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  • · Nachricht · Private Krankenversicherung

    Kassenbeitrag refinanziert: Freiheitsstrafe wegen gefälschter Rezepte

    | Das Amtsgericht München hat einen 56-jährigen angestellten Fitnesstrainer wegen Betrug und Urkundenfälschung in 96 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten zur Bewährung verurteilt. |

     

    Der Verurteilte war seit 1990 bei einer Münchner Versicherung privat krankenversichert. Er reichte im Zeitraum vom 4.3.2013 bis 14.9.2017 in 96 Einzelfällen totalgefälschte Rezepte einer Arztpraxis am Stachus, jeweils versehen mit einem Stempel einer Schwabinger Apotheke, über Medikamente zur Behandlung seiner HIV-Erkrankung bei seiner privaten Krankenversicherung ein, um dafür Versicherungsleistungen von jeweils ca. 1.666 EUR, monatlich durchschnittlich ca. 2.845 EUR, insgesamt 159.355,70 EUR erfolgreich geltend zu machen.

     

    Der Verurteilte gab an: „Ich hatte Existenzängste und so bin ich dann drauf gekommen. Ich nehme Medikamente. Angefangen hat es im Jahr 2013. Ich nehme seit 1989 regelmäßig Medikamente. (...) In diesem Zeitraum 2013 bis 2017 habe ich Originalrezepte und auch die zusätzlich von mir erstellten Rezepte eingereicht. Ich hatte eine Sachbearbeiterin gehabt, die hatte mich mal angerufen, wenn was unklar gewesen war. Danach hatte man keinen Ansprechpartner mehr. Es war einmal in der Abteilung und dann in einer anderen Abteilung. Ich habe die gleichen Medikamente aufgeschrieben, die ich auch sonst erhalten habe. (...) Die Ausgaben haben mich einfach überrannt. Die Versicherungen und die Krankenkasse sind immer teurer geworden. Ich musste 970 EUR an Krankenkassenbeitrag zahlen, das muss man erst mal rein arbeiten und das hat mir das Genick gebrochen. Ich habe das Geld (...) erhalten. Dies habe ich für die Tilgung der Lebensversicherung und für den Krankenkassenbeitrag benutzt. (...) Ich darf nicht krank werden. Ich muss auch die Steuern bezahlen, das kam alles noch dazu. Im Jahr 2018 konnte ich alles zurückzahlen, da meine Lebensversicherung freigegeben worden ist. Der komplette Schaden wurde beglichen. (...) Ich weiß nicht, wie die Versicherung drauf gekommen ist. (...) Die Krankenkasse schrieb mir, dass ich fristlos gekündigt bin und, dass ich den Betrag überweisen soll. (...) Bei der Apothekerin habe ich einen Stempel mitgenommen und mit diesem habe ich die Rezepte immer abgestempelt.“

     

    Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil des Schöffengerichts wie folgt: „Zugunsten des Angeklagten sprach, dass dieser bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist sowie sein vollumfängliches, von Reue getragenes Geständnis. Ferner musste zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass ein Teil der Taten bereits geraume Zeit, mithin 5 bis 6 Jahre, zurückliegt.

     

    Zugunsten des Angeklagten wurde ferner gewertet, dass die fortlaufende Tatbegehung sich zu einer Art „Selbstläufer“ entwickelt hat, zumal seitens der geschädigten Krankenversicherung nie gezielte Nachfragen an den Angeklagten herangetragen wurden. Schließlich war erheblich zugunsten des Angeklagten zu werten, dass dieser den entstandenen Schaden einschließlich Nebenkosten und Zinsen bereits vollständig wieder ausgeglichen hat.

     

    Zulasten des Angeklagten musste jedoch gesehen werden, dass er mit knapp 160.000 EUR einen Schaden vom erheblichem Umfang generiert hat. Darüber hinaus bedarf es doch einer nicht unerheblichen kriminellen Energie, hier die Rezepte mit einer relativ guten Qualität zu fälschen, sich sodann noch den Original Stempel der Apotheke zu organisieren, um die Fälschungen möglichst echt aussehen zu lassen.(...)

     

    Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte vorliegend zur Bewährung ausgesetzt werden. (...) Der Angeklagte war vollumfänglich geständig. Er hat den entstandenen Schaden einschließlich Nebenkosten bereits wieder gut gemacht. Der Angeklagte lebt im Übrigen in geordneten sozialen Verhältnissen und geht einer geregelten Arbeit nach. Auch ist er nunmehr gesetzlich krankenversichert.“

     

    Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 15.4.2019, 843 Ls 271 Js 100859/18. Das Urteil ist rechtskräftig

     

    Quelle: ID 46061272