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  • 01.12.2005 | Schuldrecht

    Was bei einem Gewährleistungsausschluss bei Verträgen zwischen Verbrauchern zu beachten ist

    von wiss. Ass. Dr. Michael Bohne, Münster/Zürich

    Durch die Schuldrechtsmodernisierung sind die Möglichkeiten eines vertraglichen Ausschlusses der Gewährleistungsrechte geändert worden. Beim Verbrauchsgüterkauf sind haftungsausschließende Klauseln größtenteils unwirksam (§ 475 Abs. 1 S. 1 BGB). Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor, können die Parteien weiterhin die Käuferrechte ausschließen. Verbraucher untereinander können daher ihre Gewährleistungsrechte in vollem Umfang verlieren bzw. haben die Möglichkeit, sich von den Gewährleistungspflichten freizuzeichnen. Der Beitrag erläutert, unter welchen Voraussetzungen ein Haftungsausschluss zulässig ist und was die Parteien dabei beachten müssen.  

     

    Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses

    Soweit kein gesetzlicher Haftungsausschluss (z.B. § 377 Abs. 2 HGB oder §§ 445, 442 BGB) eingreift, ist zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine Freizeichnung der Haftung erforderlich. Unerheblich ist dabei, ob eine solche ausdrücklich erklärt wird oder ob sie sich stillschweigend ergibt. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der Vereinbarung. Sie kann z.B. auch erst nach dem Abschluss des Vertrags getroffen werden (Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl., § 444, Rn. 6).  

     

    Praxishinweis: Vom Haftungsausschluss werden allerdings Mängel nicht mehr erfasst, die zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang auftreten (BGH NJW 03, 1316; anders: Zimmermann/Bischhoff, NJW 03, 2506). Auch auf Tertiäransprüche (z.B. stellvertretendes commodum gem. § 285 BGB) bezieht sich ein Haftungsausschluss im Zweifel nicht (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 8; v. Olshausen, ZGS 02, 194). Allgemeine Schadenersatzansprüche werden dagegen nach der Ausdehnung der Gewährleistungsrechte im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung vom Haftungsausschluss erfasst (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 1; Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153).  

     

    Individualvertraglicher Haftungsausschluss

    Vertragliche Abreden über einen Ausschluss der Gewährleistungshaftung können individualvertraglich zwischen den Parteien vereinbart werden oder aber durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen werden. Fragen zu Zulässigkeit individuell vereinbarter Haftungsausschlussklauseln sind gem. §§ 138, 242 BGB auszulegen, zum Unfang nach §§ 133, 157 BGB. Die Auslegung erfolgt im Zweifel zu Gunsten des Käufers (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 15).  

     

    • ausdrücklicher Gewährleistungsausschluss
    Bei Kaufverträgen zwischen Verbrauchern ist es diesen möglich, sich durch Klauseln wie „gekauft wie besichtigt“ (OLG Köln NJW-RR 92, 49) oder „unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ von der Haftung für Nacherfüllung, Rücktritt und Minderung freizusprechen. Grundsätzlich bezieht sich der Haftungsausschluss auch auf den in § 437 BGB genannten Schadenersatzanspruch (MüKo-Westermann, 4. Aufl., § 444 BGB, Rn. 1,2; Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153).

     

    Praxishinweis: In diesem Zusammenhang muss allerdings § 276 Abs. 3 BGB berücksichtigt werden. Danach kann eine Haftung für vorsätzliches Handeln nicht ausgeschlossen werden. Nach überwiegender Meinung führt dies aber letztlich nicht zur vollständigen Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses. Vielmehr kann durch ergänzende Vertragsauslegung eine Ersatzklausel gefunden werden (BGH NJW 84, 1177; Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153). Entsprechend dem Willen der Parteien bleibt der Verkäufer dann für den von ihm vorsätzlich verursachten Schaden zur Haftung verpflichtet. Die Haftung ist nur im Übrigen ausgeschlossen.

     

    • konkludenter Gewährleistungsausschluss
    Haftungsbeschränkende und haftungsausschließende Vereinbarungen können auch stillschweigend erfolgen. Ausreichend hierfür kann schon das Verhalten der Parteien beim Vertragsschluss sein. Auch können sich Anhaltspunkte für einen konkludenten Verzicht der Gewährleistungsrechte nach der Verkehrssitte oder aus dem gesamten Vertragstext ergeben (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 5).

     

    Beispiele

    Ein konkludenter Haftungsausschluss wird bei der Vereinbarung eines Freundschaftspreises angenommen. Bei üblichen Schluss-, Aktions- und Ausverkaufsangeboten wird das Vorliegen eines Gewährleistungsausschlusses dagegen abgelehnt (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 5). Des Weiteren wird auch im Kauf vom Ramsch ein Umstand gesehen, der auf einen Gewährleistungsausschluss hindeutet (Staudinger-Köhler, BGB, Vorbem. § 433, Rn. 27). Schließlich wird auch beim Kauf einer Sammlung vermutet, dass der Käufer wegen der fehlenden Möglichkeit zur Überprüfung der Mangelfreiheit der einzelnen Gegenstände auf seine Gewährleistungsrechte verzichtet (OLG Stuttgart NJW 69, 610).  

    Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

    Neben einem individualvertraglich vorgenommen Gewährleistungsausschluss kann im Verhältnis zwischen Verbrauchern auch der Möglichkeit einer Haftungsfreizeichnung durch AGB eine erhebliche praktische Bedeutung zukommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich auch bei Klauseln, die von Verbrauchern nur einmalig verwendet werden, um AGB handeln kann. So ist es ausreichend, dass die Klauseln für einen mehrfachen Gebrauch formuliert wurden (BGH VK 05, 198, Abruf-Nr. 052610). Dies ist immer der Fall, wenn der Verbraucher vorgefertigte Formularverträge aus Schreibwarengeschäften, dem Internet oder von Organisationen oder Verbänden verwendet (Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153, 1157).  

     

    Für die Wirksamkeit der in AGB eingefügten Haftungsausschlussklauseln sind §§ 307bis 309 BGB maßgeblich. Dabei ist zu unterscheiden:  

     

    • neu hergestellte Sachen
    § 309 Nr. 8b BGB ist nur bei Lieferungen neu hergestellter Sachen und Werkleistungen eine Zulässigkeitsvoraussetzung für Klauseln, die sich auf die Nacherfüllung, den Rücktritt und die Minderung beziehen. Dieser eingeschränkte Anwendungsbereich hat gerade bei Verträgen zwischen Verbrauchern, die in der Regel nur mit gebrauchten Sachen handeln, eine geringe Bedeutung der Vorschrift zur Folge.

     

    • gebrauchte Sachen
    Bei Lieferungen von Gebrauchtwaren besteht dagegen ein höheres Sachmängelrisiko. Wesentlich weitergehende Bedeutung für einen Haftungsausschluss kommt daher § 309 Nr. 7aund 7b BGB zu. Nach § 309 Nr. 7a BGB ist ein Haftungsausschluss unwirksam, der sich auf einen Schadenersatz wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit bezieht. Gleiches gilt gem. § 309 Nr. 7b BGB auch für alle sonstigen Schäden, die vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach § 309 Nr. 7aund 7b BGB nicht nur ein Haftungsausschluss, sondern auch jede Haftungsbeschränkung unzulässig ist (z.B. eine summenmäßige Beschränkung oder der Ausschluss nur bestimmter Schäden; BGH NJW 87, 2820).

     

    Praxishinweis: Daher darf in AGB eine Haftung nur für solche Schäden ausgeschlossen werden, die fahrlässig entstanden sind und bei denen weder das Leben noch der Körper oder die Gesundheit betroffen ist.

     

    Unterschied zwischen Mangelschaden und Mangelfolgeschaden

    Im Hinblick auf den in § 437 BGB verankerten Schadenersatzanspruch ist allerdings zwischen Mangelschäden, die den Schaden an der Kaufsache selbst bilden und den Mangelfolgeschäden, also den Schäden außerhalb der Kaufsache und alle damit in Zusammenhang stehenden Vermögensnachteile, zu unterscheiden:  

     

    • Hinsichtlich der Schäden an der Sache selbst kommt gem. § 280 Abs. 1und 3, § 281 BGB ein Haftungsausschluss lediglich bei leichter Fahrlässigkeit in Betracht.

     

    • Geht es dagegen um einen Schadenersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, wird vertreten, dass die Grenze der unangemessenen Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu berücksichtigen ist (Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153; a.A. Stölting, ZGS 05, 299). Dies bedeutet, dass sich die Haftung für leichte Fahrlässigkeit bei Vorliegen eines typischen, vorhersehbaren Schadens nicht auf die Erfüllung wesentlicher Vertragspflichten beziehen darf (BGH NJW 02, 673). Maßgeblich zur Bestimmung solcher Kardinalspflichten ist die Vertragsart. Beim Kaufvertrag stellt in der Regel die Verschaffung des Besitzes und des Eigentums an einer mangelfreien Sache die wesentlichen Pflichten dar (v. Westphalen, NJW 03, 12; Arnold, ZGS 04, 16). Dies bedeutet aber nicht, dass sich die Bestimmung der Kardinalpflichten zwingend aus den Hauptleistungspflichten ergeben muss. Vielmehr geben diese lediglich einen Hinweis (BGH NJW 02, 673; Müko-Basedow, § 309 BGB, Rn. 26).

    Checkliste: Häufig genutzte Vertragsklauseln

    Verbraucher die sich von der Verpflichtung zur Gewährleistungshaftung freistellen wollen, greifen regelmäßig auf folgende gängige Typen von Vertragsklauseln zurück:  

     

    • „gekauft wie gesehen“, „gekauft wie besichtigt und Probe gefahren“
    Bei der Verwendung dieser Klausel sollen lediglich die Mängel der Haftungsfreistellung unterworfen werden, die der Käufer nach eigener Besichtigung ohne die Hilfe von Sachverständigen feststellen kann (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 16). So wird z.B. die Haftung für die Unleserlichkeit oder das gänzliche Fehlen von Motor- und Fahrgestellnummer oder auch das Vorhandensein von Schad- und Roststellen an der Unterseite des Pkw durch die genannte Klausel nicht ausgeschlossen (OLG Köln NJW–RR 92, 49). Dagegen wird die Betriebs- und Verkehrssicherheit eines Pkw von der genannten Vertragsklausel umfasst (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 7; OLG Köln NJW 93, 271). Enthält ein zwischen Privatpersonen geschlossener Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug einen formularmäßigen Ausschluss jeder Gewährleistung, wird dieser durch den handschriftlichen Zusatz „gekauft wie gesehen“ nicht eingeschränkt (BGH 6.7.05, VIII ZR 136/04, Abruf-Nr. 052571).

     

    • „wie besichtigt/gesehen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“
    Wird der Zusatz „..unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung...“ verwendet, bezieht sich die Haftungsausschlusswirkung auch auf verborgene Mängel (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 7). Dies gilt insbesondere im Gebrauchtwagenhandel und beim Kauf von Altbauten (BGH NJW 86, 2824). Bei neu herzustellenden Sachen oder bei noch zu errichtenden Gebäuden wird einem solchen generellen Ausschluss dagegen die Wirksamkeit abgesprochen (BGH NJW 84, 2094; Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 18).

     

    • „wie die Sache steht und liegt“
    Diese Klausel wird üblicherweise in Hinblick auf Rechtsgeschäfte über Immobilien verwendet. Sie unterscheidet sich von der Formel „gekauft wie besichtigt“ vor allem dadurch, dass es nicht auf eine Besichtigung des Käufers ankommt. Die Kaufsache muss so akzeptiert werden, wie sie ist (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 7). Dies führt im Ergebnis zu einem vollständigen Haftungsausschluss, der auch verborgene Mängel mit einbezieht (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 18). Beim notariellen Grundstückskauf ist allerdings zu berücksichtigen, dass der BGH bei der Verwendung von Standardformulierungen und Mustertexten strengere Voraussetzungen aufgestellt hat. Danach ist ein Ausschluss der Käuferrechte nur zulässig, wenn der Notar die Klausel des Haftungsausschlusses den Parteien nicht nur vorliest, sondern auch eingehend und nicht nur formelhaft erörtert (BGH NJW 76, 515; Litzenburger, NJW 02, 1244).
     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2005 | Seite 201 | ID 94560