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  • · Fachbeitrag · Stiftungsvermögen

    Einkommensstiftungen: Gestaltungsmodell als Ausweg aus der Ertragskrise?

    von RA Dr. K. Jan Schiffer, Bonn und RA Christoph J. Schürmann, Bonn

    | Ein altes „Stiftungsmodell“ wird gegenwärtig vor dem Hintergrund der nur noch geringen Ertragsmöglichkeiten am Kapitalmarkt in der Praxis neu diskutiert: Die Einkommensstiftung. Aber sie ist, wie dieser Beitrag zeigt, nur als Stiftung auf Zeit/Verbrauchsstiftung zulässig. Entgegen mancher Ansicht bei privaten Stiftern ist sie daher kein grundsätzlicher Ausweg aus der Ertragskrise, die gegenwärtig die Stiftungswelt trifft. |

    1. Was wird mit diesem Schlagwort bezeichnet?

    Ist die Stiftung von vornherein für ihre Zweckerfüllung neben den Erträgen des Grundstockvermögens auf laufende Zuwendungen der Stifter und/oder Dritter angewiesen, spricht man auch von einer „Einkommensstiftung“ oder „Zuwendungsstiftung“. Die Satzung einer solchen Stiftung, die typischerweise nur über ein geringes Grundstockvermögen verfügt, enthält beispielsweise folgende Regelung:

     

    • Beispiel: Regelung in einer Einkommensstiftungssatzung

    „Die Stifter tragen die Kosten der Stiftung je anteilig nach Köpfen im Rahmen der von ihnen bewilligten jährlichen Planung.“ 

     

    Dazu findet sich dann ergänzend eine konkretisierende Zusatzvereinbarung mit der Stiftung, beispielsweise u.a. mit folgendem Passus:

     

    „Die Stifter X und Y verpflichten sich zur Zahlung von jährlich 50.000 EUR ab (Jahr).“

     

    2. Zulässigkeit der Regelung

    Ist das zulässig? Die Antwort lautet wie so oft: Es kommt darauf an. Die Erfüllung des Stiftungszwecks ist nur gewährleistet, wenn die Stiftung eine ausreichende Vermögensausstattung erhält, deren konkrete Höhe von dem jeweiligen Stiftungszweck abhängt.

     

    2.1 Dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks

    Deshalb ist eine Stiftung nach § 80 Abs. 2 S. 1 BGB von der zuständigen Stiftungsbehörde nach entsprechender Prognoseentscheidung nur als rechtsfähig anzuerkennen, „wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint“. Im Rahmen dieser Prognoseentscheidung ist auch zu berücksichtigen, dass Stiftungen, wenn man vom Ausnahmefall der Verbrauchsstiftung absieht, grundsätzlich auf unbegrenzete Dauer angelegt sind.

     

    Mit Blick auf das Erfordernis einer Behörden-Prognose zur dauerhaften und nachhaltigen Zweckerfüllung ist eine Einkommensstiftung ausgesprochen „bedenklich“, weil eben eine solche Stiftung entgegen dem BGB nicht „autark“ aufgrund ihres eigenen Grundstockvermögens existieren kann. Sie ist vielmehr auf externe „Zuschüsse“ und damit auf Entscheidungen und auch wirtschaftliche Verhältnisse Dritter angewiesen, die von der Stiftung nicht beeinflusst werden können. Regelmäßig wird deshalb die Anerkennungsfähigkeit von Einkommensstiftungen nach unseren Erfahrungen zumindest sehr restriktiv gehandhabt.

     

    2.2 Durchsetzbarer Anspruch und ordentliche Kündigung

    Soll eine Stiftung sich aus laufenden Zuwendungen der Stifter und/oder Dritter speisen, ist sie jedenfalls nur dann anzuerkennen, wenn auf diese Zuwendungen überhaupt ein durchsetzbarer Anspruch besteht.

     

    Dabei ist zugleich unbedingt zu beachten, dass bei solchen privatrechtlichen Dauerleistungsversprechen stets ein außerordentliches und regelmäßig auch ein ordentliches Kündigungsrecht besteht, sodass ohne eine Befristung (Verbrauchsstiftung!) die nach § 80 Abs. 2 BGB erforderliche Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit fehlt (dazu etwa Hüttemann/Rawert in: Staudinger, 2011, § 80 Rn. 27; Reuter in FS Mestmäcker, 387, 405). So wird denn auch aus unserer Sicht nachvollziehbar vertreten, dass durchsetzbare Ansprüche auf die Zuwendungen Privater ihrerseits nur für Stiftungen auf Zeit wirksam begründet werden können, denn Zusagen auf unbestimmte Zeit liefen auf eine von der Privatautonomie nicht gedeckte unzulässige Ewigkeitsbindung hinaus. (MüKo/Reuter, BGB, 6. Aufl., §§ 80, 81 BGB Rn. 16.). Anders ist das nur bei Finanzierungszusagen der öffentlichen Hand, da dort anstelle der Privatautonomie die weniger restriktiven Grenzen für die Ewigkeitsbindung der Verwaltung gelten (MüKo/Reuter, a.a.O., Rn. 14).

     

    Im Gesetz sind ordentliche Kündigungsrechte allerdings nur bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen (z.B. Mietverhältnis oder Arbeitsvertrag) gesondert geregelt, eine allgemeine gesetzliche Grundlage für die ordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen gibt es nicht. Vordergründig könnte dieser Befund zu der Annahme führen, dass eine ordentliche Kündigung der Zuwendungszusage durch die Stifter und/oder Dritte mangels Rechtsgrundlage dann nicht möglich ist.

     

    Dieses Ergebnis widerspricht aber dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), nach dem eine mit der Vertragsautonomie der Vertragspartner nicht vereinbare Ewigkeitsbindung an ein Dauerschuldverhältnis unzulässig ist. Bei unbefristeten Dauerverträgen ist ein ordentliches Kündigungsrecht deshalb auch dann anzuerkennen, wenn die gesetzliche Rahmenordnung eines speziellen Vertragstyps auf die Etablierung eines ordentlichen Kündigungsrechts verzichtet und keine Anhaltspunkte für eine bewusste legislative Entscheidung zugunsten eines Ausschlusses dieser Kündigungsart vorliegen (Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, 1994, S. 273 m.w.N., u.a. unter Verweis auf RGZ 78, 421, 424 f.; OLG München 27.9.95, 15 U 6473/94; BGH NJW 1972, 1128; BGH NJW-RR 93, 1460).

     

    2.3 Kündigungsfrist

    Dafür, wie lange die Kündigungsfrist in einem solchen Fall läuft, ist, wenn eine gesetzliche und vertragliche Regelung fehlt, eine Interessenabwägung im Einzelfall entscheidend, wobei insbesondere die Interessen beider Parteien und die (bisherige) Zeitdauer der vertraglichen Bindung zu berücksichtigen ist (OLG München 27.9.95, 15 U 6473/94 m.w.N.). Wie sich schon aus den gesetzlichen Regelungen zur ordentlichen Kündigung besonderer Vertragstypen ergibt (z.B. § 622 BGB, § 573c BGB), verlängert sich die angemessene Kündigungsfrist regelmäßig entsprechend zur bisherigen Dauer des Schuldverhältnisses.

     

    Hier wird i.d. Regel die analoge Anwendung von § 624 BGB befürwortet. (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 314 BGB Rn. 13; OLG München 27.9.95, 15 U 6473/94). Danach beträgt die Kündigungsfrist mindestens sechs Monate. Entscheidend ist aber stets der Sachverhalt im konkreten Fall, der als Folge der Angemessenheitsprüfung eine längere Kündigungsfrist erforderlich machen kann.

     

    2.4 Außerordentliche Kündigung

    Anders als bei der ordentlichen Kündigung enthält das Gesetz in § 314 BGB für alle Dauerschuldverhältnisse ein zwingendes Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar machen. Dabei muss der Kündigungsgrund regelmäßig im Risikobereich des Kündigungsgegners, also der Stiftung, liegen. (vgl. nur Palandt/Grüneberg, 74. Aufl., § 314 BGB Rn. 7 m.w.N.)

     

    2.5 Störung der Geschäftsgrundlage

    Ein besonderes Recht zur Vertragsanpassung und gegebenenfalls auch Vertragsauflösung für den Fall der Störung der Geschäftsgrundlage auch bei Dauerschuldverhältnissen regelt § 313 BGB. Die insoweit erforderliche „Störung der Geschäftsgrundlage“ wird in der Praxis jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen zu bejahen sein.

     

    FAZIT | Die Einkommensstiftung ist also bei privaten Stiftern nur als Stiftung auf Zeit/Verbrauchsstiftung zulässig. Sie ist somit entgegen mancher Hoffnung findiger Zeitgenossen kein Königsweg aus den Renditeproblemen, mit denen viele Stiftungen zurzeit hart zu kämpfen haben.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Frage, ob es bald kleine Verbrauchsstiftungen geben wird, Pruns, Zwischenruf, SB 13, 122
    • Zur Versagung der Anerkennung einer Stiftung bei zu geringem Stiftungsvermögen oder Unterkapitalisierung, Weisheit, SB 13, 189
    Quelle: Ausgabe 07 / 2015 | Seite 130 | ID 43476399