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  • 22.12.2010 | Lohnpfändung

    Nur im Einzelfall zulässig: Reduzierung von Pauschalbeträgen auf tatsächlichen Unterhalt

    Eine Reduzierung der in § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO genannten Pauschalbeträge auf den tatsächlich geleisteten Unterhaltsbetrag kommt nur in Betracht, wenn sich die Inanspruchnahme dieser Freibeträge durch den Schuldner als unbillig erweist und deshalb die Verwirklichung des mit der Einführung von Pauschalbeträgen verfolgten Zwecks ausnahmsweise hinter dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers zurücktreten muss (BGH 23.9.10, VII ZB 23/09, Abruf-Nr. 103748).

     

    Sachverhalt

    Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Auf seinen Antrag hat das AG einen PfÜB erlassen, mit dem das Arbeitseinkommen des Schuldners gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurde. Der Schuldner hat eine unterhaltsberechtigte Tochter, die bei einer Pflegefamilie lebt. Für ihre Pflege zahlt er einen monatlichen Zuschuss von 26 EUR; weitere Unterhaltsleistungen erbringt er nicht.  

     

    Im PfÜB ist bestimmt, dass sich der pfändbare Betrag unter Berücksichtigung der in § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO genannten Freibeträge für Unterhaltsberechtigte ergibt, denen der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Unterhalt gewährt. Den Antrag des Gläubigers, die Unterhaltsverpflichtung des Schuldners gegenüber seiner Tochter bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens nur mit dem tatsächlich geleisteten Pflegezuschuss von 26 EUR zu berücksichtigen, hat das AG als unzulässig und unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblieben. Der BGH hat die zugelassene Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen und entschieden, dass der Gläubiger keinen Anspruch darauf hat, dass der dem Schuldner gemäß § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO pfandfrei zu belassende Pauschalbetrag auf 26 EUR reduziert wird, weil der Schuldner nur in dieser Höhe Unterhalt in Form eines Pflegezuschusses an seine Tochter zahlt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 07, 938) ist es für die Gewährung der gemäß § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO vorgesehenen Freibeträge ohne Belang, ob die Unterhaltsleistungen, die der Schuldner aufgrund seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht erbringt, den jeweiligen Pauschalbetrag erreichen oder übersteigen. Eine Reduzierung der in § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO genannten Pauschalbeträge auf den tatsächlich geleisteten Unterhaltsbetrag kommt danach grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn der Schuldner seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht in vollem Umfang genügt. Der BGH hat allerdings ausdrücklich offengelassen, ob in besonders gelagerten Fällen, in denen der Schuldner seine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung nur in geringfügigem Umfang erfüllt, ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen eine Reduzierung der in § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO festgelegten Beträge in Betracht kommt. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch nicht gegeben.