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  • · Übergangsrecht

    Gesetzliche Erhöhung der Gerichtsgebühren im Beschwerdeverfahren über Kindschaftssachen

    Bild: © Karo - stock.adobe.com

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Wird nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Erhöhung der Gerichtsgebühren eine Beschwerde eingelegt, stellt sich die Frage, ob die Verfahrenswerte nach neuem oder altem Recht zu bemessen sind. Umstritten ist dabei, ob nach § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG eine Deckelung auf den alten Wert, d. h. vor Inkrafttreten des KostBRÄG 2025 vorzunehmen ist oder ob § 63 Abs. 1 S. 2 FamGKG als speziellere Regelung vorrangig gilt. Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die speziellere Regelung des § 63 Abs. 1 S. 2 FamGKG zur Erhöhung der Gerichtsgebühren in Kindschaftssachen der allgemeinen Regelung in § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG vorgeht. Der Verfahrenswert ist also nicht auf den Wert nach altem Recht zu deckeln. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Das OLG Karlsruhe (10.9.25, 5 UF 148/25, Abruf-Nr. 251061) bejaht den Vorrang des § 63 Abs. 1 S. 2 FamGKG. Damit gilt im Beschwerdeverfahren stets das neue Gebührenrecht, wenn das Rechtsmittel nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingelegt wird. Eine Deckelung auf den erstinstanzlichen Wert ist ausgeschlossen. Der Verfahrenswert wird also nach dem aktuellen Recht festgesetzt, auch wenn das Ausgangsverfahren noch dem alten Recht unterlag.

     

    Relevanz für die Praxis

    Für Rechtsanwälte ist die Entscheidung vergütungsfreundlich:

     

    • Durch Anwendung des neuen (höheren) Verfahrenswerts steigen die anwaltlichen Gebühren (z. B. Verfahrens- und Terminsgebühr nach VV RVG).
    • Da das Beschwerdeverfahren als eigenes Rechtsmittelverfahren gilt, kann die höhere Wertbasis vollständig angesetzt werden.
    • Die Gebühren werden nicht auf Grundlage des erstinstanzlichen Wertes gedeckelt. Die Vergütung erhöht sich somit automatisch bei jeder gesetzlichen Gebührenerhöhung, sofern das Rechtsmittelverfahren danach beginnt.

     

    Es ergeben sich für den Anwalt auch keine Nachteile bei der Kostenerstattung:

     

    • Zwar können im Einzelfall Gerichtskosten nach billigem Ermessen entfallen (§ 81 FamFG), doch die anwaltlichen Gebühren entstehen gleichwohl regulär.
    • Da der Verfahrenswert im Verfahren vor dem OLG nicht angefochten werden kann (§ 59 Abs. 1 S. 5, § 57 Abs. 7 FamGKG), besteht Rechtssicherheit hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die Vergütung.

     

    Arbeitshilfe / Handlungsempfehlungen für die Kanzleipraxis

    • Prüfen Sie, wann die Beschwerde eingelegt wurde
    • Ist eine Gebührenerhöhung angekündigt, sollten Sie ‒ sofern im Interesse des Mandanten vertretbar ‒ abstimmen, zu welchem Zeitpunkt ein Rechtsmittel eingelegt wird. Nach Inkrafttreten der neuen Gebührentabellen profitieren Kanzleien von höheren Verfahrenswerten und damit höheren Gebühren.

     

    • Kontrollieren Sie die Verfahrenswertfestsetzung
    • Nachdem ein Beschwerdeverfahren eingeleitet wurde, sollten Sie stets prüfen, ob das Gericht den neuen Wert nach § 63 Abs. 1 S. 2 FamGKG zugrunde gelegt hat. Erheben Sie eine Erinnerung oder eine Beschwerde gegen fehlerhafte Bezugnahmen auf § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG (alte Werte).

     

    • Optimieren Sie die Abrechnung
    • In der Gebührenrechnung ist der aktuelle Verfahrenswert zwingend zugrunde zu legen ‒ auch wenn die erste Instanz noch mit altem Wert entschieden hat. Sie müssen daher für Ihre Kanzlei die Gebührenkalkulation und Kostenfestsetzungsanträge entsprechend anpassen.

     

    • Informieren Sie Ihre Mandanten
    • Weisen Sie Ihre Mandanten frühzeitig darauf hin, dass nach neuen Gebührensätzen höhere Kosten entstehen können. Eine transparente Kostenaufklärung nach § 49b Abs. 5 BRAO schützt vor späteren Beanstandungen.
     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2025 | Seite 206 | ID 50607383