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  • · Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung

    Falsche Angaben des VN können die Redlichkeitsvermutung widerlegen

    | Eine Lüge vor Gericht beim Geltendmachen eines Kaskoanspruchs wegen eines Diebstahls kann dazu führen, dass die für den VN streitende „Redlichkeitsvermutung“ widerlegt ist. Hierauf weist das OLG Hamm hin. |

     

    Sachverhalt

    Der VN behauptet, seinen Porsche abends unbeschädigt an einer Straße abgestellt zu haben. Nach einen anonymen Anruf habe er das Fahrzeug später ohne Räder und Scheinwerfer vorgefunden. Diese seien entwendet worden. Der VR weigert sich zu zahlen. Er hält den Teilediebstahl für vorgetäuscht.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage des VN blieb vor dem OLG Hamm ohne Erfolg (9.8.17, 20 U 184/15, Abruf-Nr. 199131). Er habe den Versicherungsfall eines Diebstahls nicht bewiesen. Den Vollbeweis eines Diebstahls könne der VN nicht führen. Aber auch das sog. äußere Bild eines Teilediebstahls sei nicht erwiesen.

     

    • Die Zeugen hätten bereits das Abstellen und Zurücklassen des Porsches durch den VN nicht bestätigen können. Durch die eigenen Angaben des VN sei das äußere Bild eines Diebstahls ebenfalls nicht erwiesen.

     

    • Die grundsätzlich für den Geschädigten streitende Redlichkeitsvermutung sei vorliegend aufgrund der Angaben des VN widerlegt. Der Senat sei davon überzeugt, dass der VN in der mündlichen Verhandlung bewusst die Unwahrheit gesagt habe, um seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen.

     

      • In zweiten Senatstermin habe der Kläger anfangs ausführlich erklärt, warum er einer vom VR verlangten Nachbesichtigung seines Fahrzeugs, u.a. auch entgegen dem Rat seines damaligen Rechtsanwalts, zunächst nicht zugestimmt habe. Nach einem Hinweis des Gerichts auf eine sich hieraus möglicherweise ergebende Obliegenheitsverletzung und einer Unterbrechung der Verhandlung habe der VN dieses Geschehen dann anders geschildert. Seine frühere, abweichende Darstellung habe er mit eigener Nervosität erklärt. Das war dem Senat nicht nachvollziehbar, weil der VN vor der Unterbrechung den ungewöhnlichen Hergang auch auf Vorhalt ausführlich, anschaulich, klar und ruhig dargestellt habe.

     

      • Für den Senat sei es mit der für ein positives Beweisergebnis nötigen Sicherheit ausgeschlossen, dass der VN den infrage stehenden Hergang vor der Unterbrechung durch irgendeine Fehlleistung im Kern falsch dargestellt habe. Vielmehr habe er bei seiner Schilderung nach der Unterbrechung vor Gericht bewusst die Unwahrheit gesagt, um seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen. Aufgrund dieser Unwahrheit sei die Redlichkeitsvermutung vorliegend widerlegt. Der Senat habe keinen Anhalt anzunehmen, dass der VN nur bereit gewesen sei, vor Gericht die Unwahrheit zu sagen, nicht aber, einen Diebstahl vorzutäuschen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Wegen der in Diebstahlsfällen typischen Beweisnot muss der VN nur das äußere Bild eines Diebstahls nachweisen, woraus sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme gegen seinen Willen schließen lässt. Dazu muss er den Nachweis führen, den Pkw zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden zu haben. Gleiches gilt, wenn nur Teile des Fahrzeugs entwendet wurden.

     

    Beachten Sie | Dazu sind vorrangig Zeugen zu vernehmen. Stehen dem VN keine Beweismittel zur Verfügung, kommt seine mündliche Anhörung nach § 141 ZPO bzw. eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO in Betracht.

     

    Der Nachweis des äußeren Bildes durch Parteianhörung setzt einen uneingeschränkt glaubwürdigen VN voraus. Diese Voraussetzung fehlt, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des VN und der Richtigkeit seiner Sachverhaltsschilderung aufdrängen. Welche Tatsachen ausreichen, ist Frage des Einzelfalls und kann nicht generell beantwortet werden. Dabei kommen nicht nur Unredlichkeiten des VN im Zusammenhang mit dem aktuellen Versicherungsfall, sondern auch frühere Vorfälle in Betracht (BGH VersR 96, 575; VersR 97, 733). Vorliegend war die Redlichkeit des VN wegen seiner Falschaussagen vor Gericht erschüttert.

     

    Vereinzelt wird dem VN die Diebstahlsentschädigung mit der Begründung verweigert, er sei persönlich unglaubwürdig, die Beweiserleichterungen kämen nur einem redlichen VN zugute, sodass er den Vollbeweis führen müsse, den er i.d.R. nicht führen kann. Diese Ansicht ist falsch. Auch ein persönlich unglaubwürdiger VN kann den Nachweis des äußeren Bildes einer Fahrzeugentwendung mittels eines glaubwürdigen Zeugen führen. Kann der VN insoweit den Vollbeweis für Abstellen und Nichtwiederauffinden führen, kommt es auf seine eigene Glaubwürdigkeit nicht an (BGH VersR 99, 1535).

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2018 | Seite 25 | ID 44890329