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  • 15.04.2010 | Lohnpfändung

    Unterhalts-Deliktsgläubiger: Konkurrenz von Einzelvollstreckung und Insolvenz beachten

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Bei der Vollstreckung wegen Unterhalts- und Deliktsforderungen kommt es in der Praxis immer wieder zu dem Problem, dass über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wird. In welchem Umfang dann noch eine Lohnpfändung wirkt, ist nicht immer eindeutig. Die folgenden Beispielsfälle bringen Klarheit.  

     

    Beispielsfall 1

    Gläubiger G. vollstreckt wegen einer titulierten Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung in Höhe von 5.000 EUR in das Arbeitseinkommen des Schuldners S. Dieser ist ledig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.500 EUR.  

     

    Die Pfändungsfreigrenze gemäß § 850c ZPO beträgt 1.139,60 EUR. Der nach § 850c Sp. 0 ZPO pfändbare Betrag beträgt 360,40 EUR. Das Gericht setzt die Pfändungsfreigrenze gemäß § 850f Abs. 2 ZPO auf 900 EUR fest.  

     

    Abwandlung 1 zu Beispielsfall 1

    Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt am 5.12.09. Das Verfahren wird am 20.12.09 eröffnet. Die Zustellung des PfÜB an Drittschuldner D. erfolgt am 10.1.10. Die Pfändung erfolgt also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.  

     

    Lösung: G. ist Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO), da er zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen S. einen persönlichen Zahlungsanspruch hat. Infolgedessen sind Zwangsvollstreckungen während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des S. zulässig (§ 89 Abs. 1 InsO).  

     

    Auch nicht am Insolvenzverfahren teilnehmende Gläubiger (Neugläubiger) dürfen nicht in zukünftige Forderungen aus einem Dienstverhältnis vollstrecken (§ 89 Abs. 2 S. 1 InsO). Allerdings darf ein Gläubiger nach § 89 Abs. 2 S. 2 InsO wegen einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in den für andere Gläubiger nicht pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens weiterhin vollstrecken. Dies gilt nach Ansicht des BGH (VE 08, 8) aber nur für Neugläubiger von Deliktansprüchen, nicht hingegen für Deliktsgläubiger, die an dem Insolvenzverfahren teilnehmen.  

     

    Folge: G. muss seine Ansprüche zur Insolvenztabelle anmelden und auf eine Quote hoffen.  

     

    Abwandlung 2 zu Beispielsfall 1

    Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt am 5.12.09. Das Verfahren wird am 20.12.09 eröffnet. Die Zustellung des PfÜB an D. erfolgte bereits am 7.11.09. Die Pfändung erfolgt also vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.  

     

    Lösung: G. ist Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO), da er zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenz-verfahrens gegen S. einen persönlichen Zahlungsanspruch hat. Die Pfändung wird nach § 88 InsO im Rahmen der sog. Rückschlagsperre mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückwirkend absolut unwirksam, da hierdurch bereits eine Sicherung im Rahmen der Zwangsvollstreckung erfolgt.  

     

    Praxishinweis: Handelt es sich um ein Verbraucherinsolvenzverfahren, beträgt die Frist zur Berechnung der Rückschlagsperre drei Monate vor Insolvenzantragstellung (§§ 312 Abs. 1, 88 InsO).  

     

    Sollte G. bereits wegen der vorherigen Pfändung durch D. Zahlungen erhalten haben, wäre dies nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter anfechtbar. Diese Anfechtungsmöglichkeit besteht zugunsten der Insolvenzmasse, wenn G. innerhalb der letzten 3 Monate vor Insolvenzantragstellung (sog. Krise) Gelder vereinnahmt. Hier gilt zugunsten der Insolvenzmasse eine Beweislastumkehr!  

     

    Abwandlung 3 zu Beispielsfall 1

    Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt am 20.11.09. Das Verfahren wird am 10.12.09 eröffnet. Die Zustellung des PfÜB an den Drittschuldner erfolgte bereits am 14.7.09. Die Pfändung erfolgte also außerhalb des krisenhaften Dreimonatszeitraums.  

     

    Lösung: Die Pfändung ist insolvenzfest. Da die Verfahrenseröffnung vor dem 15. erfolgte (§ 114 Abs. 3 S. 1 InsO), hat die Pfändung noch bis 31.12.09 Bestand. Ab dem 1.1.10 zieht der Verwalter die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge zur Masse. G. kann so lange 600 EUR verlangen (1.500 - 900 EUR).