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  • · Fachbeitrag · P-Konto

    Nachweis über Erhöhungsbeträge: Das ist zu beachten

    von Dipl.-Rechtpfleger Peter Mock, Koblenz

    | § 903 ZPO n. F. regelt den vom Schuldner zu erbringenden Nachweis der Erhöhungsbeträge nach § 902 S. 1 ZPO n. F., (vgl. VE 21, 111 , in dieser Ausgabe) und die in diesem Zusammenhang bisher aufgetretenen Probleme. In der Vergangenheit hat sich nämlich gezeigt, dass bei der Ausstellung von Bescheinigungen zur Erhöhung des unpfändbaren Grundfreibetrags, zu der die in § 850k Abs. 5 S. 2 ZPO genannten Stellen bislang berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, häufig dadurch Schwierigkeiten auftreten, dass der Schuldner erst mehrere Stellen aufsuchen muss, bevor er eine Bescheinigung erhält. Erstmals wird daher ab dem 1.12.21 eine Pflicht zum Ausstellen von Bescheinigungen bestehen. |

    1. Grundsatz: Schutz des Kreditinstituts bis zum Nachweis

    § 903 Abs. 1 S. 1 ZPO n. F. stellt klar, dass das Kreditinstitut als Drittschuldner vor Ansprüchen des Schuldners geschützt ist, wenn es ‒ ungeachtet des Vorliegens von Erhöhungsbeträgen ‒ an den Gläubiger leistet.

     

    Die Leistung an den Gläubiger hat somit befreiende Wirkung gegenüber dem Schuldner, wenn dieser den Nachweis nach § 903 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht erbringt.

    2. Bescheinigungsstellen

    § 903 Abs. 1 S. 2 ZPO n. F. führt auf, wer für das Ausstellen einer Bescheinigung in Betracht kommt. Die Aufzählung entspricht im Wesentlichen dem derzeit geltenden § 850k Abs. 5 S. 2 ZPO.

     

    a) Familienkassen, Sozialleistungsträger, Geldleistungen gewährende Einrichtungen

    Nach § 903 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO n. F. fallen hierunter Familienkassen, Sozialleistungsträger, also auch Bescheinigungen der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden, und Geldleistungen gewährende Einrichtungen.

     

    MERKE | Aufgrund des Verweises auf § 902 ZPO n. F. sind z. B. auch die mit der Gewährung von Geldleistungen aus der Bundesstiftung „Mutter und Kind ‒ Schutz des ungeborenen Lebens“ befassten zuständigen Einrichtungen sowie die mit der Gewährung von unpfändbaren Geldleistungen nach bundesrechtlichen Vorschriften zuständigen Stellen erfasst, z. B. der nach dem Conterganstiftungsgesetz zuständige Stiftungsvorstand.

     

    b) Arbeitgeberbescheinigung

    Nach § 903 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO n. F. können Arbeitgeber Bescheinigungen über Erhöhungsbeträge weiterhin ausstellen.

     

    c) Geeignete Personen/Stellen

    Nach § 903 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO n. F. kann der Nachweis über Erhöhungsbeträge schließlich erbracht werden, indem die Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle im Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgelegt wird.

     

    MERKE | Hierunter fallen in erster Linie die Schuldnerberatungsstellen, aber auch Rechtsanwälte, Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer nach dem jeweiligen Landesgesetz (HK-ZV/Meller-Hanich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 850k Rn. 48 m. w. N.).

     

    3. Geltungsdauer von Bescheinigungen

    In § 903 Abs. 2 ZPO n. F. ist die Geltungsdauer von ausgestellten Bescheinigungen durch das Kreditinstitut geregelt. Dabei gilt Folgendes:

     

    a) Befristete Bescheinigungen

    § 903 Abs. 2 S. 1 ZPO bestimmt, dass das Kreditinstitut Bescheinigungen nach § 903 Abs. 1 ZPO n. F. für die Dauer beachten muss, für die sie ausgestellt sind.

     

    b) Unbefristete Bescheinigungen

    Um den Verwaltungsaufwand für die Beteiligten zu reduzieren, gilt, dass das Kreditinstitut die Bescheinigungen grundsätzlich für die Dauer von zwei Jahren beachten muss (§ 903 Abs. 2 S. 2 ZPO n. F.).

     

    MERKE | Das Kreditinstitut kann aber eine erneute Bescheinigung verlangen, wenn seit dem Ausstellen der dem Kreditinstitut vorliegenden Bescheinigung zwei Jahre vergangen sind (§ 903 Abs. 2 S. 3 ZPO n. F.). Die Vorlage einer erneuten Bescheinigung ist für das Kreditinstitut somit kein Muss; es kann auch auf Grundlage der vorliegenden Bescheinigung weiterhin das Konto führen.

     

    Bestehen allerdings tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Inhalt der bereits vorgelegten Bescheinigung falsch ist oder falsch geworden ist, kann das Kreditinstitut bereits vor Ablauf des zweijährigen Zeitraums eine erneute Bescheinigung verlangen (§ 903 Abs. 2 S. 4 ZPO n. F.).

     

    Dadurch soll verhindert werden, dass Zahlungseingänge auf einem P-Konto zu Unrecht als Erhöhungsbeträge behandelt und damit ebenfalls zu Unrecht nicht von einer Pfändung erfasst werden. Diese Unrichtigkeit kann entweder von vornherein bestehen oder aufgrund einer Änderung nachträglich eingetreten sein.

     

    Beachten Sie | Dies ist z. B. der Fall, wenn ein nach § 902 S. 1 Nr. 1a ZPO n. F. berücksichtigtes unterhaltsberechtigtes Kind volljährig wird oder zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Ausbildung abschließt. In diesen Fällen ist das Kreditinstitut berechtigt, einen neuen Nachweis zu verlangen. Folge: Ab diesem Zeitpunkt ist der Nachweis für die Zukunft nicht mehr als erbracht anzusehen und daher der Berechnung des künftigen pfändungsfreien Guthabens nicht mehr zugrunde zu legen.

     

    PRAXISTIPP | Gerade diese Fälle der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung sollten Gläubiger im Auge behalten und die drittschuldnerische Bank hierauf hinweisen.

     

    In diesem Zusammenhang hat der BGH bereits zu § 850k Abs. 1 ZPO entschieden (VE 13, 74), dass der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an der Aushändigung von Urkunden hat, die der Schuldner der drittschuldnerischen Bank zur Erhöhung seines Grundfreibetrags gemäß § 903 ZPO n. F. vorlegen muss.

     

    Ebenso, wie bei der Vollstreckung in das Einkommen des Schuldners, besteht deshalb bei der Vollstreckung in ein P-Konto das berechtigte Interesse des Gläubigers, auf die für die Berechnung notwendigen Unterlagen zugreifen zu können.

     

    Dadurch wird er nämlich in die Lage versetzt,

    • die Berechnung des Drittschuldners hinsichtlich etwaiger Pfändungsbeträge nachzuvollziehen,
    • die inhaltliche Richtigkeit der Bescheinigung zu prüfen und
    • ggf. einen abweichenden pfändungsfreien Betrag beim Vollstreckungsgericht nach § 906 Abs. 1 ZPO n. F. i. V. m. §§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO zu beantragen und feststellen zu lassen.

     

    Nach der BGH-Rechtsprechung (VE 13, 78) kann der Schuldner seine Herausgabeverpflichtung durch die Übergabe von Kopien erfüllen, soweit der Gläubiger nicht auf das Original angewiesen ist, z. B. zum Zweck seiner Legitimation. Die Originale der Bescheinigungen sind für den Gläubiger somit unbedeutend.

     

    Beachten Sie | Durch die Übergabe von Kopien wird den berechtigten Interessen des Gläubigers und des Schuldners in gleicher Weise Rechnung getragen.

    4. Bescheinigungsinhalt

    § 903 Abs. 3 ZPO n. F. enthält Ergänzungsregelungen zu § 903 Abs. 1 ZPO n. F., in denen festgelegt wird, welche Stellen welche Angaben bescheinigen müssen:

     

    MERKE | Nur die in § 903 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 n. F. genannten Stellen, also Familienkassen, Sozialleistungsträger und die Geldleistungen gewährende Einrichtungen, die Leistungen im Sinne von § 902 S. 1 Nr. 1 Buchst. b und c, Nr. 2 bis 6 ZPO n. F. durch Überweisung auf ein Zahlungskonto des Schuldners erbringen, sind verpflichtet, auf Antrag des Schuldners für die Zwecke der Bescheinigung nach 903 Abs. 1 S. 2 ZPO n. F. bestimmte Angaben zu machen, und zwar:

     

    • über die Höhe der (erbrachten) Leistung,
    • in welcher Höhe die (erbrachte) Leistung zu welcher der in § 902 S. 1 Nr. 1 Buchst. b und c, Nr. 2 bis 6 ZPO n. F. genannten Leistungsarten gehört und
    • für welchen Zeitraum die Leistung gewährt wird.
     

    Ergänzend regelt § 903 Abs. 3 S. 3 ZPO n. F., dass bei Kenntnis der in § 903 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO n. F. genannten Stellen ‒ unabhängig von einem Schuldnerantrag ‒ diese Folgendes bescheinigen müssen:

     

    • die Anzahl der Personen, denen der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt (vgl. § 901 S. 2 Nr. 1a ZPO n. F.) und
    • das Geburtsdatum der minderjährigen unterhaltsberechtigten Personen.

     

    MERKE | Kenntnis erlangt bzw. hat die bescheinigende Stelle ‒ unabhängig von einem Schuldnerantrag (BT-Drucksache 19/23171, 29) ‒ bereits dann, wenn diese Informationen aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlich sind oder wenn sie sich aus Unterlagen ergeben, die der Schuldner beibringt.

     

    Zweck der Vorschrift ist die Verfahrensvereinfachung: Es soll ermöglicht werden, dass der Schuldner wegen etwaiger Erhöhungsbeträge nicht eine weitere Stelle aufsuchen muss.

     

    Hinsichtlich der Art und Weise der Erklärung stehen die in § 903 Abs. 1 S. 2 ZPO n. F. genannten Modalitäten zur Verfügung; im Übrigen werden keine Festlegungen getroffen. Die Erklärung kann daher etwa in einem gesonderten Teil des Leistungsbescheids oder in einer Anlage zum Leistungsbescheid erfolgen.

    5. Bescheinigungswirkung: Zwei-Tagesfrist

    Wann das Kreditinstitut als Drittschuldner die jeweiligen Bescheinigungen beachten muss, regelt § 903 Abs. 4 ZPO n. F. Damit eine hinreichende Umstellungsmöglichkeit gegeben ist, ist eine Frist von zwei Geschäftstagen nach Vorlage des Nachweises vorgesehen.

     

    Beachten Sie | Hierbei handelt es sich um eine Obergrenze (BT-Drucksache 19/23171, 30).

    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 120 | ID 47399140