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  • · Fachbeitrag · Krankentagegeldversicherung

    Aufnahme einer Zusatztätigkeit muss kein Berufswechsel sein

    | Wird ein Gastronom mit einem geringen Teil seiner Arbeitskraft zusätzlich als „Spielautomatenaufsteller“ tätig, ist dies nach den üblichen Bedingungen der Krankentagegeldversicherung wohl kein Berufswechsel. Jedenfalls bleibt Versicherungsschutz bestehen, auch wenn der Beruf des „Automatenaufstellers“ beim VR nicht versicherbar ist. Unterbleibt die Anzeige der Zusatztätigkeit, ist dies keine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung. So entschied es das OLG Hamm. |

     

    Sachverhalt

    Der VN war längere Zeit erkrankt und begehrt Krankentagegeld für ca. drei Monate. Der VR weigert sich zu zahlen. Er meint, das Versicherungsverhältnis sei gemäß § 15 Abs. 1 Buchst. a) der dem Vertrag zugrunde liegenden MB/KT 2009 beendet worden. Danach endet das Versicherungsverhältnis zum Ende des Monats, in dem eine Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit wegfällt. Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn der VN zu einer Tätigkeit wechselt, die nach dem bisherigen Tarif nicht versicherbar ist. Der VN sei nunmehr als Automatenaufsteller tätig. Diese Tätigkeit sei beim VR nicht versicherbar.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG Hamm entschied zugunsten des VN und verurteilte den VR, das eingeklagte Krankentagegeld zu zahlen (29.8.18, 20 U 52/18, Abruf-Nr. 208825). Der VN hat die Obliegenheit, einen Berufswechsel anzuzeigen, nicht verletzt. Nach Ansicht des Senats wechselte der VN nämlich nicht im Sinne der MB/KT 2009 zu einer nicht versicherbaren Tätigkeit.

     

    Denn seine Tätigkeit als Automatenaufsteller trat vielmehr, wie die Beweisaufnahme durch Anhörung des VN und durch Vernehmung des Zeugen M zur Überzeugung des Senats ergeben hat, lediglich neben die nach dem Versicherungsvertrag versicherte Tätigkeit des VN als Gastronom. Dieser Fall ist jedenfalls nicht von § 15 Abs. 1 Buchst. a) MB/KT 2009 erfasst, wenn die neu hinzutretende Tätigkeit nicht einmal den Schwerpunkt bildet, sondern ‒ wie hier ‒ allenfalls gleichberechtigt neben der bereits bestehenden Tätigkeit ausgeübt wird. Der VN hat glaubhaft erläutert, dass seine Tätigkeit als Gastronom weiterhin die Hälfte seiner beruflichen Tätigkeit ausmacht.

     

    Relevanz für die Praxis

    In entsprechenden Fällen müssen Sie genau schauen, ob überhaupt ein „Berufswechsel“ vorliegt. Es spricht viel für die Auffassung, dass dies dem Wortlaut nach nicht der Fall ist, wenn der VN neben dem fortbestehenden ursprünglichen beruflichen Einsatz lediglich zusätzlich eine weitere Tätigkeit aufnimmt (OLG Saarbrücken 31.5.06, 5 U 267/04, VersR 07, 52; zustimmend Prölss/Martin-Voit, VVG, 32. Aufl. 2018, § 9 MB/KT 2009 Rn. 15 a. E.).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2019 | Seite 99 | ID 45685205