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  • 01.12.2007 | Leser-Erfahrungsaustausch

    Vollstreckungs-Tipp des Monats

    Oft sind es die ungewöhnlichen Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckungssache erfolgreich zu beenden. Diese Fälle wollen wir sammeln und an dieser Stelle im Leser-Erfahrungsaustausch veröffentlichen.  

     

    Daher unsere Bitte: Schildern Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW-Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.  

     

    Vollstreckungs-Tipp: Zufall „hoch 3“

    RA X. und RA Y. führten einen Rechtsstreit. X. gewann in 1. Instanz, Y. in 2. Instanz. Die Rechtsschutzversicherung R. des letztlich obsiegenden Mandanten des Y. zahlte die (aufgrund des hohen Streitwerts sehr üppigen) Gebühren des Y. und wartete darauf, dass die Kosten festgesetzt und zurückerstattet würden. Es geschah aber einige Jahre nichts. Y. erstattete zur Verwunderung der R. keinerlei Bericht über die Zwangsvollstreckung. Am Ende beauftragte R. den RA Z. damit, der Sache nachzugehen.  

     

    Der erste Zufall bestand darin, dass unser Leser zwischenzeitlich von Kanzlei X. in Kanzlei Z. gewechselt hatte und sich an den damaligen Prozess noch gut erinnerte. Er wusste, dass der dortige Mandant rechtsschutzversichert war. Und tatsächlich: Die Rechtschutzversicherung A. hatte seinerzeit die festgesetzten Kosten samt Zinsen umgehend an den Y. ausgekehrt. Daraufhin schrieb Z. den Y. unter kurzer Fristsetzung an und beantragte später einen Mahnbescheid. Der Anspruch wurde auch tituliert, Y. legte weder Widerspruch noch Einspruch ein. Die Zwangsvollstreckung gegen Y., insbesondere eine Kontenpfändung, blieb aber zunächst erfolglos. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigerte Y. und war trotz mehrerer Haftbefehle nicht mehr zur Abgabe zu zwingen.  

     

    Der zweite Zufall bestand darin, dass Y. im Pfandabstandsprotokoll freiwillig angab, Eigentümer eines Hauses zu sein, sogar mit detaillierter Angabe der Grundbuchdaten. Das erschien suspekt, da Y. schließlich Anwalt war. Warum machte er also solche Angaben freiwillig? Unser Leser beantragte daher nicht sofort die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, sondern zunächst einen Grundbuchauszug, und zwar nicht nur wegen dieses einen Grundstücks, sondern vorsorglich auch wegen anderer Grundstücke. Tatsächlich stellte es sich heraus, dass Y. auch Eigentümer des benachbarten Grundstücks mit Haus war. Das erstere war schon vorab mit ganz erheblichen Grundschulden belastet und einige Gläubiger hatten sich darauf „gestürzt“ und die eigenen Forderungen in jeweils voller Höhe auf dem ersten Grundstück eingetragen, sodass ihnen eine weitere Eintragung auf dem zweiten Grundstück nicht mehr möglich war. Das zweite Grundstück wies hingegen nur eine relativ alte und nicht übermäßig hohe Grundschuld auf. Die Zwangssicherungshypothek unseres Lesers war die erste, die eingetragen wurde.  

     

    Dritter Zufall: Bank B., Drittschuldnerin aus der obigen Kontopfändung, teilte eines Tages mit, die Geschäftsbeziehung zu Y. sei aufgelöst worden und B. wolle nun den gepfändeten Anspruch auf Rückgabe von Sicherheiten erfüllen. Es stellte sich heraus, dass Y. vor einigen Jahren eine Lebensversicherung bei der Versicherungsgesellschaft V. als Sicherheit an B. abgetreten und die Originalversicherungspolice B. übergeben hatte. Nach Auflösung der Geschäftsverbindung hat B. aus dieser Lebensversicherung ihre Forderungen befriedigt, es blieben aber noch gut über 30.000 EUR an restlichem Rückkaufswert übrig. Der eigentliche Zufall bestand darin, dass die Existenz dieser Lebensversicherung bei der Kontopfändung nicht bekannt war und nur vorsorglich pauschal Ansprüche auf Rückgabe von etwaigen Sicherheiten mit gepfändet waren. Dies war zwar eigentlich eine unzulässige Ausforschungspfändung. Gläubigerin, Rechtsschutzversicherung und Lebensversicherung gehörten aber dem gleichen Konzern an, sodass es insoweit keine Probleme gab. Die Forderung konnte dann vollständig beigetrieben werden.  

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2007 | Seite 216 | ID 116148