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  • 04.10.2010 | P-Konto

    Das Monatsanfangsproblem und seine Bewältigung

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Drittschuldnerische Banken, Gläubiger und Schuldner stoßen beim P-Konto auf das sog. Monatsanfangsproblem. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen, wie weit der Pfändungsschutz reicht und was Gläubiger wann vollstrecken können. Der folgende Beitrag gibt erschöpfende Antworten.  

     

    Beispielsfall

    Schuldner S. erhält Ende Juli für den Monat August Sozialleistungen in Höhe von 1.000 EUR auf sein herkömmliches Girokonto überwiesen. Als am 5.8. eine Kontopfändung eingeht, weist das Konto noch ein Guthaben von 1.000 EUR auf. S. wandelt das Konto am 6.8. in ein P-Konto um, sodass ihm der P-Konto-Schutz mit Sockelfreibetrag von 985,15 EUR rückwirkend ab 1.8. zusteht. S. kann also über seine Sozialleistung bis zur Höhe von 985,15 EUR frei verfügen. Als am 30.8. die Sozialleistung für September überwiesen wird, hat S. seinen Freibetrag für August bereits voll ausgeschöpft, sodass 1.014,85 EUR (1.000 EUR ./. 985,15 EUR + 1.000 EUR) an Gläubiger G. zu überweisen wären. S. hätte dann nichts mehr für seinen Lebensunterhalt im September.  

     

    Problemlage

    Die Bank als Drittschuldnerin darf dem Gläubiger kein pfändbares Guthaben vorenthalten. Es ist vielmehr ein Beschluss des Vollstreckungsgerichts erforderlich, um dem Pfändungsschuldner (Kontoinhaber) das für die Auskehrung an den Pfändungsgläubiger vorgesehene Guthaben zur Verfügung zu stellen. Es kommen folgende Lösungsmöglichkeiten in Betracht:  

     

    • Nach § 765a ZPO muss der Schuldner beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf (einmalige) Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme wegen sittenwidriger Härte stellen, da ihm sonst die wirtschaftliche Existenzgrundlage für den folgenden Monat entzogen würde. Dies setzt u.a. voraus, dass durch das Vorgehen des Gläubigers eine unzumutbare Vollstreckungsmaßnahme vorliegt, die gegen die guten Sitten verstößt. Das ist aber bei der o.g. Konstellation nicht gegeben. Die Kontopfändung an sich ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass sich der Schuldner für eine ganz bestimmte gesetzliche Regelung seines Schutzes entschieden hat, nämlich das P-Konto mit seinen Vor- und Nachteilen. Es ist also ein selbstgemachtes Problem des Schuldners. Insoweit besteht auch keine Regelungslücke. Im Gegenteil, die gesetzliche Regelung ist vorhanden. Dass einem Schuldner nach Auftreten des Problems sein selbst gewählter Schutz nicht mehr gefällt und er nach einer Lösung sucht, kann nicht zum Nachteil des Gläubigers gehen. Denn er hat nichts falsch gemacht. Er hat nur von den gesetzlichen Vollstreckungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht. Daher kann dieses Problem, das nicht originär durch die Vollstreckungsmaßnahme entstanden ist, nicht durch das Vollstreckungsgericht über die Ausnahmeregelung des § 765a ZPO gelöst werden.

     

    • Die Praxis geht zurzeit darauf über, das Problem nach § 850k Abs. 4 ZPO zu lösen. Hiernach kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners oder Drittschuldners einen von den § 850k Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 ZPO abweichenden pfändungsfreien Betrag festsetzen (LG Essen VE 10, 154, Abruf-Nr. 102604): Begründung: Wenn auf einem Pfändungsschutzkonto im laufenden Monat eine Zahlung eingeht, die für den Folgemonat bestimmt ist, dürfe das Kreditinstitut diese nur im Rahmen des § 850k Abs. 1 ZPO an den Schuldner auszahlen. Ginge also z.B. für den Folgemonat eine Zahlung von 1.000 EUR ein und wäre der pfändungsfreie Betrag 985,15 EUR, dürfe die Bank 14,85 EUR bei einem alleinstehenden Schuldner an den Gläubiger überweisen. Das LG Essen betont dabei, dass ein Schuldner ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass er zur Sicherung seines Lebensunterhalts im Folgemonat durch die Ende des Vormonats zu erwartende Überweisung diesen im Folgemonat erhöhten Freibetrag nicht in dem Monat der Gutschrift in vollem Umfang durch Kontoverfügungen ausnutzen darf. Ob § 850k Abs. 4 ZPO tatsächlich greift, muss bezweifelt werden. Dort heißt es: "Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag einen von den Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 abweichenden Betrag festsetzen.“ Folge: Das Vollstreckungsgericht kann einen anderen, nicht von der Pfändung erfassten Betrag festsetzen. Das ändert jedoch nichts an der Auszahlungsproblematik für den Folgemonat, da hier - noch - nichts eingegangen ist und der Vormonat abgeschlossen ist.