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  • 29.10.2014 · IWW-Abrufnummer 143168

    Landgericht Aachen: Urteil vom 04.04.2014 – 9 O 593/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Aachen

    9 O 593/10

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand:

    Der Kläger macht Ansprüche auf Versicherungsleistung wegen eines angeblich gestohlenen Porsche-Oldtimers geltend.

    Auf den Kläger war seit 2004 ein Porsche 911, Erstzulassung 01.01.1973, Fahrzeug-Ident Nr. ## zugelassen. Bei der Zulassung hatte der Kläger bewusst fälschlicherweise angegeben, dieses Fahrzeug von dem Großvater seiner Frau 1997 erworben zu haben. Es wurde vom Kläger ein von ihm selbst unter Mitwirkung des inzwischen verstorbenen Großvaters seiner Ehefrau, Herrn I, im Jahr 2000 erstellter, nicht der wahren Tatsachenlage entsprechender und auf das Jahr 1997 rückdatierter Schein-Kaufvertrag vorgelegt.

    Auf Betreiben des Klägers wurde eine Expertise des Sachverständigenbüros I1 zu dem später angeblich entwendeten Fahrzeug erstellt, nach welcher das Fahrzeug einen Wiederbeschaffungswert von 205.000 € hatte.

    Ab dem 29.10.2007 hatte der Kläger den Porsche bei der Beklagten haftpflicht- und teilkaskoversichert. Die Teilkaskoversicherung sieht eine Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000 € vor. Der Marktwert des Fahrzeugs wurde bei einer von der Beklagten veranlassten Oldtimer-Bewertung mit 205.000 € bestimmt. Dem Vertrag mit der Versicherungsschein-Nr. ### liegen die AKB der Beklagten mit den Teilen „Allgemeine Bestimmungen, Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und Fahrzeugversicherung – Sonderbedingungen für die Oldtimerversicherung“ zugrunde.

    Am 28.06.2008 meldete der Kläger vom E-Hotel in der Nähe des Nürburgrings aus bei der Polizeiinspektion Adenau den Diebstahl des versicherten Fahrzeugs. Bei der anschließenden Schadensmeldung gegenüber der Beklagten gab der Kläger nicht an, das Fahrzeug vom Großvater seiner Ehefrau erworben zu haben, sondern von Herrn X S.

    Das Fahrzeug wurde zur Fahndung ausgeschrieben, welche aber ergebnislos verlief. Das Verfahren wurde am 16.02.2009 eingestellt. Die Beklagte lehnte die Zahlung von Versicherungsleistungen mit Schreiben vom 27.04.2009 „mangels nachgewiesenen Schadensereignisses“ ab.

    Mit Schriftsatz vom 18.04.2012 erklärte die Beklagte den Rücktritt von dem Versicherungsvertrag sowie die Anfechtung ihrer zum Abschluss des Vertrags führenden Erklärung wegen arglistiger Täuschung.

    Der Kläger behauptet, das versicherte Fahrzeug – das Highlight seiner Porschesammlung- sei ihm am 28.06.2008 gestohlen worden. Er habe an diesem Tag die überregional bekannte historische Rennsportveranstaltung „Jan-Wellem-Pokal“ / „Oldtimer-Festival“ am Nürburgring besucht. Er habe das versicherte Fahrzeug gegen 09.45 Uhr ordnungsgemäß verschlossen in der ersten Reihe des mit „A2“ gekennzeichneten kostenfreien Rasenparkplatzes der Nürburgring GmbH abgestellt. Bei seiner Rückkehr um ca. 14.00 Uhr habe er das Fahrzeug nicht mehr vorgefunden. Eine Nachfrage bei dem Parkplatzordner habe nichts ergeben.

    Die falschen Angaben bei der Zulassung habe er deshalb gemacht, weil er den Original-Kaufvertrag bei einem Umzug verloren habe und ein Kaufvertrag für die Zulassung vorgelegt werden müsse. Tatsächlich habe er das Fahrzeug im Jahr 1995 für 45.000,00 € von Herrn X S erworben, unter Inanspruchnahme eines Darlehens des Großvaters seiner Frau. Ursprünglich stamme das Fahrzeug aus Italien. Er habe das Fahrzeug später selbst restauriert und in einen einwandfreien Zustand gebracht, wie er aus der Oldtimer-Bewertung der Beklagten bei Abschluss des Versicherungsvertrags hervorgehe. Die Kenntnisse habe er als langjähriger Porschesammler mit eigener Hebebühne. Einzelne Rechnungen könne er nicht vorlegen, da etwaige Rechnungen wegen des Besitzes von mehreren restaurierten Porsche nicht zugeordnet werden könnten. Eine Diebstahlsicherung habe er nicht eingebaut, da diese nicht originalgetreu gewesen wäre und den Wert des Fahrzeugs hätte mindern können. Er könne den Zustand des Fahrzeugs auch mit einer von ihm in Auftrag gegebenen Expertise des Gutachters I1 und dem Gutachten des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen M belegen.

    Selbst wenn die FIN- Nr. im Versicherungsvertrag nicht gestimmt haben sollte wäre jedenfalls das vorhandene Fahrzeug (mit den korrekten Daten) versichert worden, das den angegebenen Wert gehabt habe.

    Das angeblich in Italien aufgefundene identische Fahrzeug sei in Wirklichkeit aus einer anderen Serie und auf diese Spezifikationen umgebaut. Der gestohlene Porsche sei der echte gewesen.

    Der Kläger beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 204.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 153.750 € seit dem 16.09.2008 und aus weiteren 50.250 € seit dem 16.04.2009 zu zahlen,

    2. die Beklagte zu verurteilen, weitere 3022,70 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise hiervon freizustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie behauptet, dass der Nachweis für das Vorliegen des behaupteten Diebstahls nicht erbracht worden sei. Die vom Kläger vorgetragenen Umstände des Geschehens – Abstellen des teuren Porsches auf Rasenparkplatz etc. – seien nicht plausibel. Zeugen für seinen Aufenthalt am Nürburgring und das Verschwinden des Fahrzeugs gebe es nicht.

    Der Kläger sei nicht Eigentümer des Porsche. Insbesondere behauptet sie, der (einmalige) Porsche 911, Erstzulassung 01.01.1973, Fahrzeug-Ident Nr. ## befinde sich im Eigentum von M1 C. Dieser habe das Fahrzeug im Jahre 1973 erworben und auf seinen Namen zugelassen und seit dieser Zeit ununterbrochen in seinem Heimatort Q, Italien, im Besitz gehabt. Der Kläger könne deshalb nicht gleichzeitig einen identischen Porsche besessen haben, dessen Diebstahl er nun behauptet. Der angebliche Vorbesitzer Herr S habe ihm außerdem das Fahrzeug nicht verkauft und kein derartiges Fahrzeug besessen.

    Laut eines Schlüsselgutachtens vom 25.07.2008 hätten sich die Originalschlösser des angeblich gestohlenen Porsche zudem nicht mit den vom Kläger vorgelegten Schlüsseln öffnen lassen.

    Das Porschezertifikat, die „Geburtsurkunde“ des Fahrzeugs, beruhe auf einer Verfälschung von Daten durch den Kläger.

    Bei dem angeblich gestohlenen Fahrzeug könnte es sichum eine Fälschung/einen Nachbau gehandelt haben.

    Selbst wenn dem Kläger ein Fahrzeug am maßgeblichen Tag entwendet worden sei, so habe es sich um ein anderes Fahrzeug gehandelt, das jedenfalls weniger wert gewesen sei.

    Das Fahrzeug sei auch nicht 205.000 € wert. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger die behauptete aufwendige Restauration alleine durchgeführt habe, da er über keine entsprechende Ausbildung verfüge und Nachweise wie Fotos ebenfalls fehlen, obwohl unter Oldtimerliebhabern die Dokumentation von Restaurationsarbeiten üblich sei. Es sei auch unwahrscheinlich, dass im Rahmen einer aufwendigen Restauration keine Alarmanlage oder Wegfahrsperre eingebaut worden sei.

    Der Kläger habe seine Obliegenheiten verletzt, da er in der Schadensanzeige wahrheitswidrig Hr. S als Verkäufer angegeben habe, weshalb eine Ersatzpflicht der Beklagten ausgeschlossen sei.

    Der Sachverständige M habe sich bei seinem Kurzgutachten auf das bereits privat erstellte Gutachten des SV I1 und vorgelegte Unterlagen gestützt. Die Durchführung der Restauration durch den Kläger ergebe sich deshalb aus dem Kurzgutachten nicht. Für das erste Gutachten sei ein vom Kläger verfälschtes Zertifikat des Herstellers maßgeblich gewesen.

    Die Beklagte ist der Ansicht, aufgrund erheblicher Indizien für eine vorgetäuschte Entwendung müsse der Kläger den vollen Nachweis für die Entwendung ohne Beweiserleichterungen erbringen.

    Insgesamt sei der Kläger aufgrund der erwiesenen Täuschung der Zulassungsbehörde etc. nicht glaubwürdig.

    Die Beklagte befinde sich nicht in Verzug.

    Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei wegen wegen Täuschung über die Identität des Fahrzeugs und die Angabe einer falscher FIN zum Rücktritt und zur Anfechtung des Versicherungsvertrages berechtigt.

    Mit Schreiben vom 02.09.2008 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung eines Vorschusses i.H.v. 153.750 € unter Fristsetzung bis zum 15.09.2008 auf. Mit Schreiben vom 30.03.2009 forderte er die Beklagte erfolglos zur Zahlung von 205.000 € unter Fristsetzung bis zum 15.04.2009 auf.

    Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17.06.2011. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 09.12.2011 und vom 16.03.2012 Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist unbegründet.

    Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 204.000 € aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 13 AKB i.V.m. § 4 der Sonderbedingungen zur Oldtimerversicherung zu.

    Ein Diebstahl des Porsche ist nicht bewiesen.

    Die Rechtsprechung gewährt dem Versicherungsnehmer, der grundsätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen seines Anspruchs beweisen muss (BGH VersR 1987, 1007), in Entwendungsfällen Beweiserleichterungen, weil in der Regel keine Zeugen zur Verfügung stehen, die einen behaupteten Diebstahl bestätigen könnten. Es ist als genügend anzusehen, dass der Versicherungsnehmer Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich das äußere Bild eines versicherten Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt. Erforderlich ist insoweit, dass der Versicherungsnehmer beweist, das Fahrzeug an bestimmter Stelle abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden zu haben (BGH r + s 1995, 288 = VersR 1995, 909; BGH VersR 1993, 571 = r+s 1993, 169; BGH VersR 1991, 1047 = r+s 1991, 249; ausführlich: Römer NJW 1996, 2329 ff m. Nachw. zur Rechtsprechung). Hinsichtlich dieser Minimaltatsachen ist allerdings der Vollbeweis zu erbringen (BGH r+s 1993, 169 = VersR 93, 571). Beweiserleichterungen gibt es insoweit nicht.

    Der erforderliche Beweis ist nicht geführt.

    Zeugen, die einen behaupteten Diebstahl bestätigen könnten, gibt es nicht. Der Kläger kann durch seine eigenen Angaben das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung nicht nachweisen. Denn nur ein uneingeschränkt glaubwürdiger Versicherungsnehmer kann den erforderlichen Nachweis durch seine eigenen Angaben führen (OLG Köln r+s 2004, 186). Vorliegend fehlt es an der insoweit erforderlichen Redlichkeit des Klägers. Denn zum einen hat er zwecks Zulassung des Porsche einen fingierten (gefälschten) Kaufvertrag vorgelegt. Zum anderen hat er zwecks Erlangung einer Geburtsurkunde für den Porsche an einer Kopie der englischen Zulassung eine Ziffer der FIN abgeändert und die Kopie dann per Telefax an Porsche übermittelt. Unter diesen Umständen bestehen ernsthafte Bedenken an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Denn es zeigt sich, dass er bereit ist, zu täuschen.

    Unabhängig davon, dass der Kläger mangels Redlichkeit den Beweis des äußeren Bildes einer Fahrzeugentwendung nicht liefern kann, sprechen auch weitere Anhaltspunkte gegen das äußere Bild eines Diebstahls. So bestehen Zweifel daran, dass der Kläger den Porsche erworben hat. Denn die Zeugin S-M2 hat zweimal ausdrücklich bestätigt, dass sie einen Herrn Q nicht kenne. Überdies ergibt sich nach dem Ermittlungsbericht des Detektivs N vom 05.04.2012, dass ein Porsche mit identischer FIN und identischem Herstellungsjahr am 08.08.1973 auf einen Herren M1 C zugelassen wurde. Einen Halterwechsel oder einen Export des Fahrzeugs aus Italien gab es nicht. Der Ermittlungsbericht wird untermauert durch Fotos des Fahrzeugs und Kopien von italienischen Zulassungspapieren. Da die Verwendung derselben FIN nach Einschätzung des Gerichts, welche auch das Kraftfahrtbundesamt teilt, auch in den siebziger Jahren regelmäßig nicht doppelt vergeben wurde, spricht vieles dafür, dass ein Fahrzeug eine Fälschung ist. Unter Berücksichtigung, dass der Kläger eine Ziffer der FIN in der Kopie der englischen Zulassung abänderte, während ein ähnliches Fehlverhalten des Herrn C nicht bekannt ist, spricht vieles dafür, dass es sich bei dem von dem Kläger als gestohlen gemeldeten Porsche um eine Fälschung handelte. Der Vortrag des Klägers ist zudem bezüglich des Abstellens des Porsche auf der mit Schlaglöchern versehenen unbewachten und als Behelfsparkplatz genutzten Wiese widersprüchlich. Denn bei seiner Aussage vor dem Polizeipräsidium Koblenz vom 29.06.2008 hat dennoch erklärt, dass er deswegen auf diesem Parkplatz A2 geparkt habe, da er davon ausgegangen sei, dass die näher gelegenen Parkplätze A6 und A7 gebührenpflichtig seien. Demgegenüber erklärte er im Schriftsatz vom 14.04.2011, dass er auf dem Parkplatz A2 geparkt habe, da er von Ordnern dorthin verwiesen worden sei, da er Besucher und nicht Teilnehmer gewesen sei.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1, 2 ZPO.

    Der Streitwert wird auf 204.000 € festgesetzt.