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  • · Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung

    Individuelles für Stundenverrechnungssätze und Glasschäden bei fiktiver Abrechnung

    | Manche VR schränken in ihren Allgemeinen Kaskobedingungen (AKB) die Stundenverrechnungssätze bei der fiktiven Abrechnung ein. Zudem wollen sie Glasbruchschäden bei fiktiver Abrechnung nicht mehr erstatten. Lesen Sie, was künftig gelten soll. Zudem schätzt VK für Sie ein, ob die Änderungen wirksam sind bzw. wo es sich ggf. zu wehren lohnt. |

    1. Stundenverrechnungssätze einer „regionalen Fachwerkstatt“

    Der BGH hat 2015 zur fiktiven Abrechnung in der Kaskoversicherung entschieden: Alles, was im Detail geregelt ist, folgt der vereinbarten Regelung. Ansonsten ist das Haftpflichtschadenrecht die Auslegungshilfe für den Begriff der „erforderlichen Kosten der Reparatur“ (BGH 11.11.15, IV ZR 426/14, Abruf-Nr. 145782).

     

    Die Folge war in jenem Fall, dass wie beim Haftpflichtschaden bei dem seinerseits erst zwei Jahre alten Fahrzeug die Stundenverrechnungssätze der lokalen Werkstatt der Marke herangezogen werden durften, weil der Kaskovertrag nichts anderes regelte.

     

    a) Beispiel einer geänderten AKB

    Es war absehbar, dass mancher VR die Kaskobedingungen um eine Regelung der Stundenverrechnungssätze für die fiktive Abrechnung ergänzen wird.

     

    Nun haben wir ein Beispiel gefunden. In Verträgen der Alten Leipziger heißt es unter dem Punkt A.2.5.2.1. Buchst. c) :

     

    • A.2.5.2.1

    Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen: ...

    c) Bei einer fiktiven Abrechnung der Reparaturkosten (ohne Vorlage der Reparaturkostenrechnung) werden nur Stundenverrechnungssätze einer von uns zu benennenden regionalen Fachwerkstatt erstattet. Aufschläge auf die vom Hersteller empfohlenen Ersatzteilpreise und Verbringungskosten werden nur ersetzt, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sind.

     

    b) Geht das so?

    Die Kaskobedingungen sind ja für eine Vielzahl von Verwendungen vorformuliert und werden dem VN „gestellt“, wie das Gesetz es formuliert. Das heißt, sie können nicht einzeln diskutiert und verhandelt werden. Also sind sie gemäß § 305 BGB auch Allgemeine Geschäftsbedingungen. Folglich unterliegen sie der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 BGB ff.

     

    Nach § 307 BGB bringen Unklarheiten eine Klausel ebenso zu Fall, wie eine darin liegende den VN entgegen den Geboten von Treu und Glauben unzumutbar benachteiligende Regelung es tut.

     

    Man kann Zweifel haben, ob der Verweis auf eine „von uns zu benennende regionale Fachwerkstatt“ ausreichend klar ist. Was ist regional? In dem Ort oder der Stadt des VN gelegen? Im Umkreis gelegen? Wie groß ist der Umkreis? Was ist eine „Fachwerkstatt“ für welchen Schadentyp? Ein Karosserie- und Lackbetrieb auch dann, wenn er für einzelne Arbeiten wie die Wiederanmeldung von Scheinwerfern oder Assistenzsystemen an die Steuergeräte seinerseits auf eine Subunternehmerleistung einer Markenwerkstatt zurückgreifen muss?

     

    Und: Benachteiligt es den VN unzumutbar, wenn er auf eine Werkstatt verwiesen wird, die gar nicht alles selbst reparieren kann, sondern für manche Arbeiten (siehe oben) dann doch wieder auf Markenwerkstätten zurückgreifen muss? Das Argument ist also gleichlautend relevant sowohl für die Unklarheits- wie für die Unzumutbarkeitsfrage.

     

    Es hängt bis zur obergerichtlichen Klärung sicher von der Sicht des einzelnen Richters ab. Der Streit mag lohnend sein, sicher ist das Ergebnis nicht, zumal die Differenzen oftmals nicht im berufungsfähigen Bereich, also unter 600 EUR liegen. Und es muss sich erst einmal ein VN finden, der den beschwerlichen Weg eines solchen Rechtsstreites gehen möchte.

     

    PRAXISTIPP | Lesen Sie bei der Inzahlungnahme unreparierter Fahrzeuge im Kaskofall unbedingt im Kaskovertrag des Mandanten, wie abgerechnet werden wird.

     

    2. Glasbruchschaden fiktiv nicht mehr abrechenbar

    Die Alte Leipziger hat ferner den Glasbruchschaden nach A 2.2.1.5 AKB von der fiktiven Abrechnung ausgeschlossen.

     

    Mit dieser Klausel ist auch der Weg verschlossen, beim Totalschaden eines nicht vollkaskoversicherten Fahrzeugs wenigstens den Glasbruchschaden aus der Teilkaskoversicherung erstattet zu bekommen.

     

    Beachten Sie | Beim vollständigen Ausschluss des Glasbruchschadens sehen wir ebenfalls Anhaltspunkte, dass die Klausel wegen § 307 BGB unwirksam ist. Denn die fiktive Abrechnung des Schadens ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Klausel ist zumindest überraschend. Sie stellt aber auch Selbstverständliches auf den Kopf. Ob sich die Gerichte davon überzeugen lassen und ob sich ein Betroffener findet, der das auszustreiten versucht, muss sich zeigen. Da hat der VR vermutlich die besseren Karten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Und ewig nervt der Glasschaden...: Otting VK 17, 29
    Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 71 | ID 45819408