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  • 26.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131966

    Amtsgericht Bonn: Urteil vom 28.11.2012 – 107 C 63/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Bonn

    107 C 63/11

    Tenor:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 788,99 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2011 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    T a t b e s t a n d:

    Die Parteien streiten um Ansprüche auf Schadensersatz wegen Beschädigung des Personenkraftwagens der Klägerin am 17.01.2011 in einer Tiefgarage in C.

    In der Tiefgarage sind die Parkplätze gegenüber liegend senkrecht zum Fahrkanal angeordnet. Auf einer Seite des Fahrkanals befinden sich parallel zum Fahrkanal Parkplatzformen, welche auf einer Schiene entlang des Fahrkanals verschoben werden können, so dass die dahinter befindlichen Parktaschen befahren werden können. Auf den Plattformen sind Radmulden montiert, in die für ein ordnungsgemäßes Parken die Vorderräder hineingefahren werden sollen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Örtlichkeit wird auf die Lichtbilder (Bl. 98 - 99 GA) Bezug genommen.

    Die parkenden Fahrzeuge sind so auf den Plattformen zu positionieren, dass keine Fahrzeugteile überstehen. Dazu ist das Fahrzeug mit dem vorgesehenen Anfahrkeil /Radmulde an den Rädern der Vorderachse zu positionieren. Bei der Bedienung haben die Nutzer gewissenhaft zu prüfen, ob das Fahrzeug am Anfahrkeil/Radmulde steht und kein Teil über die Plattform übersteht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kurzbedienungsanleitung der Anlage (Bl. 7 GA) Bezug genommen.

    Am vorgenannten Tag parkte der Beklagte zu 1) seinen bei der Beklagten zu 2) pflichtversicherten Personenkraftwagen so weit hinten auf einer der vorgenannten mobilen Plattformen, dass die Anhängerkupplung seines Fahrzeugs über die Plattform hinaus nach hinten ragte.

    Am gleichen Tag parkte die Klägerin ihren Personenkraftwagen der Marke G in der gleichen Tiefgarage. In der Folgezeit wurde das vordere Kennzeichen sowie die vordere Stoßfängerverkleidung des Personenkraftwagens der Klägerin durch eine Berührung mit der Anhängerkupplung des Personenkraftwagens des Beklagten zu 1) eingedrückt.

    Der Beklagte zu 1) hinterließ anschließend am Personenkraftwagen der Klägerin einen handschriftlichen Zettel mit folgendem Inhalt:

    "Beim Parken habe ich auf der Verschiebeplattform etwas zu weit hinten geparkt. Beim Verschieben wurde so ihre Nummernschild eingedrückt. Bitte setzen Sie sich mit mir in Verbindung, damit wir den Schaden regulieren können."

    Nachdem die Klägerin den Schaden festgestellt und den handschriftlichen Zettel gefunden hatte, setzte sie sich mit dem Beklagten zu 1) in Verbindung, der die Angelegenheit seiner Versicherung, der Beklagten zu 2) übergab.

    In der Folgezeit führte die Klägerin ihren Personenkraftwagen beim TÜV Rheinland in O vor, der die Reparaturkosten für den vorgenannten Schaden auf netto 583,23 € kalkulierte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kalkulation vom 01.02.2011 (Bl. 10 -17 GA) Bezug genommen. Für die Kalkulation zahlte die Klägerin einen Betrag von 180,76 €.

    Die Beklagten lehnten das Regulierungsverlangen der Klägerin ab.

    Die Klägerin behauptet, die Plattform, auf der der Personenkraftwagen des Beklagten zu 1) geparkt war, sei in Bewegung gesetzt worden, wodurch es zum Schaden an ihrem Fahrzeug gekommen sei. Zur Reparatur des hierdurch an ihrem Kraftfahrzeug entstandenen Schadens seien Kosten von netto 583,23 € erforderlich. Auch der Betrag von 180,76 € sei die eingeholte Reparaturkostenkalkulation sei erforderlich.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag von

    788,99 € zuzüglich 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem

    25.05.2011 zu zahlen.

    Die Beklagten beantragen,

    die Klage abzuweisen.

    Sie sind der Ansicht, dass die Beklagten bereits dem Grunde nach nicht haften würden. Der Schaden sei weder bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs noch durch ein schuldhaftes Handeln des Beklagten zu 1) verursacht worden.

    Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 09.12.2011 durch Gutachten des Sachverständigen X vom 04.07.2012. Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Gutachten (Bl. 92-128 GA) Bezug genommen.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

    Die Klage ist begründet.

    I.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 788,99 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 1 PflVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.

    1.

    Der Personenkraftwagen der Klägerin wurde beschädigt, da das vordere Kennzeichen und die vordere Stoßfängerverkleidung eingedrückt wurden.

    2.

    Dies geschah auch bei dem Betrieb des vom Beklagten zu 1) gehaltenen Kraftfahrzeugs.

    a.

    Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist entsprechend dem umfassenden Schutzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (BGH, Urteil vom 27.11.2007, VI ZR 210/06, m.w.N.). So gelten beispielsweise nicht ordnungsgemäß im Verkehrsraum abgestellte Kraftfahrzeuge als im Betrieb (vgl. nur OLG Rostock, Urteil vom 11.03.2011, 5 U 122/10; OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.1989, 10 U 125/89).

    Dies ist vorliegend der Fall. Das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1) war nicht ordnungsgemäß auf der Parkplatzform abgestellt, da zumindest die Anhängerkupplung über die Plattform überstand. Hierdurch hat sich auch eine von diesem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt und das Schadensgeschehen zumindest mitgeprägt. Durch eine Berührung der Anhängerkupplung des vom Beklagten zu 1) gehaltenen Personenkraftwagens wurde die vordere Stoßstange sowie die vordere Stoßfängerverkleidung des Fahrzeugs der Klägerin eingedrückt.

    b.

    Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1) an einem außerhalb des allgemeinen Verkehrs befindlichen Ortes abgestellt war.

    Schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 StVG folgt, dass die Haftung für den Betrieb eines Kraftfahrzeugs nicht lediglich auf öffentliche Verkehrsflächen beschränkt ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 25.10.1994, VI ZR 107/94; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.06.2010, 1 U 105/09). Auch von einem Kraftfahrzeug, dass nicht auf einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßenfläche, sondern auf einem privaten Gelände abgestellt ist, können je nach seinem Standort besondere Gefahren ausgehen (BGH, a.a.O).

    So liegt der Fall hier. Dadurch, dass der Personenkraftwagen des Beklagten zu 1) so abgestellt war, dass die Anhängerkupplung überstand, gingen von ihm besondere Gefahren gerade auch für andere die streitgegenständliche Tiefgarage benutzende Fahrzeuge und Personen aus. Denn aufgrund des bestimmungsgemäßen Gebrauches der automatischen Plattformen war es naheliegend, dass Plattformen mit darauf befindlichen Fahrzeugen bewegt werden, so dass durch das nicht der Bedienungsanleitung entsprechende Abstellen des Kraftfahrzeugs des Beklagten zu 1) die nicht entfernt liegende Möglichkeit von Beschädigungen anderer Personenkraftwagen gegeben war.

    c.

    Der Schaden am Personenkraftwagen der Klägerin wurde schließlich auch adäquat kausal verursacht durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs des Beklagten zu 1).

    Für die Zurechnung entscheidend ist, dass der Unfall in einem nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2005, VI ZR 168/04; OLG Düsseldorf, a.a.O.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Kraftfahrzeugs zum Entstehen des Unfalls beigetragen haben (BGH, a.a.O.).

    Auch diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Schaden am Fahrzeug der Klägerin entstand am gleichen Tag in der gleichen Tiefgarage, in der der Beklagte zu 1) sein Kraftfahrzeug nicht ordnungsgemäß auf einer beweglichen Parkplattform abgestellt hatte und es zu einer Berührung zwischen der Anhängerkupplung des Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1) und vorderem Kennzeichen und Stoßstange des Fahrzeugs der Klägerin gekommen war. Es kann insoweit auch offen bleiben, ob - wie die Klägerin behauptet - die Plattform, auf der das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1) nicht ordnungsgemäß abgeparkt war, verschoben wurde. Denn schon allein durch das nicht ordnungsgemäße Abstellen seines Personenkraftwagens hat der Beklagte zu 1) jedenfalls zum Schaden des Fahrzeugs der Klägerin beigetragen. Der Eintritt eines solchen Schadens war in der konkreten Situation in der Tiefgarage auch nicht außerhalb aller Lebenswahrscheinlichkeit. Die vom Beklagten zu 1) verletzte Pflicht, ein Hinausragen von Fahrzeugteilen beim Parken auf den mobilen Parkplatzformen zu vermeiden, dient nach ihrem Sinn und Zweck gerade auch der Vermeidung von Schäden der eingetretenen Art.

    3.

    Die hiernach gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge führt zur vollen Haftung der Beklagtenseite. Durch das nicht ordnungsgemäße Abstellen des von ihm gehaltenen Kraftfahrzeuges hat der Beklagte zu 1) jedenfalls fahrlässig einen Verursachungsbeitrag zum eingetretenen Schaden auf Klägerseite geleistet. Etwaige Verursachungsbeiträge der Klägerin treten hierhinter zurück. Ihr Kraftfahrzeug war zum Zeitpunkt der Beschädigung unstreitig geparkt. Anhaltspunkte für ein nicht ordnungsgemäßes Abparken sind weder vorgetragen noch aus den sonstigen Umständen ersichtlich.

    4.

    Zur Wiederherstellung des der Klägerin hierdurch entstandenen Schadens ist auch ein Betrag von 788,99 € erforderlich.

    a.

    Zur Reparatur der Beschädigungen an Kennzeichen und vorderen Stoßstange des Fahrzeugs der Klägerin ist ein Betrag von 583,23 € netto erforderlich. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Welter. Dieser hat nachvollziehbar dargelegt, dass der in der von der Klägerin eingeholten Kostenkalkulation dargelegte Reparaturweg sowie die aufgelisteten Ersatzteile erforderlich und angemessen sind, um das klägerische Fahrzeug sach- und fachgerecht instand zu setzen. Auch die angesetzten Stundenverrechnungssätze sind nach den Ausführungen des Sachverständigen als ortsüblich und marktkonform anzusehen.

    b.

    Auch die von der Klägerin geleisteten Zahlungen für die Reparakturkostenkalkulation von 180,76 € sind erforderlich. Dies steht ebenfalls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest aufgrund der auch insoweit überzeugenden Ausführung des Sachverständigen X. Dieser hat nachvollziehbar dargelegt, dass diese Kosten nicht überhöht sind und sich insbesondere im Rahmen der Kosten für vergleichbare Kalkulationen bewegen.

    c.

    Einen Betrag von 25,00 € kann die Klägerin schließlich als allgemeine Kostenpauschale von den Beklagten ersetzt verlangen.

    II.

    Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

    III.

    Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Streitwert: bis 900,00 €.

    RechtsgebietStVGVorschriftenStVG § 7 I