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  • 04.08.2008 | Unfallversicherung

    Anwendung einer verbesserten Gliedertaxe gilt auch bei Teilinvalidität

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
    1. Ist in einer verbesserten Gliedertaxe vereinbart, dass bei dem Verlust oder der Funktionsunfähigkeit beider Füße von einem Invaliditätsgrad von 100 Prozent auszugehen ist, ist dieser Grad Ausgangspunkt auch für die Berechnung des Invaliditätsgrads bei teilweiser Funktionsunfähigkeit beider Füße.  
    2. Erbringt der VR nach Reklamation des VN die vollen vereinbarten Leistungen, ist hierin regelmäßig kein deklaratorisches Anerkenntnis zu sehen.  
    3. Bei einer offensichtlich überhöhten Abrechnung steht der Rückforderung § 814 BGB nicht entgegen.  
    (OLG Frankfurt a.M., 5.12.07, 7 U 200/06, Abruf-Nr. 082312)  

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hatte eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 88 genommen. Zusätzlich war bei einem Invaliditätsgrad von über 50 Prozent eine Unfallrente geschuldet. Ferner war eine verbesserte Gliedertaxe vereinbart, wonach bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit beider Füße ein Invaliditätsgrad von (statt 40 Prozent x 2 = 80 Prozent) 100 Prozent anzunehmen war. Nach einem Unfall ermittelte der Sachverständige eine Invalidität von 4/10 Fußwert rechts und 6/10 Fußwert links. Der VR rechnete mit 4/10 von 40 Prozent zuzüglich 6/10 von 40 Prozent = 40 Prozent Invalidität ab. Der VN bat daraufhin um Berücksichtigung der verbesserten Gliedertaxe. Danach rechnete die Sachbearbeiterin nach einem Invaliditätsgrad von 10/10 Fußwert = 100 Prozent Invalidität ab und zahlte die volle Invaliditätssumme und die vereinbarte Rente aus.  

     

    Bei einer Innenrevision fiel dieser Fehler auf. Der VR forderte daraufhin alle weiteren erbrachten Leistungen zurück. Der VN berief sich darauf, die Abrechnung sei richtig. Jedenfalls könne der VR wegen des Anerkenntnisses nichts zurückverlangen. Er habe auch in Kenntnis dessen gezahlt, dass er dazu nicht verpflichtet sei. Letztlich handele der VR treuwidrig.  

     

    Das LG hat sich der Auffassung des VN angeschlossen: Der VR habe seine Leistungspflicht in vollem Umfang geprüft und anerkannt. Er könne deshalb nichts zurückfordern. Die Berufung hatte weitgehend Erfolg. Das OLG hat ein Anerkenntnis verneint, ist aber bei der Abrechnung der teilweisen Funktionsunfähigkeit beider Füße von einem Ausgangswert von 100 Prozent ausgegangen und hat dementsprechend eine zu entschädigende Invalidität von 50 Prozent errechnet.