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  • 02.12.2009 | Checkliste

    ABC der Immobiliarvollstreckung

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Die in VE 07, 85, begonnene Checkliste setzen wir mit den Stichworten „Teilungsversteigerung“ bis „Versteigerungstermin“ fort.  

     

    Checkliste: ABC der Immobiliarvollstreckung

    Begriff  

    Bedeutung  

    Bemerkung  

    Teilungsversteigerung  

    Die Teilungsversteigerung dient der Auseinandersetzung einer Gemeinschaft. Sie kommt häufig bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eheleuten sowie Erbengemeinschaften auf Antrag eines Miteigentümers zum Zuge, um die Eigentümergemeinschaft an einer Immobilie zu beenden.  

    Der Sinn und Zweck der Teilungsversteigerung besteht in der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruchs eines Mitglieds einer Gemeinschaft auf Auseinandersetzung im Wege des Zwangs. Im Gegensatz zur „klassischen Zwangsversteigerung“ liegt bei dieser Verfahrensart i.d.R. eben kein „Gläubiger-Schuldner-Verhältnis“ zugrunde. Allerdings kann auch ein Gläubiger im Rahmen der Pfändung des sogennanten
    Auseinandersetzungsanspruchs durch Teilungsversteigerung zugreifen (vgl. Musterformulierung VE 06, 206).  

    Übergebot  

    Ein abgegebenes Gebot muss stets das vorangegangene wirksame Gebot überschreiten, damit es wirksam ist und vom Vollstreckungsgericht zugelassen wird (§ 72 Abs. 1 ZVG).  

    Ein abgegebenes Gebot erlischt durch ein abgegebenes Übergebot aber nicht, wenn ein Beteiligter (vgl. § 9 ZVG) der Zulassung des Übergebots sofort widerspricht (§ 72 Abs. 1 ZVG). Auch die Zurückweisung eines Gebots führt nicht zu dessen Erlöschen, wenn der Bieter oder ein Beteiligter der Zurückweisung sofort widerspricht (§ 72 Abs. 2 ZVG). Folge: Solche Gebote sind bei einer Zuschlagsentscheidung zu berücksichtigen (§ 79 ZVG).  

    Übernahmegrundsatz  

    Bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigte Rechte am Grundstück aus Abteilung II oder III des Grundbuchs werden zum Schutz des betreibenden Gläubigers vorgehender Rechte derart geschützt, dass diese mit dem Zuschlag auf den Ersteher mit übergehen.  

    Die Folge der Übernahme ist, dass der Ersteher vom Zuschlag an die wiederkehrenden Leistungen (z.B. Zinsen) und andere Nebenleistungen als Grundstückslasten tragen muss.  

    Unbedenklichkeitsbescheinigung  

    Der Ersteher darf erst als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden, wenn er dem Gericht eine Bescheinigung der Grunderwerbssteuerstelle des zuständigen Finanzamtes vorlegt, wonach Bedenken gegen die Eintragung nicht bestehen.  

    Die Erklärung des Finanzamts sollte der Ersteher zunächst dem Vollstreckungsgericht vorlegen, damit dieses dann das Ersuchen um Eintragung des Erstehers als neuen Eigentümer veranlassen kann (vgl. § 130 ZVG).  

    Veräußerungsbeschränkung von Wohneigentum  

    Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.  

    Die Anordnung bzw. der Beitritt kann bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Zwangsversteigerung erfolgen. Der Zuschlag darf aber nur erteilt werden, wenn der Verwalter bzw. die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zustimmung hierzu erteilen.  

    Verdeckte
    Vertretung
     

    Weist der Meistbietende die Vertretung eines Dritten durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde im Termin oder nachträglich nach, ist der Zuschlag dem Dritten zu erteilen, für den der Meistbietende geboten hat (§ 81  

    Abs. 3 ZVG).  

    Die Erklärung kann auch zu Protokoll im Versteigerungstermin oder spätestens im Verkündungstermin erfolgen. Es ist zu beachten, dass die Grunderwerbsteuer doppelt entsteht (BFH ZIP 80, 691).  

    Verfügungsbeschränkungen  

    Nach § 28 Abs. 2 ZVG ist das Verfahren aufzuheben oder einstweilen einzustellen, wenn dem Gericht Verfügungsbeschränkungen bekannt sind.  

    Verfügungsbeschränkungen sind
    u.a. Insolvenz- und Testamentsvollstreckervermerke, Nachlassverwaltung, Anordnung der Nacherbschaft.  

    Vergleichswertverfahren  

    Bei Anwendung des Vergleichswert- verfahrens sind Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke).  

    Finden sich bei der Ermittlung des Verkehrswerts in dem Gebiet, in dem das Grundstück gelegen ist, nicht genügend Kaufpreise, können auch Vergleichsgrundstücke aus vergleichbaren Gebieten herangezogen werden.  

    Verhandlung über den Zuschlag  

    Im Anschluss an das Ende der Bietzeit von mindestens 30 Minuten folgt die Verhandlung über den Zuschlag.  

    Die Beteiligten haben die Möglichkeit hier noch Anträge zu stellen, aber nicht weitere Gebote abzugeben. Mögliche Anträge sind etwa § 765a ZPO (Schutzantrag auf Versagung des Zuschlags wegen Grundstücksverschleuderung), § 30 ZVG (Einstellungsbewilligung durch den betreibenden Gläubiger, was ggf. die Zuschlagsversagung zur Folge hat; § 33 ZVG).  

     

    Das Gericht verkündet den Zuschlag an den Ersteher entweder sofort oder in einem später bestimmten Termin (§ 87 Abs. 1 ZVG).  

    Verkehrswert  

    Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der zu dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Er dient dem Gericht als objektive Größe zur Bestimmung des Wertes des Grundstücks oder der Immobilie. Hieran messen sich i.d.R. die sog. 5/10- bzw. 7/10-Grenze, die für eine Zuschlagsversagung eine große Rolle spielen (§§ 74a, 85a ZVG).  

     

    Der festzusetzende Wert ist im Versteigerungstermin bekannt zu machen (§ 66 ZVG). Ein Verstoß führt zu einem
    - heilbaren - Verfahrensmangel der Zuschlagsversagung (§§ 83 Nr. 1, 84 ZVG).  

    Nach § 74a Abs. 5 S. 1 ZVG wird der Wert des Grundstücks durch das Vollstreckungsgericht, notfalls nach Anhörung von - amtlich zugelassenen und vereidigten, in Listen eingetragenen - Sachverständigen festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände (Gaststätteninventar, Hoteleinrichtungen etc.) ist nach § 74a Abs. 5 S. 2 ZVG frei zu schätzen. Aber auch hier kann ein Sachverständiger beauftragt werden.  

     

    Um Probleme bei der Wertermittlung zu vermeiden, sollten bereits vorhandene Gutachten mit dem Versteigerungsantrag eingereicht werden. Alle zur Wertermittlung zu beschaffenden und vorgelegten Unterlagen sind nämlich zu würdigen; in Betracht kommen auch von Beteiligten eingereichte private Schätzgutachten, Brandversicherungs-Einheitswert, frühere Verkaufspreise oder Richtwerte nach § 196 BauGB (Gutachterausschuss). Dies kann das Verfahren erheblich beschleunigen und auch verbilligen.  

     

    Gerade bei der emotionsgeladenen Teilungsversteigerung kommt es öfters vor, dass der im Objekt wohnende Antragsgegner dem Gutachter den Zutritt verwehrt. Insbesondere ist dies der Fall, wenn er sich gegen die Versteigerung als solche wendet. Da die Bewertung durch das Vollstreckungsgericht letztlich nicht wie bei der Forderungszwangsversteigerung mittels einer parallel laufenden Zwangsverwaltung erzwungen werden kann, ist das Objekt bei Zugangsverweigerung durch eine der Parteien aufgrund seiner Äußerlichkeit und evtl. amtlicher Unterlagen zu schätzen. Ein Sachverständiger wird hierbei Sicherheitsabschläge vornehmen, was zu einer geringeren Bewertung zu Lasten der Eigentümer geht.  

    Verkehrswertermittlung  

    Zur Ermittlung des Verkehrswerts sind das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen.  

    Der Verkehrswert ist aus dem Ergebnis des herangezogenen Verfahrens, unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu bemessen. Sind mehrere Verfahren herangezogen worden, ist der Verkehrswert aus den Ergebnissen der angewandten Verfahren, unter Würdigung ihrer Aussagefähigkeit zu bemessen. Die Verfahren sind nach der Art des Gegenstands der Wertermittlung unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu wählen; die Wahl ist zu begründen.  

    Versteigerungserlös  

    Hierunter ist das Meistgebot (§ 49
    Abs. 1 ZVG) zzgl. Erlös aus abgesonderter Befriedigung gem. § 65 ZVG, zzgl. Zuzahlung nach §§ 50, 51 ZVG zzgl. Zinsen aus dem Bargebot (§ 49 Abs. 2 ZVG) zu verstehen, das spätestens zum Verteilungstermin zu bezahlen ist.  

    Die Verzinsungspflicht entfällt, sofern der Betrag an das Gericht geleistet oder unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegt wurde.  

    Versteigerungstermin  

    Der Termin zur Zwangsversteigerung wird durch das Gericht unverzüglich nach der Beschlagnahme des Grundstückes und dem Eingang der Mitteilung durch das Grundbuchamt bestimmt (§ 36 Abs. 1 ZVG).  

    Die Terminsbestimmung wird durch Einrücken im Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht (§ 39 Abs. 1 ZVG) und muss die in § 37 ZVG enthaltenen Angaben beinhalten, andernfalls ein unheilbarer Zuschlagsversagungsgrund besteht.  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2009 | Seite 211 | ID 131917