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  • 18.10.2011 · IWW-Abrufnummer 113572

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 05.08.2011 – 9 Sa 121/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.01.2011, Az.: 3 Ca 1370/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 25.06.2010 zum 30.09.2010 aufgelöst worden ist.

    Die Klägerin war bei dem Beklagten, einem als gemeinnützig anerkannten Verein, seit dem 01.01.2008 als Reitlehrerin zu einem jährlichen Durchschnittsverdienst von 2.460,-- € brutto beschäftigt. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig keine Anwendung. Der beklagte Verein kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.06.2010 ordentlich zum 30.09.2010, wogegen die Klägerin sich mit ihrer am 16.07.2010 beim Arbeitsgericht erhobenen Kündigungsschutzklage gewendet hat.

    Die Klägerin hat insoweit erstinstanzlich insbesondere die Auffassung vertreten, die Kündigung sei rechtsunwirksam, da sich der Vorstand bei Ausspruch der Kündigung in Widerspruch zumindest zu der Mehrheit der aktiven Vereinsmitglieder gestellt habe. Die Kündigung sei auch aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus ausgesprochen worden. Dies verstoße, wie die gesamte aktuelle wirtschaftliche Vereinsstrategie, gegen den Gemeinnützigkeitsgrundsatz der Vereinssatzung. Der Beschluss zum Ausspruch der Kündigung sei vom Vorstand auch nicht satzungsgemäß gefasst worden. Ebenso sei der Beirat nicht satzungsgemäß beteiligt worden. Der Vorstand hätte eine Mitgliederversammlung einberufen müssen.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.01.2011, Az.: 3 Ca 1370/10 (Bl. 138 ff. d. A.).

    Das Arbeitsgericht hat gemäß Beschluss vom 19.11.2010 (Bl. 117 d. A.) Beweis erhoben über die Behauptung des Beklagten, am 21.06.2010 habe der Vorstand mit Mehrheit den Ausspruch einer Kündigung gegenüber der Klägerin beschlossen und der Beirat sei diesbezüglich beteiligt worden und habe am 23.06.2010 gleichfalls Zustimmung erteilt, durch Vernehmung der Zeugin A. S.. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.01.2011 (Bl. 122 ff. d. A.) Bezug genommen. Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Kündigung ein wirksam gefasster Vorstandsbeschluss zu Grunde gelegen. Ebenfalls habe die Beweisaufnahme bestätigt, dass der Beirat der beabsichtigten Kündigung zugestimmt habe. Zudem binde das Zustimmungserfordernis nach § 11 Ziff. 2 der Satzung den Vorstand nur im Innenverhältnis. Der Einberufung einer Mitgliederversammlung zur Beschlussfassung über die beabsichtigte Kündigung habe es nach der Satzung nicht bedurft. Wenn sich die Mehrheit der von der Klägerin betreuten Reitschüler/innen sich für deren Verbleib ausgesprochen hätten, stelle diese Mehrheit nicht die Mehrheit der Vereinsmitglieder dar. Der Vorstand habe jedoch die Interessen nicht nur der durch den Kündigungsausspruch unmittelbar betroffenen Reitschüler, sondern das Vereinsinteresse insgesamt zu wahren und zu fördern. Der Beklagte habe sich auch nicht in Widerspruch zu seiner satzungsmäßig vorgegebenen Gemeinnützigkeit gesetzt. Ein Verein müsse durch Einnahmen Investitionen und Ausgaben sicherstellen, um der von ihm verfolgten Gemeinnützigkeit entsprechen zu können. Deshalb müsse bezogen auf die Einnahmen- und Ausgabensituation wirtschaftlich gedacht, kalkuliert und gearbeitet werden. Es sei daher zulässig, dass bei der Kündigung auch auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abgestellt worden sei. Schließlich bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ausspruch der vorliegenden Kündigung gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoße.

    Das genannte Urteil ist der Klägerin am 01.02.2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 01.03.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 01.04.2011, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

    Zur Begründung ihres Rechtsmittels macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 170 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

    Durch die Begründung der Kündigung mit einem angeblichen Umsatzrückgang habe sich der Beklagte zu seiner satzungsmäßig vorgeschriebenen Gemeinnützigkeit in Widerspruch gesetzt. Der Beklagte gehe offensichtlich davon aus, ein wirtschaftlich denkendes und agierendes Unternehmen zu sein, wie sich dies auch aus einer Präsentation aus Juni 2010 ergebe. Diese verdeutliche, dass der Beklagte offensichtlich davon ausgehe, der Erzielung von Gewinnen verpflichtet zu sein. Wenn sich der Beklagte damit rühme, seinen Gewinn im Jahre 2009 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt zu haben und damit ab Oktober 2010 schuldenfrei zu sein, belege die Begründung der Kündigung mit einem angeblichen Umsatzrückgang, dass es sich der Beklagte zum Ziel gesetzt habe, die erheblichen Gewinne noch weiter auszubauen.

    Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass vor Ausspruch der Kündigung keine Mitwirkung der Mitgliederversammlung erforderlich gewesen sei. Wenn sich die Mehrzahl der von der Klägerin betreuten Reitschüler ausweislich der erstinstanzlich vorgelegten Unterschriftenliste für einen Verbleib der Klägerin ausgesprochen habe, handele es sich hierbei um die Mehrzahl der aktiven Vereinsmitglieder. Zur Abklärung des Willens der Mehrzahl der Vereinsmitglieder sei lediglich auf diese aktiven, nicht aber auf die bloß zahlenden Mitglieder abzustellen. Für den Vorstand sei erkennbar gewesen, dass der Ausspruch der Kündigung dem Willen der Vereinsmitglieder in diesem Sinne zuwiderlaufe.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.01.2011, Az.: 3 Ca 1370/10 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 25.06.2010 nicht aufgelöst worden ist.

    Der beklagte Verein beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 05.05.2011, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 194 ff. d. A.), als zutreffend.

    Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und - auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügend - begründet.

    II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Die Berufungskammer folgt der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ZPO fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende ergänzenden Ausführungen:

    1. Soweit die Klägerin erneut geltend macht, durch die Begründung der Kündigung auch mit einem angeblichen Umsatzrückgang habe sich der Beklagte in Widerspruch zu seiner satzungsmäßig vorgeschriebenen Gemeinnützigkeit gesetzt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ausweislich des erstinstanzlich vorgelegten Originals des Protokolls der Vorstandssitzung vom 21.06.2010 und auch ausweislich des gesamten Prozessvortrags des Beklagten die Kündigung nicht, auch nicht in erster Linie mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern damit begründet wurde, dass eine Unzufriedenheit mit der Art und Weise der Durchführung des Reitunterrichts durch die Klägerin und ihrem Verhalten gegenüber Reitschülern bestand. Soweit der Beklagte damit zugleich bezweckte, die damit von ihm behaupteten einhergehenden Einnahmeverluste zu vermeiden, ist dies unschädlich. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO muss eine gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden, wobei eine zeitnahe Mittelverwendung auch gegeben ist, wenn die Mittel spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Es bestehen im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte beabsichtigt, einen evtl. erzielten Überschuss für nicht satzungsmäßige Zwecke zu verwenden.

    2. Zutreffend ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass vor Ausspruch der Kündigung keine Beschlussfassung der Mitgliederversammlung erforderlich war. Wenn § 11 Abs. 2, Abs. 3 der Satzung vorsieht, dass u. a. ohne Rücksicht auf den Geschäftswert Entscheidungen grundlegender Art, wie z. B. unter anderem die Einstellung und Entlassung von Arbeitern und Angestellten der Zustimmung des Beirats bedürfen und § 11 Abs. 2 Unterabsatz 5 der Satzung vorsieht, dass die Zustimmung des Beirats durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung ersetzt werden kann, folgt hieraus zwingend, dass die Entscheidung des Vorstands zur Entlassung von Arbeitern und Angestellten nur der Zustimmung des Beirats bedarf und eine Zuständigkeit der Mitgliederversammlung nur dann besteht, wenn der Beirat seine Zustimmung verweigert. Zwar kann nach § 13 Ziffer 3 der Satzung die Mitgliederversammlung auch in Angelegenheiten, die generell in den Zuständigkeitsbereich des Vorstands fallen, Beschlüsse fassen. Ein solcher anders lautender Beschluss einer Mitgliederversammlung liegt nicht vor. Eine Verpflichtung des Vorstands, ein solches Votum der Mitgliederversammlung herbei zu führen, besteht nicht. § 11, § 13 Ziffer 4 der Satzung sieht insoweit vor, dass der Vorstand eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen muss, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. Angesichts der ausdrücklichen Kompetenzzuweisung hinsichtlich Entlassungen an Vorstand und Beirat, kann die Entscheidung hierüber schon nicht als derartiges Vereinsinteresse angesehen werden. In tatsächlicher Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Mitgliedern, die sich ausweislich der erstinstanzlich vorgelegten Unterschriftslisten für einen Verbleib der Klägerin ausgesprochen haben, nicht um die Mehrheit der Vereinsmitglieder handelt. Vereinsmitglieder sind nicht nur diejenigen, die aktiv den Reitsport ausüben, sondern alle Mitglieder des Vereins. Auch sie haben nach § 13 Ziffer 1 der Vereinssatzung in der Mitgliederversammlung Stimmrecht. Die Klägerin hat zudem in der Verhandlung vor der Berufungskammer erklärt, dass dem Vorstand die Unterschriftslisten erst übergeben wurden, nachdem der Klägerin die Kündigung bereits zugegangen war. Aufgrund welcher Tatsachen der Vorstand vor diesem Zeitpunkt bereits Anhaltspunkte dafür hätte haben müssen, dass die Entlassung der Klägerin - so wie von ihr behauptet - dem Willen der Mehrheit der Vereinsmitglieder zuwiderlaufen soll, ist nicht ersichtlich.

    3. Auch im Übrigen liegen Gründe, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, nicht vor.

    Die Kündigung wurde durch das vertretungsberechtigte Organ des Beklagten ausgesprochen (§ 10 Ziffer 2 der Satzung). Eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes i. S. d. § 26 Abs. 2 S. 2 BGB liegt nicht vor. Nach den mit der Berufung nicht angegriffenen erstinstanzlichen Feststellungen lag auch die erforderliche Zustimmung des Beirats vor. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach § 11 Ziffer 2 Unterabsatz 4 Satz 2 der Satzung ausdrücklich vorgesehen ist, dass das Erfordernis der Zustimmung des Beirats im Außenverhältnis die Vertretungsmacht des Vorstands nicht beschränkt.

    Vorliegend greift auch kein Entfall der Vertretungsmacht des Vorstands unter dem Gesichtspunkt eines erkennbar außerhalb des Vereinszwecks liegenden Rechtsgeschäfts (vgl. dazu etwa Prütting u.a., BGB, Kommentar, 2. Aufl., § 27 RZ 3 m.w.N.). Der Vereinszweck ergibt sich aus § 2 der Satzung und umfasst u. a. die Ausbildung und Fortbildung von Personen, die sich mit Pferden beschäftigen, im Reiten, im Umgang mit Pferden sowie in deren Haltung und Ausbildung. Für die dort genannte Ausbildung ist die Frage, von wem und in welcher Art und Weise der Reitunterricht durchgeführt wird, von entscheidender Bedeutung. Die Kündigung der Klägerin bewegt sich damit im Rahmen des so umrissenen Vereinszwecks.

    Schließlich hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Kündigung als treuwidrig oder als gegen die guten Sitten verstoßend erscheinen lassen könnten. Auch sonstige Unwirksamkeitsgründe anderer Art sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

    III. Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund besteht nicht.

    RechtsgebietAOVorschriftenAO § 55, BGB § 242, BGB § 26 Abs. 2