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  • · Fachbeitrag · Rechtsschutzversicherung

    Diese Folgen hat ein Kostenzugeständnis des VN bei einer außergerichtlichen Einigung

    von RA Dr. Friedrich Bultmann, Berlin

    Ein für das Eingreifen von § 5 Abs. 3 b) ARB 94 erforderliches Kostenzugeständnis des VN liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung Kostenaufhebung vereinbart wird und ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner nicht bestand (BGH 19.12.12, IV ZR 213/11, Abruf-Nr. 130301).

    Sachverhalt

    Die beklage VN unterhält beim VR eine Rechtsschutzversicherung. Dem Vertrag liegen die ARB 94 zugrunde, u.a. ist folgende Klausel enthalten:

     

    • § 5 Abs. 3 b) ARB 94

    „Der VR trägt nicht Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom VN angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

    Die VN wollte erreichen, dass ihre Bausparkasse ein Bauspardarlehen von 28.000 EUR auszahlte. Der VR erteilte eine Deckungszusage zur Durchsetzung dieses Anspruchs und leistete einen Vorschuss. Noch vor Klageerhebung erreichte die VN als einvernehmliche Lösung die Auszahlung eines Zwischendarlehens von 18.000 EUR. Der VR ist der Auffassung, dass er unter Berufung auf die vorstehende Klausel lediglich 37,5 Prozent der angefallenen Rechtsanwaltsgebühren zu tragen habe. Daher forderte er unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Rückzahlung des Differenzbetrags der erbrachten Versicherungsleistung. Das AG hat der Klage stattgegeben. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Revision des VR hatte keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klausel in § 5 Abs. 3 b) ARB 94 sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.

     

    Der Senat hält zunächst unter Bezugnahme auf seine vorangegangenen Entscheidungen vom 25.5.11 (IV ZR 59/09, VersR 11, 1005) und 25.1.06 (IV ZR 207/04, Vers 06, 404) fest, dass die Klausel auch außergerichtliche Vergleiche erfasst. Sie greift aber mangels eines zweckwidrigen Kostenzugeständnisses nicht ein. Mit der Klausel soll verhindert werden, dass der VN bei den Verhandlungen über eine Einigung Zugeständnisse im Kostenpunkt zulasten des Rechtsschutz-VR macht, um vom Gegner weitere Zugeständnisse in der Hauptsache zu erhalten.

     

    Im Vergleich mit der Bausparkasse liegt eine zumindest konkludente Kostenaufhebung. Darin ist aber kein Kostenzugeständnis zu sehen, weil der VN kein materieller Kostenerstattungsanspruch zustand. Außerhalb eines Gerichtsverfahrens mit der prozessualen Kostenpflicht nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO setzt ein Kostenerstattungsanspruch einen besonderen Rechtsgrund voraus. Neben den Fällen, in denen die entstandenen Kosten Teil eines zuvor begründeten Schadenersatzanspruchs sein können, kommt hierfür insbesondere Verzug in Betracht. Ein Kostenzugeständnis zulasten des VR läge nur vor, wenn ein solcher materieller Anspruch ganz oder teilweise aufgegeben wird. Kann vom Gegner keine Kostenerstattung verlangt werden, wäre das Leistungsversprechen aus § 1 ARB 94 entwertet, wenn die Durchsetzung des Anspruchs, für den Deckungsschutz besteht, auch den Anspruch gegen den Rechtsschutz-VR entfallen ließe. Vorliegend kommt hinzu, dass der Vergleich zur Gewährung eines Zwischenkredits auch keine Quotenbildung in Bezug auf den zuvor verfolgten Anspruch auf Auszahlung eines Bauspardarlehens zulässt. Die VN hat anstelle des Bauspardarlehens eine andere Leistung erhalten, die nicht nur der Darlehenshöhe nach ungünstiger ausgefallen ist.

     

    Praxishinweis

    Mit den drei grundlegenden Entscheidungen des BGH zur Kostenübernahme bei Vergleichsquoten (25.1.06, IV ZR 207/04, VersR 06, 404; 25.5.11, IV ZR 59/09, VersR 11, 1005 und der hier vorliegenden) sind nunmehr folgende Grundsätze als geklärt anzusehen:

     

    • Die Klausel gilt nicht nur für gerichtliche, sondern auch für außergerichtliche Vergleiche.
    • Enthält der Vergleich keine Kostenregelung, ist konkludent von einer Kostenaufhebung auszugehen.
    • Die Klausel ist nur anwendbar, sofern der VN einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung hat bei außergerichtlichen Vergleichen.

     

    Besteht Unsicherheit darüber, ob bei einem außergerichtlichen Vergleich ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht, sollte ebenso wie bei Gerichtsvergleichen ohne ausdrückliche Kostenregelung die der Obsiegensquote entspricht, auf eine Abfindungsklausel mit dem Inhalt, dass durch den Vergleich alle beiderseitigen Ansprüche erledigt sind, verzichtet werden.

     

    Kann bei einem gerichtlichen Vergleich keine Einigung über die Kostenquote entsprechend dem Obsiegen oder Unterliegen erzielt werden, sollte die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen werden. Bei Vereinbarung einer Quote, die nicht dem Obsiegen oder Unterliegen entspricht, sollte der Vergleich stets unter Widerrufsvorbehalt geschlossen werden, um eine Zustimmung des Rechtsschutz-VR einzuholen. Hat der VN bei einem außergerichtlichen Vergleich einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, kann er für dessen Durchsetzung ggf. Deckungsschutz von seinem Rechtsschutz-VR erhalten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Kostentragung beim außergerichtlichen Vergleich und Verjährung des Leistungsanspruchs: BGH VK 06, 68
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 53 | ID 38122280