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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Brandenburg: Urteil vom 27.05.2003 – 3 K 690/01

    1. Ein bei der Botschaft der Vereinigten Staaten als „Ortskraft” beschäftigter technischer Angestellter ist im Inland ständig ansässig im Sinne des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961 (WÜD). Seine aus dieser Tätigkeit bezogenen Einkünfte sind daher nicht nach Art. 37 Abs. 2 WÜD steuerbefreit.

    2. Die Einkünfte der Ortskraft sind steuerfrei nach dem DBA USA und unterliegen daher nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG dem Progressionsvorbehalt.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    wegen Einkommensteuer 1998, 1999 und 2000

    hat der 3. Senat des Finanzgerichts des Landes Brandenburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Herrmann, die Richterin am Finanzgericht Dr. Adamik, den Richter am Verwaltungsgericht Mayer sowie die ehrenamtlichen Richter Rudolph und Spies für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

    Tatbestand

    Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren zusammen veranlagt. Die Klägerin zu 2) (im folgenden: die Klägerin) erzielte als angestellte Industriekauffrau in den Jahren 1998 und 1999 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 79.437 DM und 81.121 DM. Der Kläger zu 1) (im folgenden: der Kläger) ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika, seit 1994 in Deutschland bei der amerikanischen Botschaft in L… im technischen Dienst beschäftigt und bezieht ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

    1) Einkommensteuer 1998 und Vorauszahlungsbeträge für die Einkommensteuer ab 2000

    Am 28. Januar 1999 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 1998 ein. Darin wurde hinsichtlich der Einkünfte des Klägers lediglich auf das Vorjahr sowie darauf verwiesen, es handele sich um ausländische Einkünfte und einen ausländischen Arbeitgeber; Steuern würden im Ausland abgeführt. § 32b Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wurde in Bezug genommen. Der Beklagte forderte darauf eine ausgefüllte Anlage AUS sowie eine Einkommensbescheinigung an, da die Einkünfte des Klägers dem Progressionsvorbehalt unterliegen würden. Die Kläger hielten dem entgegen, nach Rücksprache mit der amerikanischen Botschaft handele es sich um steuerfreie Einnahmen, die in Deutschland nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen würden. Gemäß Art. 30 des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 (DBA-USA) seien auf Einkünfte, die unter das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961 (WÜD) oder das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) fielen, die DBA-Regelungen nicht anwendbar. Der Beklagte wies demgegenüber auf die unterschiedliche steuerliche Behandlung von sogenannten „Ortskräften” und „entsandten Bediensteten” sowie darauf hin, dass der Kläger aufgrund der bestehenden Haushaltsgemeinschaft bislang als ständig ansässig behandelt worden sei. Gegebenenfalls solle eine entsprechende Bescheinigung eingereicht werden. Die Kläger übersandten darauf eine von der amerikanischen Botschaft erstellte, den Kläger betreffende Beurteilung „für zeitlich befristet in Übersee residierende Beschäftigte” des Klägers für den Zeitraum vom 26. Oktober 1997 bis 25. Oktober 1998.

    Mit Bescheid vom 01. Oktober 1999 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 auf 18.981,– DM fest. In der Erläuterung wird ausgeführt, es seien ausländische Einkünfte in Höhe von 78.000,– DM in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen worden. Hiergegen erhoben die Kläger Einspruch. In einer von den Klägern erbetenen Erläuterung führte der Beklagte aus, aufgrund ihrer bestehenden Haushaltsgemeinschaft sei davon auszugehen, dass der Kläger im Inland ständig anwesend sei, so dass eine Steuerbefreiung nicht nach § 3 Nr. 29 EStG, sondern nur nach den Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen erfolgen könne. Gemäß Art. 23 DBA-USA würden bei Personen, die ständig in Deutschland ansässig sind, die Einkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes berücksichtigt (Progressionsvorbehalt). Die eingereichte Bestätigung des Arbeitgebers lasse nicht erkennen, dass der Kläger sich nur vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte; der Arbeitslohn sei mangels eingereichter Unterlagen geschätzt worden. Hierauf übersandten die Kläger eine Verdienstbescheinigung des Klägers für das Jahr 1998 über umgerechnet 44.491,64 DM und erklärten, einer Anwendung des Art. 23 DBA-USA stünde Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA entgegen, denn dort sei anstelle einer ansonsten üblichen Verteilung des Besteuerungsrechts eine „Steuerfreiheit” normiert, die in der Literatur als Verbot der Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt verstanden werde. Zudem greife die Ausnahme des Art. 30 Abs. 4 DBA-USA, denn nach Abs. 3 gelte der Kläger unabhängig von Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt als im Entsendestaat (USA) ansässig.

    Mit geändertem Bescheid vom 16. Dezember 1999 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 neu auf 16.764,– DM sowie die Vorauszahlungsbeträge für die Einkommensteuer ab 2000 auf 750,– DM je Quartal fest, wobei für die Berechnung des Steuersatzes ausländische Einkünfte des Klägers in Höhe von 42.491 DM für die Berechnung des Steuersatzes einbezogen wurden. Die Kläger erklärten darauf, die Bezüge des Klägers seien nach § 3 Nr. 29 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA ohne Progressionsvorbehalt steuerbefreit.

    Durch Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2001 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1998 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger sei im Inland ständig ansässig, weil er sich nicht nur aus Gründen der Ausübung seiner Tätigkeit, sondern aufgrund der mit der Klägerin bestehenden Ehe- und Lebensgemeinschaft in Deutschland aufhalte. Eine Bescheinigung, dass er nicht ständig im Inland ansässig sei, habe er nicht vorgelegt. Die von ihm eingereichte dienstliche Beurteilung enthalte keine Ausführung zur temporären oder fortdauernden Natur seines Aufenthalts, auch nicht durch ihren Bezug auf einen bestimmten Zeitraum. Dementsprechend entfalle hier eine Freistellung der Einkünfte nach § 3 Nr. 29 EStG. Sie ergebe sich aber aufgrund der vorrangigen Bestimmungen des WÜD sowie des WÜK. Allerdings sähen diese Abkommen keine vollständige Befreiung vor, so dass der Progressionsvorbehalt gemäß § 32b EStG zur Anwendung käme. Eventuelle weitergehende Regelungen des DBA-USA müssten nach dem Subsidiaritätsprinzip hinter den Regelungen des WÜD und des WÜK zurücktreten.

    2) Einkommensteuer 1999 und Vorauszahlungsbeträge wie bisher

    Auf der Grundlage der Einkommensteuererklärung der Kläger für das Jahr 1999 sowie des gesondert auf Anforderung mitgeteilten Einkommen des Klägers setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1999 mit Bescheid vom 02. November 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 17.488,– DM fest, wobei er für die Berechnung des Steuersatzes von ausländischen Einkünften in Höhe von 47.214,– DM ausging. Daneben setzte er die Einkommensteuervorauszahlung für 2000 „wie bisher” fest. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger Einspruch, der durch Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2001 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Gründe entsprechen inhaltlich der Einspruchsentscheidung für 1998.

    Mit ihrer bereits am 14. März 2001 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Ergänzend tragen sie vor, der Kläger gehöre zum technischen Personal im Sinne des WÜD bzw. des WÜK, denn nach Art. 1 lit. c) WÜD bzw. Art. 1 lit. e) WÜK werde jede in der Vertretung beschäftigte Person erfasst, ohne dass es auf das Arbeitsverhältnis ankomme. Er habe kein Dienstverhältnis zur Botschaft selbst (keine „Ortskraft”), sondern erhalte auf Grundlage von Ein-Jahres-Verträgen Bezüge des amerikanischen Innenministeriums. Sie hätten keine Absicht, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, zumal Eltern und Verwandtschaft des Klägers in den USA leben würden. Aufgrund der Ein-Jahres-Verträge sei stets damit zu rechnen, dass der nächste Vertrag nur für eine Beschäftigung im Ausland angeboten werde.

    Sie sind der Auffassung, die Definition des Begriffs der „ständigen Ansässigkeit” der auf den Sachverhalt anwendbaren Art. 37 Abs. 2 WÜD und Art. 71 WÜK dürfe weder vom Entsendenoch vom Empfängerstaat einseitig erfolgen, sondern sei einer Abstimmung beider Staaten vorbehalten, die bislang nicht vorliege. Die Verwaltungspraxis, die alle Ortskräfte als ansässig behandele, bis der Leiter der diplomatischen Vertretung die Gründe für einen nur vorübergehenden Aufenthalt des Beschäftigten darlege, sei nicht unbeachtlich, da der Kläger, wie dargestellt, keine Ortskraft sei. Bei entsandten Kräften werde dagegen von der nicht ständigen Ansässigkeit ausgegangen, bis eine gegenteilige Mitteilung des Leiters der Mission erfolge. Eine solche liege dem Beklagten nicht vor. Das Nichtvorhandensein einer Ansässigkeitsbescheinigung werde vorliegend auch nicht durch „besondere Umstände” überlagert, denn der Kläger habe lediglich Jahresverträge und halte sich zudem erst seit 1994 in der Bundesrepublik auf. Ihr, der Kläger, Wohnhaus sei aufgrund der Höhe der Mieten angeschafft worden und ohne nennenswerten Verlust zu veräußern; ein Makler sei bereits mit dem Verkauf beauftragt. § 3 Nr. 29 EStG trete hinter die Bestimmungen von WÜD und WÜK zurück. Hilfsweise sei auf § 19 Abs. 1a DBA-USA abzustellen, wonach das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Klägers allein den USA zustünde. Nach dem Wortlaut der Regelung sowie einer Auslegung anhand Art. 15 Abs. 2 DBA-USA 1965 schließe dies auch ein Besteuerungsrecht in Gestalt des Progressionsvorbehalts aus. Gegenteiliges ergebe sich schließlich nicht aufgrund von Art. 23 Abs. 2 DBA-USA, denn dieser setze ein Besteuerungsrecht auf Grundlage des § 19 Abs. 1a DBA-USA voraus und sei daher nicht anwendbar.

    In ihren letzten Schriftsätzen vertreten die Kläger nunmehr die Auffassung, nach Prüfung der Arbeitsverträge sei entgegen erster Auffassung nicht von einer Entsendung des Klägers auszugehen. Sie schließen sich daher der Auffassung des Beklagten an, er sei in den streitbefangenen Jahren in Deutschland als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig anzusehen. Gleichwohl könne der Progressionsvorbehalt aus den genannten Gründen des DBA-USA keine Anwendung finden. Auch nach dem WÜD/WÜK wäre der Kläger wegen § 1 Abs. 1 EStG im übrigen als im Inland unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln. Zum einen stelle das WÜD/WÜK lediglich Voraussetzungen für die sachliche Steuerpflicht auf, zum andern handele es sich bei diesen Regelungen nicht um vorrangiges Völkergewohnheitsrecht. Die eventuell entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sei wegen der sich hieraus ergebenden verfassungsrechtlichen Benachteiligung für die Ehe der Kläger nicht übertragbar. Soweit eine Einbeziehung der Einkünfte des Klägers in den Progressionsvorbehalt erfolgen sollte, müssten im übrigen noch erhebliche Werbungskosten, insbesondere Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, berücksichtigt werden.

    3) Einkommensteuer 2000

    Durch Bescheid vom 21. September 2001 hat der Beklagte die Einkommersteuer für das Jahr 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 18.001,– DM festgesetzt. Bei der Berechnung des Steuersatzes hat er ausländische Einkünfte in Höhe von 57.045 DM einbezogen.

    Die Kläger beantragen,

    abweichend von den Bescheiden vom 16.12.1999 und vom 02.11.2000 sowie den dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 14.02.2001 und abweichend von dem Bescheid vom 21.09.2001 die Einkommensteuer 1998 bis 2000 ohne Anwendung des Progressionsvorbehalts festzusetzen

    sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    Ausgehend von den Angaben des Klägers zur Anstellung durch das amerikanischen Innenministerium bezweifelt er, dass dieser als ein „Mitglied des … Personals der Mission” im Sinne von Art. 37 Abs. 2 WÜD oder als eine im Dienst einer ausländischen Vertretung stehende Person im Sinne von § 3 Nr. 29a EStG angesehen werden könne. Falls die Vorschriften aber anwendbar wären, käme es auf dessen „ständige Ansässigkeit” an. Für diese spreche auch der Schulbesuch des gemeinsamen Kindes am Wohnort sowie das eigene Haus der Kläger mit Anschaffungs- und Herstellungskosten in Höhe von 446.000,– DM. Einer Ansässigkeits- oder Nichtansässigkeitsbescheinigung käme vor dem Hintergrund dieser Tatsachen keine konstitutive Bedeutung zu. Im übrigen werde der Progressionsvorbehalt nicht durch Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA ausgeschlossen, die Berechtigung dazu folge vielmehr aus Art. 23 Abs. 2a DBA-USA.

    Gründe

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Mit dem Erlass des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2000 ist dieser Bescheid entsprechend § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Stelle der hier auch angegriffenen Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung 2000 getreten; die Einwände der Kläger gegen diesen Bescheid entsprechen denen gegen die Vorauszahlung (vgl. Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 03.12.2002 – IX R 71/00 –, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2003, 600).

    Die Einkommensteuerbescheide vom 16.12.1999 und vom 02.11.2000 sowie die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 14.02.2001 und der Einkommensteuerbescheid vom 21.09.2001 – betreffend die Einkommensteuer 1998 bis 2000 – sind rechtmäßig und verletzen die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz FGO.

    Der Kläger ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte hat aber dessen Bezüge als technischer Angestellter der Botschaft der Vereinigten Staaten in L… zutreffend auf Grund von Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA als steuerfrei behandelt und gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG im Wege des Progressionsvorbehaltes bei der Bemessung des Steuersatzes berücksichtigt; dessen Anwendung ist aufgrund des Art. 23 Abs. 2 DBA-USA zulässig. Darüber hinaus kann die Klage auch deshalb keinen Erfolg haben, weil der Beklagte den Progressionsvorbehalt nicht auf das zu versteuernde Einkommen des Klägers, sondern im Rahmen der Zusammenveranlagung auf die Einkünfte der Klägerin angewandt hat und insoweit das DBA-USA nicht berührt wird.

    Die Bezüge des Klägers sind nicht nach dem WÜD von der steuerlichen Erfassung in Deutschland ausgeschlossen. Nach Art. 37 Abs. 2 WÜD genießen zwar Mitglieder unter anderem des technischen Personals der Mission, dem auch der Kläger als Hausmeister zuzurechnen ist, die in Art. 29 bis 35 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten, darunter auch die Steuerbefreiung des Art. 34 WÜD. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sie nicht im Empfangsstaat ständig ansässig sind. Der dem Völkerrecht entnommene Begriff der ständigen Anwesenheit knüpft nicht an die Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht einer Person an, sondern er stellt neben ihren Aufenthalt auch auf den Aufenthaltsgrund ab. Die Verwaltungspraxis geht dabei davon aus, dass unter anderem zu prüfen ist, ob über das Arbeitsverhältnis der Person mit dem fremden Staat hinaus weitere Gründe für ihren Aufenthalt im Inland vorliegen. Umstände, die bei anderen Steuerpflichtigen für eine Ansässigkeit sprechen, wie zum Beispiel Eheschließung mit einem deutschen Partner oder Immobilienerwerb, reichen für sich allein nicht für die Annahme einer ständigen Ansässigkeit aus (vgl. zu einem entsandten Konsularbeamten: Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 17.10.1994 – V 43/93 –, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1995, 440; bestätigt durch BFH, Urteil vom 13.11.1996 – I R 119/95 –, BFH/NV 1997, 664). Vielmehr ist nach der Verwaltungspraxis vor allem danach zu unterscheiden, ob es sich bei der Person um eine „Ortskraft” oder um einen „entsandten Bediensteten” handelt. Somit werden alle von den ausländischen Vertretungen am Ort eingestellten Bediensteten (Ortskräfte) ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit als in der Bundesrepublik Deutschland „ständig ansässig” angesehen, es sei denn, der Leiter der ausländischen Mission legt im Einzelfall ausdrücklich dar, dass und aus welchen Gründen die betreffende Ortskraft sich nur vorübergehend in der Bundesrepublik aufhält oder die Absicht hat, später in den Entsendestaat zurückzukehren oder in ein drittes Land auszuwandern. Für den umgekehrten Fall, dass ein von einem Entsendestaat in die Bundesrepublik „entsandter Bediensteter” die Absicht bekundet, ständig hier zu bleiben, ist von einer ständigen Ansässigkeit auszugehen, wenn der Leiter der Mission eine entsprechende Mitteilung macht. Hinsichtlich der „entsandten Bediensteten” ist diese Verwaltungspraxis seitens des Bundesfinanzhofes ausdrücklich gebilligt worden (BFH, Urteil vom 13.11.1996 – I R 119/95 –, a.a.O.).

    Bezogen auf den Kläger ist von seiner ständigen Ansässigkeit in der Bundesrepublik auszugehen, denn zum einen ist er nach der Überzeugung des Senats als „Ortskraft” der amerikanischen Botschaft in L… anzusehen, zum anderen liegt eine dem entgegenstehende Mitteilung des Leiters der Mission nicht vor. In dem vom Kläger in beglaubigter Übersetzung vorgelegten Arbeitsvertrag vom 19.10.1994 wird als „vertragsschließende Dienststelle” ausdrücklich die Verwaltung der US-Botschaft in L… benannt. Weiter ist angegeben, dass „Regionale Beschaffungs- und Hilfsdienste Amerikanische Botschaft – Bonn” mit der Verwaltung des Vertrages betraut sind. Schließlich wird unter Teil A, III. ausgeführt, dass die Vergütung von der „Botschaft” gezahlt wird. Diese Merkmale des Vertrages lassen erkennen, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen aus den Vereinigten Staaten „entsandten Bediensteten” handelt, der durch den Entsendestaat in ein anderes Land versetzt werden könnte, sondern vielmehr um eine vor Ort eingestellte Person, deren Vertragsbeziehung sich auf den Ort der Tätigkeit bezieht. Die entsprechende Verwaltungspraxis, diese Personen als in Deutschland ständig ansässig zu behandeln, steht nach Auffassung des Senats mit den völkerrechtlichen Grundlagen, die – wie ausgeführt – nach der ständige Ansässigkeit differenzieren, in Einklang.

    Kann der Kläger danach die Steuerfreiheit aufgrund der Art. 37 Abs. 3, 34 WÜD nicht beanspruchen, sind seine Bezüge jedoch gemäß Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA von der Steuer befreit. Nach dieser Vorschrift sind Löhne, Gehälter und ähnliche Vergütungen, die die Vereinigten Staaten, ihre Einzelstaaten oder Gebietskörperschaften an natürliche Personen, ausgenommen deutsche Staatsangehörige, zahlen, in der Bundesrepublik Deutschland steuerbefreit. Hierunter fällt, wie der Beklagte seinen Einkommensteuerbescheiden zu Recht zugrundegelegt hat, auch die Vergütung, die der Kläger von der US-Botschaft für seine Tätigkeit als Hausmeister erhält. Auch wenn sich – der Auffassung der Kläger entsprechend – bereits unmittelbar aufgrund dieser (Verteilungs-) Norm und nicht erst wegen Art. 23 Abs. 2 lit. a) Satz 1 DBA-USA die Rechtsfolge der Steuerbefreiung ergibt, folgt daraus nicht, dass der Beklagte die Bezüge des Klägers bei der Bemessung des deutschen Steuersatzes nicht berücksichtigen durfte (Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 30.04.1996 – 8 K 19/95 –, EFG 1996, 931; Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 23.02.2000 – VII 311/99 –, zitiert nach JURIS; vgl. auch Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 3. Aufl. 1996, Art. 23 Rdn. 206 und 208). Vielmehr belässt Art. 23 Abs. 2 lit. a) DBA-USA der Bundesrepublik Deutschland den Progressionsvorbehalt. Nach dieser Norm werden,

    ” soweit Buchstabe b nichts anderes vorsieht, … von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen in den Vereinigten Staaten … ausgenommen, die nach diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden können. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die so ausgenommenen Einkünfte … bei der Festsetzung ihres Steuersatzes zu berücksichtigen. ”

    Satz 1 dieser Regelung erfasst alle Einkünfte aus Quellen in den Vereinigten Staaten, die „nach diesem Abkommen” in den Vereinigten Staaten besteuert werden können. Dadurch werden auch die in Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA bezeichneten Einkünfte in den Regelungsbereich aufgenommen, denn bei Art. 19 DBA-USA handelt es sich um eine der „Verteilungsnormen”, die das Besteuerungsrecht den Vereinigten Staaten zuweisen. Eine Einschränkung auf diejenigen Einkünfte, die nicht bereits unmittelbar durch eine Verteilungsnorm in der Bundesrepublik Deutschland von der Steuer befreit sind, enthält die Regelung nämlich nicht. Denn der Wortlaut bezieht mit der Formulierung „nach diesem Abkommen” (vgl. hierzu Vogel, a.a.O., Art. 23 Rdn. 206) ausdrücklich alle Fälle in den Anwendungsbereich ein, in denen die Besteuerung dem Quellen- oder Belegenheitsstaat eingeräumt ist. Mit dem Verweis auf „die so ausgenommenen Einkünfte” nimmt Satz 2 der Regelung den so definierten Anwendungsbereich auf und räumt damit der Bundesrepublik Deutschland das Recht ein, die betreffenden Einkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes, also im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen. Dementsprechend findet der Progressionsvorbehalt auch auf die unter Art. 19 Abs. 1 lit. a) DBA-USA fallenden Einkünfte des Klägers Anwendung (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 30.04.1996 – 8 K 19/95 –, a.a.O.; Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 23.02.2000 – VII 311/99 –, a.a.O.; s.a. Wingert/Krause, Handkommentar der wichtigsten DBA, 1993, DBA-USA, Anm. zu Art. 23). Demgegenüber ist die Berufung der Kläger auf das sogenannte Kassenstaatsprinzip und die Qualifizierung des Art. 23 DBA-USA als Methodenartikel nichtssagend, weil bloße Begriffsjurisprudenz und nur alternativ, d. h. ohne Begründung. Die Kläger verkennen in jeder Hinsicht, dass Art. 23 Abs. 2 lit. DBA-USA eine Vermeidungsnorm darstellt, die ausdrücklich die nach Art. 19 DBA-USA steuerfreien Einkünfte unter dem Progressionsvorbehalt stellt und damit die leistungsfähigkeitsgerechte Bemessung des Tarifs – zudem bei der Klägerin – herstellt (vgl. treffend dazu Jakob, Einkommensteuer, 2. Auflage, § 10 Tz. 4,10). Ein Verstoß gegen Art. 6 Grundgesetz liegt darin selbstverständlich nicht.

    Zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung können sich die Kläger ferner nicht auf Art. XV Abs. 2 DBA-USA 1954/1965 berufen, denn mit dem Inkrafttreten des DBA-USA 1989 ist das vorangegangene Abkommen außer Kraft getreten und durch die neue Regelung ersetzt worden. Unabhängig davon war die amerikanische Steuerverwaltung der Auffassung, Art. XI Abs. 1 lit. a), XV Abs. 1 lit. b), Abs. 2 DBA-USA 1954/1965 schließe die Geltendmachung des Progressionsvorbehaltes bei der deutschen Besteuerung nicht aus (vgl. Nachweis bei Vogel, a.a.O., Art. 23 Rdn. 220). Aus der bisherigen Regelung lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, die Vereinigten Staaten hielten den Progressionsvorbehalt bei Zahlungen aus ihren öffentlichen Kassen grundsätzlich für unanwendbar.

    Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der die in § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG enthaltene Einschränkung, dass das jeweils einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen einen Progressionsvorbehalt „erlauben” muss – Vorbehalt der Einbeziehung der Einkünfte bei der Berechnung der Einkommensteuer im Doppelbesteuerungsabkommen –, als überflüssig ansieht (BFH, Urteil vom 19.12.2001 – I R 63/00 –, Deutsches Steuerrecht [DStR] 2002, 439, 441). Danach ist die Regelung in einem materiellrechtlichen Sinn dahin zu verstehen, dass das jeweils einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen der Anwendung des § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht ausdrücklich entgegenstehen bzw. sie nicht verbieten darf. So verstanden ist eine ausdrücklich Erlaubnisnorm innerhalb des Doppelbesteuerungsabkommens nicht erforderlich, weshalb § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG mangels Verbots der Anwendung im DBA-USA, insbesondere in dessen Art. 19 Abs. 1 lit. a) schon deshalb ohne weiteres anwendbar ist.

    Ist danach der Progressionsvorbehalt auf die Einkünfte des Klägers anwendbar, so kann die Klage auch deshalb keinen Erfolg haben, weil der Beklagte den Progressionsvorbehalt nicht auf das zu versteuernde Einkommen des Klägers, sondern im Rahmen der Zusammenveranlagung auf das gemeinsame zu versteuernde Einkommen, mithin auf die Einkünfte der Klägerin angewandt hat. Die Klägerin ist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und bezieht hier steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die vom DBA-USA nicht erfasst werden. Dementsprechend kann das DBA-USA für die Frage der Anwendung des Progressionsvorbehaltes auf diese Einkünfte keine Bedeutung haben. Vielmehr haben es die Kläger selbst in der Hand, durch Antrag auf getrennte Veranlagung die Anwendung des Progressionsvorbehaltes auf die Einkünfte der Klägerin zu vermeiden.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Entscheidung der Rechtsprechung der Finanzgerichte entspricht und die Frage, ob das DBA-USA auf inländische Einkünfte des deutschen Ehegatten eines amerikanischen Staatsangehörigen Anwendung findet, nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG 1997 § 1, EStG 1997 § 32b Abs. 1 Nr. 3, DBA USA Art. 19 Abs. 1 Buchst. A, DBA USA Art. 23 Abs. 2, DiplBezÜbk Art. 37 Abs. 2