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  • · Fachbeitrag · Mietrechtsänderungsgesetz

    Auswirkungen der Novelle auf die Vollstreckung

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Das Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz; BGBl. I 13, 434) ist am 1.5.13 in Kraft getreten. Es wirkt sich an verschiedenen Stellen auf die Zwangsvollstreckung aus. |

    1. Beschleunigung bei Räumungssachen

    Gemäß § 272 Abs. 4 ZPO sind Räumungssachen vorrangig und beschleunigt durchzuführen. Da sich die Norm in erster Linie auf das Erkenntnisverfahren also den Räumungsprozess bezieht, ist hier zunächst eine besonders schnelle Durchführung des Verfahrens erforderlich. Es soll vermieden werden, dass sich die Klageforderung des Vermieters/Verpächters monatlich um das auflaufende Nutzungsentgelt erhöht, falls der Mieter oder Pächter nicht zahlt. Deshalb sind Räumungsprozesse schneller als andere Zivilprozesse durchzuführen: Sie sind daher vorrangig zu terminieren. Zudem sind Fristen auf das unbedingt Notwendige zu reduzieren.

     

    Diese Regelung gilt auch für die Zwangsvollstreckung und damit für das ?Verfahren des Gerichtsvollziehers nach erteiltem Räumungsauftrag. Insofern verweist die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf § 765a Abs. 3 ZPO ?- eine Vollstreckungsregelung (BT-Drucksache 17/11894, 33).

     

    Achtung | Praktisch hat das Beschleunigungsgebot im Rahmen der Zwangsvollstreckung zur Folge, dass der Gerichtsvollzieher einen Räumungstermin zeitlich vorrangig vor anderen Vollstreckungsaufträgen - auch anderer Gläubiger - ansetzen muss. Sonst können gegebenenfalls Regressansprüche des Räumungsgläubigers entstehen.

     

    Tipp | Da die Praxis zeigt, dass die Gerichtsvollzieher - vor allem wegen der am 1.1.13 in Kraft getretenen Reform zur Sachaufklärung - ein erhebliches Arbeitspensum erbringen müssen, empfiehlt es sich, im Räumungsauftrag auf dieses Beschleunigungsgebot ausdrücklich hinzuweisen.

    2. Wohnraumräumung aufgrund einstweiliger Verfügung

    Klingelt der Gerichtsvollzieher an der Wohnungstür, um ein Räumungsurteil zu vollstrecken, öffnet manchmal ein Unbekannter die Tür und behauptet, Untermieter zu sein. Wenn der Vermieter von der Untermiete nichts wusste, kann die Wohnung zunächst nicht geräumt werden, weil das Räumungsurteil nur gegen die Personen wirkt, die im Urteil benannt sind.

     

    Ein neuer Anspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren gibt dem Vermieter die Möglichkeit, in dieser Situation schnell einen weiteren Räumungstitel auch gegen den unberechtigten Untermieter zu bekommen (§ 940a ZPO).

     

    PRAXISHINWEIS | § 940a ZPO, der die Räumung von Wohnraum durch eine einstweilige Verfügung bislang nur in Ausnahmefällen erlaubte, ist daher um den Fall erweitert, dass gegen den oder die Mieter von Räumen bereits ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt (§ 940a Abs. 2 ZPO), aber weitere Dritte ohne Kenntnis des Vermieters als Gläubiger Besitz an den Räumen begründet haben. In diesen Fällen kann die Räumung durch (ergänzende) einstweilige Verfügung auch gegen diese Personen angeordnet werden (BT-Drucksache 17/10485, 34).

     

     

    Die Vorschrift beschränkt somit sich auf Personen, die ohne Kenntnis des Vermieters Besitz an der Wohnung begründet haben. Folge: Diejenigen, die er kennt, kann der Vermieter auch im Hauptsacheverfahren direkt mitverklagen. Maßgeblich ist, dass der Vermieter zum Schluss der mündlichen Verhandlung von der konkreten Besitzbegründung keine Kenntnis hatte. Die Unkenntnis ist in dem Antrag auf Räumungsanordnung glaubhaft zu machen. Es ist unerheblich, ob der Vermieter der Besitzbegründung hätte zustimmen müssen. Denn der erleichterte Weg zu einem Räumungstitel mit Hilfe der einstweiligen Verfügung ist gerechtfertigt, weil der Vermieter mangels Kenntnis nicht schon das Hauptsacheverfahren auf den Mitbesitzer erstrecken konnte.

    3. Durchführung der Räumung

    Im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, den Namen der in der Wohnung angetroffenen Person festzustellen, um ?deren Identität zu prüfen und damit zu verhindern, dass gegen die falsche Person vollstreckt wird (BT-Drucksache 17/10485, 34). Nennt die in der Wohnung angetroffene Person ihren Namen dennoch nicht, kann es rechtmäßig sein, die Räumung fortzusetzen.

     

    Achtung | Die Rechtsprechung sieht in den im Räumungstermin vorgebrachten Einwänden, die im Kern dazu dienen, die Räumung zu verhindern, eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB). Wenn etwa bei der Räumungsvollstreckung ein kollusives Zusammenwirken des angeblichen Besitzers/Untermieters mit dem Hauptmieter im Sinne einer Vollstreckungsvereitelung vorliegt, ist es rechtsmissbräuchlich, wenn sich der angebliche Besitzer darauf beruft, dass er im Räumungstitel nicht genannt ist (LG Lübeck DGVZ 08, 172). Dieser Rechtsgedanke ist auf die Konstellation übertragbar, in der der Untermieter seinen Namen nicht nennt. Die Weigerung, den eigenen Namen zu nennen, ist ein Anhaltspunkt, dass die Person im kollusiven Zusammenwirken mit dem Mieter verhindern will, dass die Wohnung geräumt wird. Die Räumung darf dann fortgesetzt werden (BT-Drucksache 17/10485, 34).

    4. Nichtbefolgung einer Sicherungsanordnung

    Mit einer neuen Sicherungsanordnung gemäß § 283a ZPO (§ 940a Abs. 3 ZPO) kann der Mieter in Verfahren wegen Geldforderungen vom Gericht verpflichtet werden, für das während eines Gerichtsverfahrens Monat für Monat auflaufende Nutzungsentgelt eine Sicherheit (z.B. Bürgschaft, Hinterlegung von Geld) zu leisten. Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter durch das Gerichtsverfahren einen wirtschaftlichen Schaden erleidet, weil der Mieter am Ende des Prozesses nicht mehr in der Lage ist, die während des Prozesses aufgelaufenen Mietschulden zu bezahlen. Befolgt der Mieter bei einer Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs eine vom Gericht erlassene Sicherungsanordnung nicht, kann der Vermieter im Wege des einstweiligen Rechtschutzes schneller als bislang einen Räumungstitel erwirken.

     

    PRAXISHINWEIS | Für die Zwangsvollstreckung ist bei einer Räumungsverfügung durch Beschluss (§§ 936, 922 Abs. 1 S. 1 ZPO) zu beachten, dass dieser ?keiner Vollstreckungsklausel bedarf 929 Abs. 1, § 936 ZPO), somit sofort aus dem Titel vollstreckt werden kann! Dies gilt, selbst wenn gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt wird (§§ 936, 924 Abs. 3 S. 1 ZPO).

     

    Das Gericht kann aber eine einstweilige Anordnung nach § 707 ZPO treffen. Insoweit kann auf Antrag angeordnet werden, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird oder nur gegen ?Sicherheitsleistung stattfindet und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen ?Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Unter besonderen Umständen kann ebenfalls die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung ?gestattet werden (§ 939 ZPO). In diesen Fällen darf dann nicht mehr aus der Räumungsverfügung vollstreckt werden, was der Gerichtsvollzieher von Amts wegen beachten muss (§§ 775 Nr. 1 bis 3, 776 ZPO).

     

    5. Neue Verfahrensregelungen bei „klassischer“ Räumung

    a) In Mieträumen zurückgelassene Sachen

    Nach § 885 Abs. 2 ZPO werden bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, vom Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung gestellt. Neu in diesem Zusammenhang ist, dass der Kreis der Personen, die zur Entgegennahme der Sachen berechtigt ist, um „erwachsene ständige Mitbewohner“ erweitert wurde (Abramenko, DGVZ 13, 42, 44). So ist es z.B. bei Wohngemeinschaften dem Gerichtsvollzieher künftig möglich, einem zur Übernahme der Gegenstände bereiten volljährigen Mitbewohner die bewegliche Habe des Räumungsschuldners zu übergeben oder zur Verfügung zu stellen (BT-Drucksache 17/10485, 30).

     

    Neu ist ebenfalls: Sind weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert, muss der Gerichtsvollzieher die in § 885 Abs. 2 ZPO bezeichneten Sachen auf Kosten des Schuldners (Vorschusspflicht des Gläubigers!) in die Pfandkammer schaffen oder anderweitig in Verwahrung bringen. Außerdem kann der Gerichtsvollzieher im Zuge der Zwangsräumung aufgefundene, wertlose Sachen des Mieters unverzüglich, das heißt, sofort, vernichten (§ 885 Abs. 3 S. 2 ZPO). Letzteres ist an die Bedingung geknüpft, dass an der Aufbewahrung der Sachen offensichtlich kein Interesse besteht.

     

    PRAXISHINWEIS | Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die „in Absatz 2 bezeichneten Sachen“ wird klargestellt, dass nur solche Gegenstände in die Verwahrung zu nehmen sind, die nicht als Zubehör oder in sonstiger Weise gleichzeitig ?Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, z.B. wegen einer Geldforderung (titulierte Mietrückstände, Kosten etc.). Vom Gerichtsvollzieher nach § 803 Abs. 1 ZPO parallel zur Räumung gepfändete bewegliche Sachen muss er gemäß § 808 ?Abs. 1 ZPO in Besitz nehmen (BT-Drucksache 17/10485, 30).

     

    Das offensichtliche fehlende Interesse an der Aufbewahrung ist nach der Gesetzesbegründung „nur unter engen Voraussetzungen“ anzunehmen (BT-Drucksache 17/10845, 30). Gemeint sind hiermit Abfall oder Unrat, nicht hingegen wertlose oder im gegenwärtigen Zustand nicht (mehr) gebrauchsfähige Sachen, deren weitere Verwendung durch den Schuldner bei Betrachtung durch einen objektiven Dritten nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BT-Drucksache 17/10485, 30; Abramenko, a.a.O.).

     

    Fordert der Schuldner die Sachen nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Räumung (bisher: zwei Monate) ab, muss der Gerichtsvollzieher die Sachen öffentlich versteigern (§§ 814, 817) und den Erlös hinterlegen (§ 885 Abs. 4 S. 1 ZPO). Dasselbe gilt, wenn der Schuldner die Sachen binnen einer Frist von einem Monat abfordert, ohne binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Räumung die Kosten zu zahlen. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden.

     

    b) „Berliner Räumung“ ist gesetzlich geregelt

    Die in der Praxis entwickelte „Berliner Räumung“ erleichtert die Vollstreckung von Räumungsurteilen. Sie besagt: Hat ein Vermieter vor Gericht ein Räumungsurteil erstritten, soll der Gerichtsvollzieher die Wohnung räumen können, ohne gleichzeitig die - oft kostenaufwändige - Wegschaffung und Einlagerung der Gegenstände in der Wohnung durchzuführen. Dieses Verfahren ist nun in § 885a ZPO auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.

     

    Achtung | Die Räumung kann also darauf beschränkt werden, den Schuldner aus dem Besitz der Wohnung zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen (§§ 885a, 885 Abs. 1 ZPO). Auf diese Weise fällt kein Kostenvorschuss für Abtransport und Einlagerung der in der Wohnung verbleibenden Gegenstände an.

     

    Die Vorschriften über das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) bleiben durch die Neuerungen allerdings unberührt. Macht der Gläubiger sein Vermieterpfandrecht im Hinblick auf bewegliche Sachen in der Wohnung des Schuldners geltend, kann er im Hinblick auf die Verwahrung und den Verkauf dieser ?Sachen unverändert nach den Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen vorgehen (§§ 1204 ff.; § 1257 BGB; BT-Drucksache 17/10485, 31; Mock, VE 06, 48).

     

    Achtung | Abweichend von der Konstruktion der „Berliner Räumung“ setzt die vereinfachte Räumung nicht voraus, dass der Gläubiger sein Vermieterpfandrecht an den in die Räume eingebrachten Gegenständen des Schuldners ausübt. Er kann dies aber weiterhin tun.

    6. Dokumentationspflicht des Gerichtsvollziehers

    § 885a Abs. 2 ZPO regelt das Vorgehen des Gerichtsvollziehers bei der Durchführung des Vollstreckungstermins. Er ist verpflichtet, die vorgefundenen frei ersichtlichen beweglichen Sachen aus Haftungsgründen gegebenenfalls durch Bildaufnahmen in elektronischer Form zu dokumentieren, wodurch im Streitfall die Beweisführung über den Bestand und Zustand der vom Schuldner in die Räume eingebrachten beweglichen Sachen erleichtert werden soll.

     

    Die Dokumentation soll im Rahmen des ohnehin über die Vornahme der Vollstreckungshandlung zu fertigenden Protokolls erfolgen (§ 762 ZPO, § 180 ?GVGA). Die Tatsachenfeststellung macht dabei aber nicht eine vollständige Inventarisierung erforderlich. Sie hat nur einen zuverlässigen Überblick über den zur Zeit der Räumung vorhandenen wesentlichen Bestand und Zustand der beweglichen Sachen des Schuldners zu bieten. Aus diesem Grund ?beschränkt sich die Dokumentation auf die frei ersichtlichen beweglichen Sachen. Eine Pflicht zur weitergehenden Dokumentation, die unter Umständen mit aufwändigen Feststellungen über den Zustand der in den Räumlichkeiten befindlichen beweglichen Sachen verbunden sein kann, trifft den ?Gerichtsvollzieher nicht (BT-Drucksache 17/10485, 31). Insofern besteht keine Verpflichtung geschlossene Behältnisse wie z.B. Koffer, Kisten etc. zu öffnen.

    7. Wegschaffen nicht der Vollstreckung unterliegender Sachen

    § 885a Abs. 3 ZPO bestimmt, wie mit den in der Wohnung vorgefundenen ?beweglichen Sachen unmittelbar im Anschluss an die Vollstreckungsmaßnahme weiter zu verfahren ist. Die Regelung gibt dem Gläubiger die Befugnis, die beweglichen Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, sofort im Anschluss an die Durchführung der Herausgabevollstreckung aus der Wohnung zu entfernen und an einem anderen Ort - etwa in Keller- oder anderen privaten Lagerräumen - zu verwahren. Hierdurch wird dem Gläubiger z.B. die Möglichkeit gegeben, die Wohnung unmittelbar im ?Anschluss an die Räumung wieder in einen Zustand zu versetzen, in dem sie erneut zur Vermietung angeboten werden kann.

     

    Achtung | Das Wegschaffen der beweglichen Sachen ist - anders als bei der „klassischen Räumung“ nach § 885 ZPO durch den Gerichtsvollzieher - nicht obligatorisch. Kommt nämlich eine kurzfristige erneute Vermietung nicht in Betracht oder erscheint es dem Gläubiger aus anderen Erwägungen vorzugswürdig, die beweglichen Sachen zunächst nicht wegzuschaffen, kann er sie ohne Weiteres zunächst in der Wohnung belassen.

    8. Vernichtungsrecht des Gläubigers an Sachen

    Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, können - nicht müssen - durch den Gläubiger jederzeit vernichtet werden. Es bleibt somit dem Gläubiger überlassen, unter Abwägung der Vor- und Nachteile zu entscheiden, ob diese Sachen aus der Wohnung geschafft und vernichtet werden sollen oder zunächst in der Wohnung verbleiben sollen.

    9. Haftungsbegrenzung des Gläubigers

    § 885a Abs. 3 S. 3 ZPO bestimmt, dass der Gläubiger im Hinblick auf die Sonderung und Vernichtung sowie das Wegschaffen und Verwahren der vorgefundenen beweglichen Sachen nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat.

     

    Achtung | Nach alter Rechtslage war der Gläubiger als Vermieter bei Verschlechterung des zurückgelassenen Hausrats des Schuldners als Mieter u.U. Schadenersatzpflichten ausgesetzt (Scholz, ZMR 10, 1, 3; Both, GE 07, 192). Die Neuregelung sieht jetzt eine moderate Haftungsminderung zugunsten des Gläubigers vor. Die Haftungsminderung findet aber keine Anwendung auf die Voraussetzungen und die Durchführung des Selbsthilfeverkaufs ?gemäß § 885a Abs. 4 ZPO (s.u.).

    10. Selbsthilfeverkauf des Gläubigers

    § 885a Abs. 4 ZPO regelt das weitere Verfahren zur Aufbewahrung und Liquidierung der vorgefundenen beweglichen Sachen: Der Gläubiger muss die ?beweglichen Sachen einen Monat verwahren. Werden sie binnen dieser Frist nicht abgefordert, kann er sie nach den Vorschriften über die Hinterlegung, Versteigerung und den Verkauf gemäß den §§ 372 ff. BGB verwerten. Da es sich bei den in der Wohnung zurückgelassenen Gegenständen häufig um nicht hinterlegungsfähige Sachen handeln dürfte, wird vorrangig eine öffentliche Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher oder eine sonst dazu befugte Person nach § 383 BGB (zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer) in Betracht kommen. Für dieses Verfahren entstehende Kosten sind solche der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO ?(§ 885a Abs. 7 ZPO) und können somit u.U. verzinslich festgesetzt werden.

     

    Achtung | Die Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen durch den Gerichtsvollzieher vernichtet werden. Im Unterschied zu § 885 Abs. 4 S. 4 ZPO bei der „klassischen Räumung“ ist es aber nicht erforderlich, dass ?zunächst ein erfolgloser Verwertungsversuch unternommen wurde. Das gilt insbesondere, wenn die Unverwertbarkeit bereits vor einem Verwertungsversuch klar ist. Die Soll-Vorschrift ermöglicht es dem Gerichtsvollzieher - wie im Fall des § 885 Abs. 4 S. 4 - von der Vernichtung persönlicher Papiere, z.B. Familienurkunden, Zeugnisse, Alben oder Geschäftsunterlagen abzusehen.

    11. Das kostet die Novellierung

    Im Rahmen der „Berliner-Räumung“ ist mit Nr. 241 GVKostG ein neuer Kostentatbestand für die Gerichtsvollziehervollstreckung geschaffen worden. Gemäß § 885a Abs. 2 ZPO muss der Gerichtsvollzieher im Protokoll (§ 762 ZPO) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen. Hierfür erhält der Gerichtsvollzieher eine Festgebühr in Höhe von 85 EUR. Für die in diesem Zusammenhang anfallenden Farbkopien kann der Gerichtsvollzieher für die ersten 50 Seiten 1 EUR/Seite als Auslage berechnen; ab der 51. Seite fallen Auslagen in Höhe von 0,30 EUR an (Nr. 700 Nr. 1b GVKostG). Für Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien anstelle der in Nr. 700 Nr. 1b GVKostG genannten Ablichtungen und Ausdrucke kann der Gerichtsvollzieher je Datei einen Betrag von 2,50 EUR berechnen.

     

    Die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung gemäß § 283a ZPO (vgl. § 940a Abs. 3 ZPO) löst indes keine gesonderten ?anwaltlichen Vergütungsansprüche aus (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG). Vielmehr gehört dieses Verfahren gebührenrechtlich zur Hauptsache, wird daher mit der Verfahrens-, bzw. Terminsgebühr abgegolten.

     

    Dies gilt allerdings nicht für die Vollstreckung aus einer erlassenen einstweiligen Verfügung. Hierfür fällt in der Regel eine 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 RVG VV an (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG).

     

    Musterantrag ?/ Beschränkter Räumungsauftrag nach § 885a ZPO

    An das Amtsgericht ... - Gerichtsvollzieherverteilerstelle -

     

    In der Zwangsvollstreckungssache Gläubiger ... gegen Schuldner ...

     

    wird anliegend die vollstreckbare Ausfertigung des Räumungsurteils des ... gerichts vom..., Az. ..., überreicht, mit dem Auftrag den Schuldner aus dem Besitz der im Titel bezeichneten Wohnung in ... (genaue Bezeichnung) zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.

     

    Die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden Gegenstände werden durch den Gläubiger selbst unter folgender Adresse auf eigene Kosten eingelagert (§ 885a Abs. 3 ZPO): ...

     

    Rechtsanwalt

     

    Musterantrag ?/ Räumungsauftrag nach § 885a ZPO mit zuvor geltend gemachtem Vermieterpfandrecht

    An das Amtsgericht ... - Gerichtsvollzieherverteilerstelle -

     

    In der Zwangsvollstreckungssache Gläubiger ... gegen Schuldner ...

     

    wird anliegend die vollstreckbare Ausfertigung des Räumungsurteils des ... gerichts vom..., Az. ..., überreicht, mit dem Auftrag den Schuldner aus dem Besitz der im Titel bezeichneten Wohnung in ... (genaue Bezeichnung) zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.

     

    Mit Einschreiben/Rückschein vom ... hat der Gläubiger als Vermieter dem Schuldner als Mieter gegenüber an allen beweglichen pfändbaren Sachen sein Vermieterpfandrecht geltend gemacht.

     

    Beweis: Einschreiben/Rückschein vom ...

     

    Die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden Gegenstände werden durch den Gläubiger selbst unter folgender Adresse auf eigene Kosten eingelagert (§ 885a Abs. 3 ZPO): ...

     

    Rechtsanwalt

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 85 | ID 38941960