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  • 08.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123050

    Amtsgericht Düsseldorf: Urteil vom 21.06.2012 – 48 C 11351/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Düsseldorf

    48 C 11351/11

    Tenor:

    Es wird festgestellt, dass die Mitversicherung unter der Versicherungsnummer XXX für die versicherte Person L, geb. am XXX, zum 30.04.2011 erloschen ist.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 704,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5-%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 360,65 € ab dem 17.11.2011 und aus weiteren 344,22 € ab dem 07.05.2012 zu zahlen.

    Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 316,18 € zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand:

    Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung eines Mitversicherungsvertrages.

    Der Kläger ist Versicherungsnehmer einer privaten Krankheitskostenversicherung bei der Beklagten seit dem 01.05.1990 unter der Versicherungsnummer XXX. Unter derselben Versicherungsnummer bestand eine Mitversicherung für die am 27.09.1999 geborene Tochter des Klägers. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt mit der Mutter seiner Tochter verheiratet.

    Mit Schreiben vom 31.01.2011 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Kündigung der Mitversicherung zum 30.04.2011. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 01.02.2011 den Erhalt der Kündigung am 31.01.2011, machte die Beendigung des Mitversicherungsvertrages jedoch von dem Nachweis der unterbrechungslosen Folgekrankenversicherung der Tochter L1 abhängig. Da dieser Nachweis nicht erbracht wurde, wurden die Beiträge weiterhin im Abbuchungsverfahren von dem Kläger bezahlt.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.06.2011 forderte sodann der Kläger die Beklagte auf, die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum 30.04.2011 zu bestätigen. Außerdem forderte er die Beklagte zur Rückzahlung der für die Monate Mai (131,17 €) und Juni 2011 (57,37 €) geleisteten Beiträge der Mietversicherung auf.

    Der Kläger ist der Ansicht, dass der Mitversicherungsvertrag wirksam gekündigt worden sei. Die Beklagte interpretiere den Regelungsgehalt der Vorschrift des § 205 Abs. 6 VVG (n.F.) falsch, da diese den Nachweis einer Folgeversicherung nur für solche Versicherungen verlange, die von § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfasst seien. Der Kläger erfülle die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG aber nicht. In diesem Zusammenhang behauptet er, dass er über kein Sorgerecht verfüge und kein gesetzlicher Vertreter seiner unehelichen Tochter sei, die bei ihrer Mutter und deren Ehemann lebe.

    Der Kläger begehrt mit der Klage zum einen die Feststellung der Wirksamkeit seiner Kündigung, zum anderen Zahlung geleisteter Beiträge nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

    Nachdem der Kläger zunächst lediglich die gezahlten Beiträge der Monate Mai und Juni 2011 in Höhe von insgesamt 360,65 € geltend gemacht hat, hat er mit Schriftsatz vom 28.03.2012, eingegangen bei Gericht am 29.03.2012 und zugestellt an die Beklagte am 07.05.2012, die Klage um die Beiträge für die Monate Juli 2011 - März 2012 in Höhe von jeweils 57,37 €, insgesamt 344,22 € erweitert.

    Der Kläger hat daher zuletzt beantragt,

    1. festzustellen, dass die Mitversicherung unter der Versicherungsnummer XXX für die versicherte Person L1, geb. am XXX, zum 30.04.2011 erloschen ist.

    2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 704,87 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

    3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 316,18 € zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kündigung vorliegend nicht wirksam sei mangels Nachweises einer Folgeversicherung. Die Beklagte bestreitet in diesem Zusammenhang, dass der Kläger über keinerlei Sorgerechtsverpflichtung für seine Tochter (mehr) verfüge und die Tochter bei deren allein sorgeberechtigte Mutter mit deren Ehemann lebe. Da der Kläger bislang keinen Beleg vorgelegt habe, dass er nicht verpflichtet sei, für seine Tochter weiter Versicherungsschutz zu unterhalten, bliebe seine Kündigung unwirksam.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    Entscheidungsgründe:

    I.

    Die Klage ist zulässig.

    Dem Kläger steht für den Feststellungsantrag das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zu, da die Parteien um die Wirksamkeit der Kündigung streiten und der Kläger ein – nicht mit der Leistungsklage erreichbares - Interesse daran hat, festzustellen, dass insbesondere künftige Beitragsansprüche nicht bestehen.

    II.

    Die Klage ist auch begründet.

    1)

    Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Mitversicherung seiner Tochter zum 30.04.2011 erloschen ist, da er diese wirksam gekündigt hat.

    Das Versicherungsjahr für den am 01.05.1990 in Kraft getretenen Versicherungsvertrag endete am 31.04., sodass die Drei-Monatskündigungsfrist zum Versicherungsjahresende durch die unstreitig am 31.01.2011 eingegangene Kündigung eingehalten wurde.

    Die Wirksamkeit der Kündigung war im vorliegenden Fall nicht von dem Nachweis des Klägers darüber, dass die von der Kündigung betroffene Tochter trotz der Kündigung ununterbrochen krankenversichert ist, abhängig.

    Ein solcher Nachweis ist gemäß § 205 Abs. 6 VVG Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung, wenn von der Kündigung eine Versicherung betroffen ist, die eine Verpflichtung aus § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt. Danach ist jede Person mit Wohnsitz im Inland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge schließen können, eine Krankheitskostenversicherung […] abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Die hier betroffene Mitversicherung der minderjährigen Tochter betrifft diese Verpflichtung des § 193 Abs. 3 S. 1 VVG nicht, denn nach dem substantiierten Klägervortrag, dem die Beklagte trotz Hinweises des Gerichts nicht in erheblicher Weise entgegengetreten ist, verfügt der Kläger über kein Sorgerecht für seine Tochter und ist mithin kein gesetzlicher Vertreter i.S.d. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG. Unstreitig handelt es sich bei der Tochter um ein uneheliches Kind des Klägers. Der Kläger hat auch substantiiert und schlüssig dargelegt, dass die Tochter bei ihrer leiblichen Mutter wohnt, die über das alleinige Sorgerecht verfügt. Die Beklagte hat dies zwar mit bloßem Nichtwissen bestritten. Insbesondere auch angesichts des Umstands, dass der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Beklagte im Rahmen des außergerichtlichen Streits um die Kündigung Kontakt zur Mutter der Tochter aufgenommen haben soll, ist das bloße Bestreiten mit Nichtwissen ins Blaue hinein als unerheblich zu erachten. Der Kläger konnte für seine unehelich geborene Tochter allein durch entsprechende Sorgerechtserklärung beim Jugendamt das Sorgerecht und damit eine gesetzliche Vertreterstellung erhalten haben. Durch Vorlage der Negativbescheinigung des Jugendamts der Stadt X vom 07.03.2012 (Bl. 96 d.A.) hat der Kläger ausreichend das Nichtbestehens der Sorgeberechtigung dargelegt. Dem ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Die als bloßer Ausforschungsbeweis zu bewertende, beklagtenseits beantragte Vernehmung der Mutter der Tochter, der Zeugin L2, war nach alledem nicht vorzunehmen. Mangels gesetzlicher Vertreterstellung war eine Nachweispflicht der Folgeversicherung nach § 193 Abs. 3 S. VVG nicht gegeben. Dafür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, der die Verpflichtung zum Abschluss und zum Aufrechterhalten einer Krankheitskostenversicherung ausdrücklich auf den Versicherungsnehmer selbst sowie auf gesetzlich von diesem vertretene Personen beschränkt. Eine Ausweitung auf minderjährige leibliche Kinder ohne Bestehen einer gesetzlichen Vertretung ist auch bei teleologischer Auslegung nicht geboten. § 205 Abs. 6 VVG schützt in Verbindung § 193 Abs. 3 S. 1 VVG vom Versicherungsnehmer abhängige Personen davor, ohne Krankheitskostenversicherungsschutz zu sein (vgl. LG Hagen, ZfSch 2011, 40 im Falle der geschiedenen Ehefrau). Ein solches Schutzbedürfnis besteht gegenüber der minderjährigen Tochter, dessen gesetzliche Vertretung nicht der Versicherungsnehmer innehat, nicht. Denn neben dem nicht sorgeberechtigten Versicherungsnehmer existiert ein gesetzlicher Vertreter der Minderjährigen, der für die Versicherungspflicht Sorge tragen kann und gesetzlich hierzu auch verpflichtet ist. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Anwendbarkeit der Norm auf Fälle wie den vorliegenden vom Gesetzgeber über den Wortlaut hinaus gewollt ist (vgl. auch LG Hagen, a.a.O.). Indem die gesetzliche Vertreterin nach dem unwidersprochen gebliebenen Klägervortrag auch von der Kündigung der Mitversicherung in Kenntnis gesetzt wurde, ist es ihr auch möglich gewesen, für einen lückenlosen Versicherungsschutz zu sorgen und damit die Anforderungen des Gesetzes zu erfüllen.

    Selbst wenn man vorliegend mit dem Beklagtenvortrag davon ausgehen würde, dass die AVB 2009 (Bl. 57 ff. d.A.) geltende Vertragsgrundlage zwischen den Parteien geworden ist, so sind auch die Anforderungen des § 17 Abs. 10 S. 3 AVB erfüllt, wonach im Falle der Kündigung eines mitversicherten Vertrags der Versicherungsnehmer nachzuweisen hat, dass die betroffene versicherte Person von der Kündigungserklärung Kenntnis hat. Denn der Kläger hat die gesetzliche Vertreterin der Tochter mehrfach, u.a. mit Schreiben vom 29.11.2010 an die Prozessbevollmächtigten der gesetzlichen Vertreterin und am 24.02.2011 über die Kündigung informiert und diese Schreiben der Beklagten zur Kenntnis vorgelegt. Die Beklagte hat dies als ausreichenden Nachweis jedenfalls anerkannt, indem sie diesbezüglich keine weiteren Nachweise gefordert hat.

    Die Feststellungsklage ist infolgedessen begründet.

    2) Dem Kläger steht daher auch ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge in Höhe von 704,87 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu.

    Wie bereits unter 1) dargelegt, hat der Kläger die Mitversicherung seiner Tochter wirksam zum 30.04.2011 gekündigt. Ein Rechtsgrund für die von ihm an die Beklagte geleisteten Beitragszahlungen bestand damit nicht. Die Rückforderung der geleisteten Beiträge ist auch nicht durch § 814 BGB ausgeschlossen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beiträge vorliegend im Rahmen eines Lastschriftverfahrens von der Beklagten eingezogen wurden. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 01.02.2011 (Bl. 10 d.A.), in dem sie die Kündigung mangels Nachweises einer Anschlussversicherung zurückwies, darauf verwiesen, dass sie davon ausginge, dass der Kläger damit einverstanden sei, dass der Abruf vorerst weiter fortgesetzt werde. Aus den gesamten Umständen ergibt sich daher – auch aus Sicht der Beklagten-, dass die Leistungen des Klägers lediglich unter dem Vorbehalt der Klärung der Frage der Wirksamkeit der Kündigung geleistet wurden.

    3) Die Nebenforderungen (außergerichtliche Anwaltskosten) sind aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 280, 286, 288 BGB gerechtfertigt. Aufgrund der von der Beklagten nicht akzeptierten Kündigung des Klägers befand sich diese in Verzug, so dass die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden erstattungsfähig sind. Dem Kläger ist es auch möglich, den Gebührenschaden als Zahlungsanspruch geltend zu machen, obwohl ihm eine Rechnung im Sinne des § 10 RVG derzeit noch nicht gestellt wurde und eine Zahlung auch noch nicht erfolgt ist. Unstreitig hat der klägerische Anwalt Leistungen für den Kläger erbracht, die ihn berechtigen, diese mit einem Betrag von 316,18 € abzurechnen. Dem Grunde und der Höhe nach ist die Zahlungsverpflichtung des Klägers damit bereits entstanden (vgl. LG Hagen a.a.O.) Der klägerische Anwalt ist jederzeit berechtigt, diese gegenüber seinem Mandant geltend zu machen. Durch die Zahlungsweigerung der Beklagten hat sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch gewandelt (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2004, Az. XI ZR 355/92; LG Hagen a.a.O). Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288, 291 BGB.

    III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, 708, Nr. 11, 711 ZPO.

    Streitwert bis 28.03.2012: 2.770,19 €

    danach: 3.114,41 €