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  • · Fachbeitrag · Aktenversendungspauschale

    Versicherer muss auch die Umsatzsteuer aus der Aktenversendungspauschale zahlen

    | Kleinvieh macht auch Mist. So denken die Haftpflicht-VR und kürzen neuerdings gerne die Umsatzsteuer aus der Aktenversendungspauschale. Dass es so nicht geht, zeigt ein Urteil des AG Gießen. Der Beitrag greift die Argumente auf und bietet Ihnen eine Musterformulierung für entsprechende Fälle. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Nach einem Verkehrsunfall nahm der Rechtsanwalt des Geschädigten Einsicht in die polizeiliche Ermittlungsakte. Der eintrittspflichtige Haftpflicht-VR erstattete zwar die Aktenversendungspauschale. Er kürzte den Erstattungsbetrag jedoch um die darin enthaltene Umsatzsteuer.

     

    Der Rechtsanwalt ließ sich den Erstattungsanspruch des Geschädigten abtreten und klagte den Differenzbetrag ein.

     

    Das AG Gießen verurteilte den VR, die ausstehenden 2,28 EUR nachzuzahlen (10.8.18, 41 C 179/18, Abruf-Nr. 203061).

     

    Hinsichtlich der Abtretung hatte sich der Haftpflicht-VR auf einen (vermuteten) Forderungsübergang auf einen Rechtsschutz-VR berufen. Damit drang er nicht durch. Das AG wies darauf hin, dass er insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist. Den erforderlichen Nachweis konnte er jedoch nicht führen. Das galt umso mehr, da der Kläger eine entsprechende Regulierung verneint hatte. Damit war er seiner sekundären Darlegungslast hinreichend nachgekommen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Basierend auf der Entscheidung des AG Gießen haben wir die nachstehende Musterformulierung entworfen, die Sie in entsprechenden Fällen nutzen können.

     

    Musterformulierung / Gekürzte Aktenversendungspauschale

    An die

    XY Versicherung

     

    Az...

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    in Ihrem Abrechnungsschreiben vom ... haben Sie die geltend gemachte Aktenversendungspauschale zwar grundsätzlich berücksichtigt. Sie haben jedoch die Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR in Abzug gebracht.

    Dieser Abzug ist unberechtigt.

     

    Sie sind nach § 249 BGB verpflichtet, auch die auf die Aktenversendungspauschale anfallende Regel-Umsatzsteuer zu erstatten. Bei der vom Rechtsanwalt für die Übermittlung der Akte zu entrichtenden Gebühr handelt es sich steuerrechtlich nicht um einen durchlaufenden Posten im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 UStG. Es liegt vielmehr ein steuerpflichtiges Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 UStG vor.

     

    Nach den kostenrechtlichen Bestimmungen ist ‒ im Unterschied etwa zu der Anforderung von Kostenvorschüssen oder Zeugenauslagen, die sich an die jeweilige Partei eines Rechtsstreits richtet ‒ nicht der Mandant, sondern der Rechtsanwalt unmittelbarer Gebührenschuldner. Er verauslagt die Kosten daher nicht „im Namen und auf Rechnung“ des Mandanten (BGH 6.4.11, IV ZR 232/08 = NJW 11, 3041). Der Rechtsanwalt erhält insoweit eine eigene Gegenleistung. Deshalb scheidet eine steuerliche Privilegierung als durchlaufender Posten aus (vgl. AG Gießen, 10.8.18, 41 C 179/18; Sölch/Ringleb, UStG, § 10 Rn. 219).

     

    Es ist zwar zuzugestehen, dass jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtung kein nennenswerter Unterschied zur (freiwilligen) Verauslagung sonstiger Kosten für den Mandanten erkennbar ist. Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der eng auszulegenden und auf der europarechtlichen Vorgabe des Art. 79 Abs. 1 lit. c) der MwStSystRL beruhenden Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 1 S. 6 UStG indessen für eine formal-buchhalterische, auf das unmittelbare Gegenleistungsmoment abhebende Betrachtungsweise entschieden.

     

    Im Übrigen hat es für die Ersatzfähigkeit der auf die Aktenversendungspauschale entfallenden Umsatzsteuer im Ergebnis keine Bedeutung, ob die Akteneinsicht ursprünglich im Rahmen eines bußgeldrechtlichen oder eines zivilrechtlichen Mandats erfolgte. Denn die Einsichtnahme in die polizeiliche Ermittlungsakte war in beiden Fällen durch den in Rede stehenden Unfall veranlasst. Sie hat damit für die zivilrechtliche Schadensregulierung jedenfalls auch Bedeutung.

     

    Ich fordere Sie daher auf, den ausstehenden Betrag von ... EUR nunmehr umgehend, spätestens aber bis zum

     

    ...

     

    zu zahlen. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein Zahlungseingang erfolgt sein, muss die Angelegenheit gerichtlich geklärt werden.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Rechtsanwalt

     

    Die Musterformulierung können Sie nach dem Einloggen im Downloadbereich von VK (iww.de/vk) unter dem Gliederungspunkt Kfz-Haftpflichtversicherung kostenlos herunterladen.

     

    Einsender der Entscheidung: RA Frank Mohr, FAVerkehrR, Gießen

    Quelle: Ausgabe 01 / 2019 | Seite 12 | ID 45460008