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  • · Fachbeitrag · Leser-Erfahrungsaustausch

    Vollstreckungs-Tipps des Monats

    Die Suche nach Schuldnern kann „konventionell“ oder „modern“ erfolgen. Entscheidend ist dabei immer, „was hinten rauskommt“, wie es ein Altbundeskanzler einmal formuliert hat. Heute berichten wir daher zunächst über den Fall unserer Leserin Irmgard Schmid, Ehingen, die als Sachbearbeiterin für Zwangsvollstreckung in einem Rechtsanwaltsbüro tätig ist. Sie hatte - ganz konventionell - Erfolg mit einer Inaugenscheinnahme. „Kommissar Zufall“ war dabei nicht ganz unbeteiligt.

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 1: „Schürzenjäger“

    Unsere Leserin musste eine Forderung aus einer Rechnung aus dem Jahr 2005 eintreiben. Bisher war die Schuldnerin S. in der Gaststätte ihres Lebensgefährten L. einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen. Der L. musste die Gaststätte jedoch aufgeben.

     

    Unsere Leserin hatte danach keine Information mehr über die weitere Tätigkeit der S. Die S. hatte zudem die Vermögensauskunft abgegeben, die für Vollstreckungszwecke unergiebig war.

     

    Da S. in der Nähe der Kanzlei unserer Leserin wohnte, wurde die für sie bestimmte Post dort stets persönlich eingeworfen. Als dies wieder einmal anstand, fiel unserer Leserin vor dem Haus ein Wäscheständer auf.

     

    Auf diesem hing eine Bedienungsschürze mit dem Logo einer bekannten Gaststätte. Sollte die S. jetzt dort tätig sein? Hatte Sie etwa ein für eine Vollstreckung ausreichendes Einkommen?

     

    Volltreffer! Schnell erfolgte eine Lohnpfändung. Der neue Arbeitgeber A. streckte sogar die gesamte Forderung gegen S. vor. So konnte die Angelegenheit nach über vierjähriger Bearbeitungszeit erfolgreich erledigt werden.

     

    Der zweite Fall - mit „moderner“ - Schuldnersuche (s.o.) beruht auf den Erfahrungen unserer Leserin J. W. aus Nordrhein-Westfalen. Sie berichtet aus dem Bereich der Energieversorgung, in dem täglich Forderungen aus dem Gas-, Wasser-, Wärme- und Strombereich eingetrieben werden müssen, da die Zahlungsmoral zahlreicher Kunden stetig schlechter wird.

     

    Übermäßiges Konsumverhalten, sowie Arbeitslosigkeit führen immer häufiger dazu, dass die o.g. Forderungen erst als Letztes und schließlich überhaupt nicht mehr bezahlt werden. Der letzte Schritt eines Versorgers, um an seine Forderungen zu gelangen, sind die Versorgungssperre und Einstellung der Lieferung.

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 2: Energieversorgung

    Schuldnerin S. hatte die Jahresrechnung, immerhin eine Nachzahlung von ca. 1.200 EUR, nicht beglichen. Eine Gaszählersperre wurde von Sperrkassierern Y. des Energieversorgers durchgeführt, die nochmals mit 95 EUR zu Buche schlug. Um die Versorgungssperre wieder aufzuheben, war natürlich die Zahlung der kompletten Forderung nötig.

     

    Aber in unserem Fall ließ sich S. etwas Besonderes einfallen: Sie kam in das Kundencenter unserer Leserin und meldet den Gaszähler einfach auf eine andere Person, den X., an. Sie teilte mit, sie sei die neue Mieterin, M., der Wohnung. Mit gefälschter Unterschrift gaukelte S. vor, diese neue Mieterin zu sein.

     

    Dies wurde auch zunächst akzeptiert und der Gaszähler wurde entsperrt. Als dann nach zwei Monaten Versorgungsleistung mit Gas immer noch kein Zahlungseingang der angeblich neuen Mieterin M. erfolgte, wurde unsere Leserin skeptisch. Dank Facebook fand sie heraus, dass die angemeldete Person - nach Abgleich des Geburtsdatums, das dort unverschlüsselt preisgegeben war - nicht im Versorgungsgebiet der Stadtwerke wohnte und somit keinen Gaszähler anmelden konnte.

     

    Unsere Leserin recherchierte akribisch weiter und nahm Kontakt zu dieser Person auf. Es stellte sich heraus: Die S., die nun fleißig Gas auf falschen Namen verbrauchte, hatte einfach den Namen ihrer Freundin Y. benutzt, um wieder an Gas zu gelangen.

     

    Durch Sperrkassierer wurde vor Ort bestätigt, dass die S. immer noch in der Verbrauchsstelle wohnte. Somit waren die Gründe nach der Gasgrundversorgungs-verordnung (GVV) für eine erneute Gaszählersperre bzw. Abnahme des Zählers gegeben. Die Versorgung wurde eingestellt und der Gaszähler abgenommen, damit S. nicht noch mehr finanziellen Schaden anrichten konnte.

     

    Aufgrund einer Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft wegen Betrugs, Gasdiebstahl und Vortäuschung falscher Tatsachen wurde S. zu einer Geldstrafe von insgesamt 1.500 EUR verurteilt. Dank Facebook und engagierten Sperrkassierern konnte so eine Betrügerin überführt und größerer Schaden vermieden werden.

     

    Oft sind es die ungewöhnlichen Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckungssache erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle.

     

    Daher unsere Bitte: Schildern Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW-Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 127 | ID 39888440