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  • 07.04.2010 | Haftpflichtversicherung

    Sicherheitsleistung des VR bei vorläufig vollstreckbarem Urteil erfolgt auf eigene Gefahr

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    1. Der Zweck der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil hinterlegten Sicherheit erfordert, dass der hinterlegte Betrag dem Vollstreckungsgläubiger nach Rechtskraft uneingeschränkt zur Verfügung steht.  
    2. Das Risiko, zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Sicherheit die Deckungspflicht aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag gegenüber dem Vollstreckungsschuldner falsch einzuschätzen, trägt allein der Haftpflichtversicherer.  
    (OLG Celle 23.12.09, 3 U 144/09, Abruf-Nr. 100930)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hatte für die Klägerin fehlerhafte Planungen erstellt, die diese zur Grundlage eines Werkvertrags über die Errichtung einer industriellen Wärmeanlage zu einem Pauschalpreis gemacht hat. Die Klägerin nahm daraufhin den VN auf Schadenersatz in Anspruch. Der VN wurde (zunächst) vorläufig vollstreckbar verurteilt. Als die Klägerin aus dem Urteil die Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO) betrieb, hinterlegte der Haftpflicht-VR des VN den erforderlichen Betrag bei der Hinterlegungsstelle. Nachdem das Urteil im Schadenersatzprozess rechtskräftig geworden war, wollte die Klägerin auf die Sicherheit zugreifen. Der VR war hiermit allerdings nicht einverstanden, zumal der VN zwischenzeitlich insolvent war.  

     

    Die Klägerin erhob deshalb Klage gegen den VR auf Freigabe des hinterlegten Betrags, der geringer als die ausgeurteilte Summe war. Dem ist der VR entgegengetreten: Er sei gegenüber seinem VN nicht eintrittspflichtig, weil für den ausgeurteilten Schaden ein Ausschluss vereinbart sei. Dies könne er der Klägerin entgegenhalten, weil er den Antrag auf Hinterlegung „als Haftpflicht-VR des Insolvenzschuldners“ gestellt habe. Außerdem habe er die Sicherheit nach § 150 VVG a.F. leisten müssen, ohne dass für den VR ein Gestaltungsspielraum bestanden habe. Wenn dies nicht berücksichtigt werden dürfe, führe das zu dem unerträglichen Ergebnis, dass der VR über seine Deckungspflicht hinaus dem Geschädigten sogar mehr zu leisten habe, als wenn ein Direktanspruch bestehen würde. Er sei auch am Vorprozess nicht beteiligt gewesen.  

     

    LG und OLG haben der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Der Sicherungsgegenstand der Hinterlegung, die nach § 108 ZPO der Prozessbürgschaft als Sicherheit gleichsteht, dient der Sicherung der Vollstreckungsbefugnis des Titelgläubigers. Mit der Hinterlegung erlangt der Sicherungsberechtigte ein Pfandrecht am hinterlegten oder verpfändeten Gegenstand (Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., § 108 Rn. 15a). Das nach § 233 BGB mit der Hinterlegung entstehende gesetzliche Pfandrecht nach § 1257 BGB dient als angemessener Ausgleich für den Verzicht des Gläubigers auf die ihm eigentlich gestattete vorläufige Vollstreckung, mithin die Vollstreckungsbefugnis, die er durch den vorläufig vollstreckbaren Titel erlangt hat, d.h. die Realisierbarkeit der titulierten Ansprüche zu sichern (vgl. BGH NJW 05, 2157). Nachdem über die Forderung rechtskräftig entschieden worden ist, steht der Klägerin damit ein Anspruch auf Verwertung des Pfandrechts an der die titulierte Forderung sichernden Sicherheit nach § 1228 Abs. 2, § 1273 Abs. 2, § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Die Einwände des VR träfen dagegen allesamt nicht zu: