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  • · Fachbeitrag · Editorial Oktober 2025

    Vorratszwecke bei gemeinnützigen Stiftungen ‒ zulässig oder nicht?

    | In der Praxis stellt sich mit Blick auf die Langlebigkeit rechtsfähiger (Ewigkeits-)Stiftungen immer wieder Frage, ob bei gemeinnützigen Stiftungen sog. „Vorratszwecke“ zulässig sind. |

     

    Für die wohl nach wie vor überwiegend ablehnende Meinung der Finanzverwaltung wird gerne auf die Ausführung von Hüttemann (Hüttemann, Gemeinnützigkeitsrecht und Spendenrecht, 6. Aufl., 2025, Rz. 4.189) verwiesen. Hüttemann geht richtigerweise davon aus, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Stiftung der Satzung entsprechen muss. Er meint aber, dass gemeinnützige Körperschaften ihre Zwecke „gegenwärtig“ verfolgen sollen. Ausgehend von dieser Annahme kommt er zum Schluss, dass die satzungsmäßige Nennung mehrerer Zwecke die Organe ‒ vorbehaltlich abweichender Hinweise in der Satzung ‒ auch dazu verpflichte, sich in allen Bereichen um geeignete Zweckerfüllungsmaßnahmen „zu bemühen“. Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen (mit Rawert) in Staudinger (2017), § 81 BGB, Rz. 48. Dort wird stiftungsrechtlich (!) die Funktion der Stiftungssatzung als verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Stiftungsorgane betont. Zudem wird darauf hingewiesen, dass Vorratszwecke auch die Anerkennungsfähigkeit einer Stiftung infrage stellen können. Ferner sei ein Stiftungsgeschäft, das Zwecke nenne, die nach dem Willen des Stifters nicht auch tatsächlich erfüllt werden sollen, nach § 117 Abs. 1 BGB als Scheingeschäft (partiell) unwirksam. Der Verweis auf die oftmaligen Vorratszwecke in den Satzungen von Bürgerstiftungen sei kein tragfähiges Argument.

     

    Letzteres stimmt. Der Verweis ist aber auch nur ein Hinweis auf die Widersprüchlichkeit in der praktischen Behandlung durch die Behörden.

     

    An anderer Stelle habe ich bereits ausführlich begründet, dass es keine steuerrechtliche Vorschrift gibt, die Vorratszwecke untersagt (SB 2015, 130; SB 2016, 8; SB 2016, 48; SB 2016, 69). Wenn richtigerweise auf den Stifterwillen und die sich daraus ergebende Stiftungssatzung verwiesen wird, so bietet sich für die Praxis klarstellend an, was ja auch bei Hüttemann anklingt, ausdrücklich in der Satzung festzuhalten, dass nicht alle Zwecke gleichzeitig erfüllt werden müssen und dass sie im Hinblick auf die Nachhaltigkeit und Langlebigkeit der Stiftung ausdrücklich auch als Vorratszwecke gesehen werden sollen. Das kann der Stifter auch für die Prognoseentscheidung der Stiftungsaufsichtsbehörde nach § 82 BGB ausdrücklich betonen. So ist sein Stifterwille klargestellt und kann im konkreten Fall nicht mehr als Begründung gegen die Möglichkeit von Vorratszwecken herangezogen werden. Von einem Scheingeschäft kann dann nicht mehr die Rede sein.

     

    Wenig hilfreich ist der mitunter zu hörende Hinweis von Behördenseite, auch eine Förderung mit einem kleinen Betrag sei ja die Erfüllung eines Stiftungszwecks. Das ist eher ein formaler und tatsächlich kaum sinnvoller Gedanke.

     

    Herzlichst, Ihr

     

    Jan K. Schiffer

    Quelle: ID 50572418