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  • 29.01.2009 | Arbeitshilfe

    8 typische Fehler der Zwangsvollstreckung und wie Sie sie leicht vermeiden können

    Bereits in VE 03, 170, haben wir über ständig wiederkehrende Fehler im vollstreckungsrechtlichen Tagesgeschäft berichtet. Zahlreiche Leserzuschriften zeigen, dass die dort geschilderten und ähnliche „Fallstricke“ immer wieder kostspielige Folgen haben. Die folgende Checkliste hilft, dies zu vermeiden.  

     

    Checkliste: 8 typische Fehler der Zwangsvollstreckung vermeiden
    1. Gerichtsstand: Ein falsch angerufenes Gericht macht die Vollstreckung anfechtbar (hinsichtlich der einzelnen Gerichtsstände im Rahmen der Vollstreckung s. VE 03, 170). Das praktische Problem besteht aber oft darin, dass das falsch angerufene Gericht nicht von sich aus die Sache an das zuständige Gericht verweisen darf. Hierzu ist ein ausdrücklicher Antrag erforderlich (§ 828 Abs. 3 ZPO). Um eine zeitraubende Zwischenverfügung zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits im Antrag den folgenden Verweisungsantrag zu stellen:

     

    „Sollte das angerufene Gericht unzuständig sein, wird Antrag auf Verweisung an das zuständige Gericht beantragt (§ 828 Abs. 3 ZPO)“.

     

    2. Antragsberechtigung: Seit dem 1.7.08 gilt das Rechtsdienstleistungsgesetz. Daher dürfen Inkassounternehmen nun im Rahmen vollstreckungsrechtlicher Anträge (z.B. PfÜB) tätig werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass solche Unternehmen im Rechtsdienstleistungsregister (www.rechtsdienstleistungsregister.de) registriert sind. In der Praxis ist auffallend, dass dies nicht immer aus dem Antrag hervorgeht und nicht alle Gerichte Einblick in das Rechtsdienstleistungsregister nehmen. Daher empfiehlt es sich, ausdrücklich bereits im Antrag auf die Antragsberechtigung unter Hinweis auf die entsprechende Registrierungsnummer des Rechtsdienstleistungsregisters hinzuweisen. Dies erleichtert Gericht und Gläubiger Arbeit.

     

    3. Antragsabschriften: Vielfach werden dem Antrag zu wenige Abschriften beigefügt. Die Erforderlichkeit einer entsprechenden Anzahl ergibt sich aus § 133 ZPO. Daher gilt: Zusätzlich zum Originalantrag sind mindestens 3 weitere Abschriften beizufügen: jeweils eine für Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner.

     

    4. Sicherheitsleistung: Der Nachweis einer angeordneten Sicherheitsleistung oder die Rechtskraft des Titels sind mittels Rechtskraftzeugnisses nachzuweisen (§§ 706, 751 Abs. 2 ZPO). Grund:

     

    • Bei einer Abwendungsbefugnis des Schuldners nach §§ 711 S. 1, 712 Abs. 1 S. 1 ZPO kann sonst die Überweisung einer gepfändeten Geldforderung nur zur Einziehung erfolgen und nur mit der Wirkung, dass der Drittschuldner den Schuldbetrag zu hinterlegen hat (vgl. § 839 ZPO).

     

    Das bewirkt, dass dem Schuldner gegen die Hinterlegungsstelle des AG ein Anspruch auf Auszahlung zusteht. Hierauf erstreckt sich das Pfandrecht des Gläubigers (§ 233 BGB). Gläubiger und Schuldner können dann nur gemeinsam über den Hinterlegungsbetrag verfügen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Gläubiger nachweist, dass die im Vollstreckungstitel genannten Beschränkungen nicht mehr bestehen. Dann kann er den Anspruch gegenüber der Hinterlegungsstelle allein geltend machen (Gottwald, Zwangsvollstreckung, 5. Aufl., § 839 ZPO, Rn. 3).

     

    • Ist das Urteil für den Gläubiger nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, erfolgt lediglich eine Pfändung, keine Überweisung (§ 720a ZPO).

     

    5. Überweisungsart: Gemäß § 835 Abs. 1 ZPO ist eine gepfändete Geldforderung dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. Gerade bei vorformulierten Muster-Anträgen ist zu beobachten, dass hier oft beide Arten der Überweisung gewählt werden. Der Gläubiger muss sich jedoch entscheiden. Fehlt ein Antrag, darf das Vollstreckungsgericht keine Auswahl darüber treffen, welche Form der Überweisung zu wählen ist. Es ist vielmehr verpflichtet, den Gläubiger zu einer Ergänzung seines Antrags anzuhalten (Gottwald, a.a.O., § 835 ZPO Rn. 3).

     

    6. Parteibezeichnung: Auffallend ist, dass die Parteien (Gläubiger oder Schuldner) oft im Titel nicht mit denen des Antrags übereinstimmen. Entweder hat eine Rechtsnachfolge stattgefunden. Dann muss der Nachweis in Form des § 727 ZPO erbracht werden. Häufig hat aber auch nur eine Namensänderung stattgefunden. In diesem Fall ist es möglich, den Titel hinsichtlich der Namensänderung berichtigen zu lassen. Der Vollstreckungsklausel ist dann der neue Name als klarstellender Zusatz durch das entsprechende Prozess- oder Mahngericht beizuschreiben. Es reicht aber auch aus, wenn der Nachweis durch Vorlage einer Personenstandsurkunde, z.B. Heiratsurkunde oder Handelsregisterauszug, erbracht wird.

     

    7. Billigkeitspfändung: Die in § 850b ZPO genannten Bezüge sind im Gegensatz zu § 850a ZPO relativ unpfändbar. Sie stellen kein Arbeitseinkommen dar (BGH VE 05, 127). Sie werden als Renten oder rentenähnliche Bezüge lediglich wie Arbeitseinkommen behandelt, weil sie dem Lebensunterhalt des Schuldners zu dienen bestimmt sind. Hierdurch soll das Existenzminimum gesichert werden (BGH NJW 78, 950). Dies betrifft u.a. (Unterhalts-) Renten, fortlaufende Einkünfte aus Stiftungen, Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die zu Unterstützungszwecken gewährt werden. Diese Leistungen können aber wie Arbeitseinkommen gemäß §§ 850, 850f, 850d ZPO gepfändet werden, wenn durch die Vollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldner die Forderung nicht in voller Höhe getilgt werden kann und die Pfändung der „Billigkeit“ entspricht (§ 850b Abs. 2 ZPO). Unpfändbarkeit besteht also solange, wie eine Pfändbarkeit nicht durch Beschluss des Gerichts angeordnet wurde.

     

    Praxishinweis: Nur wenn positiv feststeht, dass zusätzlich diese besonderen Voraussetzungen für die Pfändung vorliegen, darf die Pfändung der grundsätzlich unpfändbaren Bezüge zugelassen werden (BGH VE 05, 127; NJW 04, 2450; OLG Schleswig Rpfleger 02, 87). Im Rahmen der Billigkeitsprüfung ist zum einen mitentscheidend, aus welchem Anspruch heraus die Forderung resultiert. Zum anderen spielt die Höhe der Einkünfte eine entscheidende Rolle. Es müssen demnach besondere Umstände die Pfändung rechtfertigen. Diese können sich z.B. aus einer Deliktsforderung ergeben (OLG Hamm Rpfleger 02, 162; OLG Schleswig Rpfleger 02, 87). Maßgeblich bei der vom Gericht zu treffenden Ermessensentscheidung sind somit stets die konkreten Umstände des Einzelfalles, die der Gläubiger in seinem Antrag darlegen muss. Pauschalierungen sind daher unzulässig. Insbesondere muss der Gläubiger die erfolglose Vollstreckung glaubhaft machen bzw. dass eine solche nicht Erfolg versprechend ist.

     

    8. Zug um Zug-Vollstreckung: Hier ist wie folgt zu unterscheiden:

     

    • Nachweis der Gegenleistung oder des Annahmeverzugs (§ 765 Nr. 1 ZPO): Hiernach ist die Vollstreckung nur zulässig, wenn der Beweis geführt wird, dass die Gegenleistung bereits erbracht wurde oder sich der Schuldner im Annahmeverzug befindet. Außerdem ist es erforderlich, die notwendigen Urkunden vor bzw. spätestens gleichzeitig mit Vollstreckungsbeginn an den Schuldner zuzustellen. Nur dann darf die Zwangsvollstreckung beginnen. Der Beweis der erbrachten Gegenleistung setzt die Überzeugung des Gerichts hiervon voraus. Er kann nur durch Urkunden geführt werden. Gelingt dies nicht, ist der Gläubiger auf eine Feststellungsklage zu verweisen (LG Mainz Rpfleger 93, 253). Der Annahmeverzug muss sich aus den zugestellten Urkunden ergeben (vgl. Nr. 1 HS 1). Eines Beweises bedarf der Annahmeverzug nicht, wenn er sich für das zuständige Prozessgericht als Vollstreckungsgericht ohne Weiteres aus dem Akteninhalt ergibt (OLG Sachsen-Anhalt InVo 03, 83).

     

    Praxishinweis: Das Vollstreckungsgericht prüft die notwendigen Voraussetzungen von Amts wegen. So muss das Grundbuchamt bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf Grund einer Zug-um-Zug-Verurteilung den Annahmeverzug des Vollstreckungsschuldners selbstständig und ohne Bindung an die rechtliche Beurteilung des Gerichtsvollziehers überprüfen (OLG Frankfurt EWiR 03, 733).

     

    • Durchführung der Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher (§ 765 Nr. 2 ZPO): Hiernach kann das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel auch anordnen, wenn der GV die Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 ZPO durchgeführt hat. Nr. 2 erfordert den Nachweis der bereits durchgeführten Zwangsvollstreckung. Hierzu ist es notwendig, dass dem Gericht das Protokoll des Gerichtsvollziehers über die Vollstreckung vorgelegt wird. § 765 Nr. 2 ZPO erlangt neben Nr. 1 nur Bedeutung, wenn die Vollstreckung des GV nicht bereits vollständig zur Befriedigung des Gläubigers geführt hat.
     

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2009 | Seite 22 | ID 124132