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  • · Fachbeitrag · Rechtsprechung

    Einwand im Prüfverfahren „Ich arbeite besonders schnell“ lässt Gericht nicht gelten

    von RA, FA MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

    | Für ärztliche Leistungen gibt es statistische Prüfzeiten, d. h. Zeiten, in denen der durchschnittliche Arzt eine Behandlungsleistung erbringen kann/können soll. Rechnet der Arzt aber eine solche Menge an Ziffern ab, dass er am Tag mehr als zwölf Stunden dafür bräuchte, wird die KV misstrauisch und prüft den Arzt. Schlimmstenfalls fordert die KV Honorare vom Arzt zurück. Im vom Landessozialgericht (LSG) Hessen nun entschiedenen Fall wandte der Arzt ein, besonders erfahren zu sein und Akupunkturen schneller zu durchzuführen als der durchschnittliche Arzt ‒ dies half ihm jedoch nichts (Urteil vom 13.09.2017, Az. L 4 KA 64/14). |

     

    Der Fall

    Im Streit standen die Akupunkturleistungen nach EBM-Nr. 30791 mit einer Prüfzeit von 10 Minuten. Der klagende Arzt hatte derart viele dieser Leistungen erbracht, dass seine statistisch ermittelten Arbeitszeiten häufig über 12 Stunden pro Tag lagen. Im Einzelfall betrugen sie sogar bis zu 30 Stunden. Der Arzt wies die KV früh darauf hin, dass nur ein Arzt mit wenig Kenntnissen in der TCM vielleicht einen Zeitaufwand von 10 Minuten betreiben möge. Auf Nachfrage der KV nach Details zu den Akupunktur-Behandlungen antwortete er aber nicht. Im Streit um die dann folgende Honorarkürzung in Höhe von rund 170.000 Euro stellte er den Antrag, das Gericht möge ein Sachverständigengutachten einholen, das belegen werde, dass die festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 insgesamt zu hoch bemessen sei.

     

    Die Entscheidung

    Das Gericht wies den Antrag auf Bestellung eines Sachverständigen zurück und betonte, dass die im Anhang 3 zum EBM festgelegten Prüfzeiten bundeseinheitliche und für Vertragsärzte und KVen verbindliche Messgrößen seien. Die Prüfzeiten seien zudem keine durchschnittlichen Zeiten, sondern Mindestzeiten. Der Vortrag des Klägers, seine Spezialisierung und die besonders gut organisierte Praxis führe dazu, dass er für die Leistungserbringung der Nr. 30791 EBMdeutlich weniger als 10 Min. benötige, sei daher unerheblich.

     

    PRAXISHINWEIS | Vereinfacht gesagt will das Gericht nicht an den festgelegten Prüfzeiten rütteln. Es wandte sich damit von seiner früheren Rechtsprechung ab (Beschluss vom 10.11.2009 ‒ L 4 KA 70/09 B ER), worin es im Einzelfall eine Prüfung, ob ein Arzt nicht schneller arbeiten könne, zuließ. Nicht an den Prüfzeiten zu rütteln, ist für das Gericht der einfachste und schnellste Weg, zu einer Entscheidung zu kommen. Die Befassung mit den Fertigkeiten und Fähigkeiten des einzelnen Arztes wäre dagegen überaus zeitaufwendig. Der Kläger wurde von der KV vor Festsetzung der Honorarrückforderung aufgefordert, konkrete Angaben über seine Akupunkturbehandlungszeiten zu machen. Möglicherweise hätte er hier das Blatt noch wenden oder zumindest seine Situation verbessern und die KV davon überzeugen können, dass er tatsächlich schneller arbeiten kann als andere Ärzte. Der Arzt hat aber auf diese Nachfrage nicht reagiert. Dass die KV dann (lediglich) auf die statistischen Werte schaut und folgerichtig Honorar zurückfordert, war zu erwarten.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2017 | Seite 13 | ID 44989389