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  • 26.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131960

    Landgericht Berlin: Urteil vom 05.12.2012 – 23 O 438/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit

    der Frau Dr. _,
    _ Berlin,

    Klägerin,

    - Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt _,
    _ Berlin,-

    g e g e n

    den _ VVaG,
    vertreten d.d. Vorstandsvorsitzenden _ und d. Vorstandsmitgl. _,
    _ Neuharlingersiel,

    Beklagten,

    - Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte _ _ _ Dr. _ _,
    _ Esens,-

    hat die Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin in Berlin - Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 24.10.2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. _, die Richterin am Landgericht _ und den Richter am Landgericht _

    für Recht erkannt:

    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

    a) 5.938,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
    24. Januar 2011 sowie
    b) 718,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
    13. Januar 2012 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 40 % und der Beklagte 60 %.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor seiner Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, versicherungsvertraglichen Schadenersatz auf Grund eines Einbruchdiebstahls in den zur Wohnung der Klägerin und ihre Mannes gehörenden Kellerverschlag.

    Die Klägerin unterhält bei dem Beklagten für ihre in einem Mehrfamilienaltbau gelegene, 94 qm große Wohnung in der _ in Berlin-_ eine Hausratversicherung mit einer Versicherungssumme von 30.000,- EUR (Versicherungsschein, vgl. Anlage K7), inklusive Vorsorge von 34.100,- EUR, der neben den Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen VHB 2008 (Anlage K1) auch die Besonderen Bedingungen des Beklagten für die Hausratversicherung “_” (Anlage K6) zu Grunde liegen. In § 34 Nr. 1 b) VHB 2008 heißt es wörtlich:

    “Führt der Versicherungsnehmer den Schaden grob fahrlässig herbei, so ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.”

    § 29 der _” lautet unter der Überschrift “Mitversicherung der groben Fahrlässigkeit” wie folgt:
    “1. Abweichend von § 34 Nr. 1 b VHB 2008 leistet der Versicherer auch vollen Ersatz für Schäden bis 10.000
    EUR, die der Versicherungsnehmer grob fahrlässig durch positives Tun oder Unterlassen herbeigeführt hat.
    2. Soweit bei einem Versicherungsfall der Schaden den in Nr. 1 aufgeführten Betrag übersteigt, findet § 34 Nr. 1
    b VHB 2008 Anwendung.”

    Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 08. und dem 28. November 2010 brachen unbekannte Täter in den mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kellerverschlag (Holzlattenverschlag) der Klägerin und ihres Ehemannes ein, indem sie den Koben mit einem Schneidewerkzeug zerschnitten, und stahlen aus dem Kellerverschlag die aus Bl. 2-4 d.A. ersichtlichen Tauchausrüstungsgegenstände (Taucherjacken, -anzüge, Lungenautomatensets, Flossen, Füßlinge, Masken, Schnorchel etc.), deren Neuwert die Klägerin mit insgesamt 14.831,- EUR behauptet.

    Der Kellerbereich ist dabei vom Innenhof durch eine Metalltür abgetrennt. Auf den Innenhof gelangt man (Eckhaus) entweder über den Hauseingang des Hauses _ oder über den Hauseingang des Hauses _. In die mit 30.000,- EUR bestimmte Versicherungssumme ist der Wert der Tauchausrüstung nicht mit eingeflossen.

    Am 28. November 2010 entdeckte der Ehemann der Klägerin den Einbruchdiebstahl und meldete ihn noch am selben Tag gegenüber der Polizei. Die detaillierte Stehlgutliste reichte er mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 (BA Bl. 24-27), bei der Polizei am 03. Januar 2011 eingegangen, nach.

    Vorprozessual zahlte der Beklagte zwei Mal 2.500,- EUR (insgesamt 5.000,- EUR), lehnte weitere Zahlungen ab und berief sich hierzu auf eine Obliegenheitsverletzung wegen verspäteter Einreichung der Stehlgutliste sowie auf grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles wegen Lagerung der wertvollen Tauchausrüstung im Keller.

    Die Klägerin meint, sie habe Anspruch auf ungeminderte Zahlung des restlichen Schadenbetrages (14.831,- EUR – 5.000,- EUR = 9.831,- EUR) und behauptet, dass die unstreitig entwendeten Gegenstände der Tauchausrüstung die auf den Seiten 2 bis 4 der Klageschrift aufgeführten Neuwerte (insgesamt 14.831,- EUR) hätten. Sie macht ferner vorgerichtliche Anwaltskosten als Verzugsschaden geltend.

    Sie beantragt mit ihrer am 12. Januar 2012 zugestellten Klage,

    den Beklagten zu verurteilen, an sie

    a) 9.831,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis-
    zinssatz seit dem 24. Januar 2011, und
    b) weitere 1.025,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
    Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er beruft sich auf Leistungskürzungsrechte wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles und wegen verspäteter Einreichung einer Stehlgutliste gegenüber der Polizei sowie auf den Einwand der Unterversicherung, wobei im Hinblick auf den zuletzt genannten Einwand auf Seite 4 der Klageerwiderung (Bl. 22 d.A.) Bezug genommen wird.

    Im Termin vom 24. Oktober 2012 hat die Kammer die aus der Sitzungsniederschrift vom selben Tage (Bl. 41 d.A.) ersichtlichen Hinweise erteilt, ohne dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hierzu eine Erklärungsfrist beantragt hätte. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 05. November 2012 (Bl. 44-45 d.A.) hat der Beklagte sodann erstmals das Abhandenkommen der streitgegenständlichen Taucherausrüstungsgegenstände bestritten.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage hat wegen einer Hauptforderung in Höhe von 5.938,53 EUR nebst anteiligen Zinsen sowie in Höhe vorgerichtlicher Anwaltskosten von 718,40 EUR nebst anteiligen Zinsen auch in der Sache Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet und abzuweisen.

    A. Antrag zu a)

    Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten gemäß § 1 S. 1 VVG in Verbindung mit §§ 1 Nr. 1 b), 3 Nr. 1a), Nr. 2a), 9 Nr. 1a) VHB 2008 ein Anspruch auf Entschädigung für die durch den unstreitigen Einbruch in den Kellerverschlag der Klägerin abhanden gekommenen Tauchausrüstungsgegenstände in Höhe von noch 5.938,53 EUR zu. Von dem insgesamt von der Klägerin behaupteten Schadensumfang von 14.831,- EUR sind dabei neben den bereits vorprozessual erstatteten 5.000,- EUR weitere Abzüge zu machen: So führt der von dem Beklagten geltend gemachte Unterversicherungseinwand zur Kürzung des Entschädigungsbetrages von 14.831,- EUR auf 11.877,06 EUR. Wegen des von dem Beklagten darüber hinaus geltend gemachten Einwandes des grob fahrlässig herbeigeführten Schadens ist die geschuldete Entschädigung um weitere 938,53 EUR (<11.877,06 EUR - 10.000,00 EUR> x 50 %) zu kürzen, so dass eine begründete Klageforderung von (10.938,53 EUR - 5.000,- EUR =) 5.938,53 EUR verbleibt. Weitere Abzüge muss sich die Klägerin dagegen nicht anrechnen lassen. Im Einzelnen:

    I.
    Ein Versicherungsfall im Sinne der §§ 1 Nr. 1b), 3 Nr. 1a), Nr. 2a VHB 2008 ist eingetreten. Denn der Beklagte hat auf Seite 1 seiner Klageerwiderung vom 20. Januar 2012 (Bl. 19 d.A.) ausdrücklich unstreitig gestellt, “dass es vor dem 28.11.2010 zu einem Einbruch in den Kellerraum kam, wobei die Diebe vor allem Tauchutensilien entwendet haben.”

    II.
    Es ist auch von einem insgesamt eingetretenen Neuwertschaden (§ 9 Nr. 1a) VHB 2008) in Höhe von 14.831,- EUR auszugehen.

    a) Dabei ist zunächst der Vortrag der Klägerin zum Umfang des Stehlgutes auf den Seiten 2-4 der Klageschrift der Entscheidung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu Grunde zu legen. Denn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hatte der Beklagte zwar die Richtigkeit der Neuwertangaben der Klägerin bestritten, nicht aber das Abhandenkommen der in der Klageschrift aufgeführten Einzelgegenstände der Tauchausrüstung. Ein entsprechendes Bestreiten ist erstmals mit dem Vergleichswiderrufsschriftsatz vom 05. November 2012 in den Rechtsstreit eingeführt worden, dies allerdings nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit der Folge, dass das entsprechende Bestreiten gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt zu bleiben hat, zumal ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich ist.

    b) Infolge eines unsubstanziierten Bestreitens durch die Beklagte ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO auch von der Richtigkeit der auf den Seiten 2 bis 4 der Klageschrift enthaltenen Neuwertangaben der Klägerin auszugehen. Denn da die einzelnen Ausrüstungsgegenstände von der Klägerin mit Hersteller- und Typenbezeichnung sowie überwiegend auch mit dem Kaufdatum sehr genau beschrieben sind, hätte es dem Beklagten als Sachversicherer oblegen, sein Bestreiten zu konkretisieren und genau mitzuteilen, welche Neuwertangaben im Einzelnen bestritten werden und welcher abweichende Neuwert zutreffend sei. Das gilt umso mehr, als sich - anders als noch vor Jahren - per Internet Neupreise für diverse Waren und Hausratgegenstände, insbesondere auch für (Tauch-) Sportartikel ohne große Mühe ermitteln lassen. Hierauf hat die Kammer den Beklagten im Termin vom 24. Oktober 2012 ausdrücklich hingewiesen, ohne dass dieser eine Erklärungsfrist begehrt hätte, weshalb ihm auch durch Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht mehr die Möglichkeit gegeben werden muss, sein nur pauschales und substanzloses Wertbestreiten zu konkretisieren.

    c) Die Frage, ob die einzelnen Tauchausrüstungsgegenstände im Eigentum der Klägerin standen oder nicht, ist wegen § 6 Nr. 2 c) dd) VHB 2008 unerheblich, da auch fremdes Eigentum versichert ist.

    III.
    Entgegen der Ansicht des Beklagten muss sich die Klägerin von ihrem Schaden auch nicht gemäß § 26 Nr. 2 a) ff), Nr. 3 VHB 2008 wegen einer Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung einer Stehlgutliste bei der Polizei einen Abzug gefallen lassen, und zwar selbst dann nicht, wenn man zu Gunsten des Beklagten einen entsprechenden Obliegenheitsverstoß unterstellt.
    Denn gemäß § 26 Nr. 3 b) VHB 2008 i.V.m. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG bleibt der Versicherer - außer im hier nicht vorliegenden Fall des arglistigen Obliegenheitsverstoßes - dann zur ungekürzten Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, was sich bereits dem unstreitigen Sachverhalt entnehmen lässt: Denn der Eintritt des Versicherungsfalles ist zwischen den Parteien ebenso unstreitig wie der Umfang des Stehlgutes (s.o. unter II.a)), und aus der von der Kammer beigezogenen Ermittlungsakte lässt sich entnehmen, dass die Polizei bei Eingang der Stehlgutliste keinerlei Maßnahmen der Sachfahndung eingeleitet hat, die geeignet gewesen wären, auch ein etwa zufälliges Widerauffinden des Stehlgutes dem hier streitgegenständlichen Versicherungsfall zuzuordnen. Hat aber die Polizei auf die gut einen Monat nach Entdeckung des Versicherungsfalles eingereichte Stehlgutliste keine Sachfahndung eingeleitet, so steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dies auch im Falle kurzfristiger Einreichung der Liste nicht erfolgt wäre.

    IV.
    Entgegen der noch im Termin vom 24. Oktober 2012 geäußerten Ansicht der Kammer ist die Versicherungsleistung gemäß § 12 Nr. 5 VHB 2008 indes entsprechend dem von dem Beklagten erhobenen Einwand der Unterversicherung zu kürzen, und zwar auf 11.877,06 EUR.

    a) Dabei beruhte der im Termin vom 24. Oktober 2012 gegebene Hinweis, wonach der Unterversicherungseinwand des Beklagten wegen eines Beratungsfehlers keine Auswirkung habe, auf einem erst in der Schlussberatung aufgefallenen Fehlverständnis des Sachvortrags der Klägerin: So hatte die Kammer zunächst den Vortrag der Klägerin auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 06. März 2012 (Bl. 29 d.A.) dahin gehend missverstanden, dass bereits vor Eintritt des hier streitgegenständlichen Versicherungsfalles ein Beauftragter des Beklagten im Rahmen einer Wertermittlung den Versicherungswert des versicherten Hausrates mit ca. 30.000,- EUR ermittelt habe. Tatsächlich jedoch hat die von der Klägerin dort in Bezug genommene Wertermittlung der _ GmbH erst nach dem hier streitgegenständlichen Versicherungsfall vom November 2010 stattgefunden, so dass unter Zugrundelegung des korrekten Sachverhaltes ein Anspruch der Klägerin, sie so zu behandeln, als habe eine Unterversicherung tatsächlich nicht bestanden, nicht in Betracht kommt.

    b) Rechnerisch hat der Beklagte den auf Grund der Unterversicherung gekürzten Entschädigungsbetrag mit 11.877,06 EUR (= 14.831,- EUR x 34.100,- EUR : 42.581,- EUR) gemäß §§ 12 Nr. 5 VHB 2008, 75 VVG zutreffend ermittelt, zumal die Versicherungssumme (34.100,- EUR) den Versicherungswert (42.581,- EUR) im Sinne des § 75 VVG “erheblich”, nämlich um rund 20 %, unterschritt, und ein Verzicht auf den Unterversicherungseinwand nicht vereinbart war.

    c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ändert auch § 29 Ziff. 3 VHB 2008 (Haftung und Entschädigung bei Mehrfachversicherung) nichts an diesem Ergebnis. Denn diese Klausel (in Übereinstimmung mit § 78 VVG) bezweckt für den Fall des Vorliegens einer Mehrfachversicherung nur, den bzw. die Versicherer davor zu bewahren, dass der Versicherungsnehmer auf Grund eines Schadensereignisses eine über seinen tatsächlich erlittenen Schaden hinausgehende Entschädigungsleistung erhält. Die Regelung soll folglich eine Begünstigung des Versicherungsnehmers durch eine bestehende Überversicherung verhindern, nicht aber dem Versicherer den Einwand der Unterversicherung abschneiden. Deshalb liegt es auch neben der Sache, wenn die Klägerin meint, eine Unterversicherung (im Verhältnis zu dem Beklagten) liege deshalb nicht vor, weil ihr Hausrat mit einer Versicherungssumme von 10.000,- EUR auch bei der _ Versicherung AG versichert sei, die Summe der Versicherungssummen aus beiden Verträgen mithin dem Versicherungswert entspreche.

    V.
    Gemäß § 34 Nr. 1 b) VHB 2008 in Verbindung mit § 29 Nr. 2 _ ist die von dem Beklagten zu erbringende Entschädigung von 11.877,06 EUR (s.o. unter IV.) um weitere 938,53 EUR auf 10.938,53 EUR zu kürzen. Denn die Klägerin hat den eingetretenen Schaden grob fahrlässig dadurch herbeigeführt, dass sie die wertvolle Taucherausrüstung im Neuwert von nahezu 15.000,- EUR unter erheblicher Herabsetzung des versicherungsvertraglich vorauszusetzenden Sicherheitsstandards in einem Holzlatten-Kellerverschlag eines Mehrfamilienwohnhauses gelagert hat. Aus diesem Grund ist der Entschädigungsanspruch der Klägerin um 50 % zu kürzen, dies allerdings nur, soweit die Entschädigungsleistung den Betrag von 10.000,- EUR übersteigt, also nur in Höhe von (<11.877,06 EUR - 10.000,- EUR> x 50 % =) 983,53 EUR. Im Einzelnen:

    a) Die Klägerin hat den Schaden im Sinne des § 34 Nr. 1 b) VHB 2008 grob fahrlässig herbeigeführt. Denn ein Versicherungsnehmer, der - wie hier die Klägerin - wertvolle Gegenstände in einem von außen einsehbaren Holzlatten-Kellerverschlag eines Mehrfamilienhauses lagert, setzt den versicherungsvertraglichen zu fordernden Sicherheitsstandard in erheblichem Maße herab, da die Sicherung des Kellerverschlages (Vorhängeschloss) im Verhältnis zur Sicherung einer Wohnungstür deutlich schlechter ausfällt, da weiterhin in einem Mehrfamilienhaus nie sichergestellt werden kann, dass der Zugang zum Kellerbereich stets verschlossen ist, und da schließlich Diebe im Kellerbereich eines Mehrfamilienhauses in aller Regel unbeeinträchtigt und ohne die Gefahr des Entdeckt werdens vorgehen können.

    An der Bejahung der groben Fahrlässigkeit ändert sich auch dadurch nichts, dass die Klägerin nicht lediglich einen einzigen wertvollen Gegenstand im Neuwert von 14.831,- EUR im Keller gelagert hatte, sondern eine Mehrzahl von Tauchausrüstungsgegenständen, die erst in ihrer Summe den Wert von 14.831,- EUR ausmachten. Denn der Gesamtwert ist hier schon deshalb allein maßgeblich, weil es sich bei den Einzelgegenständen lediglich um Teile einer zusammengehörigen Ausrüstung handelte.

    b) Auf ein Kürzungsrecht nach § 34 Nr. 1b) VHB 2008 kann sich der Beklagte jedoch wegen § 29 Nr. 1 und 2 _ nicht wegen eines Schadenbetrages von bis zu 10.000,- EUR berufen, sondern nur, soweit der Schaden 10.000,- EUR übersteigt, vorliegend also nur in Höhe von 1.877,06 EUR.

    Denn aus der Sicht eines durchschnittlichen und um Verständnis des einschlägigen Regelwerkes bemühten aufmerksamen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse kann das Gefüge von § 34 Nr. 1b) VHB 2008 und § 29 _ nur im vorgenannten Sinne verstanden werden.

    Denn da es in § 29 Nr. 2 _ heißt: “Soweit bei einem Versicherungsfall der Schaden den in Nr. 1 aufgeführten Betrag übersteigt,....”, und nicht: “Für den Fall, dass bei einem Versicherungsfall der Schaden den in Nr. 1 aufgeführten Betrag übersteigt,...”, muss ein verständiger durchschnittlicher Versicherungsnehmer zu dem Ergebnis gelangen, dass nach Wortlaut und Systematik der Vertragsbedingungen der Rückgriff auf die Kürzungsmöglichkeit des § 34 Nr. 1 b) VHB 2008 nur für denjenigen Teil des Schadens eröffnet ist, der den Grenzwert von 10.000,- EUR übersteigt, im Übrigen aber ausgeschlossen ist.

    c) Der den Betrag von 10.000,- EUR übersteigende Teil des Schadens / der Entschädigung (hier: 1.877,06 EUR) ist gemäß § 34 Nr. 1b) VHB 2008 um 50 %, mithin um 938,53 EUR, zu kürzen. Denn dies entspricht der Schwere des Verschuldens der Klägerin:

    Bei der Bemessung der vorzunehmenden Leistungskürzung ist danach zu fragen, wie nahe die grobe Fahrlässigkeit beim bedingten Vorsatz oder aber bei der einfachen Fahrlässigkeit lag (vgl. z.B. OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2010 - 5 U 147/10 - Rn. 58, zitiert nach “Juris” unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/3945, S. 80). Die genaue Bestimmung fußt für jeden Einzelfall auf einer Bewertung der konkreten, auf die Schwere des Verschuldens bezogenen Gesamtumstände, wobei Bemessungskriterien vor allem die objektive Bedeutung der Verhaltensvorschrift für die Vermeidung des Risikos, das Gewicht, die Dauer und die Offenkundigkeit des Pflichtverstoßes und die Vorhersehbarkeit seiner Folgen sind, sowie der konkret erforderliche Aufwand zur Risikovermeidung und die Höhe des drohenden Schadens (OLG Saarbrücken, a.a.O.).

    Danach ist hier von einem mittelgradigen grob fahrlässigen Verschulden auszugehen:

    Einerseits erfolgte die Herabsetzung des Sicherheitsstandards ganz offenkundig nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft, obwohl Tauchausrüstungen im Regelfall nicht wöchentlich in Gebrauch sind, sondern nur saisonal urlaubsbedingt, so dass die durch Verbringung der Sachen in die Wohnung entstehende Aufwand überschaubar gewesen wäre; außerdem war der Wert der Ausrüstung mit fast 15.000,- EUR erheblich. Andererseits aber hat die Klägerin - von dem Beklagten unwidersprochen - vorgetragen, dass sämtliche Tauchutensilien in Plastiktaschen und Kisten verpackt gewesen seien, so dass durch den Lattenverschlag nicht erkennbar gewesen ist, was darin gelagert war, was insgesamt eine hälftige Kürzung angemessen erscheinen lässt.

    VI.
    Gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB schuldet die Beklagte infolge der Leistungsablehnung vom 24. Januar 2011 (Anlage K2) seit diesem Zeitpunkt Verzugszinsen im geltend gemachten Umfang auf den begründeten Teil der Klageforderung (5.938,53 EUR).

    B. Antrag zu b)

    Die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten kann die Klägerin von dem Beklagten unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 280, 286 BGB) verlangen, nachdem sich der Beklagte durch seine Leistungsablehnung vom 24. Januar 2011 (Anlage K2) gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB selbst in Schuldnerverzug gesetzt hat.

    Der Höhe nach sind die vorgerichtlichen Kosten indes zu kürzen, weil zum Einen die Klägerin bei der Berechnung der Anwaltskosten einen zu hohen Gegenstandswert zu Grunde legt, und weil zum Anderen der Ansatz eines Mehrvertretungszuschlages unberechtigt ist. Die korrekte und zu erstattende Berechnung sieht daher unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von (10.938,53 EUR (s.o. A.) - 2.305,50 EUR =) 8.633,03 EUR wie folgt aus:

    1,3 fache Geschäftsgebühr: 583,70 EUR
    Auslagenpauschale: 20,00 EUR
    Umsatzsteuer (19 % ): 114,70 EUR
    Summe: 718,40 EUR

    Der hierauf bezogene Zinsanspruch ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

    C.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

    Dr. _ _ _