Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · KostRÄG 2021

    Diese Freibeträge müssen Sie bei PKH und VKH berücksichtigen

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In RVG prof. 21, 32 wurde ausführlich dargestellt, welches Einkommen bzw. Vermögen gemäß § 115 ZPO der Antragsteller zur Prozesskostenfinanzierung einsetzen muss. Welche Freibeträge hierbei nach der Prozesskostenhilfebekanntmachung zu berücksichtigen sind, erläutert der folgende Beitrag. |

    1. Die Freibeträge nach der aktuellen PKH-Bekanntmachung

    Die vom Einkommen des Antragstellers abzusetzenden PKH-/VKH-Freibeträge nach der PKH-Bekanntmachung sind der Grund-, der Erwerbstätigen-, der Ehegatten- und der Jugendlichenfreibetrag. Die rechtlichen Grundlagen sind in § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO i. V. m. § 28, § 30, § 82 Abs. 2 SGB XII, § 21 SGB II sowie § 1610a BGB geregelt. Sie wurden durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.21 angepasst (RVG prof. 21, 1). Die Freibeträge sind nicht mehr bundesweit einheitlich geregelt. In Landkreisen mit besonders hohen Lebenshaltungskosten gelten höhere Freibeträge.

     

    Übersicht / Die PKH-/VKH-Freibeträge seit dem 1.1.21

    Für
    Freibetrag Bund
    Freibetrag in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Starnberg
    Freibetrag Landkreis München
    Freibetrag München

    Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchst. b ZPO)

    223 EUR

    235 EUR

    235 EUR

    234 EUR

    Partei, Ehegatte oder Lebenspartner (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO)

    491 EUR

    516 EUR

    517 EUR

    515 EUR

    Unterhaltsberechtigte Erwachsene (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO ‒ Regelbedarfsstufe 3)

    393 EUR

    414 EUR

    414 EUR

    411 EUR

    Unterhaltsberechtigte Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO ‒ Regelbedarfsstufe 4)

    410 EUR

    430 EUR

    432 EUR

    429 EUR

    Unterhaltsberechtigte Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO ‒ Regelbedarfsstufe 5)

    340 EUR

    353 EUR

    359 EUR

    353 EUR

    Unterhaltsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO ‒ Regelbedarfsstufe 6)

    311 EUR

    325 EUR

    328 EUR

    323 EUR

      

    MERKE | Die Freibeträge ändern sich entsprechend der Entwicklung der für die Gewährung von Sozialhilfe maßgeblichen Regelsätze. Die Bekanntmachung der geänderten Freibeträge erfolgt im Bundesgesetzblatt (§ 115 Abs. 1 S. 4 ZPO; vgl. PKH-Bekanntmachung zu § 115 ZPO).

     

    2. Der Erwerbstätigenfreibetrag

    Bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ist der sog. Erwerbstätigenfreibetrag abzuziehen (§ 28 Abs. 2 S. 2 SGB XII). Der Freibetrag gilt für alle Erwerbseinkommen. Die Höhe des erzielten Einkommens ist dabei unerheblich. Es besteht kein Zusammenhang mit dem zeitlichen Arbeitseinsatz.

     

    Beachten Sie | Bei einem Strafgefangenen ist anstelle des allgemeinen Freibetrags nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO lediglich ein Freibetrag in Höhe des ‒ um 10 Prozent erhöhten ‒ allgemeinen Taschengeldanspruchs für bedürftige Strafgefangene abzuziehen (OLG München FamRZ 12, 1576; KG 22.3.13, 9 W 13/13).

     

    • Berücksichtigung des Erwerbstätigenfreibetrags

    Ausbildungsvergütung

    Ja (LAG Köln 29.11.11, 1 Ta 289/11).

    Bezüge eines Strafgefangenen aus Erwerbstätigkeit

    Ja. Nach den Abzügen für das einbehaltene Überbrückungsgeld ist der Freibetrag für Erwerbstätige zu berücksichtigen (OLG München 18.6.12, 12 WF 980/12).

    Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung der Vergütung

    Ja. Trotz Nichterbringung von Arbeitsleistung, wenn die Freistellung die Dauer einer ordentlichen Kündigung nicht überschreitet (LAG Rheinland-Pfalz 28.7.08, 9 Ta 118/08).

    Freiwilliges Soziales Jahr

    Ja. s. Ausbildungsvergütung

    Krankengeld

    Ja, wenn das Krankengeld anstelle von Arbeitsentgelt bezahlt und der Höhe nach aus dem Arbeitsentgelt berechnet wird (BAG 22.4.09, 3 AZB 90/08; LAG Rheinland-Pfalz 22.12.11, 11 Ta 265/11; LAG Köln 20.10.14, 1 Ta 324/14, Abruf-Nr. 173314; LAG Schleswig-Holstein 16.10.15, 1 Ta 161/15, Abruf-Nr. 183301; LAG Sachsen 6.7.17, 4 Ta 162/16, Abruf-Nr. 198303).

     

    Nein, wenn das Krankengeld während der Arbeitslosigkeit bezahlt wird (BAG 22.4.09, 3 AZB 90/08; LAG Rheinland-Pfalz 22.12.11, 11 Ta 265/11; LAG Köln 20.10.14, 1 Ta 324/14, Abruf-Nr. 173314; LAG Schleswig-Holstein 16.10.15, 1 Ta 161/15, Abruf-Nr. 183301).

     

    Nein, wenn der Krankengeldbezug während des bestehenden Arbeitsverhältnisses beginnt, jedoch über dessen Ende hinaus fortdauert und das Krankengeld deswegen nach § 47 SGB V als Anteil vom Arbeitsentgelt berechnet wird (LAG Hamm 11.7.16, 14 Ta 144/16, Abruf-Nr. 187292).

    Leistungen aus der Pflegeversicherung

    Nein. Keine Einstufung der Leistungen der Pflegeversicherung als Einkommen i. S. v. § 76 BSHG (LG Koblenz FamRZ 01, 308; a. A. BayObLG München 19.11.99, 3Z BR 233/99).

    Leistungen für Kindererziehung nach §§ 294, 299 SGB VI

    Nein. Keine Berücksichtigung von Kindererziehungsleistungen als Einkommen (LSG Berlin 27.8.92, L 13 Vs S 17/92).

    Studenten und Schüler

    Nein. Keine Erwerbstätigkeit.

    Umschüler

    Ja (OLG Nürnberg 25.9.02, 10 WF 2899/02).

     

    3. Besonderheiten bei unterhaltsberechtigten Personen

    Nach Maßgabe des § 115 Abs. 1 S. 8 ZPO vermindern sich die Unterhaltsfreibeträge um das eigene Einkommen der unterhaltsberechtigten Personen. Die Berechnung dieses (Netto-)Einkommens erfolgt wie dasjenige der Partei (unter Abzug der Werbungskosten und des PKH-/VKH-Freibetrags für Erwerbstätige). Bei Zahlung einer Geldrente an einen Unterhaltsberechtigten ist diese ‒ soweit angemessen ‒ anstelle des Freibetrags abzusetzen (§ 115 Abs. 1 S. 9 ZPO). Damit ist klargestellt, dass es bei der Gewährung von Unterhalt in Form von Geldrenten auf die tatsächlich geleistete Zahlung ankommt (siehe OLG Köln FamRZ 95, 941; OLG Stuttgart FamRZ 07, 915; KG MDR 16, 790).

     

    Beachten Sie | Der titulierte und geleistete Unterhalt ist stets angemessen und absetzbar. Dagegen wird Unterhalt nicht berücksichtigt, sofern er noch im Streit ist und nicht gezahlt wird.

     

    Betreuen Ehegatten gemeinsam ein Kind, sind bei jedem die Unterhaltsfreibeträge gemäß § 115 ZPO ungeteilt zu berücksichtigen (LAG Rheinland-Pfalz MDR 07, 411; OLG Dresden FamRZ 16, 253).

    4. Zusätzliche Freibeträge nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO

    Bei der Gewährung von Mehrbedarfen geht es um den Schutz von Personen in besonderen Lebenssituationen. Die Berücksichtigung als zusätzlicher Freibetrag erfolgt nur, wenn er von der antragstellenden Partei dargelegt und glaubhaft gemacht wird.

     

    • Mehrbedarfe nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO, § 21 SGB II und § 30 SGB XII (Stand: 1.1.21)

    I. Mehrbedarf nach § 21 SGB II bei eigenem Einkommen

    Schwangerschaft (ab der 13. Schwangerschaftswoche): 17 % des maßgebenden Regelbedarfs (§ 21 Abs. 2 SGB II)

    • bei alleinstehenden oder alleinerziehenden erwachsenen Frauen mit eigenem Haushalt bzw. Frauen mit minderjährigem Partner 75,82 EUR

     

    • bei Frauen in einer Bedarfsgemeinschaft (mit Ehegatte u. Ä.) 68,17 EUR

     

    • Erwachsene ohne eigenen Haushalt (z. B. bei den Eltern wohnend) 60,69 EUR

     

    • Jugendliche vom 14. bis zum 17. Lebensjahr 63,41 EUR

    Alleinerziehende, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen.

     

    Merke | Im Fall einer Bedarfsgemeinschaft (z. B. bei Zusammenleben mit einem neuen Lebenspartner oder den Eltern) wird von der Vermutung der gemeinsamen Pflege und Erziehung des Kindes ausgegangen, d. h., die Berücksichtigung des Mehrbedarfs dürfte eine Ausnahme darstellen (OLG Brandenburg 8.12.14, 13 WF 288/14).

     

    1 Kind bis 7 Jahre

     

    36 %

     

    160,56 EUR

    1 Kind über 7 Jahre

    12 %

    53,52 EUR

    2 Kinder unter 16 Jahren

    36 %

    160,56 EUR

    1 Kind über 7 und 1 Kind über 16 Jahren

    24 %

    107,04 EUR

    3 Kinder

    36 %

    160,56 EUR

    4 Kinder

    48 %

    214,08 EUR

    5 Kinder und mehr

    60 %

    267,60 EUR

    Erwerbsfähige Behinderte mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sonstigen Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes oder Eingliederungshilfen sowie während angemessener Einarbeitungszeit: 35 % der maßgeblichen Regelbedarfsstufe (§ 21 Abs. 4 SGB II)

    • Alleinstehende: 35 % von der 100-prozentigen (maßgeblichen) Regelleistung (RL) ‒ 156,10 EUR

     

    • volljährige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft: 35 % der 90-prozentigen (maßgeblichen) RL ‒ 140,35 EUR

     

    • sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft (§ 20 Abs. 3 S. 1 SGB II): 35 % der 80-prozentigen (maßgeblichen) RL ‒ 124,88 EUR 

    Menschen mit kostenaufwendiger Ernährung aus medizinischen Gründen: „angemessener“ Mehrbedarf (§ 21 Abs. 5 SGB II)

    siehe im Einzelnen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge iww.de/s4752 bzw. iww.de/s4753

    Unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf im Einzelfall (der seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht)

    „angemessener“ Mehrbedarf (§ 21 Abs. 6 SGB II)

    Dezentrale Wasserversorgung (Erzeugung von Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen)

    Mehrbedarf siehe § 21 Abs. 7 SGB II

    Praxistipp | Bei Zuerkennung mehrerer Mehrbedarfe gilt: insgesamt höchstens in Höhe des jeweiligen Regelbedarfs für erwerbsfähige Leistungsberechtigte (§ 21 Abs. 8 SGB II). Diese jeweiligen Regelbedarfe betragen derzeit nach § 20 SGB II:

    Regelbedarf für Alleinstehende/Alleinerziehende (Regelbedarfsstufe 1)

    446 EUR

    Volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft (Regelbedarfsstufe 2)

    401 EUR

    Erwachsene Behinderte in stationären Einrichtungen (Regelbedarfsstufe 3)

    357 EUR

    RL unter 25-Jährige im Haushalt der Eltern/Strafregelleistung für ohne Zustimmung ausgezogene U25er (Regelbedarfsstufe 3)

    357 EUR

    Kinder von 15 bis unter 17 Jahren (Regelbedarfsstufe 4)

    373 EUR

    RL für Kinder von 6 bis unter 14 Jahren (Regelbedarfsstufe 5)

    309 EUR

    Kinder von 0 bis 5 Jahren (Regelbedarfsstufe 6)

    283 EUR

    II. Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII als staatliche Leistung

    Werden laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB II und XII bezogen, besteht damit in der Regel ein Anspruch auf zahlungsfreie PKH und VKH, sodass von einer detaillierten Überprüfung und Darstellung dieser Mehrbedarfe abgesehen werden kann.

     

     

    Leserservice: In einer der nächsten Ausgaben von RVG prof. werden die berufsbedingten Aufwendungen (Werbungskosten) im Zusammenhang mit dem PKH-/VKH-Antrag dargestellt.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2021 | Seite 87 | ID 47302370