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  • 23.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141563

    Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 05.02.2014 – 12 O 336/12 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Düsseldorf

    12 O 336/12 U

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Tatbestand:

    Der Kläger ist die Verbraucherzentrale des Landes Nordrhein-Westfalen in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers gehört es u.a. gem. Ziff. 2.2 der Satzung, „Rechte der Verbraucher/-innen wahrzunehmen und Verstöße […] gegen das AGB-Gesetz […] auch durch Einleitung gerichtlicher Maßnahmen […] zu verfolgen“.

    Der Kläger ist ferner unter der laufenden Nr. 72 in die Liste qualifizierter Einrichtung gemäß § 4 UKlaG beim Bundesamt für Justiz eingetragen.

    Die Beklagte ist eine Rechtsschutzversicherung in der Rechtsform einer AG. In ihren Rechtsschutzversicherungsverträgen gegenüber Verbrauchern verwendet die Beklagte in § 3 Abs. 2 f. ihrer ARB 2002, 2004 und 2006 die nachfolgende Klausel:

    „Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin-, Options-, oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften, Gewinnsversprechen sowie Kapitalanlagegeschäften aller Art.“

    Im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit beruft sich die Beklagte zur Ablehnung ihrer Einstandspflicht auf diese Klausel.

    Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel in § 3 Abs. 2 f. der ARB sei unwirksam. Zum einen existiere keine verbindliche rechtliche Definition des Begriffes des „Kapitalanlagegeschäfts“, so dass die Reichweite des Ausschlusses für den Verbraucher nicht klar erkennbar sei. Darüber hinaus sei der Leistungsausschluss im Hinblick auf den Zuschnitt der Klausel, in welcher der Ausschluss für „Kapitalanlagegeschäfte aller Art“ am Ende nach Aufzählung deutlich riskanterer Typen von Geschäften genannt wird, für den Vertragspartner überraschend.

    Der Kläger beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft, es zu unterlassen, die nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Rechtsschutzversicherungsverträge zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

    „Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin-, Options-, oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften, Gewinnsversprechen sowie Kapitalanlagegeschäften aller Art.“

    2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 250,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte ist der Ansicht, der Begriff des Kapitalanlagegeschäftes sei hinreichend klar bestimmt, insbesondere aufgrund der Verwendung des Begriffs “Kapitalanleger“ in § 8b Abs. 1 Nr. 8 HGB, § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG), § 1 Abs. 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes sowie durch die amtliche Überschrift zu § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug) und der Geschäftsverteilung zwischen dem XI. und II. bzw. III. Senat des Bundesgerichtshofs, und sei somit für den Verbraucher verständlich. Die Wirksamkeit der Klausel sei von verschiedenen Gerichten im Rahmen entsprechender Deckungsklagen bestätigt worden. Auch sei eine inhaltlich gleichlautende Risikoausschlussklausel vom Ombudsmann für Versicherungen geprüft und nicht beanstandet worden (VersR 2009, 1487, Anlage B6, Bl. 99 GA)

    Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Dem Kläger steht hinsichtlich der Klausel in § 3 Abs. 2 f der ARB der Beklagten kein Unterlassungsanspruch gem. § 1 UKlaG zu.

    Die beanstandete Klausel stellt sich als wirksam dar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und § 305c BGB vor.

    1.

    Es liegt kein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Die Klausel ist im Hinblick auf den Begriff des „Kapitalanlagegeschäfts“ nicht unklar formuliert.

    Der Verwender von AGB-Klauseln ist durch das Transparenzgebot verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, einfach und präzise darzustellen, wobei auf den durchschnittlichen Vertragspartner abzustellen ist (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 73. Aufl., § 307, Rn. 21 m.w.N.). Hinsichtlich der Verwendung juristischer Fachtermini in Versicherungsbedingungen ist zudem zu berücksichtigen, dass Fachbegriffe, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, als objektive Verständnisvorgabe für die Auslegung von Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ausscheiden (BGH NJW 2013, 2739 Rz. 21).

    Wenngleich für den Begriff des „Kapitalanlagegeschäfts“ keine Legaldefinition existiert, ist dieser Begriff nach Auffassung der Kammer in der Rechtssprache dennoch hinreichend fest umrissen, um in einem für die Beklagte zumutbaren Maß Aufschluss über den Umfang der streitgegenständlichen Ausschlussklausel und damit über die Reichweite des Versicherungsschutzes zu geben.

    Während die Verwendung der Begriffe „Kapitalanlage“ sowie „Kapitalanleger“ in der Rechtssprache, u.a. durch Erwähnung in zahlreichen gesetzlichen Vorschriften, üblich ist, tritt durch den Zusatz „-geschäft“ auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nach seinem Sprachverständnis deutlich hervor, dass es sich bei „Kapitalanlagegeschäften“ um Verträge über eben solche „Kapitalanlage“ handelt. Insoweit entspricht der Begriff letztlich auch den „Anlagegeschäften“ im Sinne von § 264a StGB, was nicht zuletzt aus der amtlichen Überschrift „Kapitalanlagebetrug“ folgt.

    Ein anderes Verständnis dieses Begriffs wird auch nicht aus der konkreten Formulierung in § 3 Abs. 2 f. der ARB der Beklagten durch den direkten Zusammenhang mit „Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin-, Options- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften, Gewinnversprechen“ erzielt. Auch durch die Nennung von Geschäftsarten, die in der Regel mit einem hohen Risiko verbunden sind, ist der in diesem Zusammenhang aufgeführte Begriff des „Kapitalanlagegeschäfts“ nicht dahingehend zu verstehen, dass nur Geschäfte mit einer vergleichbaren Risikostufe erfasst werden sollen. Insoweit ist der Begriff der Kapitalanlage für sich genommen bereits derart eindeutig, dass sich nach Auffassung der Kammer auch durch diese weiteren Kategorien nichts Abweichendes ergibt.

    Die Verwendung des Begriffs „Kapitalanlagegeschäfts“ im Rahmen der streitgegenständlichen Ausschlussklausel, die für Kapitalanlagegeschäfte „aller Art“ gilt, ist schließlich auch nicht vergleichbar mit der Formulierung, die der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2013, 2739) zugrunde lag. Die dortigen Ausschlusstatbestände bezogen sich auf die „Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen)“ sowie auf die „Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)“.

    Abgesehen davon, dass der Begriff des „Kapitalanlagegeschäfts“ für den Durchschnittsempfänger wesentlich verständlicher ist als der vom BGH für unzulässig erachtete Begriff der „Effekten“, ergaben sich bei dem letztgenannten Ausschlusstatbestand die Unklarheiten gerade im Hinblick auf die dortige Einschränkung „auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind“. Eine derartige Einschränkung ist in der streitgegenständlichen Klausel nicht enthalten. Ausgehend vom hinreichend klar umrissenen Begriff des „Kapitalanlagegeschäftes“ wird ein Rechtsschutz ausnahmslos für sämtliche dieser Geschäfte ausgeschlossen.

    Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch die Bezugnahme der Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Beratungspflichten in Bezug auf Kapitallebensversicherungen (u.a. BGH NJW 2012, 3647). Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 31.01.2014 die von der Beklagten im Verhandlungstermin am 15.01.2014 geäußerte Rechtsansicht rügt, betrifft dies lediglich die Interpretation des genannten Urteils. Es offenbaren sich hierdurch hingegen keine Schwierigkeiten bei der Auslegung der streitgegenständlichen Ausschlussklausel.

    2.

    Ferner stellt sich die beanstandete Klausel auch nicht als überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB dar.

    Gemäß § 305c Abs. 1 BGB werden solche Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil, die nach den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Dies wiederum setzt zum einen die Ungewöhnlichkeit der Klausel, zum anderen ein Überraschungsmoment des Vertragspartners voraus.

    Die Verwendung von Ausschlussklauseln ist im Rahmen eines Rechtsschutzversicherungsvertrages grundsätzlich nicht als ungewöhnlich zu beurteilen. Der Ausschuss für bestimmte Rechtsgebiete oder Lebensbereiche, für welche die Deckung der Rechtsschutzversicherung nicht bestehen soll, ist häufig in Rechtsschutzversicherungsverträgen festgelegt und steht dem Leitbild eines solchen Versicherungsvertrages nicht entgegen.

    Entsprechendes gilt grundsätzlich auch für den konkreten streitgegenständlichen Ausschluss des Bereichs der Kapitalanlagegeschäfte. Wie sich aus dem vorstehend beschriebenen Verständnis des Begriffs des Kapitalanlagegeschäfts ergibt, handelt es sich zwar inhaltlich um einen weitgefassten Leistungsausschluss. Dieser steht jedoch nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht im Widerspruch zu dem Zweck eines Rechtsschutzversicherungsvertrages.

    Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Leistungsausschluss für Kapitalanlagegeschäfte nur in Zusammenhang mit weiteren und zum Teil hochriskanten Geschäften, bei denen ein Ausschluss des Versicherungsschutzes nahe liegender wäre, erwähnt wird. Aus dieser konkreten Formulierung der Klausel ergibt sich jedoch ebenfalls nicht das für § 305c Abs. 1 BGB erforderliche Überraschungsmoment. Zwar kann sich das nach § 305c Abs. 1 BGB erforderliche Überraschungsmoment auch aus der systematischen und ggf. „versteckten“ Position der Klausel (vgl. BGH NJW 2010, 3152, Rz. 27) sowie aus ihrem Zuschnitt (BGH NJW-RR 2004, 780, Rz. 20 m.w.N.) ergeben. Beides ist jedoch bei der angegriffenen Passage der ARB der Beklagten nicht der Fall.

    Wie sich insbesondere aus dem als Anlage B1 (Bl. 79 GA) vorgelegten Gesamtabdruck der ARB der Beklagten ergibt, wird der streitgegenständliche Leistungsausschluss in Zusammenhang mit weiteren, nach Rechtsgebieten unterteilten Ausschlusstatbeständen genannt. Darüber hinaus ist die angegriffene Klausel in § 3 Abs. 2 f. noch vergleichsweise kurz und damit überschaubar gefasst. Wenngleich Kapitalanlagegeschäfte erst am Ende dieser Klausel genannt werden, wird durch die im gesamten § 3 vorgenommene, thematisch getrennte und verhältnismäßig kurz gehaltene Aufzählung von Ausschlusstatbeständen eine hinreichend deutliche Informationen des Verbrauchers erreicht. Für den Kunden ist trotz der zunächst genannten Vertragstypen auch bei oberflächlicher Lektüre noch erkennbar, dass Kapitalanlagegeschäfte generell vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Dabei ist die Kammer der Auffassung, dass auch der letzte Teil dieser noch vergleichsweise kurz gehaltenen Klausel üblicherweise noch mit der erforderlichen Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen wird.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Streitwert: 2.500,00 EUR

    RechtsgebieteBGB, UKlaGVorschriften§ 305c BGB; § 307 Abs. 1 S. 2 BGB; § 1 UKlaG