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  • · Fachbeitrag · Gerichtsvollziehervollstreckung

    Auch Verzicht auf Versuch der Einigung möglich

    von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe, B. A., Leipzig

    | Kreuzen Gläubiger im Modul F des amtlichen Formulars an, dass keine Zahlungsvereinbarung gewünscht wird, beachten Gerichtsvollzieher dies oft nicht. Sie berechnen Gläubigern dann für den Versuch der gütlichen Erledigung 8 EUR nach Nr. 208 KV GVKostG. Argument: Es sei Amtspflicht, eine gütliche Erledigung nach § 802a ZPO zu prüfen. Der Gläubiger könne nur eine Zahlungsvereinbarung ausschließen. Somit sei ein Versuch der gütlichen Erledigung immer möglich. Folge: Nr. 208 KV GVKostG falle an. Das LG Hannover hat dem Vorgehen der Gerichtsvollzieher nun eine Absage erteilt. |

     

    Relevanz für die Praxis

    Das LG ist der Ansicht, dass das Herbeiführen der gütlichen Einigung dann nicht vom Gläubiger veranlasst wurde (25.7.17, 55 T 43/17, Abruf-Nr. 196175). Folge: Der Gerichtsvollzieher kann keine Gebühr nach Nr. 208 KV GVKostG verlangen.

     

    MERKE | Das LG betont: Der in § 802a Abs. 1 ZPO niedergelegte Grundsatz, nach dem der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens eine gütliche Einigung anstreben muss, steht einem wirksamen Ausschluss der gütlichen Einigung nicht entgegen. Grund: Diese Regelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers nur als programmatischer, die Zwangsvollstreckung prägender Leitsatz zu verstehen, der keine unmittelbaren Rechtsfolgen hat (BT-Drucksache 16/10069, 24: „Zu § 802a Zu Absatz 1“). Ziel dieses Handlungsgrundsatzes ist die effiziente und zeitnahe Vollstreckung des Gläubigers, also nicht eine etwaige Arbeitserleichterung für den Gerichtsvollzieher. Vor diesem Hintergrund ist die Unwirksamkeit eines Ausschlusses einer gütlichen Einigung nicht zu begründen.

     

    Der Gläubiger kann also nicht gegen seinen Willen dazu gebracht werden, eine solche Einigung zu akzeptieren. Dies ergibt sich bereits aus § 802b Abs. 3 S. 2 ZPO. Auch aus § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO ergibt sich, dass der Gläubiger das Zustandekommen einer Zahlungsvereinbarung ‒ die das Ziel einer gütlichen Einigung ist ‒ von vornherein ausschließen kann. Folgerichtig hat der Gesetzgeber klargestellt, dass jede Stundungsvereinbarung die Zustimmung des Gläubigers erfordert (BT-Drucksache, a. a. O., „Zu § 802b Zu Absatz 2“).

     

    MERKE | Äußert sich ein Gläubiger beim Auftrag an den Gerichtsvollzieher nicht zur Frage der gütlichen Einigung, muss dieser jedoch den Versuch einer solchen unternehmen (§ 802a Abs. 2 S. 2 ZPO). Auch dann kann der Gläubiger aber eine Einigung ablehnen (§ 802b Abs. 3 S. 2 ZPO). Dies gilt erst Recht, wenn er sie bereits bei der Beauftragung ablehnt. Der Gerichtsvollzieher darf dann nicht auf Kosten des Gläubigers Vollstreckungshandlungen gegen dessen Willen vornehmen.

     

    Beachten Sie | Haben Sie eine Zahlungsvereinbarung ausgeschlossen, sollten Sie bei Zahlungstiteln den die Gebühr verlangenden Gerichtsvollzieher auffordern, einmal darzulegen, welchen Einigungsversuch (außerhalb von Zahlungsmodalitäten) er denn unternommen hat.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 168 | ID 44839508