeitgeber auf die festgestellte oder mögliche Schwerbehinderteneigenschaft hinweisen. Diese Mitteilung ist - ebenso wie etwa die nach § 9 MuSchG (heute § 17 MuSchG) oder die Anzeige nach § 149 BGB - ein im eigenen Interesse des Schwerbehinderten liegendes Gebot.

    Diese Erwägungen lassen sich auf die Fallgestaltung des besonderen Kündigungsschutzes als Vorfeldinitiator nach § 15 Abs. 3b KSchG übertragen. Auch hier kommt der Arbeitnehmer in den Genuss des Sonderkündigungsschutzes, wenn er entsprechende Vorbereitungshandlungen vornimmt. Eine Kenntnis des Arbeitgebers von diesen Vorbereitungshandlungen ist nicht erforderlich. Gleichzeitig ist das fristgebundene Kündigungsschutzverfahren darauf ausgerichtet, möglichst schnell Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses zu schaffen. Hinzu kommt die zeitliche Befristung des Sonderkündigungsschutzes aus § 15 Abs. 3b KSchG. Nach Ablauf von drei Monaten ist der Arbeitnehmer nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr schutzwürdig. Einen über drei Monate andauernden Schutz kann der Arbeitnehmer nur dann erlangen, wenn er entweder weitere Vorbereitungshandlungen vornimmt oder weitere Schritte einleitet, etwa zu entsprechenden Betriebsversammlungen einlädt, einen Wahlvorstand bestimmt etc. Denn dann schließt sich der Sonderkündigungsschutz aus § 15 Abs. 3a KSchG an.

    Aus diesem Grund ist auch für Vorfeldinitiatoren eine Mitteilungsobliegenheit nach Ausspruch einer (personen- oder verhaltensbedingten) Kündigung zu bejahen. In Anlehnung an die zuvor zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch ist die Frist bei der Mitteilung der Umstände, die den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG auslösen, bei drei Wochen nach Zugang der Kündigung anzusetzen (ebenso, allerdings mit einer Frist von zwei Wochen: Sura DB 2024, 3032, 3036; ohne konkrete Frist, im Ergebnis aber auch für einen Verwirkungstatbestand in Übertragung der Grundsätze des BAG: Reinhartz NZA-RR 2021, 457, 470).

    Aus Sicht der Kammer stellt die Mitteilungsobliegenheit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen Positionen dar. Gerade weil der Gesetzgeber ein weites Verständnis der Vorbereitungshandlungen zugrunde legt und eine Kenntnis des Arbeitgebers für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutztatbestandes nicht erforderlich ist, muss als Korrektiv eine entsprechende Offenbarungsobliegenheit des Arbeitnehmers angenommen werden. Nur so erhält ein Arbeitgeber, der keine Kenntnis von dem Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes hatte, die Möglichkeit, nach Ablauf von drei Monaten gegenüber einem in der reinen Vorbereitungsphase steckengebliebenen Vorfeldinitiator erneut eine Kündigung aussprechen zu können. Ein anderes Verständnis würde sonst dazu führen, dass sich der vom Gesetzgeber bewusst zeitlich befristet ausgestaltete Kündigungsschutz bei einem unter Umständen Jahre andauernden Kündigungsschutzprozess wegen § 6 KSchG faktisch auf mehrere Jahre ausdehnen könnte.

    Die Vergleichbarkeit der Interessenlagen scheitert entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht daran, dass im Falle einer Schwerbehinderung eine behördliche Genehmigung eingeholt werden muss, wohingegen § 15 Abs. 3b KSchG einen zeitlich befristeten Schutz vor ordentlichen Kündigungen vorsieht. Vergleichbar sind die Situationen nicht wegen der Ausgestaltung des besonderen Kündigungsschutzes, sondern wegen des Umstands, dass dem Arbeitgeber in beiden Fällen die zum Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes führenden Umstände typischerweise nicht bekannt sind.

    cc) Vorliegend hat die Klägerin in Anwendung der zuvor dargestellten Grundsätze den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG verwirkt. Denn eine Kenntnis der Beklagten von den den besonderen Kündigungsschutz bedingenden Umständen war nicht gegeben. Und die Klägerin hat der Beklagten hierüber nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Mitteilung gemacht.

    (1) Die Beklagte hatte keine Kenntnis von den Umständen, die zu der Stellung der Klägerin als Vorfeldinitiatorin im Sinne des § 15 Abs. 3b KSchG geführt haben.

    Zwar mag die Beklagte durch die Mitarbeiterin R.......... von der Absicht der Klägerin, mit den anderen Arbeitnehmern Möglichkeiten für eine Betriebsratswahl zu eruieren, erfahren haben. Der Inhalt des Antwortschreibens vom 07.09.2022 legt nahe, dass der Beklagten nicht nur die Tatsache der Kontaktaufnahme der Kollegin R........... durch die Klägerin bekannt war, sondern der Beklagten auch das entsprechende Schreiben der Klägerin vom 01.09.2022 zur Kenntnis gebracht worden war. Die mit dem Schreiben vom 01.09.2022 dokumentierte Absicht, zur Wahl eines Betriebsrats Tätigkeiten zu entfalten, ist jedoch nur eine der Voraussetzungen für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes. Die weitere Voraussetzung, die notarielle Erklärung, war der Beklagten nicht bekannt. Dies hat die Klägerseite im Termin zur mündlichen Verhandlung zweiter Instanz auf Befragen der Kammer noch einmal klargestellt. Damit waren der Beklagten nicht sämtliche Umstände bekannt, die gemäß § 15 Abs. 3b KSchG zeitlich befristet den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung unwirksam machten.

    (2) Entgegen der Auffassung der Klägerin erfüllt der vorsorgliche Hinweis auf § 15 KSchG in der Klageschrift die Anforderungen an eine Mitteilung über den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG nicht.

    Zum einen zitiert die Klägerin mit "§ 15 KSchG" eine Norm mit mehreren Absätzen und Sonderkündigungsschutztatbeständen. Zum anderen rügt sie das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes auch nur "vorsorglich". Zuletzt findet sich in der Klageschrift kein Sachvortrag, der das Eingreifen eines Sonderkündigungsschutztatbestandes aus § 15 KSchG nahelegt. Erst mit Schriftsatz vom 19.01.2024, rund 15 Monate nach Erhebung der Kündigungsschutzklage, hat sich die Klägerin konkret auf § 15 Abs. 3b KSchG berufen und die diesbezüglichen Voraussetzungen dargestellt.

    Der Beklagten ist auch darin Recht zu geben, dass der Hinweis auf § 15 KSchG in der Klageschrift von ihr allenfalls dahingehend verstanden werden konnte, dass sich die Klägerin womöglich auf einen nachwirkenden Kündigungsschutz wegen ihres ursprünglich beim L............. T............ e.V. innegehabten Betriebsratsamts berufen möchte.

    dd) § 6 KSchG steht der Annahme einer innerhalb von drei Wochen zu erfüllenden Mitteilungsobliegenheit hinsichtlich des Eingreifens des Sonderkündigungsschutzes nicht entgegen.

    Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass § 6 KSchG prozessual bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz das Einführen weiterer Unwirksamkeitsgründe zulässt. Hierzu ist anerkannt, dass § 6 KSchG nicht nur die Erweiterung der aus anderen Gründen erhobenen Klage auf die Feststellung der Sozialwidrigkeit der Kündigung ermöglicht, sondern gleichzeitig die Möglichkeit des Arbeitnehmers beschränkt, nach Ablauf der Klagefrist weitere Unwirksamkeitsgründe nachzuschieben (BAG 20.01.2016 - 6 AZR 601/14 - Rn. 14; BAG 08.11.2007 - 2 AZR 314/06 - Juris Rn. 16). Bei § 6 KSchG handelt es sich jedoch nur um eine (prozessual wirkende) Ausweitung der nach § 4 KSchG auf drei Wochen begrenzten Anrufungsfrist. Und § 6 KSchG trifft keine Aussage dazu, ob materiell-rechtlich das Berufen auf einen Unwirksamkeitsgrund noch möglich ist. § 6 KSchG schließt andere Beschränkungen der Geltendmachung von Unwirksamkeitsgründen - etwa durch eine materiell-rechtlich wirkende Verwirkung - gerade nicht aus. Und bei dem dargestellten Verwirkungstatbestand des Berufens auf § 15 Abs. 3b KSchG handelt es sich - wie im Fall der Verwirkung des Schutzes aus § 168 SGB IX - um einen materiell-rechtlichen Einwand.

    Das gefundene Ergebnis deckt sich mit den Fällen der Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch. Auch dort tritt mit der Versäumung der Frist eine materiell-rechtliche Verwirkung des besonderen Kündigungsschutzes des Schwerbehinderten wegen Zeitablaufs ein (vgl. BAG 23.02.1978 - 2 AZR 462/76 - Rn. 47). Auch das Bundesarbeitsgericht nimmt die Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes in diesen Fällen nach Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung an, obwohl auch dort gemäß § 6 KSchG das Berufen auf den Sonderkündigungsschutz prozessual noch möglich wäre.

    2. Die Kündigung scheitert nicht an der fehlenden Bestandskraft des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes gemäß § 168 SGB IX.

    Zwar hat die Klägerin gegen die erteilte Zustimmung Widerspruch und Klage eingereicht. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren war zum Zeitpunkt der Entscheidung der hiesigen Berufungskammer auch noch nicht abgeschlossen. Allerdings entfaltet die durch das Integrationsamt einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung - vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit - so lange Wirksamkeit, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist (BAG 24.08.2023 - 2 AZR 18/23 - Rn. 15; BAG 22.07.2021 - 2 AZR 193/21 - Rn. 16).

    Wegen des im Arbeitsgerichtsprozess geltenden Beschleunigungsgrundsatzes, der im besonderen Maße für das Kündigungsschutzverfahren gilt, war es auch nicht angezeigt, das Verfahren auszusetzen. Vielmehr ist der klagende Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Wiederaufnahme nach §§ 578, 580 ZPO zu verweisen, falls die Zustimmung des Integrationsamts im Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird.

    3. Die Kündigung ist nicht wegen einer tariflichen ordentlichen Unkündbarkeit unwirksam. Hierauf hatte sich die Klägerin erstinstanzlich noch berufen.

    Eine Tarifbindung der Parteien ist nicht ersichtlich. Und der Arbeitsvertrag enthält ausdrücklich den Hinweis, dass der TV-L über die im Arbeitsvertrag enthaltenen konkreten Bezugnahmen hinaus keine Anwendung finden soll.

    4. Auf das Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes kann sich die Klägerin nicht berufen, da die Klägerin in einem sogenannten "Kleinbetrieb" im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt ist.

    a) In ihrem Betrieb beschäftigt die Beklagte einschließlich der Klägerin nur fünf Arbeitnehmer.

    b) Erfolglos beruft sich die Klägerin auf einen Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten mit dem L............. T............ e.V. Ihr ist es nicht gelungen, die Voraussetzungen hierfür dazutun.

    aa) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen zu arbeitstechnischen Zwecken zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht (BAG 20.05.2021 - 2 AZR 560/20 - Rn. 13; BAG 27. Juni 2019 - 2 AZR 38/19 - Rn. 14). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Kündigungszeitpunkt ein gemeinsamer Betrieb bestanden hat, trägt der Arbeitnehmer (BAG 20.05.2021 - 2 AZR 560/20 - Rn. 14; BAG 24.10.2013 - 2 AZR 1057/12 - Rn. 52).

    bb) Der Umstand, dass die Beklagte eine 100%ige Tochter des L............. T............ e.V. ist, reicht wie aufgezeigt für die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes nicht aus. Denn eine rein unternehmerische Zusammenarbeit genügt gerade nicht. Ebenso wenig reicht die Vermietung von Räumlichkeiten oder die Nutzung einzelner Betriebsmittel aus. Vielmehr hätte es auf Klägerseite der Darlegung bedurft, dass eine einheitliche Leitung vorliegt oder jedenfalls relevante personelle Entscheidungen von einem einheitlichen Leitungsapparat aus getroffen werden. Einen solchen Vortrag hat die Klägerin nicht gehalten. Im Gegenteil hat auch die Klägerin dargestellt, dass ihr gegenüber der Geschäftsführer der Beklagten weisungsbefugt war. Dass dieser ggf. auch weitere Funktionen beim L....................... e.V. wahrzunehmen hat(te), ist aus Sicht der erkennenden Kammer nicht entscheidend. Der bloße Umstand, dass Räumlichkeiten oder einzelne Sachmittel des L.................... auch von Mitarbeitern der verbundenen Unternehmen genutzt werden dürfen, reicht nicht.

    5. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht etwa deshalb unverhältnismäßig, weil die Beklagte ein Präventionsverfahren gemäß § 167 SGB IX nicht durchgeführt hat.

    Die Anwendbarkeit des § 167 Abs. 1 SGB IX außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes - insbesondere während der sechsmonatigen Wartezeit - ist umstritten (gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens BAG 21.04.2016 - 8 AZR 402/14; Thüringer LAG 04.06.2024 - 1 Sa 201/23 - Juris; für eine Pflicht auch in der Wartezeit LAG Köln 12.09.2024 - 6 SLa 76/24 - Juris).

    Aus Sicht der Kammer kann unterstellt werden, dass § 167 Abs. 1 SGB IX auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes zur Anwendung kommt. Denn eine etwaige hieraus folgende Vermutung einer die Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligenden Kündigung wäre vorliegend widerlegt.

    Die von der Beklagten angeführten Gründe, die zu dem Ausspruch der Kündigung geführt haben, stehen mit der Schwerbehinderung der Klägerin nicht im Zusammenhang. Vielmehr sind die Gründe im Verhalten der Klägerin angelegt. Die Beklagte ist mit der Arbeitsweise der Klägerin, ihrem Umgang mit Weisungen der Geschäftsführung sowie auch mit dem Verhalten der Klägerin in der Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen nicht zufrieden. Diese Unzufriedenheit hat die Beklagte auch durch den Ausspruch von vorherigen Abmahnungen dokumentiert. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Störfaktoren mit der Schwerbehinderung der Klägerin im Zusammenhang stünden. Bereits dies widerlegt die Vermutung, dass die Schwerbehinderung Motiv für den Ausspruch der Kündigung war.

    Nach Auffassung der Kammer spricht auch das durchgeführte Verfahren beim Integrationsamt gemäß § 168 SGB IX gegen eine Diskriminierung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung. Die Beklagte hat im Antragsbogen gegenüber dem Integrationsamt angegeben, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht erfolgt sei und entsprechende Umsetzungen nicht geprüft worden seien. Wenn das Integrationsamt der Auffassung gewesen wäre, dass vor Einleiten des Zustimmungsverfahrens beim Integrationsamt das Durchlaufen eines Präventionsverfahrens unter seiner Mitwirkung erforderlich gewesen wäre, hätte es hierauf hinweisen müssen. Weitere Beteiligte eines Präventionsverfahrens gemäß § 167 Abs. 1 SGB IX - z.B. ein Betriebsrat oder eine Schwerbehindertenvertretung - gab und gibt es im Betrieb der Beklagten nicht. Das Integrationsamt hat angesichts des vorgetragenen Sachverhalts selbst ausgeführt, dass aufgrund der geringen Anzahl der Mitarbeiter und der Probleme der Kollegen im Umgang mit der Klägerin eine Umsetzung keine Option dargestellt hätte, um das Arbeitsverhältnis dauerhaft aufrechterhalten zu können. Nach Auffassung des Integrationsamts war der Beklagten eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten. Auch nach Auffassung der Kammer erscheint es daher mehr als fraglich, dass ein Präventionsverfahren gemäß § 167 Abs. 1 SGB IX unter Einschaltung des Integrationsamtes zu einer Vermeidung der ausgesprochenen Kündigung geführt hätte.

    6. Der Verweis der Klägerin auf § 242 BGB verfängt nicht.

    Zwar hat auch eine Kündigung außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes ein Mindestmaß an Anforderungen zu erfüllen. Die Überprüfung einer Kündigung im Kleinbetrieb beschränkt sich jedoch auf eine Willkürkontrolle:

    Der Grundsatz von Treu und Glauben in § 242 BGB bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Rechtsausübung ist wegen der darin liegenden Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen. Die Vorschrift des § 242 BGB ist aber auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht. Eine Kündigung verstößt deshalb nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind (BAG 05.12.2019 - 2 AZR 107/19 - Rn. 12; BAG 22.04.2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 41). Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen (BAG 05.12.2019 - 2 AZR 107/19 - Rn. 13 mwN). Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes reicht es daher aus, dass der Arbeitgeber einen nachvollziehbaren Grund für den Ausspruch der Kündigung anführen kann.

    Mit der Beklagten und mit dem Integrationsamt ist auch die erkennende Kammer der Auffassung, dass mit den von ihr angeführten internen und externen Beschwerden, den Schwierigkeiten im Kollegenkreis sowie den erfolglos ausgesprochenen Abmahnungen ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, den Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung als nachvollziehbar erscheinen zu lassen. Die verhaltensbedingten Gründe, die nicht die Anforderungen des § 1 Abs. 2 KSchG erfüllen müssen, führen dazu, dass die streitgegenständliche Kündigung sich nicht als willkürlich oder unverhältnismäßig darstellt.

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

    IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

    Die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes bei einer Schwerbehinderung auf die Fallgestaltungen des Sonderkündigungsschutzes als Vorfeldinitiator gemäß § 15 Abs. 3b KSchG übertragbar sind, ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bislang ungeklärt.

    KloseCatterfeldBecker

    Verkündet am 22.01.2025

    Vorschriften§ 22 BAT, § 15 KSchG, § 242 BGB, § 15 Abs. 3b KSchG, § 167 Abs. 1 SGB IX, § 168 SGB IX, § 4 KSchG, § 6 KSchG, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 Abs. 3 ZPO, § 17 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG, § 626 Abs. 2 BGB, § 9 Abs.1 MuSchG, § 17 Abs. 1 MuSchG, § 9 Abs. 1 MuSchG, §§ 168 ff. SGB IX, § 9 MuSchG, § 17 MuSchG, § 149 BGB, § 15 Abs. 3a KSchG, §§ 578, 580 ZPO, § 23 Abs. 1 KSchG, § 167 SGB IX, § 1 KSchG, § 1 Abs. 2 KSchG, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG