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  • 01.02.2007 | Gerichtsvollziehervollstreckung

    Nicht stets Durchsuchungsbeschluss erforderlich

    1. Der Zutritt zu einer Wohnung, um die Gasversorgung zu sperren, stellt keine Durchsuchung i.S.v. Art. 13 Abs. 2 GG, §§ 758, 758a ZPO dar.  
    2. Dem Richtervorbehalt zum Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) ist in einem solchen Fall dadurch genügt, dass dem Schuldner in einer von einem Richter erlassenen Entscheidung aufgegeben wurde, dem Gläubiger den Zutritt zu seiner Wohnung zu gestatten und die Einstellung der Gasversorgung zu dulden.  
    (BGH 10.8.06, I ZB 126/05, Rpfleger 07, 36, Abruf-Nr. 063049).  

     

    Praxishinweis

    Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung aus einem Versäumnisurteil (VU), wonach der Schuldnerin aufgegeben wurde, dem Beauftragten der Gläubigerin Zutritt zu ihrer Wohnung zu gestatten und die Einstellung der Gasversorgung durch Sperrung des Gaszählers zu dulden. Die Gläubigerin erteilte dem Gerichtsvollzieher den Auftrag, an der Zwangsvollstreckung mitzuwirken, um zu erwartenden Widerstand der Schuldnerin zu überwinden. Der Gerichtsvollzieher lehnte die Übernahme des Auftrags mit der Begründung ab, der zu vollstreckende Anspruch enthalte eine Duldungsverpflichtung, deren Durchsetzung durch einen Dritten und mit Hilfe des Gerichtsvollziehers einer Ermächtigung durch das Prozessgericht bedürfe.  

     

    Der BGH hat dem Gerichtsvollzieher zu Recht widersprochen. Wie der Gesamtzusammenhang der in Art. 13 Abs. 1, 2und 7 GG enthaltenen Regelungen ergibt, stellt nicht jeder Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung eine Durchsuchung dar. Diese liegt nur vor, wenn ein Betreten der ziel- und zweckgerichteten Suche nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines nicht bereits offenkundigen Sachverhalts, d.h. dem Aufspüren dessen dient, was der Wohnungsinhaber von sich aus nicht herausgeben oder offenlegen will (BVerfGE 51, 97; BVerfG NJW 00, 943). Der Schuldner war verpflichtet, der Gläubigerin Zutritt zu ihrer Wohnung zu gestatten und die Sperrung des Gaszählers zu dulden. Zur Durchführung dieser Maßnahme bedarf es keines Ausspähens oder der Ermittlung nicht offenkundiger Tatsachen. Hat der Schuldner nach dem Titel dem Gläubiger Zutritt zur Wohnung zu gewähren und in ihr bestimmte vorgegebene Handlungen zu dulden, geht es nicht um eine Durchsuchung. Im Streitfall lag zwar keiner der Fälle des Art 13 Abs. 7 GG vor, in denen ein Eingriff ohne richterliche Entscheidung zulässig ist. Eine solche Ermächtigung ist aber in dem VU enthalten. Einer weitergehenden, speziellen richterlichen Anordnung, wie sie bei Durchsuchungen im Hinblick auf die dort betroffene Geheimsphäre erforderlich ist, bedurfte es im Hinblick auf das bereits titulierte Zutrittsrecht der Gläubigerin zu der Wohnung der Schuldnerin nicht.  

     

    Die Entscheidung geht über die Demontage des Gaszählers hinaus und erfasst alle Titel auf Duldung oder Unterlassung einer Handlung in der Wohnung. Darüber hinaus sind auch die Fälle erfasst, in denen das Gericht den Sachverständigen ermächtigt, die Wohnung zur Erstellung eines Verkehrswertgutachtens zu betreten.