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  • 20.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123916

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 21.08.2012 – 9 U 42/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    9 U 42/12
    10 O 357/11
    Landgericht Bonn
    Verkündet am: 21.08.2012

    Oberlandesgericht Köln
    IM NAMEN DES VOLKES
    Urteil
    In dem Rechtsstreit
    pp.
    hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln
    auf die mündliche Verhandlung vom 03.07.2012
    durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Scheffler, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach und den Richter am Landgericht Dötsch
    für Recht erkannt:
    Die Berufung des Klägers gegen das am 14.02.2012 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 10 O 357/11 – wird zurückgewiesen.
    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
    G r ü n d e:
    I.
    (Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.)
    II.
    Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
    Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens steht dem Kläger keine Entschädigung wegen des behaupteten Einbruchsdiebstahls im August 2010 zu.
    Es fehlt - wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend gesehen hat - ausreichender Sachvortrag bzw. Beweisantritt des Klägers zum Vorliegen eines Versicherungsfalles. Der Kläger verkennt, dass die Beweiserleichterungen zum Erfordernis nur des Nachweises des sog. äußeren Bildes eines Versicherungsfalles anders als im Bereich der Kaskoversicherung (BGHZ 130, 1 = r + s 1995, 288; BGHZ 79, 55 = NJW 1981, 684; BGHZ 123, 217 = NJW 1993, 2678; VersR 1984, 29) im streitgegenständlichen Bereich nicht nur den Vollbeweis des äußeren Bildes einer Entwendung erfordern, sondern gerade einer Entwendung durch eine der nach den AVB versicherten Begehungsweisen (so die klägerseits selbst zitierten Entscheidungen BGH v. 20.12.2006 – IV ZR 233/05, r + s 2007, 106; v. 14.06.1995 – IV ZR 116/94, r + s 1995, 345 und ferner BGH VersR 2007, 102; Senat, VersR 2011, 1007; r + s 2006, 75; r + s 2005, 509; OLGR Köln 2001, 6; NVersZ 2001, 33; VersR 1999, 309; Veith/Gräfe/Drenk, Der Versicherungsprozess, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 58 ff.).
    1. Ein sog. Nachschlüsseldiebstahl ist klägerseits schon nicht behauptet. Zum äußeren Bild eines versicherten „Einbruchs“ fehlt es an ausreichendem Sachvortrag. Denn dazu gehören gerade auch in sich stimmige Einbruchsspuren am Äußeren des Objekts (Senat a.a.O.), allein die Tatsache, dass es im Inneren das typische Bild eines Einbruchs oder Schäden gegeben haben mag, reicht für sich genommen nicht (BGH r + s 1999, 247; KG, ZfS 2008, 516). Auch die theoretische – praktisch aber unwahrscheinliche – Möglichkeit eines spurenlosen Eindringens des Täters in die versicherten Räume genügt nicht (Senat, VersR 1999, 309).
    a) Dass an der offenstehenden Terrassentüre oder dem Kellerfenster solche Spuren vorhanden gewesen sein sollen, ist nicht vorgetragen. Hinsichtlich des „leichtgängigeren“ Haustürschlosses hat der Kläger zwar im Ermittlungsverfahren angegeben, dass die Schlosszunge nicht immer mitgenommen werde und man mehrfach den Schlüssel umdrehen müsse. Dies wurde im hiesigen Verfahren aufgegriffen (S. 3 der Klageschrift = Bl. 3 d.A.), doch hat der Kläger bei seiner Anhörung im Termin vom 24.01.2012 (Bl. 113 d.A.) dazu nur vage angeben können, dass ihm dieser Umstand vorher nicht „aufgefallen“ sei. Das kann aber genauso gut auf Unaufmerksamkeit oder Zufall beruhen. Auch dass es sich bei dem beschriebenen Umstand überhaupt um ein Indiz für eine Schlossmanipulation o.ä. handelt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es erscheint auch deshalb eher fraglich, weil der beschriebene Defekt auch durch Verschleiß auftreten kann.
    Sofern sich der Kläger auf die (angebliche) Einwilligung der Beklagten in einen Austausch des Türschlosses berufen hat, rechtfertigt dies für sich genommen keine andere Sichtweise. Etwaige Absprachen bei der Schadensregulierung tragen nicht ohne weiteres ein sog. deklaratorisches Anerkenntnis des Versicherungsfalles, zumal das Ermittlungsverfahren ersichtlich noch nicht abgeschlossen war (und ist). Eine Anwendung der Grundsätze der Beweisvereitelung scheidet hier schon deswegen aus, weil der Kläger das Schloss nach eigenem Sachvortrag noch in Besitz hat und nicht ersichtlich ist, weswegen der bloße Ausbau des Zylinders schon dessen Eignung für eine Untersuchung verschlechtert haben soll.
    b) Soweit an der ausgetauschten Haustüre seinerzeit gewisse „Spuren“ festgestellt worden sein mögen, hat das Landgericht zu Recht konkreten Vortrag auch dazu vermisst, dass es sich zumindest dabei um typische Einbruchsspuren gehandelt hat. Dies überzeugt umso mehr, als nach den Feststellungen der aufnehmenden Polizeibeamten am 16.8.2010 keine Aufbruchspuren erkennbar waren und nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten auf S. 1 der Replik (Bl. 81 d.A) zu erwartende Hebelspuren am Türrahmen, also sog. Gegenspuren, fehlten. Sogar nach dem Klägervortrag war die Schlosszunge in der Falle, so dass ein Aufbrechen der Tür erst recht deutlichere Spuren hätte zur Folge haben müssen. Hinzu tritt, dass der Kläger nach dem ebenfalls unbestrittenen Vortrag auf S. 3 der Klageerwiderung = Bl. 48 d.A. nicht angeben konnte, ob die von ihm festgestellten Auffälligkeiten/Schäden nicht auch bereits vor seiner Reise vorhanden waren. Soweit der Kläger bei seiner Anhörung im Termin vom 24.01.2012 (Bl. 112 ff. d.A.) zuletzt noch Film- bzw. Lichtbildaufnahmen u.a. von der Tür angedeutet hat, vertieft die Berufung dies nicht, insbesondere nicht unter Vorlage des nicht in der Ermittlungsakte befindlichen Materials, so dass dahinstehen mag, ob entsprechender Sachvortrag trotz § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt zu berücksichtigen gewesen wäre.
    Soweit der Kläger sich auch hier auf eine Beweisvereitelung berufen hat, weil die Beklagte weitere Prüfungen an der Türe hätte vornehmen oder dem Kläger einen Austausch der Haustüre hätte untersagen müssen, damit dieser seine Beweismöglichkeiten nicht verliere (S. 6 f. der Klageschrift = Bl. 6 f. d.A.), geht das ersichtlich zu weit. Nach der ständigen und überzeugenden Rechtsprechung des BGH (BGH, NJW 2006, 434, 436 Tz. 23 m.w.N.) liegt in Anwendung des aus §§ 427, 441 Abs. 3 S. 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO sowie aus § 242 BGB folgenden Rechtsgedankens eine Beweisvereitelung nur vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden muss sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen. Als Folge einer solchen Beweisvereitelung kommen Beweiserleichterungen in Betracht, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können. An den Voraussetzungen fehlt es, selbst wenn man die (behauptete) „Zustimmung“ der Beklagten zu einem Komplettaustausch der Haustür als wahr unterstellt. Denn auch dann wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, die Tür (wie den Türzylinder) bis zur abschließenden Klärung aufzubewahren oder aufbewahren zu lassen. Der Versicherer hat sich auch nicht etwa generell und zu eigenen Lasten um eine Sicherung bzw. Verbesserung der Beweissituation des Versicherungsnehmers zu kümmern; ihn trifft keine umfassende Befundsicherungs- und/oder Dokumentationspflicht. Auch ein schuldhaft irreführendes Verhalten des Versicherers ist nicht erkennbar, insbesondere zeigt der Vorbehalt im Schadensprotokoll, dass der Versicherer kein Anerkenntnis abgeben wollte und daher auch nicht etwa suggeriert hat, Beweismittel seien bereits entbehrlich (zu diesem Aspekt allg. OLG Celle NJW-RR 1997, 568, 570). Und selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre zumindest auch von einem nicht unerheblichen Mitverschulden des Klägers an der Erschwerung seiner Beweissituation auszugehen. Ein solches Mitverschulden lässt Beweiserleichterungen über das Rechtsinstitut der Beweisvereitelung in der Regel aber als ausgeschlossen erscheinen (BGH, NJW 1976, 1315, 1316; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 286 Rn. 63; MüKo-ZPO/Prütting, 3. Aufl. 2008, § 286 Rn. 92) - was entsprechend auch hier gelten würde.
    c) Schließlich fehlt auch ausreichender Sachvortrag des Klägers zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der sog. Schlüsselklausel i.S. der nunmehr zur Akte gereichten Regelung in § 5 Nr. 1 d der vereinbarten VHB 2005. Selbst wenn man trotz fehlenden konkreten Prozessvortrages zu Gunsten des Klägers Indizien für eine Täterschaft des Ex-Freundes des Tochter des Klägers annehmen wollte, hat bereits das Landgericht zu Recht konkreten Sachvortrag des Klägers zu einem bedingungsgemäßen „Diebstahl“ des Schlüssels der Tochter und ein Fehlen jedweder Fahrlässigkeit der Tochter als berechtigter Schlüsselbesitzerin vermisst. Dass jedoch allein der Versicherungsnehmer auch für die tatsächlichen Voraussetzungen von Regelungen wie § 5 Nr. 1 d VHB 2005 darlegungs- und beweisbelastet ist, steht außer Frage (vgl. etwa Senat, Beschl. v. 27.10.2011 – 9 W 68/11, n.v. zu Ziff. 3.2.6. VHB 2008; Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, § 5 VHB 2000 Rn. 10).
    Da die sprachliche Fassung der nunmehr vorgelegten Klausel an den „berechtigten Besitzer“ des Schlüssels und nicht nur an den Versicherungsnehmer anknüpft, haben sich die in der Ladungsverfügung geäußerten Bedenken des Senats zur fehlenden Eigenschaft der Tochter als sog. Repräsentantin überholt. Nach der Rechtsprechung des Senats bestehen an einer Klausel wie der vorliegenden keine AGB-rechtlichen Bedenken (Senat, r + s 1996, 367 zu § 3 B Nr. 1 e) VHB 74; Senat, Beschl. v. 27.10.2011 – 9 W 68/11, n.v. zu Ziff. 3.2.6. VHB 2008). Zwar werden vergleichbare Schlüsselklauseln z.T. unter dem Gesichtspunkt des § 307 BGB = § 9 AGBG a.F. angezweifelt, weil sie vermeintlich eine unzulässige Abweichung von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 61 VVG a.F./§ 81 VVG n.F. darstellen und eine unzulässige Ausweitung der Verhaltenszurechnung über den Repräsentantenbegriff hinaus zur Folge haben sollen (OLG Karlsruhe, r + s 1997, 164 mit zust. Anm. Wälder zu § 5 B Nr. 1 e VHB 74; Knappmann, VersR 1997, 261; Prölss/Martin/ders., VVG, 28. Aufl. 2010, § 5 VHB 2000 Rn. 11; Präve, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, VersRhdb., 2004, § 10 Rn. 411; Prölss/Martin/Prölss, VVG, 28. Aufl. 2010, § 81 Rn. 37; Vorbem I Rn. 80; Bruck/Möller/Sieg/Johannsen, VVG, Bd. III – Feuervers, 8. Aufl. 2002, Anm. H 78 a.E.; Rüffer, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, VersicherungsRhdb, 2. Aufl. 2009, § 33 Rn. 45; offen OLG Saarbrücken r + s 1996, 150). Diese Kritik, die z.T. auch ganz andere Klauselgestaltungen mit einer weiter gefassten primären Risikobeschreibung betrifft, trägt indes nicht. Mit der h.M. in Rspr. (OLG Koblenz, VersR 2002, 1146; OLG Frankfurt a.M., VersR 1989, 623; OLG Düsseldorf, r + s 2003, 155; OLG Hamm, NJOZ 2004, 4598 = VersR 2005, 220; LG Hamburg, r + s 1997, 165; ; VersR 1990, 1395; LG Münster, r + s 1999, 338, LG München, VersR 1986, 754; LG Karlsruhe, VersR 1978, 1154; AG Nürnberg VersR 2008, 486) und Schrifttum (Martin, SachversicherungsR, , 3. Aufl. 1992, D VIII Rn. 14; Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 28. Aufl. 2010, § 1 AERB 2008 Rn. 28; Spielmann, VersR 2004, 964) ist vielmehr als maßgeblich anzusehen, dass eine sog. Schlüsselklausel wie der hier einschlägige § 5 Nr. 1 d VHB 2005 regelmäßig keine (unzulässige) Einschränkung einer eigentlich weiter zu verstehenden „Einbruchsversicherung“ darstellt, sondern nur eine inhaltlich von Anfang an klar beschränkte Erweiterung des Versicherungsschutzes in einen Bereich über eine reine Einbruchsversicherung hinaus. Denn eine „Einbruchsversicherung“ erfasst selbst aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers grundsätzlich nicht auch einen Diebstahl unter Zuhilfenahme eines „richtigen“ Schlüssels, sie ist keine „allgemeine Schlüsselmissbrauchsversicherung.“ Folglich geht es nicht um eine Einschränkung des § 81 VVG n.F. und/oder eine sog. verhüllte Obliegenheit, sondern um eine besondere primäre Risikobeschreibung für ein atypisches Risiko.
    d) Schließlich kann der Kläger sich auch nicht darauf berufen, dass dann, wenn unklar ist, wie Täter in eine Wohnung eingedrungen sind, der Beweis des äußeren Bildes eines Einbruchs auch durch Ausschluss aller unversicherten Tatsachenvarianten geführt werden kann (BGH, VersR 1991, 571; KG, VersR 2004, 733). Denn selbst dazu fehlt ausreichender Sachvortrag, zumal auch eine Tatbeteiligung der Tochter nicht sicher ausgeschlossen ist.
    III.
    Die Kostenentscheidung basiert auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
    IV.
    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
    Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.000 EUR