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  • 20.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123928

    Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 28.08.2012 – 11 U 120/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Brandenburg, 28.08.2012

    11 U 120/11

    In dem Rechtsstreit

    N... S...,

    Beklagten und Berufungsklägerin,

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

    gegen

    Rechtsanwalt ..., handelnd als Insolvenzverwalter

    Kläger und Berufungsbeklagten,

    - Prozessbevollmächtigte: ... Rechtsanwälte Partnerschaft,

    Streithelferin des Klägers:

    I ... a.G.

    Nebenintervenientin,

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

    hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

    den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hütter

    sowie die Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und Jalaß

    mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO,

    in dem Schriftsätze eingereicht werden konnten bis zum 09. August 2012,

    für R e c h t erkannt:
    Tenor:

    I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09. Juni 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 11 O 243/10 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

    II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die durch die Nebenintervention veranlassten Kosten fallen der Streithelferin des Klägers zur Last.

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und seine Streithelferin können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    I. Die Prozessparteien streiten in der Hauptsache darum, ob der Kläger - handelnd als Insolvenzverwalter über das Vermögen des früheren Steuerberaters L... S... (im Folgenden als Gemeinschuldner bezeichnet) - von der Beklagten, dessen Tochter, unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Auskehr der so genannten Rückkaufswerte zweier mit der Streithelferin abgeschlossener Lebensversicherungsverträge in Höhe von insgesamt € 19.148,65 (€ 10.633,46 + € 8.515,19) verlangen kann, die nach der am 20. Mai 2008 vom Amtsgericht Potsdam vorgenommenen Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Ablichtung des Eröffnungsbeschlusses Anlage K1/GA I 12) - infolge Kündigungserklärung und Zahlungsanweisung des Gemeinschuldners vom 27. Juli 2009 (Kopie Anlage K6/GA I 20) ohne Vorlage des Versicherungsscheins - auf ein Konto der Beklagten bei der ... Sparkasse geflossen sind. Die beiden Erklärungen vom 01. Dezember 2003, wonach sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus den Versicherungsverträgen vom Gemeinschuldner an die Beklagte abgetreten sein sollen (Ablichtung Anlage K3/GA I 14 f.) sind der Nebenintervenientin unstreitig nicht angezeigt worden. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

    Vom Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, ist der Zahlungsklage in vollem Umfange aus § 812 Abs. 1 Alt. 2 BGB stattgegeben worden. Zur Begründung hat die Zivilkammer im Kern ausgeführt: Die Rückkaufswerte der beiden Lebensversicherungen gehörten zur Insolvenzmasse; sie seien der Beklagten ohne Rechtsgrund zugeflossen, weil die Abtretungsvereinbarungen - mangels vorheriger Anzeige bei der Streithelferin des Klägers - nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes absolut unwirksam seien. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen verwiesen wird, ist der Beklagten - zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - am 17. Juni 2011 (GA I 60) zugestellt worden. Sie hat am 18. Juli 2011 (GA I 64), einem Montag, mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und Letztere - nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 19. September 2011 (GA I 73) - mit einem an diesem Tage bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht per Telekopie eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 74 ff.).

    Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Darlegungen in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

    Die von der herrschenden Meinung und speziell vom Bundesgerichtshof vertretene Auffassung, wonach eine Abtretung, die ohne Unterrichtung des Versicherers vorgenommen wurde, absolut unwirksam sei, überzeuge nicht. Dem Bedürfnis des Versicherers, vor der Inanspruchnahme durch mehrere Gläubiger geschützt zu werden und das Abrechnungsverfahren übersichtlich zu gestalten, genüge ohne Weiteres eine relative Unwirksamkeit. Der Gefahr mehrfacher Inanspruchnahme des Schuldners, die bei jeder Zession bestehe, werde durch die §§ 406 bis 410 BGB hinreichend Rechnung getragen. Ein besonderer Umstand, der die absolute Unwirksamkeit bei eingeschränkter Abtretbarkeit rechtfertige, fehle in den Fällen der streitgegenständlichen Art. Zudem blieben die Gläubigerinteressen bei der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgenommenen Interpretation unberücksichtigt. Im Übrigen seien allgemeine Geschäftsbedingungen gegen den Verwender auszulegen. Jedenfalls habe die Nebenintervenientin hier auf die Einhaltung des Anzeigeerfordernisses verzichtet beziehungsweise die Abtretung durch Zahlung der Rückkaufswerte an sie, die Beklagte, konkludent genehmigt. Die gegen die bisherige Judikatur vorgebrachten Bedenken rechtfertigten die Zulassung der Revision. Von grundsätzlicher Bedeutung sei außerdem die Frage, ob eine bedingungswidrige Auszahlung einen Verzicht des Versicherers auf den Schutzzweck der die Abtretungsmöglichkeit beschränkenden Klausel darstelle.

    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Kläger und seine Streithelferin beantragen,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigen unter Wiederholung und Vertiefung der erstinstanzlichen Darlegungen das dem Kläger günstige Urteil des Landgerichts. Dazu tragen sie insbesondere Folgendes vor:

    Der Kläger meint, eine Umgehung der vereinbarten Anzeigepflicht für die Abtretung von Versicherungsleistungen durch konkludente Genehmigung komme nicht in Betracht. Im Streitfall fehle es zudem an den tatsächlichen Voraussetzungen hierfür. Der bloßen Geldzahlung könne weder ein objektiver noch ein subjektiver Erklärungswert dergestalt beigemessen werden, dass die Leistung nicht an den Versicherungsnehmer als Empfänger habe erfolgen sollen. Dieser sei im Übrigen zugleich Inhaber des Versicherungsscheins gewesen sei, woraus sich zu Gunsten des Versicherers die so genannte Liberationswirkung gemäß § 800 Abs. 1 BGB i.V.m. § 4 VVG ergebe. Eine schlichte Zahlungsanweisung beinhalte erst recht keinerlei Abtretungsanzeige gegenüber dem Lebensversicherer.

    Die Nebenintervenientin vertritt die Auffassung, die Beklagte habe die ihr - mangels wirksamer Abtretung - nicht zustehende Leistung auf Kosten der Insolvenzmasse erlangt, weil die Auszahlung der Rückkaufswerte an den Gemeinschuldner auf das von diesem benannte Konto mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt sei. Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe sie - die Streithelferin - seinerzeit keine Kenntnis gehabt. Die Kündigungserklärungen des Gemeinschuldners seien wirksam geworden, weil § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO in Fällen der vorliegenden Art weder unmittelbar noch analog Anwendung finde. Zumindest habe der Kläger die Kündigungserklärungen des Gemeinschuldners konkludent genehmigt, indem von ihm - mit einem an sie, die Nebenintervenientin, gerichteten Schreiben vom 28. Juni 2010 (Kopie GA II 277 ff.) - die Auszahlung der Rückkaufswerte zur Insolvenzmasse verlangt worden sei. An den betreffenden Versicherungsnehmer könne ein Versicherer auch ohne Vorlage des Versicherungsscheins stets mit schuldbefreiender Wirkung leisten.

    Der Senat hat mit Schreiben gemäß Verfügungen vom 08. März 2012 (GA I 111 ff.) und 05. April 2012 (GA I 116 ff.) Hinweise erteilt. Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am 05. Juni 2012 (Protokoll GA I 129 ff. und Vermerk GA II 189) wurde die Sach- und Rechtslage mit den Vertretern der Hauptparteien eingehend erörtert und dabei im Rahmen von § 139 ZPO auf alle entscheidungserheblichen Punkte hingewiesen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom selben Tage, dem Gericht am 06. Juni 2012 per Telekopie zugegangen (GA I 134 ff.), hat der Kläger der nunmehrigen Nebenintervenientin den Streit verkündet, die mit einem am 27. Juli 2012 in Telekopie eingegangenen Anwaltsschriftsatz (GA I 205 ff.) auf seiner Seite dem Rechtsstreit beigetreten ist. Durch Beschluss vom 05. Juni 2012 (GA I 129, 130) wurde - mit Zustimmung der Parteien - das schriftliche Verfahren angeordnet; Schriftsätze konnten - nach antragsgemäßer Verlängerung der Erklärungsfrist für den Kläger mit Beschluss vom 09. Juli 2012 (GA II 196 ff.) - bis zum 09. August 2012 eingereicht werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte nimmt der Senat ergänzend auf die anwaltlichen Schriftsätze der Prozessparteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug.

    II. A. Das Rechtsmittel der Beklagten ist an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig; es wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch in der Sache selbst hat die Berufung Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das Landgericht ist zwar völlig zutreffend davon ausgegangen, dass sämtliche Ansprüche aus den beiden hier streitgegenständlichen Lebensversicherungsverträgen gemäß § 35 Abs. 1 InsO bereits deshalb zur Insolvenzmasse gehören, weil die Abtretungserklärungen vom 01. Dezember 2003 (Kopie Anlage K3/GA I 14 f.) - mangels schriftlicher Anzeige bei der Nebenintervenientin nach § 13 Nr. 4 Satz 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Lebensversicherung - ABL - (Kopie Anlage K4/GA I 16, 18) - absolut unwirksam geblieben sind. Dennoch besteht aber kein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion; er kann sich wegen der Forderungen aus dem Versicherungsverhältnis weiterhin an die Streithelferin halten, da deren Zahlung, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Gemeinschuldner auf eine Girokonto der Beklagten bei der ... Sparkasse erbracht wurde, gegenüber der Insolvenzmasse keine schuldbefreiende Wirkung hatte. Im Einzelnen gilt Folgendes:

    1. Der Senat schließt sich - ebenso wie bereits die Vorinstanz (LGU 4) - der inzwischen gefestigten höchstrichterlichen Judikatur an, wonach die Abtretung von Rechten aus einem Lebensversicherungsvertrag absolut unwirksam ist, solange sie - wie hier im vorliegenden Streitfall - dem Versicherer seitens des Berechtigten nicht entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen schriftlich mitgeteilt wurde. Diese Ansicht wird - mit überzeugender Begründung - übereinstimmend vom Bundesgerichtshof (vgl. insb. BGH, Urt. v. 31.10.1990 - IV ZR 24/90, BGHZ 112, 387 = VersR 1991, 89; Urt. v. 19.02.1992 - IV ZR 111/91, VersR 1992, 561 = NJW-RR 1992, 790 [BGH 19.02.1992 - IV ZR 111/91]; Urt. v. 23.04.1997 - XII ZR 20/95, Rdn. 9 f., NJW 1997, 2747 = DNotZ 1998, 823 [BGH 23.04.1997 - XII ZR 20/95]; Urt. v. 10.03.2010 - IV ZR 207/08, Rdn. 12 ff., VersR 2010, 936 = NJW-RR 2010, 904 [BGH 10.03.2010 - IV ZR 207/08]), vom Bundesarbeitsgericht (vgl. insb. BAG, Urt. v. 19.04.2011 - 3 AZR 267/09, Rdn. 22 f., NZI 2011, 777 [BAG 19.04.2011 - 3 AZR 267/09] = NZA-RR 2012, 92; Urt. v. 17.01.2012 - 3 AZR 10/10, Rdn. 32 ff., BetrAV 2012, 368 = ZInsO 2012, 1265) und offenbar auch vom Bundesfinanzhof (vgl. insb. BFH, Urt. v. 12.10.2011 - VIII R 6/10, Rdn. 16, BFH/NV 2012, 716 = HFR 2012, 611) vertreten. Die Einwendungen, die dagegen von den Beklagten mit der Berufungsbegründung erhoben werden, greifen sämtlich nicht durch:

    a) Gegen die Zulässigkeit von Klauseln in Versicherungsbedingungen, nach denen eine Zession "nur und erst dann wirksam" ist, wenn sie dem Versicherer in schriftlicher Form angezeigt wurde, bestehen - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine durchgreifenden Bedenken nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Solche Regelungen halten einer Inhaltskontrolle sowohl nach § 309 Nr. 13 BGB als auch nach § 307 BGB stand; sie sind angesichts ihrer erkennbaren Zielsetzung - gemäß dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers - so auszulegen, dass sie als Ausnahme von dem in § 398 Satz 1 BGB definierten Regelfall der Abtretbarkeit kraft Rechtsgeschäfts von vornherein für die zu begründende Forderung einen - beschränkten - Abtretungsausschluss im Sinne des § 399 Alt. 2 BGB festlegen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 10.03.2010 - IV ZR 207/08, Rdn. 13, VersR 2010, 936 = NJW-RR 2010, 904 [BGH 10.03.2010 - IV ZR 207/08]; BAG, Urt. v. 19.04.2011 - 3 AZR 267/09, Rdn. 23, NZI 2011, 777 [BAG 19.04.2011 - 3 AZR 267/09] = NZA-RR 2012, 92; Urt. v. 17.01.2012 - 3 AZR 10/10, Rdn. 33, BetrAV 2012, 368 = ZInsO 2012, 1265).

    b) Die Mehrheitsmeinung, die sich - wie der Senat - der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen hat, beruht, anders als die Beklagte einwendet (GA I 77, 78), auch keineswegs auf einem logischen Trugschluss in Gestalt einer so genannten petitio principii, also der Inanspruchnahme des Beweisgrundes zum Zwecke der Beweisführung. Dass dem Schutzbedürfnis des Versicherers gemäß einer Mindermeinung, der die Beklagte folgt, bereits durch eine relative Unwirksamkeit hinlänglich Rechnung getragen werden könnte, ist kein Beleg für einen Zirkelschluss. Die Interpretation von rechtsgeschäftlichen Absprachen und gesetzlichen Normen beinhaltet stets auch eine wertende Betrachtung, bei der unterschiedliche Akzente gesetzt werden können. Die Interessen der jeweiligen Gläubiger sind schon deshalb gewahrt, weil jeder Berechtigte ohne Weiteres die Möglichkeit hat, die Abtretungsvereinbarung dem Versicherer offenzulegen.

    c) Einem absolut unwirksamen Rechtsgeschäft kann - anders als einem schwebend unwirksamen - weder durch Verzichts- noch durch konkludente Genehmigungserklärungen von Dritten zur Rechtsgültigkeit verholfen werden. Unabhängig davon fehlt es im Streitfall an hinreichenden tatsächlichen Umständen, die Schlüsse auf eine entsprechende Willensbekundung der Nebenintervenientin zuließen. Da Letztere, wie ihr Brief vom 07. Mai 2010 an den Kläger belegt (Kopie Anlage K5/GA I 19), die beiden Abtretungserklärungen vom 01. Dezember 2003 (Kopie Anlage K3/GA I 14 f.) nicht kannte, fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, dass auf die Einhaltung des Anzeigeerfordernisses verzichtet oder die Abtretung konkludent gebilligt worden sein könnte. Aus der bloßen Anweisung eines Versicherungsnehmers, den aktuellen Rückkaufswert einer gekündigten Lebensversicherung auf ein bestimmtes Konto zu überweisen, dessen Inhaber ein Dritter ist, ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - ebenfalls keine Abtretungsanzeige. Insbesondere lässt das Schreiben des Gemeinschuldners vom 27. Juli 2009 (Kopie Anlage K6/GA I 20) gänzlich offen, warum die Auszahlung auf das Girokonto der Berufungsführerin erfolgen soll. Aus Sicht der Streithelferin hätte Letztere ohne Weiteres im Innenverhältnis zum Gemeinschuldner mit den Aufgaben einer bloßen Zahlstelle betraut sein können.

    2. Gleichwohl besteht kein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, weil es für eine Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB an einer anderen Tatbestandsvoraussetzung als der rechtsgrundlosen Erlangung der durch die Nebenintervenientin erbrachten Zahlungen fehlt. Da diesen - wie in den folgenden Absätzen noch näher auszuführen sein wird - im Verhältnis zum Kläger keine schuldbefreiende Wirkung zukommt, ist die Beklagte nicht auf Kosten der Insolvenzmasse bereichert. Daher kann die Klageforderung ebenso wenig mit Erfolg auf § 816 Abs. 2 BGB gestützt werden; unabhängig davon ist Leistungsempfänger im Rechtssinne hier nicht die Beklagte, sondern der Gemeinschuldner. § 816 Abs. 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage bereits deshalb aus, weil keine dem Kläger gegenüber wirksame Verfügung vorliegt.

    a) Schon mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Amtsgericht Potsdam am 20. Mai 2008 ist der Kläger - auch im Rahmen der beiden streitgegenständlichen Versicherungsverträge - gemäß § 80 Abs. 1 InsO an die Stelle des Gemeinschuldners getreten, wodurch dessen Rechte aus diesen Vertragsverhältnissen insgesamt auf ihn übergegangen sind (vgl. dazu insb. Römer in Römer/Langheid, VVG, 3. Aufl., Vorbem. zu §§ 150 bis 171 Rdn. 37). Zwar konnte die Nebenintervenientin nach § 82 Satz 1 InsO weiterhin mit schuldbefreiender Wirkung an den Gemeinschuldner leisten, solange sie die Verfahrenseröffnung nicht kannte; Letzteres traf - wie sie unwidersprochen vorgetragen hat - zu, als Ende Juli 2009 zwei Beträge in Höhe der Rückkaufswerte auf das vom Gemeinschuldner benannte Girokonto der Beklagten überwiesen wurden. In diesem Zusammenhang bleibt aber die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf den Rückkaufswert erst durch eine entsprechende - wirksame - Kündigung ausgelöst wird (vgl. dazu Reiff in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 168 Rdn. 18; Römer aaO., § 168 Rdn. 19). Fehlt es daran wie hier, leistet der Versicherer auf eine Nichtschuld, was keinerlei befreiende Wirkung haben kann. Die inzwischen wohl ganz überwiegende Auffassung, für die Vieles spricht, zählt - gemäß dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck (vgl. die Begründung zu § 92 des Regierungsentwurfs einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2432, S. 71, 135 f.; ferner Kreft/Kayser, InsO, 6. Aufl., § 81 Rdn. 5) - zu den Verfügungen nach dem Verständnis von § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO, die der Gemeinschuldner ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr wirksam vornehmen kann, nicht allein die materiell-rechtlichen Verfügungsgeschäfte in engeren Sinne, sondern - direkt oder analog - unter anderem die Ausübung von Gestaltungsrechten wie Anfechtung, Aufrechnung, Kündigung und Rücktritt, sofern die Insolvenzmasse hiervon zumindest mittelbar berührt wird (vgl. dazu BK-InsO/Blersch/v. Olshausen, 37. Erg.-Lfg., § 81 Rdn. 3; Hess, GroßKommInsO, § 81 Rdn. 15 a.E.; MünchKommInsO/Ott/Vuia, 2. Aufl., § 81 Rdn. 4 und 7; ferner Kreft/Kayser aaO. Rdn. 5 und 10; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., Überbl. v. § 104 Rdn. 17). So verhält es sich regelmäßig in Fällen der streitgegenständlichen Art. Doch selbst wenn man § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO, dem nur eine klarstellende Funktion zukommt (vgl. MünchKommInsO/Ott/Vuia aaO. Rdn. 1), hier nicht für einschlägig erachtet, folgt bereits aus § 80 Abs. 1 InsO ohne Weiteres, dass der Gemeinschuldner mit der Verfahrenseröffnung seine Kündigungsbefugnis an den Verwalter verliert und deshalb eine rechtswirksame Kündigungserklärung durch ihn nicht mehr möglich ist (vgl. dazu Reiff aaO. Rdn. 13). Eine Genehmigung von einseitigen Rechtsgeschäften des Gemeinschuldners durch den Insolvenzverwalter scheidet - entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin - gemäß den in § 111 Satz 1 und § 180 Satz 1 BGB enthaltenen Rechtsgedanken aus (vgl. dazu MünchKommInsO/Ott/Vuia aaO. Rdn. 17, m.w.N.). Unabhängig davon teilt der Senat nicht die Ansicht der Streithelferin, das klägerische Schreiben vom 28. Juni 2010 (Kopie GA II 217 ff.) sei als konkludente Genehmigungserklärung zu verstehen.

    b) Selbst an seinen jeweiligen Versicherungsnehmer kann ein Versicherer - ohne Vorlage des Versicherungsscheines und vorbehaltlich § 82 Satz 1 InsO - lediglich solange mit schuldbefreiender Wirkung leisten, wie Ersterer materiell Berechtigter ist, insbesondere das Verfügungs- und Empfangsrecht innehat, woran es jedoch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen in aller Regel fehlt. Eine gegenteilige Auffassung wird ersichtlich auch nicht von Reiff/Schneider in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., ALB 86 § 11 Rdn. 1, vertreten, auf deren Kommentierung die Neben-intervenientin in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 27. Juni 2012 (GA II 213, 216) Bezug nimmt. Der Einwand des Klägers, seine Streithelferin habe schon deshalb mit schuldbefreiender Wirkung - zu Händen der hiesigen Beklagten - an den Gemeinschuldner zahlen können, weil dieser zugleich Inhaber des Versicherungsscheines gewesen sei (GA I 125), greift, wie im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingehend erörtert wurde, ebenfalls nicht durch, weil - was auf Nachfrage seitens des Gerichts nunmehr ausdrücklich vorgetragen worden ist und zwischen allen Verfahrensbeteiligten außer Streit steht - ein Versicherungsschein bei Ausspruch der Kündigung vom 27. Juli 2009 (Kopie Anlage K6/GA I 20) nicht vorgelegt wurde. Dass der Gemeinschuldner die betreffende Urkunde damals in seinen Unterlagen verwahrt haben mag, hilft dem Kläger und seiner Streithelferin nicht weiter. Die so genannte Legitimations- und Liberationswirkung des Versicherungsscheines gemäß § 808 Abs. 1 BGB i.V.m. § 4 VVG und § 11 Nr. 1 ABL kann zwar selbst im Rahmen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers zur Geltung kommen (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2010 - IV ZR 207/08, Rdn. 15 ff., VersR 2010, 936 = NJW-RR 2010, 904). Voraussetzung hierfür ist aber - bereits nach den allgemeinen wertpapierrechtlichen Grundsätzen - die Vorlage der jeweiligen Urkunde bei der Ausübung des Rechts (vgl. dazu BGH aaO. Rdn. 3 und 15 a.E.; ferner Staudinger/Marburger, BGB, Neubearb. 2009, § 808 Rdn. 23). Da sich der Versicherer auf diesem Wege auch gegenüber dem eigenen Versicherungsnehmer selbst vor Nachteilen infolge unberechtigter Kündigungserklärungen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens schützen kann, wird er in einer Konstellation der vorliegenden Art keineswegs unbillig mit dem Risiko der mehrfachen Inanspruchnahme belastet.

    B. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention findet ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 1 2. Halbs. ZPO. Danach fallen die Prozesskosten dem Kläger als der unterliegenden Partei zur Last. Die durch die Nebenintervention veranlassten Kosten hat seine Streithelferin gemäß dem Grundsatz der Kostenparallelität zu tragen (vgl. dazu BeckOK-ZPO/Jaspersen/Wache, Edition 5, § 101 Rdn. 6, m.w.N.).

    C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

    D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche - über den Streitfall hinausgehende - Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall, bei dem es sich um eine spezielle Konstellation handelt, und auf der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgericht ist nicht ersichtlich.

    E. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt bis € 22.000,00 (§ 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 398 BGB