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01.04.2010 · IWW-Abrufnummer 100930

Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 23.12.2009 – 3 U 144/09

1. Der Zweck der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil hinterlegten Sicherheit erfordert, dass der hinterlegte Betrag dem Vollstreckungsgläubiger nach Rechtskraft uneingeschränkt zur Verfügung steht.



2. Das Risiko, zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Sicherheit die Deckungspflicht aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag gegenüber dem Vollstreckungsschuldner falsch einzuschätzen, trägt allein der Haftpflichtversicherer.


Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
3 U 144/09
16 O 155/08 Landgericht Hannover
Verkündet am
23. Dezember 2009
…,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
X. Versicherung AG, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. B., …,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro …
gegen
C.B. GmbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die S. Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer M. und B. S. sowie P. Z., …,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt …
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht …, der Richterin am Oberlandesgericht … und der Richterin am Oberlandesgericht … für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Mai 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover - 16 O 155/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt,
den beim Amtsgericht Köln - Hinterlegungsstelle - unter dem Aktenzeichen 81 HL 399/04 hinterlegten Betrag von 1.511.525,99 € abzüglich am 25. November 2008 gezahlter 100.923,21 €, am 2. Juli 2009 gezahlter 69.597,58 € und am 11. September 2009 gezahlter 73.857,15 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen abzüglich der im Hinterlegungsverfahren entstandenen Kosten zugunsten der Klägerin freizugeben,
an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem freizugebenden Betrag seit dem 31. März 2007, aus 100.923,21 € vom 31. März 2007 bis zum 25. November 2008, aus 69.597,58 € vom 31. März 2007 bis zum 2. Juli 2009 und aus 73.857,15 € vom 31. März 2007 bis zum 11. September 2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um jeweils 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 20 % übersteigt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Freigabe eines zur Abwendung der von der Klägerin betriebenen Sicherungsvollstreckung (§ 720 a Abs. 3 ZPO) aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil in dem gegen die Versicherungsnehmerin der Beklagten vor dem Landgericht Köln geführten Haftpflichtprozess von der Rechtsvorgängerin der Beklagten hinterlegten Betrages, nachdem dieser Prozess rechtskräftig zugunsten der Klägerin entschieden worden ist.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die K. B. GmbH & Co. KG (im Folgenden Klägerin), die sich als Anlagenbauerin mit dem Bau von industriellen Wärme und Wärmekraftanlagen befasst, beauftragte die P. GmbH (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) auf der Grundlage der zwischen den Firmen bestehenden Kooperationsvereinbarung vom 17. September 1996 (Anlage B 5, Bl. 148 GA I) mit der Angebotsbearbeitung und Planung einer Wärmeversorgungsanlage für ein in der Schweiz ansässiges Spanplattenwerk der K. AG. Auf der Grundlage der Planung der Insolvenzschuldnerin schloss die Klägerin mit ihrer Auftraggeberin einen Werkvertrag über die Errichtung einer industriellen Wärmeanlage zu einem Pauschalpreis. In der Folgezeit erwies sich die Tragkonstruktion für den Heißlufterzeuger als fehlerhaft. Außerdem erzielte die Brennkammer die nach der vertraglichen Vereinbarung geschuldeten Werte nicht, was die Klägerin auf Planungsfehler der Insolvenzschuldnerin zurückführte. In dem daraufhin vor dem Landgericht Köln geführten Rechtsstreit (85 O 274/00) wurde die Insolvenzschuldnerin mit vorläufig vollstreckbarem Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 23. März 2004 (Anlage K 1, Bl. 10 ff. GA I), nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens, zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt in folgender Höhe:
fehlerhaft geplante Tragkonstruktion in Höhe von 110.923,21 €
zu gering dimensionierte Brennkammer in Höhe von 1.178.750,20 €
1.289.673,41 €
Zur Abwendung der von der Klägerin betriebenen Sicherungsvollstreckung nach § 720 a ZPO hinterlegte die Haftpflichtversicherung der Insolvenzschuldnerin, die Y. Versicherungs AG, die inzwischen mit der Beklagten verschmolzen ist, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten (die die Beklagte auch in diesem Verfahren vertreten), beim Amtsgericht Köln zur Hinterlegungsnummer 81 HL 399/04 1.511.525,99 € (Anlage K 2, Bl. 18 f. GA I. Anlage B 4, Bl. 94 f. GA I). Im Laufe des vor dem Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 20 U 101/04 geführten Berufungsverfahrens wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm den Rechtsstreit auf. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte das landgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, dass die Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt wurde, nachdem es ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt hatte (vgl. Anlage K 4, Bl. 21 ff. GA I). Die gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Insolvenzschuldnerin hat der 10. Senat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 22. April 2008 (X ZR 57/07) zurückgewiesen (Anlage K 5, Bl. 35 GA I). Die Gesamtforderung der Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin, die zur Insolvenztabelle angemeldet wurde, belief sich zum 31. Mai 2008 auf rd. 2 Mio. €.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung des Rechtsstreits in der Hauptsache in Höhe eines am 25. November 2008 freigegebenen Betrages von 100.923,21 € hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den beim Amtsgericht Köln - Hinterlegungsstelle -
unter dem Az. 81 HL 399/04 hinterlegten Betrag von 1.511.525,99 € abzüglich am 25. November 2008 gezahlter 100.923,21 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen abzüglich der im Hinterlegungsverfahren entstandenen Kosten zugunsten der Klägerin freizugeben und Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz aus dem freizugebenden Betrag seit dem 31. März 2007 und aus 100.923,21 € für die Zeit vom 31. März 2007 bis 25. November 2008 an die Klägerin zu zahlen,
weiter
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 8.594,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klage am 26. Februar 2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihrer Versicherungsnehmerin gegenüber im Innenverhältnis nicht zur Deckung verpflichtet gewesen zu sein, soweit der von dieser verursachte Schaden auf einer zu klein geplanten Brennkammer beruhe, was sie der Klägerin entgegen halten könne. Die zu gering dimensioniert geplante Brennkammer habe zu Mehrkosten von 1.178.750,20 € nur deshalb geführt, weil die Klägerin infolge der Pauschalpreisvereinbarung mit ihrer Auftraggeberin, der K. AG, nicht berechtigt gewesen sei, ihr die durch den Bau einer größeren Brennkammer hervorgerufenen Kosten in Rechnung zu stellen. Bei diesen Kosten handele es sich damit um SowiesoKosten. Wenn ihre Versicherungsnehmerin sogleich richtig geplant hätte, hätte die Klägerin diese Mehrkosten ihrer Auftraggeberin in Rechnung gestellt. Nach dem Inhalt des mit der Insolvenzschuldnerin geschlossenen Versicherungsvertrags sowie den darin einbezogenen ´Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibung zur Haftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure (BBR)´, dort unter Ziffer 5.1.2 (Bl. 87 GA I), und den ´Besonderen Vereinbarungen zur Haftpflichtversicherung für Maschinenbauingenieure (BV)´, dort unter Ziffer 2.3 (Bl. 84, GA I), sei eine Haftung der Beklagten für von ihrer Versicherungsnehmerin verursachte SowiesoKosten ausgeschlossen. Nach Ziffer 5.1.2 BBR seien nämlich Ansprüche wegen Schäden aus der Überschreitung ermittelter Massen und Kosten ausgeschlossen. Nach Ziffer 2.3 BV bestehe ein Ausschluss für Schäden, die darauf zurückzuführen seien, dass nach allgemeinem technischen Standard eine ordnungsgemäße Erstellung der Anlage nur zu einem höheren Kostenbetrag, als zum Zeitpunkt der Planung des Versicherungsnehmers vorgesehen, hätte erfolgen müssen und dieser Umstand ursächlich oder auch nur mitursächlich gewesen sei und nicht auf einem versehentlichen Berechnungsfehler beruht habe. Danach sei hier von einem Ausschluss der Haftung der Beklagten auszugehen, weil es sich bei der fehlerhaften Planung der Brennanlage unter Nichtberücksichtigung des Luftraums für die Kühlung um einen konzeptionellen Planungsfehler der Insolvenzschuldnerin gehandelt habe, und nicht um einen dem Versicherungsschutz unterfallenden versehentlichen Berechnungsfehler.
Diese nicht bestehende Deckungspflicht gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin könne sie - die Beklagte - dem Anspruch der Klägerin auf Freigabe des hinterlegten Betrages entgegenhalten. Zweck der Hinterlegung der Sicherheit sei - aus ihrem Antrag auf Annahme der Hinterlegung, gerichtet an das Amtsgericht Köln, ohne weiteres für die Klägerin erkennbar - allein die Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag gewesen, was daraus zu ersehen sei, dass sie den Antrag auf Hinterlegung ´als Haftpflichtversicherer der Insolvenzschuldnerin´ gestellt habe.
Letztlich hat die Beklagte gemeint, dass sich aus der Drittbezogenheit des Versicherungsrechts ein Wertungswiderspruch ergebe. Da sie in den Haftpflichtprozess nicht involviert gewesen sei und sich auch nicht habe einbringen können, sodass dieses Verfahren ihr gegenüber Bindungswirkung nicht erzeuge, müsse sie nunmehr in dem vorliegenden Verfahren die Möglichkeit haben, die ihr gegenüber der Insolvenzschuldnerin zustehenden Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag zu erheben. Es führe sonst zu dem unerträglichen Ergebnis, dass der Versicherer über seine Deckungspflicht hinaus dem Geschädigten sogar mehr zu leisten habe, als wenn ein Direktanspruch bestehen würde. Denn sie selbst sei aufgrund ihrer Deckungspflicht nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin, ohne dass ein Gestaltungsspielraum bestanden habe, verpflichtet gewesen, die geforderte Sicherheit zu leisten, um eventuellen Schäden, die der Insolvenzschuldnerin infolge der Vollstreckung nach § 720 a ZPO hätten entstehen können, entgegenzuwirken.
Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme des Anspruchs auf Erstattung der vorprozessual entstandenen Prozessgebühr des Prozessbevollmächtigten der Klägerin - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Freigabe der hinterlegten Sicherheit zustehe und Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis nicht durchgreifen würden. Ebenso wie im Falle der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gestellten Bürgschaft führe die Hinterlegung zu einem Direktanspruch des Hinterlegungsgläubigers gegenüber dem Hinterleger aufgrund des hierdurch entstehenden Pfandrechtes, das gegenüber der Forderung akzessorisch sei. Daraus folge, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, sich gegenüber der Klägerin auf Einwendungen, die ihren Grund im Deckungsverhältnis haben, zu berufen. Überdies stünden der Beklagten Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis auch nicht zu. Es handele sich hier - anders als die Beklagte meine - nicht um SowiesoKosten, die von der Deckungspflicht ausgenommen wären. Auch könne die Beklagte aus dem Zweck der Sicherheitsleistung nichts herleiten. Denn sie habe die Sicherheit zur Abwendung der Sicherungsvollstreckung bedingungslos und ohne Vorbehalte hinterlegt. Letztlich bestehe auch der von der Beklagten angenommene Wertungswiderspruch aufgrund der Drittbezogenheit des Versicherungsrechtes nicht. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte ohne weiteres den Haftpflichtprozess für die Insolvenzschuldnerin hätte führen und damit dessen Ergebnis beeinflussen können.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Das Landgericht habe verkannt, dass die Insolvenzschuldnerin Anspruch auf Deckung des von ihr wegen der Mehrkosten der Brennkammer zu leistenden Schadens nicht gehabt habe. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Köln (Seite 24 des Urteils) habe es sich um Kosten, die auf einer unzureichenden Planung beruht hätten, gehandelt, die bei einer üblichen vertraglichen Gestaltung, mit einem detaillierten Leistungsverzeichnis und Abrechnung nach Aufwand, SowiesoKosten dargestellt hätten. Diese seien nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages, dessen vollständigen Verlauf sie nunmehr mit den Anlagen BB 1 und BB 2 (gesondert geheftet), vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Insolvenzschuldnerin am 10. März 1994 bis zum 23. Juli 2004 (11. Nachtrag) vorgelegt hat, nicht zu ersetzen. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht verkannt, dass sie im Haftpflichtprozess zumindest infolge des umfassenden Rechtsgewährungsanspruchs nach § 150 Abs. 1 VVG a. F., den Interessen ihrer Versicherungsnehmerin widersprechende Erklärungen gar nicht hätte abgeben können.
Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Hinterlegung wegen der damit abgewendeten Befugnis zur Zwangsvollstreckung Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis nicht ausgesetzt sei. Tatsächlich sei aber - für die Klägerin erkennbar - die Sicherheit nur für die von der Deckungspflicht der Beklagten umfassten Zahlungsansprüche hinterlegt worden, was auf einer - nur - vorläufigen Beurteilung durch die Beklagte beruht habe, die sich auf der Grundlage der Begründung des landgerichtlichen Urteils für eintrittspflichtig gehalten habe.
Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 3. Mai 2005 (XI ZR 287/04, NJW 2005, 2157 ff.) hält die Beklagte auf den vorliegenden Fall für nicht anwendbar, da sich dieses auf eine nach § 711 ZPO zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gestellte Prozessbürgschaft beziehe. Dem entgegen habe hier der Klägerin die Möglichkeit offen gestanden, eine eigene Sicherheitsleistung nach § 709 Abs. 1 ZPO zu erbringen, um gegen die Insolvenzschuldnerin zu vollstrecken. Dies habe sie indes zugunsten der Sicherungsvollstreckung nach § 720 a Abs. 1 ZPO unterlassen. Letztere Sicherheit, die vom gesetzlich normierten Regelfall abweiche, biete aber als Ausnahmevorschrift zu den §§ 708, 709 ZPO dem Gläubiger geringeren Schutz und unterliege zudem verfassungsrechtlichen Bedenken.
Unzureichend auseinandergesetzt habe sich das Landgericht mit dem daraus erwachsenden Wertungswiderspruch, dass die Beklagte mit Blick auf den Rechtsgewährungsanspruch der Schuldnerin nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. im Interesse des Versicherungsnehmers Sicherheit zu leisten habe, wenn der angeblich Geschädigte mit Sicherungsvollstreckung drohe, auch wenn sich - wie hier - später herausstelle, dass die Versicherung im Innenverhältnis zu ihrer Versicherungsnehmerin zur Deckung nicht verpflichtet gewesen sei, sie damit mehr leisten müsse als bei einem Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer. Zivilprozessual werde die Sicherheit dagegen im Interesse des vollstreckenden Gläubigers geleistet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage wird unter Abänderung des am 22. Mai 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Az. 16 O 155/08, abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts
Hannover vom 22. Mai 2009, Az.: 16 O 155/08, wird zurückgewiesen.
Sie hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 8. Juli 2009 (Bl. 224 GA II) in der Hauptsache in Höhe eines Betrages von 69.597,56 € für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte diesen Betrag am 6. Mai 2009 freigegeben hat und dieser am 2. Juli 2009 bei ihr eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2009 (Bl. 274 GA II) hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 73.857,15 € in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte diesen Betrag mit Schreiben vom 21. Juli 2009 freigegeben hat, der am 11. September 2009 bei ihr eingegangen ist.
Die Beklagte hat sich den Erledigungserklärungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeschlossen.
Im Übrigen verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren - mit Ausnahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten - weiter und verteidigt das angefochtene Urteil. Ihrem Anspruch auf Freigabe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erteilten Sicherheit könne die Beklagte Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag mit der Insolvenzschuldnerin nicht entgegenhalten. Im Rahmen der Rechtsschutzgewährung sei es ausschließlich Sache des Versicherers, den Umfang seiner Verpflichtung, dem Versicherungsnehmer Deckung zu leisten, vor Erbringung der Sicherheit zu prüfen. Das Risiko einer Fehlbeurteilung seiner Deckungspflicht müsse der Versicherer selbst tragen und könne dieses nicht auf den Gläubiger verlagern, was schon daraus deutlich werde, dass der Gläubiger des Versicherungsnehmers regelmäßig Einblick in das Versicherungsvertragsverhältnis nicht habe, weshalb er nicht abschätzen könne, in welchem Umfang der Versicherer überhaupt zur Deckung verpflichtet, bzw. (etwa wegen Obliegenheitsverletzungen oder der unterbliebenen Zahlung von Versicherungsprämien) von der Leistung insgesamt frei sei. Dass die Beklagte auch nach Abschluss der Berufungsinstanz ihre Deckungsverpflichtung noch anders eingeschätzt habe, ergebe sich ohne weiteres aus dem EMailschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. April 2007 (Anlage K 7, Bl. 37 GA I), wonach sie nach Abschluss des Prozesses vor dem Oberlandesgericht Köln die unverzügliche Freigabe der Sicherheitsleistung zugesagt, sich mithin für deckungspflichtig gehalten habe, worin überdies ein Anerkenntnis zu sehen sei. Die Auffassung der Beklagten verkenne den Zweck der Sicherheit, die nur dann den Vollstreckungsgläubiger von Vollstreckungsmaßnahmen abzuhalten geeignet sei, wenn dieser sich auch auf den Bestand der Sicherheit verlassen könne, woraus sich ergebe, dass der unter dem Stichwort ´Drittbezogenheit´ angenommene Widerspruch zwischen dem Versicherungsvertragsrecht und dem Zivilprozessrecht nicht bestehe. Die BBR und BV der Beklagten seien schon nicht geeignet, den Versicherungsschutz der Insolvenzschuldnerin auszuschließen.
Zur Ergänzung des Sach und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten nach § 380 BGB i. V. m. § 13 HinterlegungsO ein Anspruch auf Freigabe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 1. Juni 2004 hinterlegten Sicherheitsleistung zu, weil sich die Klägerin nach Rechtskraft des Urteils aus der Sicherheit befriedigen kann und die Beklagte hiergegen Einwendungen, die überwiegend aus dem Innenverhältnis zu der Insolvenzschuldnerin herrühren, mit Erfolg nicht erheben kann.
1. Der Sicherungsgegenstand der Hinterlegung, die nach § 108 ZPO der Prozessbürgschaft als Sicherheit gleichsteht, dient der Sicherung der Vollstreckungsbefugnis des Titelgläubigers. Mit der Hinterlegung erlangt der Sicherungsberechtigte ein Pfandrecht am hinterlegten oder verpfändeten Gegenstand (ZöllerHerget, ZPO, 27. Aufl., § 108 Rn. 15). Das nach § 233 BGB mit der Hinterlegung entstehende gesetzliche Pfandrecht nach § 1257 BGB dient als angemessener Ausgleich für den Verzicht des Gläubigers auf die ihm eigentlich gestattete vorläufige Vollstreckung, mithin die Vollstreckungsbefugnis, die er durch den vorläufig vollstreckbaren Titel erlangt hat, d. h. die Realisierbarkeit der titulierten Ansprüche zu sichern (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - XI ZR 287/04, Juris Rn. 19). Nachdem über die Forderung aus dem Urteil des Landgerichts Köln rechtskräftig entschieden worden ist, steht der Klägerin damit ein Anspruch auf Verwertung des Pfandrechtes an der die titulierte Forderung sichernden Sicherheit nach §§ 1228 Abs. 2, 1273 Abs. 2, 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die Klägerin kann zu diesem Zweck von der Beklagten die Freigabe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gewährten Sicherheit verlangen. Ihre Forderung übersteigt auch - unstreitig - den zur Sicherheit hinterlegten Betrag, sodass sie die Freigabe des verbliebenen hinterlegten Betrages (1.267.148,10 €) nebst Zinsen von der Beklagten verlangen kann. Der Anspruch der Klägerin auf Zinsen ergibt sich in dem hier gegebenen Fall verzögerter Freigabe des hinterlegten Geldbetrages aus der entsprechenden Anwendung von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 271/05, Juris), was von der Beklagten mit der Berufung nicht mehr in Abrede genommen wird.
2. Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen diesen Anspruch der Klägerin auf Freigabe der hinterlegten Sicherheit, die überwiegend das Innenverhältnis zwischen der Beklagten und ihrer insolventen Versicherungsnehmerin betreffen, führen zu keinem abweichenden Ergebnis, da sie insgesamt nicht durchgreifen.
a) Soweit die Beklagte einwendet, im Umfang des für die mit zu geringer Dimensionierung konzipierte Brennkammer zu leistenden Schadensersatzes zur Deckung im Verhältnis zu ihrer Versicherungsnehmerin nicht verpflichtet gewesen zu sein, ist dies ohne Belang für ihre Verpflichtung gegenüber der Klägerin, den als Sicherheit hinterlegten Betrag freizugeben.
aa) Der Zweck der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil geleisteten Sicherheit schließt es aus, dass gegenüber dem Freigabeanspruch des nach Rechtskraft zur endgültigen Vollstreckung befugten Gläubigers mit Erfolg Einwendungen erhoben werden können, die das Verhältnis zwischen dem die Sicherheit leistenden Haftpflichtversicherer und dessen Versicherungsnehmer, dem Vollstreckungsschuldner, betreffen. Die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil bezweckt dem Gläubiger, der infolge der Sicherheitsleistung auf die vorläufige Vollstreckung verzichtet, angemessenen Ausgleich zu schaffen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005, XI ZR 287/04, Juris Rn. 19). Dies gilt sowohl für die Prozessbürgschaft als auch für die Hinterlegung, so dass die Erwägungen der vorgenannten Entscheidung ohne weiteres auch hier zu Grunde zu legen sind. Angemessen ist dieser Ausgleich indessen nur, wenn die Sicherheit nach Rechtskraft der vorläufig vollstreckbaren Entscheidung auch tatsächlich zur Verfügung steht. Nur wenn ihm die Sicherheit nach Eintritt der Fälligkeit uneingeschränkt zur Verfügung steht, wird man es einem Gläubiger zumuten können, von der Fortführung der Zwangsvollstreckung aufgrund der Sicherheitsleistung abzusehen.
bb) Würde man dagegen, wie von der Beklagten begehrt, gegenüber dem Anspruch des Gläubigers auf Freigabe des als Sicherheit hinterlegten Betrages Einwendungen zulassen, die das Verhältnis zwischen Haftpflichtversicherer und Versicherungsnehmer betreffen, würde damit die Versicherung das allein sie treffende Risiko einer unzutreffenden Beurteilung ihrer Verpflichtung ihrem Versicherungsnehmer Deckungsschutz zu leisten, auf den Vollstreckungsgläubiger verlagern, was aus keinem Gesichtspunkt veranlasst ist.
(1) Es gehört zu den Vertragspflichten des Haftpflichtversicherers, nach Eingang der Schadensanzeige die Haftpflichtfrage zu prüfen (§ 3 Abs. II Nr. 1 AHB). Für die zu der gebotenen Prüfung nötigen Erhebungen steht dem Haftpflichtversicherer ein angemessener Zeitraum zur Verfügung (Voit in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 3 AHB, Rn. 3). Am Ende der Prüfung steht die Entscheidung des Haftpflichtversicherers, ob und in welchem Umfang er sich gegenüber seinem Versicherungsnehmer für eintrittspflichtig hält, was er diesem mitzuteilen hat. Vorliegend hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Deckungspflicht uneingeschränkt bejaht und der Insolvenzschuldnerin den sich daraus ergebenden Rechtsschutz (§ 150 Abs. 1 S. 1 VVG a. F.) umfassend gewährt. Auf dieser Grundlage hat sie sich folgerichtig zur Abwendung der von der Klägerin aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts betriebenen Zwangsvollstreckung nach § 720 a ZPO zur Hinterlegung einer Sicherheitsleistung verpflichtet erachtet. Denn für die Verpflichtung des Versicherers, nach § 150 Abs. 3 Satz 1 VVG a. F. Sicherheit zu leisten, kommt es nur auf seine tatsächliche Deckungspflicht an (vgl. Langheid in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 150, Rn. 18), die die Beklagte schon vor der Erteilung der Deckungszusage eigenständig und umfassend zu prüfen hatte (§ 3 Abs. II Nr. 1 AHB). Ist diese nur eingeschränkt gegeben, trifft den Versicherer auch nur eine anteilige Kostentragungspflicht (vgl. Langheid in Römer/
Langheid, a. a. O., Rn. 13). Dass vorliegend zur Prüfung der Deckungsverpflichtung nicht genügend Zeit zur Verfügung stand, trägt die Beklagte nicht vor. Soweit sie sich darauf beruft, aufgrund der Sicherungsvollstreckung der Klägerin in Entscheidungsdruck geraten zu sein, ob sie Sicherheit leisten soll oder einen Deckungsprozess riskieren will, kann sie damit schon deshalb nicht durchdringen, weil sie - wie bereits ausgeführt - die Prüfung nach Schadensanzeige durch ihre Versicherungsnehmerin in angemessener Zeit durchzuführen hatte. Sie hätte sich deshalb bei pflichtgemäßem Handeln schon vor Beginn des ab dem Jahr 2000 vor dem Landgericht Köln geführten Prozesses Klarheit über ihre Deckungspflicht verschaffen müssen, und hätte dies nicht erst nach Verkündung des Urteils im Jahr 2004 zu prüfen gehabt, wie sie nunmehr behauptet.
(2) Das in diesem Zusammenhang bestehende Risiko, die Deckungspflicht falsch einzuschätzen, trägt die Versicherung. Die sich aus einer falschen Beurteilung ergebenden Konsequenzen, dass sie nämlich Leistungen erbringt, zu denen sie gar nicht verpflichtet ist, oder einen mit ihrem Versicherungsnehmer geführten Deckungsprozess verliert, lässt sie in die Berechnung der Versicherungsprämie für die Haftpflichtversicherung einfließen. Schon vor diesem Hintergrund ist Anlass nicht gegeben, Versicherungen von diesem Risiko zu befreien. Erst recht ergibt sich daraus keine Veranlassung, das Risiko dem Vollstreckungsgläubiger zu überbürden, der - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - außerhalb des Versicherungsvertragsverhältnisses steht, weshalb er naturgemäß Einblick in ggf. bestehende Störungen durch Obliegenheitsverletzungen o. ä. nicht hat.
(3) Diese Bewertung ändert sich nicht, wenn - was die Beklagte behauptet - sich ihre Beurteilung der Deckungspflicht im Laufe des Haftpflichtprozesses geändert hätte. Auch dieses Risiko muss die Versicherung und - vermittelt über die Versicherungsprämie - die Gemeinschaft der Versicherten tragen. Aus den vorgenannten Erwägungen kommt auch in diesem Fall ein Überbürden des Risikos auf den Vollstreckungsgläubiger nicht in Betracht. Überdies bleibt es dabei, dass die Versicherung primär und im eigenen Interesse bei Eingang einer Schadensanzeige eigenverantwortlich zu prüfen hat, ob sie zur Deckung verpflichtet ist, wozu sie sich rechtskundiger Substitution bedienen und umfassende Unterrichtung durch ihren Versicherungsnehmer verlangen kann. Einer Auferlegung des Risikos der geänderten Rechtsauffassung zur Deckungspflicht der Versicherung auf den Vollstreckungsgläubiger bedarf es zudem schon deshalb nicht, weil ihr ein Bereicherungsanspruch gegenüber ihrem Versicherungsnehmer zustehen kann, wenn sich im Haftpflichtprozess herausstellt, dass der Dritte zwar einen Anspruch gegen den Versicherungsnehmer hat, für diesen aber kein Versicherungsschutz besteht (Voit, a. a. O., § 149, Rn. 49).
cc) Der weitere Einwand der Beklagten, an dem Vorprozess ihrer Versicherungsnehmerin nicht beteiligt gewesen zu sein und deshalb Einfluss auf die Beurteilung der Rechtslage nicht gehabt zu haben, ist unzutreffend.
Aus § 3 Abs. II Nr. 3, § 5 Nr. 4 AHB ergibt sich das Recht des Versicherers, den Prozess selbst zu führen. Auf die überdies ohne weiteres bestehende Möglichkeit, im Wege der Nebenintervention nach § 66 ZPO, die von einer Streitverkündung nicht abhängig ist, dem Rechtsstreit des Versicherungsnehmers beizutreten, kommt es deshalb nicht an. Das Argument, nach § 150 VVG a. F. selbst im Falle einer eigenen Beteiligung am Haftpflichtprozess zur Abgabe von von den Angaben des Versicherungsnehmers abweichenden Erklärungen gleichwohl nicht befugt gewesen zu sein, erweist sich in Ansehung des primär dem Haftpflichtversicherer zustehenden Prozessführungsrechts als offenkundig unrichtig. Letztlich war die Insolvenzschuldnerin im Haftpflichtprozess von den die Beklagte auch in diesem Verfahren vertretenden Prozessbevollmächtigten vertreten worden.
b) Hinzu kommt, ohne dass es entscheidend darauf ankäme, dass die Beklagte gar nicht schlüssig vorträgt, im Verlauf des in Köln geführten Prozesses Erkenntnisse gewonnen zu haben, die sie zu einer Neubeurteilung der Deckungspflicht gegenüber der Insolvenzschuldnerin erst nach der nach Abschluss der ersten Instanz erfolgten Hinterlegung der Sicherheit gezwungen hätten.
Worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, ergab sich nämlich schon aus dem Urteil des Landgerichts Köln (Seite 12), dass die Frage der SowiesoKosten bereits in erster Instanz thematisiert worden war. Mithin hätte sich die Beklagte ihre Rechtsauffassung bereits auf der Grundlage der damals schon offen zutage tretenden Umstände bilden können, zumal nach den Urteilsgründen ihre Versicherungsnehmerin selbst den Einwand der SowiesoKosten erhoben hat. Dass weitergehende tatsächliche Erkenntnisse in zweiter Instanz eine grundlegende Änderung der Beurteilung ihrer Deckungspflicht bedingten, trägt die Beklagte nicht vor. Soweit sie darauf abhebt, sie habe aufgrund der - nach ihrer Auffassung - im Urteil des Oberlandesgerichts Köln erstmals vertretenen Rechtsauffassung erst nach Abschluss der Berufungsinstanz von SowiesoKosten auszugehen gehabt, trifft dies nach den Urteilsgründen nicht zu. Das Oberlandesgericht Köln hat auf Seite 24 seines Urteils vielmehr darauf abgestellt, dass hier SowiesoKosten aufgrund der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Auftraggeberin, der K. AG, nicht abgesetzt werden könnten. Mit der - die Beklagte interessierenden - Frage, ob es sich bei den Kosten für die Neuerrichtung der Brennkammer um SowiesoKosten handelte, nämlich um solche Kosten, um die das Werk ohne den Fehler von vornherein teurer geworden wäre, haben sich beide Gerichte gar nicht befasst. Die Frage der SowiesoKosten wurde vom Landgericht Köln und vom Oberlandesgericht Köln schon deshalb nur am Rande erörtert, weil infolge der Pauschalpreisvereinbarung dieser Einwand nicht zum Tragen kommen konnte.
c) Ob sich - nimmt man mit der Beklagten SowiesoKosten an - dann nach den BV und den BBR der Beklagten, die in den Vertrag mit der Insolvenzschuldnerin einbezogen worden sind, ein Haftungsausschluss für sie ergibt, ist danach nicht relevant, weil es auf das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherer aus den vorgenannten Gründen nicht ankommt.
d) Aus dem Zweck der hier gestellten Sicherheit ergibt sich auch nichts, was die Beklagte mit Erfolg dem Anspruch der Klägerin auf Freigabe des hinterlegten Betrages entgegen halten könnte. Das Landgericht hat die Sicherheit zu Recht dahingehend gewertet, dass diese bedingungslos und ohne Vorbehalt geleistet wurde.
aa) Dem unter II. 2. a) näher dargelegten Zweck der Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil steht nicht entgegen, dass die Beklagte vorliegend mit der Sicherheitsleistung lediglich ihre sich aus dem Versicherungsvertrag i. V. m. § 150 Abs. 3 VVG a. F. ergebende Verpflichtung gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin erfüllen wollte. Dies liegt zwar auf der Hand und ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte die Sicherheit ´als Haftpflichtversicherer der Insolvenzschuldnerin´ geleistet hat, was aus ihrem Antrag auf Hinterlegung beim Amtsgericht Köln zu ersehen ist. Indessen führt dies nicht zu einer Einschränkung ihrer Haftung, weil anderenfalls die Sicherheit ihren Zweck, die Durchsetzung der zu sichernden Forderung nach Rechtskraft der Entscheidung, aus der vollstreckt wird, zu sichern, nicht erfüllen könnte. Als eine dahin gehende Einschränkung, die Sicherheit der Klägerin nur in dem Umfang zur Verfügung stellen zu wollen, in dem die Beklagte der Insolvenzschuldnerin zur Deckung verpflichtet war, ließ sich dieser Zusatz, der ebenso gut Bedeutung nur für den Anspruch auf Rückgabe der Sicherheit im Falle des Obsiegens der Insolvenzschuldnerin haben konnte, jedenfalls nicht eindeutig interpretieren. Mit einem ausdrücklichen Vorbehalt oder einer Einschränkung mit Blick auf den Umfang ihrer Deckungspflicht hat die Beklagte die Sicherheitsleistung gerade nicht versehen. Eine ausdrückliche Einschränkung hätte im Übrigen auch, was die Beklagte mit der Hinterlegung gerade zu verhindern suchte, die Klägerin von einer Fortsetzung der Vollstreckung nicht abhalten können.
bb) Die vorgenannte Wertung findet sich auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Mai 2005 (a. a. O.), wobei der Übertragung auf den hier zu beurteilenden Fall nicht entgegensteht, dass dort nach § 711 ZPO und nicht - wie hier - nach § 720 a ZPO vollstreckt wurde. Die Sicherungsvollstreckung nach § 720 a ZPO dient dem - gegenüber § 709 ZPO erweiterten - Schutz des Gläubigers, indem ihm die Möglichkeit gegeben wird, auch ohne eine Sicherheitsleistung die Beitreibung seiner Forderung nach Rechtskraft zumindest vorläufig sicherzustellen. Dies ist insbesondere dann für den Gläubiger von Bedeutung, wenn - wie hier - eine sehr hohe Forderung vollstreckbar ist, so dass für eine nach § 709 ZPO regelmäßig zu erbringende Bankbürgschaft hohe Avalprovisionen zu zahlen sind und wegen der Organisationsform der Schuldnerin - hier einer GmbH - nicht auszuschließen ist, dass sich die Forderung nach Rechtskraft infolge der Eröffnung der Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kapitalgesellschaft nicht mehr realisieren lässt. Verfassungsrechtliche Bedenken - die hier auch nicht ansatzweise dargelegt worden sind - bestehen gegenüber dieser den Gläubiger schützenden Vorschrift nicht, wenngleich sich auch eine vereinzelte Stimme hierfür ausspricht (zitiert in ZöllerHerget/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 720 a, Rn. 1). Weshalb der Gläubiger bei einer Vollstreckung nach § 720 a ZPO nur geringeren Schutz erfahren sollte als bei einer Vollstreckung nach §§ 708, 709 ZPO, ist von der Beklagten ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt und auch nicht ersichtlich.
e) Der von der Beklagten unter dem Stichwort ´Drittbezogenheit des Versicherungsrechts´ angenommene Wertungswiderspruch zwischen Zivilprozessrecht und Versicherungsrecht, der sich daraus ergeben soll, dass die Versicherung hier nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. zu weitergehenden Leistungen als sie bei einem Direktanspruch geschuldet wären, verpflichtet sein soll, besteht tatsächlich nicht.
An der Schnittstelle der divergierenden Interessen des Gläubigers auf vorbehaltlose Sicherung der zu vollstreckenden Forderung und dem Interesse des Versicherungsnehmers von seinem Haftpflichtversicherer umfassend von der Ersatzpflicht aus dem Schadensfall freigestellt zu werden, steht die Verpflichtung des Versicherers umfassend und frühzeitig zu prüfen, in welchem Umfang er zur Deckung gegenüber dem Versicherungsnehmer verpflichtet ist.
aa) Wird der Versicherer dieser Verpflichtung gerecht, indem er seine Deckungspflicht mit zutreffendem Ergebnis prüft und demgemäß seinem Versicherungsnehmer Rechtsschutz gewährt, tritt die von der Beklagten angenommene Diskrepanz nicht auf. Kommt dagegen die Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Deckungspflicht nicht oder nur für einen Teil der gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Schadensersatzforderung besteht, trifft den Versicherer - ggf. nach Feststellung im Deckungsprozess - keine oder nur eine anteilige Deckungspflicht, weshalb er auch nur in diesem Umfang Sicherheit nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. zu leisten hat (Langheid in Römer/Langheid, a. a. O., § 150 Rn. 13, 18).
bb) Kommt die Prüfung des Versicherers dagegen zu einem unzutreffenden Ergebnis, muss sie das sich daraus ergebende Risiko, ggf. mehr als nach dem Versicherungsvertrag geschuldet dem Vollstreckungsgläubiger zu leisten, bzw. den Deckungsprozess mit ihrem Versicherungsnehmer führen zu müssen, fraglos selbst tragen und über die Prämie an ihre Versicherungsnehmer weitergeben.
cc) Anhand der vorstehenden Erwägungen zeigt sich, dass hier kein Wertungswiderspruch zwischen gesetzlichen Regelungen zum Tragen kommt, sondern es sich vielmehr um eine fehlerhafte Beurteilung der Sach und Rechtslage durch die Haftpflichtversicherung in einem Einzelfall handelt.
3. Ob in dem EMailschreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 9. April 2007 ein dem Formerfordernis nach § 781 Satz 2, § 126 Abs. 3 BGB genügendes Schuldanerkenntnis zu sehen ist, kann dahin stehen.
4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 286, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 a ZPO. Soweit die Parteien in der Berufungsinstanz den Rechtsstreit teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, entsprach es billigem Ermessen, die dadurch entstandenen Kosten ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen, da sie im Falle streitiger Entscheidung auch in diesem Umfang unterlegen wäre.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.

RechtsgebieteZPO, VVGVorschriftenZPO § 720 a, VVG a F § 150 Abs 3

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