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  • 24.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142791

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 05.07.2013 – 20 U 79/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Hamm

    20 U 79/13

    Tenor:

    Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

    Gründe

    I.

    Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.

    Das Landgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen, weil der Anspruch auf Übernahme der Kreditraten jedenfalls am Ausschlusstatbestand in § 5 Abs. 1 f AUV scheitert.

    Der Kläger stellt mit der Berufung nicht in Abrede, dass seine Arbeitsunfähigkeit auf einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung i. S. d. § 5 Abs. 1 f AUV beruht.

    Soweit er daran festhält, dass diese Klausel wegen ihres überraschenden Regelungsgehaltes gem. § 305 c Abs. 1 BGB bzw. wegen Intransparenz und unangemessener Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei, tritt der Senat dieser Wertung nicht bei.

    Zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass es für das Verständnis und die Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen wie der streitgegenständlichen Ausschlussklausel auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen und um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ankommt (grds. Prölls/Martin/Prölls, VVG 28. Aufl. 2010, Vorbem. III, Rn. 2). Dass es sich bei dem Kläger um einen „unbedarften“ Versicherungsnehmer handele, ist für die Auslegung der Ausschlussklausel so ohne Relevanz. Im einzelnen gilt zu den vom Kläger erhobenen Wirksamkeitsbedenken daher Folgendes:

    1.

    Überraschend iSd § 305c Abs. 1 BGB ist eine Klausel nur dann, wenn sie eine objektiv ungewöhnliche Regelung enthält, mit der der Versicherungsnehmer nach den Gesamtumständen nicht zu rechnen hatte (Palandt/Grüneberg, BGB 72. Aufl. 2013, § 305c, Rn. 2). Unabhängig vom ggf. objektiv ungewöhnlichen Inhalt der Regelung ist das erforderliche Überraschungsmoment schon dann nicht gegeben, wenn eine ohne weiteres zu verstehende Klausel drucktechnisch so angeordnet ist, dass eine Kenntnisnahme durch den Kunden zu erwarten ist (Palandt aaO, Rn. 3; BGHZ 101, 33, Juris-Rn. 10; NJW 1981, 118, Juris-Rn. 30).

    Hier war der Kläger bereits im Antragsformular zur streitgegenständlichen Versicherung auf den Leistungsausschluss im Falle einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung hingewiesen worden (Bl. 18 d. A.). Zudem sind die Regelungen in § 5 der AVB (Bl. 22 d. A.) und somit auch der Leistungsausschluss für psychische Erkrankungen drucktechnisch durch eine Umrahmung derart deutlich hervorgehoben, dass sie nach den Erkenntnismöglichkeiten eines typischen Durchschnittskunden nicht übersehen werden konnte.

    Vor diesem Hintergrund kommt es für das Eingreifen von § 305 c Abs. 1 BGB nicht mehr darauf an, ob sich die objektive (Un-)Gewöhnlichkeit der Regelung mit Blick auf andere Versicherungszweige beurteilen lässt (so OLG Karlsruhe, VersR 2008, 119, Juris-Rn. 7; OLG Köln, VersR 2011, 201, Juris-Rn. 5), was der Senat angesichts der unterschiedlichen Schutzrichtungen etwa von Arbeitsunfähigkeits- und Unfallversicherung zumindest in Zweifel zieht.

    2.

    Der Leistungsausschluss in § 5 Abs. 1 f AVB ist auch nicht intransparent iSd § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Transparenzgebot verpflichtet den Versicherer, Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers in seinen AVB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (Palandt/Grüneberg, BGB 72. Aufl. 2013, § 307, Rn. 21). Dabei ist wiederum auf die verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abzustellen, der das gesamte ihm zur Verfügung stehende Regelwerk zur Kenntnis nimmt (vgl. o., Palandt aaO, Rn. 23). In der streitgegenständlichen Ausschlussklausel ist formuliert „Im Arbeitsunfähigkeitsfall erbringt der Versicherer keine Leistungen, wenn der Versicherungsfall verursacht ist: (…) f) durch eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung.“ Diese Formulierung ist ohne größere gedankliche Anstrengung dahin zu verstehen, dass kein Versicherungsanspruch besteht, wenn der Versicherungsfall auf einer psychischen Erkrankung beruht, die behandlungsbedürftig ist. Was daran unklar bzw. unverständlich sein sollte, legt der Kläger nicht dar und ist auch nicht ersichtlich (vgl. OLG Karlsruhe aaO, Juris-Rn. 15). Soweit der Kläger auch in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass er als unbedarfter Versicherungsnehmer mit der Klausel schlicht nicht gerechnet habe und diese sich für ihn im „Kleingedruckten“ versteckt habe, wird auf die Ausführungen zur Frage des Überraschungsmoments verwiesen.

    3.

    Schließlich enthält die Ausschlussklausel auch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers iSd § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass der Leistungsausschluss weder eine Gefährdung des Vertragszwecks noch eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers mit sich bringt.

    Grundsätzlich ist der Versicherer in der Gestaltung des von ihm angebotenen Versicherungsschutzes frei. Eine Gefährdung des Vertragszwecks ist deshalb erst dann anzunehmen, wenn die Leistungseinschränkung den Vertrag soweit aushöhlt, dass er in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos wird (OLG Karlsruhe, VersR 2008, 524, Juris-Rn. 9). Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Leistungspflicht offenbar in einer Vielzahl von Krankheitsfällen erhalten bleibt, auf die der Kläger selber beispielhaft verweist.

    Insoweit ist auch eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers nicht ersichtlich. Denn der Ausschluss psychischer Erkrankungen aus dem Versicherungsschutz dient nicht allein den Interessen des Versicherers, sondern auch denjenigen der Versicherungsnehmer, da eine zuverlässige Tarifkalkulation sowie eine zeitnahe Leistungsprüfung angesichts objektiv fassbarer, möglichst unproblematisch zu diagnostizierenden Erkrankungen deutlich begünstigt wird (OLG Köln, VersR 2011, 201, Juris-Rn. 6; OLG Karlsruhe aaO, Juris-Rn. 13). Dass sich vergleichbare Ausschlussklauseln in der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zwingend finden, ist für die Frage einer unangemessenen Benachteiligung in der Arbeitsunfähigkeitsversicherung schon deshalb nicht ausschlaggebend, weil es hier nur um die Absicherung der vorübergehenden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit geht, während die Berufsunfähigkeitsversicherung dauerhafte Leistungseinschränkungen absichert.

    4.

    Vor diesem Hintergrund kommt eine gesonderte Beratungspflicht der Beklagten im Hinblick auf ihr Regelwerk ersichtlich nicht in Betracht. Die vom Kläger in den Blick genommenen Beratungspflichten bei Kapitalanlageverträgen sind auf den Abschluss einer Arbeitsunfähigkeits- bzw. Restkreditversicherung schon deshalb nicht anwendbar, weil es dabei nicht um die Investition von Vermögenswerten geht, sondern um die Absicherung eines Arbeitsunfähigkeitsrisikos, das mit dem streitgegenständlichen Klauselwerk näher umgrenzt wird.

    II.

    Auf die Kostenreduzierung im Falle einer Berufungsrücknahme wird hingewiesen (KV Nr. 1222).

    RechtsgebietAUVVorschriften§ 5 Abs. 1 Buchst. f) AUV