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  • 01.01.2005 | BGH aktuell

    Versorgungsansprüche von Anwälten pfändbar

    von RiLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens

    In VE 04, 199, haben wir darüber berichtet, dass der BGH die Ansprüche gegen das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg trotz ihrer Unabtretbarkeit in den Grenzen von § 850c ZPO für pfändbar hält (25.8. 04, IXa ZB 271/03, Abruf-Nr. 042802). Der folgende Beitrag zeigt die praktischen Konsequenzen dieser Entscheidung auf.  

     

    Der Fall des BGH 25.8.04, IXa ZB 271/03

    Gläubigerin G. erwirkte gegen Schuldnerin S. einen PfÜB, den das AG unter anderem gegen Drittschuldner D. mit folgendem Inhalt erließ: „Gepfändet wird der Anspruch auf Zahlung der fortlaufenden Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente, einmalig ausgezahlte Rentenabfindung und Altersruhegeld sowie alle weiteren fälligen und künftig fällig werdenden Bezüge aus der Rentenversicherung gemäß den für die Pfändung von Arbeitseinkommen geltenden §§ 850 ff. ZPO i.V.m. der Tabelle zu § 850c ZPO in der jeweils gültigen Fassung.“ D. machte mit der eingelegten Erinnerung geltend, die Ansprüche seiner Mitglieder auf Versorgungsleistungen seien nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (RAVG) vom 10.12.84 (GBl. S. 671) nicht übertragbar und damit unpfändbar. Das AG wies die Erinnerung zurück. Auf die sofortige Beschwerde des D. hat das LG den PfÜB insoweit aufgehoben, als Ansprüche der S. gegenüber D. betroffen sind. Das Beschwerdegericht meinte, die Ansprüche der S. gegen D. seien nach dem klaren Wortlaut des § 11 Abs. 1 RAVG gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebte G. die Wiederherstellung des PfÜB.  

     

    Versorgungsrenten: Pfändbar oder nicht?

    Der BGH sah auf Grund der vom Beschwerdegericht vorgenommenen Auslegung des § 11 Abs. 1 RAVG das Befriedigungsrecht der Gläubigerin verletzt. Für die Unpfändbarkeit der Versorgungsrenten spricht zwar, dass nach § 851 Abs. 1 ZPO eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur unterworfen ist, als sie übertragen werden kann. Nach § 11 Abs. 1 RAVG ist die Forderung der Schuldnerin gegen das Versorgungswerk auf Rentenzahlungen nicht abtretbar. Damit ist sie grundsätzlich unpfändbar. Eine Bestätigung für diese wörtliche Auslegung ergibt sich aber nicht aus der Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung Baden-Württemberg (LT-Drucksache 9/495, S. 18). Dort heißt es nur, Ansprüche auf Versorgungsleistungen sind höchstpersönlicher Natur und sollten daher weder abgetreten noch verpfändet werden können. Hinzu kommt: Der Landesgesetzgeber hat die Verpfändung der Leistungsansprüche neben ihrer Abtretung ausgeschlossen, obwohl das bundesrechtlich bereits aus § 1274 Abs. 2 BGB folgt. Eine landesrechtliche Parallelregelung im Hinblick auf § 851 Abs. 1 ZPO fehlt dagegen.  

     

    Verfassungskonforme Auslegung nötig

    Folge: Das nur scheinbar eindeutige, aber letztlich – was den Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Befriedigungsrecht des Gläubigers betrifft – in seinen rechtlichen Konsequenzen nicht hinreichend abgewogene Zusammenspiel von § 11 Abs. 1 RAVG und § 851 Abs. 1 ZPO bedarf einer (einschränkenden) verfassungskonformen Auslegung. Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, die vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (BVerfGE 32, 373). Das gilt auch für die verfassungskonforme Reduktion von § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. einer lückenausfüllenden Auslegung des Landesrechts in der Ausgestaltung beschränkt verkehrsfähiger Ansprüche des öffentlichen Rechts.