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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungsvoraussetzungen


    Probleme beim im Genossenschaftsregister eingetragenen Rechtsnachfolger des Gläubigers


    Ist aufgrund einer Eintragung im Genossenschaftsregister dem Rechtsnachfolger des in einem Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubigers eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilt worden, darf die Zwangsvollstreckung nur erfolgen, wenn dem Schuldner zusammen mit dem Titel neben der Vollstreckungsklausel ein Auszug aus dem Register zugestellt wird, der den aktuellen Registerinhalt im Zeitpunkt der Klauselerteilung wiedergibt (BGH 8.11.12, V ZB 124/12, Abruf-Nr. 123861).

    Sachverhalt 


    Gläubigerin G. betreibt als Rechtsnachfolgerin der im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechtedie Zwangsversteigerung des Grundbesitzes des Schuldners S. Die Rechtsnachfolge ist durch Verschmelzung zweier Volksbanken entstanden. Die Vollstreckungsklauseln zu den notariellen Urkunden wurden auf G. umgeschrieben und S. zugestellt. Sie haben den folgenden Wortlaut:


    • Im Wortlaut: die Vollstreckungsklauseln

    Rechte Abteilung III Nr. 1 und 2:

    „Laut Eintragung im Genossenschaftsregister (GnR) des Amtsgerichts … ist die Volksbank B.eG mit dem Sitz in B. durch Beschluss der Vertreterversammlung vom 3.6.05 und durch Beschluss der Vertreterversammlung vom 10.5.05 aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 8.3.05 durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes gemäß § 2 UmwG auf die übernehmende Volksbank Br.-Raiffeisenbank eG mit dem Sitz in Br. mit dieser durch Aufnahme verschmolzen. Gleichzeitig wurde die Änderung der Firma in ‚Volksbank B.-Br. eG‘ beschlossen. Die obige vollstreckbare Ausfertigung vom 27.8.02 wird hiermit umgeschrieben auf die


    Volksbank B.-Br. eG mit dem Sitz in B. als Rechtsnachfolgerin der Volksbank B. eG.“


    „1. Aufgrund Einsichtnahme in einen beglaubigten Auszug aus dem Genossenschaftsregister des Amtsgerichts …, GnR ..., vom 2.9.08 bescheinige ich, Notar, dass aufgrund Beschluss der Vertreterversammlung vom 3.6.05 und durch Beschluss der Vertreterversammlung der Volksbank B.eG mit dem Sitz in B. … vom 10.5.05 die letztgenannte Genossenschaft aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 8.3.05 durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes gemäß § 2 UmwG auf die übernehmende Volksbank Br.-Raiffeisenbank eG mit dem Sitz in Br. mit dieser durch Aufnahme verschmolzen wurde. Gleichzeitig wurde die Änderung der Firma in ‚Volksbank B.-Br. eG‘ mit dem Sitz in Br., sowie die entsprechende Änderung der Satzung beschlossen.


    2. Damit ist die Rechtsnachfolge nachgewiesen. Die zu vorstehender Urkunde am 27.10.98 erteilte Vollstreckungsklausel wird hiermit eingezogen.


    3. Vorstehende, mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung wird hiermit der


    Volksbank B.-Br. eG mit dem Sitz in Br.


    als nunmehrige Gläubigerin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf Ansuchen erteilt.“

    Abschriften der Eintragungen im Genossenschaftsregister sowie die 
Beschlüsse der Vertreterversammlungen und der Verschmelzungsvertrag wurden dem S. nicht zugestellt. Im Versteigerungstermin am 13.1.12 erteilte das AG den Zuschlag. Die dagegen gerichtete Beschwerde des S. ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag auf Versagung des Zuschlags weiter. Der BGH hält die Rechtsbeschwerde für begründet und versagt den Zuschlag auf das im Versteigerungstermin abgegebene Meistgebot, weil es an einer Vollstreckungsgrundlage fehlt (§ 83 Nr. 6 ZVG).


    Entscheidungsgründe


    Nach § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795 ZPO) nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in der Urkunde oder in der ihr beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind. Daran fehlt es in dem hier gegebenen Fall der Rechtsnachfolge. Die Ausfertigung einer solchen Rechtsnachfolgeklausel darf von dem Notar nur erteilt werden, wenn


    • die Rechtsnachfolge bei ihm entweder offenkundig (§ 291 ZPO) ist (dann ist die Offenkundigkeit in der Klausel zu erwähnen, § 727 Abs. 2 ZPO) oder 

    • durch öffentliche oder durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird (§ 727 Abs. 1 ZPO). 


    Des Weiteren müssen diese Klausel und - bei fehlender Offenkundigkeit - die ihrer Erteilung zugrundeliegenden Urkunden dem Schuldner zusammen mit der notariellen Urkunde zugestellt werden (§ 750 Abs. 2 ZPO). Dies sichert dem Schuldner seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, da er durch die Zustellung vollständig über die Grundlagen der Zwangsvollstreckung 
unterrichtet und in die Lage versetzt wird, deren Voraussetzungen zu prüfen.


    Praxishinweis


    Immer wieder enthalten Rechtsnachfolgeklauseln keinen Hinweis darauf, dass den Notaren bei der Klauselerteilung die Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite offenkundig war. Daher sind die notariellen Urkunden, die der Bank als Rechtsnachfolgerin erteilten Vollstreckungsklausel und die deren Erteilung zugrundeliegenden Urkunden, d.h. die beglaubigten Auszüge aus dem Genossenschaftsregister, aus dem sich die Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite ergibt, zuzustellen. Nicht erforderlich ist die Zustellung auch der Beschlüsse der Vertreterversammlungen und des Verschmelzungsvertrags. Eine Ausnahme vom Zustellerfordernis dieser Registerauszüge besteht, wenn der Notar den Inhalt des Registers vollständig in die Vollstreckungsklausel aufnimmt (Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 6. Aufl., § 750 Rn. 6). Daran fehlte es hier. Für den Nachweis der Rechtsnachfolge muss der letzte Stand aller noch nicht gegenstandslos gewordenen Eintragungen (aktueller Registerinhalt, § 25 S. 2 GenRegV) im Zeitpunkt der Erteilung der Vollstreckungsklausel wiedergegeben werden. Das erfordert nach Anlage 2 zu § 25 GenRegV die Wiedergabe der in den Spalten 1 bis 7 des Registers eingetragenen Angaben. Dieser Nachweis der Aktualität ist bedeutsam, weil sonst nicht auszuschließen ist, dass zwischen Einsichtnahme in das Register und Klauselerteilung Eintragungen erfolgen, die der bescheinigten Rechtsnachfolge entgegenstehen. 


    Ein weiterer Mangel bestand darin, dass die Grundlagen der Verschmelzung nicht ausreichend wiedergegeben waren. Insofern ist bei einer zu erteilenden Klausel jeder Hinweis darauf, welche Vertreterversammlungen den Verschmelzungsbeschluss gefasst haben, erforderlich. 


    MERKE |   Ein solcher - hier Zustellungsmangel - kann auch nachträglich bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens geheilt werden (BGH Rpfleger 10, 437).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 66 | ID 38363470