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  • · Fachbeitrag · Stiftung & Steuern

    Familienstiftungen gegen Finanzverwaltung: 2:0 vor der Verlängerung (Teil 2)

    von RA Berthold Theuffel-Werhahn, FA StR, FA HGR, Leiter des Bereichs Stiftungsberatung, PricewaterhouseCoopers AG

    | Im ersten Halbjahr 2014 ergingen zwei wichtige und für Familienstiftungen erfreuliche Entscheidungen von Finanzgerichten, die sich mit ausländischen Familienstiftungen und ihren insbesondere erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Implikationen beschäftigten. Nachdem in der letzten Ausgabe die Entscheidung des FG Düsseldorf vom 2.4.14 (4 K 3718/12 Erb, Abruf-Nr. 142217 ) vorgestellt wurde, beschäftigt sich dieser Beitrag nun mit der Entscheidung des FG Hessen vom 10.2.14 (1 V 2602/13, EFG 14, 1014, Abruf-Nr. 142555 ). |

    1. Der Fall des FG Hessen

    Bei der Entscheidung ging es um die Schenkungsteuerpflicht der Zuwendung einer Familienstiftung mit Sitz in der Schweiz an eine inländische Destinatärin gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG. Zweck der Stiftung war - wie bei Familienstiftungen gang und gäbe - die Unterstützung von Familienangehörigen beim Aufbau einer eigenen Altersversorgung zum Erhalt ihres Lebensstandards im Alter oder durch einen Zuschuss zur Sicherung ihres Lebensstandards im Alter. Gemäß den Stiftungsstatuten konnten an Angehörige der begünstigten Familie Unterstützungsleistungen einmalig ausgerichtet werden.

     

    Der Stiftungsrat entschied im Rahmen des Stiftungszwecks nach seinem Ermessen darüber,

    • ob eine Zuwendung erfolgt,
    • wer Empfänger sein soll und
    • in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt die Unterstützungsleistungen ausgezahlt werden.

     

    Diese Familienstiftung teilte dem Wohnsitzfinanzamt der inländischen Destinatärin schriftlich mit, dass sie ihr, einer der Familienangehörigen, einmalig einen Geldbetrag zugewandt habe und in welcher konkreten Höhe. Diese Zuwendung habe im Einklang mit dem Satzungszweck gestanden und sei vollzogen worden.

     

    Nach Auffassung der Familienstiftung handelte es sich nicht um eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung, da diese weder freigebig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG noch im Zusammenhang mit der Aufhebung der Stiftung nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1, 1. Alt. ErbStG erfolgt sei. Auch die Familienangehörige vertrat diese Rechtsauffassung.

     

    Auf Aufforderung des Finanzamtes wurde gleichwohl eine Steuererklärung eingereicht, auf deren Grundlage das Finanzamt Schenkungsteuer festsetzte. Dabei stützte das Finanzamt die Steuerpflicht der Schenkung auf § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG. Danach gilt als Schenkung unter Lebenden, was bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erworben wird, sowie der Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse.

     

    Gegen den Schenkungsteuerbescheid legte die Stiftung Einspruch ein, über den bis zum Beschluss des Finanzgerichts noch nicht entschieden worden war, und stellte gleichzeitig Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den das Finanzamt ablehnte.

     

    Es vertrat die Auffassung, bei der Familienstiftung mit Sitz in der Schweiz handele es sich um eine Vermögensmasse ausländischen Rechts im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG, da der Begriff der Stiftung in § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 und Nr. 9 S. 1 ErbStG nur inländische Stiftungen im Sinne der §§ 80 ff. BGB umfasse. Infolgedessen unterlägen sämtliche Zwischenerwerbe der Schenkungsteuer.

     

    Ergänzend trug das Finanzamt im finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahren vor, da es sich bei der Stiftung um eine Vermögensmasse im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG handele, erstrecke sich die Steuerpflicht auch auf Zuwendungen während ihres Bestehens. Dabei komme es nicht darauf an, ob diese satzungsgemäß erfolgten oder nicht.

    2. Die Entscheidung des FG Hessen

    Das FG Hessen gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) statt, weil es unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Verfahrensart ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids erkannte, die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen.

     

    2.1 Ernstliche Zweifel an Rechtmäßigkeit des Schenkungsteuerbescheids

    Nach § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 S. 2 FGO liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt.

     

    Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH 2.7.14, XI S 8/14, mit weiteren Nachweisen). Die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung kann sogar dann zu gewähren sein, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte (BFH 23.8.04, IV S 7/04).

     

    2.2 Der problematische Erwerb durch Zwischenberechtigte

    Konkret bestanden ernstliche Zweifel, ob es sich bei der ordentlichen Ausschüttung an die Familienangehörige um einen Erwerb durch Zwischenberechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2, 2. HS. ErbStG handelte.

     

    Der Begriff des Zwischenberechtigten ist gesetzlich nicht definiert und wird in der Literatur unterschiedlich ausgelegt. Eingeführt durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 erscheint er der Rechtsprechung des BFH entlehnt zu sein, wonach als Zwischenberechtigte solche Personen bezeichnet worden sind, die zwar hinsichtlich der Erträge des Trusts bezugsberechtigt sind, ohne allerdings zugleich auch nach Auflösung des Trusts anfallsberechtigt zu sein.

     

    Eine solche Auslegung hätte jedoch die Konsequenz, dass

    • Ausschüttungen an nicht anfallsberechtigte Bezugsberechtigte stets steuerpflichtig wären,

     

    • Ausschüttungen an anfallsberechtigte Personen nur bei gleichzeitiger Auflösung der Vermögensmasse und

     

    • gleichzeitig Ausschüttungen während des Bestehens der Vermögensmasse an Personen, die weder bezugs- noch anfallsberechtigt sind, nicht steuerbar wären.

     

    Daher hat der BFH als „Zwischenberechtigte“ eines Trusts alle Personen angesehen, die während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten haben.

     

    2.3 Anglo-amerikanischer Trust gleich ausländische Stiftung?

    Dem Gericht verblieben aber Zweifel, ob diese weite Auslegung des Begriffs des „Zwischenberechtigten“ auf andere Vermögensmassen ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, insbesondere auf Stiftungen ausländischen Rechts, übertragen werden kann.

     

    Hierzu muss man wissen, dass der Sinn und Zweck der Regelung in § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG nach dem Erstentwurf zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, mit dem die Vorschrift eingeführt wurde, auch darin bestand, durch die Steuerpflicht der Bildung bzw. Ausstattung und der Auflösung eines Trusts eine steuerliche Gleichstellung des ausländischen Trusts einer Stiftung - mit Ausnahme der Erbersatzbesteuerung nach 30 Jahren - mit einer (inländischen) Stiftung zu erreichen (Habammer, DStR 02, 425, 430).

     

    Im Rahmen der abschließenden Beratungen des Entwurfs im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 2.3.99 wurde die Fiktion des Trusts als Stiftung jedoch fallen gelassen. Der Begriff „Trust” wurde aus dem Gesetzesentwurf gestrichen. Er wurde ersetzt durch den Begriff „Vermögensmasse des ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist”. Nach der Gesetzesbegründung soll der Begriff der „Vermögensmasse” auch den Trust umfassen (Habammer, DStR 02, 425, 430).

    3. Der Trust  

    Charakteristisch für einen Trust ist, dass das Trust-Vermögen ein Sondervermögen darstellt und vom persönlichen Vermögen des Verwalters („Trustee“) getrennt zu verwahren ist. Die Eigentums- und Inhaberrechte in Bezug auf das Vermögen liegen beim Verwalter oder einer für diesen handelnden Person. Insoweit handelt es sich um verselbstständigtes Vermögen. Anders als die inländische Stiftung nach §§ 80 ff. BGB erlangt der Trust jedoch keine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Trust ist daher am ehesten, mit einer nichtrechtsfähigen (Treuhand-)Stiftung zu vergleichen.

     

    • Der Errichter („Settlor“) stellt dem Trust sein Vermögen oder einen Teil dessen zur Verfügung. Dabei kann der er einen sogenannten unwiderruflichen („irrevocableG“) Trust oder einen widerruflichen („revocable“) Trust begründen. Im letzteren Fall hat er auch weiterhin Zugriff auf das Vermögen.

     

    • Nur der Verwalter, nicht aber das Sondervermögen selbst können Träger von Rechten und Pflichten sein. Seine Aufgabe und Verpflichtung ist es, das Vermögen nach Maßgabe der vom Errichter bestimmten Anordnungen zu verwalten, zu verwenden oder darüber zu verfügen.

     

    • Die Begünstigten bzw. Destinatäre („Beneficiaries“) sind die aus der Errichtung des Trusts begünstigten Personen. Ihre Bestimmung kann bereits mit der Vermögensübertragung erfolgen oder erst mit dem Tod des Errichters. Einsetzen kann der Errichter als Begünstigte sich selbst oder jede andere natürliche oder juristische Person.

     

    • Schließlich kann der Errichter ein Überwachungsorgan („Protector“) installieren, dessen Aufgabe darin besteht, die ordnungsgemäße, d.h. den Bestimmungen des Errichters entsprechende, Verwaltung des Trusts durch den Verwalter zu gewährleisten.
     

    Bei Familienstiftungen inländischen Rechts (nach §§ 80 ff. BGB) gelten satzungsgemäße Ausschüttungen an die Destinatäre als nicht freigebig und unterliegen daher nicht der Schenkungsteuer. Denn unabhängig davon, ob der Anspruch eines Destinatärs auf Stiftungsleistungen unmittelbar durch die Stiftungssatzung oder durch die einseitige Zuerkennung durch ein Stiftungsorgan begründet wird (was in letzterem Fall voraussetzt, dass dies dem in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters entspricht und die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind), handelt es sich nicht um eine Schenkung oder ein formbedürftiges Schenkungsversprechen, wenn diese Zuwendung unentgeltlich erfolgt, weil den Rechtsgrund für derartige Zuwendungen der Stiftungszweck selbst bildet (SB 146, 150).

     

    3.1 Auslegung des FG Hessen

    Um die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichstellung von ausländischen Trusts mit inländischen Stiftungen zu erreichen, erschien es dem FG Hessen zu Recht geboten, den Begriff des Zwischenberechtigten einer Stiftung ausländischen Rechts dahingehend einschränkend auszulegen, dass Personen, die satzungsgemäß einen Anspruch auf Ausschüttung von Erträgen haben, nicht darunter fallen.

     

    3.2 Vereinbarkeit mit Unionsrecht

    Eine andere Auslegung begründete auch ernstliche Zweifel im Hinblick auf einen Verstoß gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 und Art. 65 AEUV). Den diesbezüglich getroffenen Entscheidungen des EuGH entnahm das FG Hessen die Grundsätze, dass innerstaatliche Regelungen der Kapitalverkehrsfreiheit immer entgegenstehen, wenn Auslandsvermögen (aufgrund fehlender Abzugsmöglichkeit von Belastungen oder aus formellen Gründen, z.B. kürzeren Verjährungsfristen) ungünstiger bzw. höher bewertet wird als Inlandsvermögen oder wenn Inländer als unbeschränkt Steuerpflichtige (aufgrund höherer Freibeträge oder geringerer Steuersätze) weniger Steuer auf gleiche Erwerbe bezahlen als beschränkt Steuerpflichtige.

     

    Insoweit erschien dem FG Hessen die Auffassung des Finanzamts, die satzungsgemäße Zuwendung einer Stiftung nach deutschem Recht an einen Inländer sei schenkungsteuerfrei, während die satzungsgemäße Zuwendung einer Stiftung nach ausländischem Recht an einen Inländer schenkungsteuerpflichtig sei, auch unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (sogenannte Ersatzerbschaftsteuer) unionsrechtlich problematisch.

    4. Kommentar

    Die Entscheidung trifft im Ergebnis und in der Begründung uneingeschränkt zu: Solange der Begriff des „Zwischenberechtigten“ höchstrichterlich noch nicht endgültig geklärt ist, bestehen die Zweifel, derentwegen das FG Hessen dem Aussetzungsantrag stattgab, zu Recht.

     

    Insbesondere würden Destinatäre einer ausländischen Familienstiftung gegenüber jenen einer inländischen schlechter gestellt. Für eine solche Ungleichbehandlung bedarf es, soll sie zulässig sein, unionsrechtlich aber einer besonderen Rechtfertigung, an die der EuGH erfahrungsgemäß hohe Anforderungen stellt und die vorliegend nicht erkennbar ist. Warum sollten die Stiftung und der inländische Destinatär zur Schenkungsteuer herangezogen werden können, wenn die die Ausschüttung vornehmende Familienstiftung ihren Sitz in Basel hat, während diese Schenkungsteuerpflicht nicht besteht, falls die Familienstiftung - unter sonst völlig identischen Bedingungen - ihren Sitz in Köln hat?

    5. Ergänzender Hinweis

    Nach § 15 Abs. 11 AStG, eingeführt durch das Jahressteuergesetz 2013, unterliegen Zuwendungen einer ausländischen Familienstiftung an den im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder sonst unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind, nicht der Besteuerung, soweit die den Zuwendungen zugrunde liegenden Einkünfte nachweislich bereits nach § 11 Abs. 1 AStG zugerechnet worden sind. Dadurch soll eine doppelte Erfassung vermieden werden. Sofern die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 11 AStG erfüllt sind (vergleich im Einzelnen, Kirchhain, IStR 12, 602 ff.), unterliegen die Leistungen der Stiftung dann auch nicht der Schenkungsteuer; § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG würde dann von § 15 Abs. 11 AStG verdrängt (Blümich/ Vogt, § 15 AStG Rnr. 142; str., anderer Auffassung ausführlich Götz, DStR 14, 1047, 1049).

     

    Auf diese Problematik geht die Entscheidung des FG Hessen an keiner Stelle ein. Der Vollständigkeit halber soll hier aber zumindest darauf hingewiesen werden, zumal die Familienstiftung ihren Sitz in der Schweiz hatte.

    6. Weiterer Verfahrensgang

    Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung - wenig überraschend - Beschwerde eingelegt, über die der BFH entscheiden wird (II B 40/14). Über die Entscheidung des BFH werden wir berichten.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Entscheidung des FG Düsseldorf zu einer ausländischen Familienstiftung mit Sitz in Liechtenstein, Theuffel-Werhahn, SB 14, 146
    • Zu den Grundzügen der Erbschaft- und Schenkungssteuerfolgen bei ausländischen rechtsfähigen Stiftungen, Stein, SB 13, 93
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 170 | ID 42908066